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Begegnungen11_Prazak

Begegnungen
Schriftenreihe des Europa Institutes Budapest, Band 11:53–92.

RICHARD PRAŽÁK

Das Wirken von Frantisek Xaver Jiřík am deutschen Theater in Ofen und in Pest in den Jahren 1789–1813

 

Die Migration der tschechischen Theaterschaffenden ist weniger bekannt als die Migration der Musiker und man muss bei deren Studium zwischen der Migration der tschechischen Künstler im Ausland und der Migration innerhalb der Habsburger Monarchie einen Unterschied machen.1

Trotz der ethnischen Mannigfaltigkeit trägt die Kultur in der Habsburger Monarchie einen zum Teil einheitlichen Charakter und die Emanzipation der einzelnen nationalen Kulturen ist vor allem in der Zeit der sog. nationalen Wiedergeburt zu beobachten. Den Bestrebungen auf dem Gebiete der Theaterkultur wird der einheitliche Rahmen vor allem durch das deutsche Theater verliehen, aus dem dann allmählich auch die eigenständigen nationalen Versuche um ein selbständiges tschechisches, slowakisches, ungarisches, slowenisches, polnisches usw. Theater erwachsen sind.

In Mitteleuropa ging es um die Verbreitung der höfischen Kultur in das bürgerliche Milieu und um dessen Nachahmung in den Mittelschichten, die sich bemühten, dieser Kultur näherzukommen. Diesen Zug belegt sehr anschaulich die Bedeutung der Commedia dell’arte für die Entstehung des Wiener Volkstheaters, der Weg von den Harlekinen zu den Hanswursten und zu den Kasperln, die bereits nur noch ein Schritt von den lokalen Wiener Possen und Situationsstücken trennte, dem Ausgangpunkt der späteren Konversationsstücke, einer typischen Form des bürgerlichen Theaters des 19. Jahrhunderts. Der zweite Zug lässt sich durch den Einfluss der Schlosstheater (Böhmisch Krummau, Eisenstadt u.a.) auf das Repertoires der zum Teil noch ständischen Theater (Nostitztheater in Prag, Erdődytheater in Preßburg) zum Teil jedoch bereits schon Unternehmertheater (in unserer Sphäre handelte es sich um insgesamt deutsche Theater) illustrieren, deren Publikum zum größten Teil neben dem niedrigeren und mittleren Adel vor allem aus dem Bürgertum kam.

In dieses Schema dringt ein markantes Element des barocken Erbes ein, sei es durch Volksmärchen und Singspiele oder durch klassizistische Stücke, die das Repertoires der aristokratischen Szenen bilden. Eine Vorrangstellung nimmt auch das Thema der Antike ein, bearbeitet im Geiste des Humanismus, der Aufklärung und travestiert in eine die Götter vermenschlichende Gestalt. Auch das Vermächtnis des Humanismus und der Antike hat auf den mitteleuropäischen Theaterbühnen der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts noch eine barocke Prägung, genauer ausgedrückt, die antiken Stoffe sind in einer Art klassizistischer Travestie bearbeitet.

Obwohl am Ende des 18. Jahrhunderts und am Anfang des 19. Jahrhunderts das deutsche Theater eine dominante Rolle spielt, ist die Theaterkultur in der Habsburger Monarchie in ihrem Geist bei weitem nicht deutsch, sie ist das Resultat der gesamteuropäischen Entwicklung, die vom Zentrum in die Provinzen vermittelt wurde, die dann ihrerseits zu neuen Zentren des regionalen und mit der Zeit auch bereits nationalen Kulturlebens geworden ist.2 In der vorliegenden Studie wollen wir uns mit dem Wirken tschechischer Künstler auf dem Gebiet der Musik und des Theaters am deutschen Theater in Ofen und Pest befassen; unter Berücksichtigung des umfangreichen Charakters des ganzen Stoffes sowie auch des Sachverhalts, dass sich der Verfasser dieser Problematik in synthetischer – allerdings – kurzgefasster Form bereits gewidmet hat3, wird vor allem Frantisek Xaver Jiřík, dem Mitglied des Opernensembles und Übersetzers von italienischen Opernlibrettos ins Deutsche Aufmerksamkeit geschenkt.

Zur Einführung in die vorliegende Studie skizzieren wir die Entwicklung des deutschen Theaters in Ofen und Pest bis zur Zeit des Wirkens von Jiřík. Nach Jahrzehnten, als seit den 30er bis in die 70er Jahre des 18. Jahrhunderts Ofen und Pest viele Wandertruppen besuchten, entstand hier auf Anregung Felix Berners am Donauufer in Pest das erste ständige deutschsprachige Rondelle- Theater, das am 14. August 17744 eröffnet wurde. .Rondelle war die erste Bleibe der ständigen deutschen Carl-Wahr-Gesellschaft. Carl Wahr war nicht nur durch sein Wirken in den 70. Jahren des 18. Jahrhunderts in den Schlosstheatern des Fürsten Esterházy in Eisenstadt und Esterháza bekannt, sondern auch durch seine Tätigkeit in Preßburg und seit dem Jahre 1779 auch in Prag. In Pest wirkte Wahr kurzfristig in der Spielzeit 1770–1771 und etwa drei Monate im Jahre 1777, als er hier Lessings Werke Minna von Barnhelm, Nathan den Weisen und Shakespeares Hamlet zur Aufführung brachte.5 In den Jahren 1782–1812 wurden in der ungarischen Metropole weitere Gebäude erbaut, die zu Stätten der deutschen Theater in Ofen und Pest geworden sind. Im Jahre 1782 war es das sog. „Hetz-Amphitheater“ am Waitzentor in der Nähe der heutigen St.-Stephan-Basilika in Pest, im Jahre 1787 das sog. Burgtheater (Várszínház) in Ofen und im Jahre 1812 das große Theater auf dem Gizellaplatz (heute Vörösmarty-Platz) in Pest, wo in den Jahren 1794–1804 auf der Donau Promenade auch ein Sommertheater für weniger vermögende Schichten – das sog. Kreuzertheater erbaut wurde.6

In der Geschichte der deutschen Theater von Pest und Ofen ist zunächst die Zeit zu erwähnen, in der Frantisek Jindrich Bulla (1786–1789) als Direktor tätig war, dessen Namen mit der Verdrängung des zweitrangigen Wiener Repertoires im Schauspielhaus durch Goethe, Schiller, Diderot und Shakespeare verbunden ist; ferner wurden unter seiner Wirkung in der Oper wertvolle Werke österreichischer und italienischer Komponisten (Haydn, Salieri, Dittersdorf, Cimarosa, Paisiello u.a.) aufgeführt. In der Spielzeit 1789–1790 wirkte an der Spitze der deutschen Theater in Ofen und Pest der gebürtige Wiener Johann Baptist Bergopzoom, der nach Ungarn die Tradition und das Programm des Wiener Burgtheaters brachte, wohin er bereits nach einem Jahr seiner Wirkung in der ungarischen Metropole wieder zurückkehrte. Das hohe Niveau wollte auch der weitere Direktor und Mieter der deutschen Theater in Pest und Ofen Graf Emanuel Unwerth (1790–1793) aufrechterhalten; unter seiner Leitung wirkten hier auch die Angehörigen der bekannten Schauspielerfamilie Zöllner – Friedrich und Marie Anna Zöllner –, die dann auch unter Unwerths Nachfolgern blieben und mit ihrer großen Familie die Grundlage des Schauspielerensembles bildeten.7 Friedrich Zöllner versuchte die Gunst des Pester Publikums durch eine dichterische Neujahrsdedikation zu Ehren der Stadt Pest zu gewinnen, die im Pester deutschen Theater von seiner Tochter Klara am 1. Januar 1794 vorgetragen wurde.8

Die Zeit der äußeren Blüte der deutschen Theater von Pest und Ofen waren die Jahre, als Eugen Busch (1793–1800) das Direktorenamt ausübte. Er sorgte vor allem für eine prachtvolle Ausstattung und die Kostüme, jedoch im Hinblick auf das Programm hat er zugelassen – insbesondere unter dem Druck der ungeregelten Kriegszeiten – dass dritt- oder viertklassige Schauspiele gespielt wurden. Es war eine Zeit der Vorherrschaft geistloser Ritterspiele, die mit dem Verfall dieses Schauspieltyps als Evokation der mittelalterlichen Thematik an der Grenze zwischen dem Barock und dem Klassizismus im Zusammenhang stand. Es haben sich auch die Wiener Volks- und Singspiele durchgesetzt und die Bühne beherrschten die Wiener Hafner, Perinet, Schikaneder im Schauspiel und die mährischen Deutschen Müller mit Kauer im Singspiel. Erfolgreich waren auch die sogenannten Zaubermärchen mit Gesängen und Opern dieser Art (z. B. die Oper Pavel Vranickys Oberon, König der Elfen) und Dittersdorfs komische Opern Der Apotheker und der Arzt und Der Redliche Ungar. Es wurde auch Haydn gespielt, den jedoch Mozart in der Beliebtheit weit überragte. Mozart war der erfolgreichste Komponist auf den Bühnen von Pest und Ofen; allein die Zauberflöte wurde in den Jahren 1793–1811 hundertneununddreißigmal aufgeführt.9

Am 29. September 1800 übernahmen die Leitung der deutschen Theater in Ofen und Pest der Opernregisseur und Kapellmeister Matous Alois Cibulka und der Regisseur des Schauspielensembles Anton Jandl. Seit dem 15. April 1808 wurde zum selbständigen Mieter M. A. Cibulka, ein gebürtiger Tscheche (er wurde in Prag am 22. Februar 1768 geboren und starb in Tata am 5. Oktober 1846)10. Für die Zeitspanne, in der die deutschen Theater in der ungarischen Metropole Cibulka und Jandl geleitet haben, war der Erfolg Mozarts in der Oper (bereits im Jahre seiner Ankunft in Pest und in Ofen – im Jahre 1797 – hatte sich Cibulka an der Aufführung von Mozart verdient gemacht), Kotzebues und Ifflands im Schauspiel und Müllers mit Kauer im Singspiel bezeichnend. Der Kult Schillers erreichte im Schaupiel Ungarns das größte Ausmaß in den Jahren 1803–1811 während des Aufschwungs der Ära Cibulkas, als hier in der Oper zu den erfolgreichsten Komponisten außer Mozart der Präromantiker Cherubini gehörte. Cibulka stand jedoch auch der barocken Romantik der Ritterspiele und dem ungezwungenen Frohsinn der lokalen Wiener Possen nahe (Hensler, Holbein, Perinet, Steinsberg u.a.)

Cibulka hatte es in der Konkurrenz mit den gräflichen Unternehmern (Erdődy, Unwerth, Ráday u.a.) nicht leicht und als ziemlich unvermögender Mensch, dessen Gesamteinnahmen vom Erfolg der Theaterunternehmungen abhängig waren, hielt er sich überraschenderweise ziemlich lange auf der Sonnenseite. Dazu haben auch seine guten Kontakte zum ungarischen Adel beigetragen, der ihn unter anderem mit dem Komponieren der Musik für das feierliche Programm zu Ehren des Namenstages des Palatins Josef11 betraut hatte. Wegen finanzieller und anderer Schwierigkeiten hat Cibulka Pest und Ofen wahrscheinlich schon Ende des Jahres 1811 verlassen.

Cibulka erlebte nicht mehr die feierliche Eröffnung des neuen deutschen Theaters in Pest, die am 12. Februar 1812 stattgefunden hatte. An den ersten Plänen der Errichtung dieses Theaters hat sich der aus Klattau stammende Architekt Hild beteiligt. Das Theater wurde schließlich nach den Plänen des Hofarchitekten Johann Amon erbaut und es war eines der modernsten Theater im damaligen Europa. Es konnte 3500 Zuschauer aufnehmen.12 Nach der Errichtung des neuen deutschen Theaters in Pest ist das Interesse der Unternehmer an dessen Betreibung auch in den Kreisen des Adels angewachsen; in den Jahren 1812–1815 haben dieses Theater die ungarischen Adeligen Mark Szentiványi und Pál Gyürky betrieben, unter deren Leitung zu dem Stammrepertoir der Oper auch weiterhin Mozart und Cherubini von den Franzosen gehörten, von Anderen wurde Spontini (“Vestalin“) und Beethovens Fidelio neu aufgeführt. Im Schauspiel herrschte weiterhin Kotzebue, aber es drangen hier auch weitere Vertreter der Wiener dramatischen Kunst ein, wie Theodor Körner, Johanna Franul von Weißenthurn, Friedrich Wilhelm Ziegler u.a., wobei im Bereich der Klassik weiterhin Shakespeare dominierte.13

Nach dem kurzgefassten Abriss über die Tätigkeit der deutschen Theater in Ofen und Pest, mit besonderer Berücksichtigung der Jahre 1789–1813, als hier Frantisek Xaver Jiřík wirkte, wenden wir unser Augenmerk eben ihm zu.14 Frantisek Xaver Jiřík gehörte in den Jahren 1785–1788 zu den führenden Mitgliedern der privaten Operngesellschaft des Grafen Erdődy in Preßburg und von 1789 bis 1813 wirkte er an den deutschen Theatern in Ofen und Pest als Sänger und später auch als Opernregisseur und Operninspizient. Er kam hierher nach dem Tode des Grafen Erdődy gemeinsam mit dem Direktor von dessen Preßburger Theatergesellschaft Hubert Kumpf und weiteren Mitgliedern dieser Theatertruppe. Gebürtig aus Prag (geboren am 24. August 1760), wahrscheinlich aus der Familie des Bürgers Jiřík, des Theaterunternehmers in Ruzodol (Rosenthal) stammend, spielte er seit seinem 15. Lebensjahr Theater, als er bei der Brunian-Gesellschaft engagiert war, von wo er ein Jahr später zur Göttersdorfer Tanzgesellschaft überging. Dort wirkte er in dem von dem Ballettmeister Johann Franz Johansson geleiteten Kinderensemble.15 Im Jahre 1778 trat Jiřík in die von Madame Hillebrand geleitete Kleinseitner Gesellschaft über, von der es in unserer theatrologischen Literatur keine Erwähnung gibt. Wir sind in dieser Hinsicht nur auf deren kurze Erwähnung in Erdődys Theateralmanach aus dem Jahre 1787 angewiesen.16 Von Madame Hillebrand gelangte Jiřík mit dem Ballettmeister Anton Rössler nach Wien, wo er im privaten Theater des Fürsten Auersperg auftrat, und zwar in der Rolle des Kasperls im Singspiel Milchmädchen. Hier blieb er ein Jahr, dann weilte er in Graz und dann wieder in Prag. Im Jahre 1783 wurde er von Karl Marinelli am Theater in der Leopoldstadt in Wien engagiert, von wo er nach einem Jahr zu Schikaneder nach Pressburg gelangte. Hier debütierte er in Salieris komischer Oper Die Schule der Eifersüchtigen, die von Schikaneders Teil der gemeinsamen Gesellschaft Schikaneder-Kumpf bereits im August 1784 in Pest gespielt wurde (und später wiederum ab Juni bis Oktober 1789)17. Außer Pest besuchte Jiřík mit der Kumpf-Gesellschaft wieder Wien und fasste dann gemeinsam mit Kumpf Fuß bei der privaten Preßburger Gesellschaft des Grafen Erdődy. Dort wurde er als Opernbariton engagiert und für komische Rollen vorgehen. Zum ersten Mal trat er als Sandrino in Paisiellos Oper König Theodor in Venedig auf.18 Nach seinem dreijährigen Wirken in Preßburg in den Jahren 1785–1788 gelangte er schließlich im Jahre 1789 an die deutschen Theater in Ofen und Pest, wo er laut des dortigen Theateralmanachs als Mitglied des Opernensembles angeführt wird, dessen Direktor Hubert Kumpf wurde..19

F. X. Jiřík hat auch als gewandter Übersetzer von italienischen Librettos ins Deutsche die Aufmerksamkeit auf sich gelenkt. Er übersetzte vor allem Librettos zu klassizistischen Opern (Haydn, Salieri) und zu Buffo-Opern im neapolitanischen Stil (Anfossi, Cimarosa, Paisiello, Gazzaniga, Guglielmi). Während seiner Preßburger Zeit übersetzte er von den bedeutenderen Opern Haydns Armida (1786) und dessen Sieg der Beständigkeit (1786), Anfossis Die glücklichen Reisenden (1785), Alessandris Der eifersüchtige Alte (1785) und Salieris Axur (Axur, König von Ormus, 1788)20. Von diesen Opern möchte ich wenigsten Haydns Armida und Salieris Axur ein wenig Aufmerksamkeit widmen.

Haydns Armida sollte in Erdődys Theater in Preßburg am 16. Oktober 1786 sogar in Anwesenheit des Kaisers Josefs II. aufgeführt werden, aber wegen der Erkrankung des Grafen Erdődy gelangte sie erst am 3. November desselben Jahres auf die Bühne.21 Die ursprüngliche Premiere hatte Haydns Armida bereits am 26. Februar 1784 in Esterháza. In der ungarischen Metropole wurde sie zum ersten Mal im königlichen städtischen Theater in Ofen am 8. Juni 1791 aufgeführt und dann war sie bis zum 8. Dezember 1794 achtmal auf dem Programm, und zwar immer mit dem deutschen Text von Jiřík nach dem italienischen Original Torquato Tassos22. Den ursprüngliche Renaissancestoff verrät die Liebesgeschichte des Ritters Reinald, der zusammen mit seinem Freund Hubald nach Jerusalem ziehen sollte, aber in Damaskus von der Liebe der Prinzessin Armida, der Tochter des dortigen Königs Idren umgarnt wurde. Die Oper, in der die Gluckschen Thesen erfüllt werden sollten23, ist mehr emotional aufgefasst, sie schwelgt mit einer Reihe sentimental aufgefasster Arien und Rezitative, und im Vergleich mit der Tragik in Glucks Armida, wo die Hauptheldin nach dem Abgang ihres Liebsten stirbt, hat sie ein friedlicheres Ende. Sie übernimmt allerdings Glucks Sendung von dem Zwist zwischen Liebe und Pflicht, der zugunsten der Pflichten des Einzelnen zur Gemeinschaft ausklingt. Jiřík selbst hat in den Aufführungen der Armida von Haydn in Ofen und in Pest die Rolle Hubalds, des Freundes von Reinald gesungen.24

Ein weiterer bedeutender Text von Jiřík, der noch zur Zeit seines Aufenthaltes in Preßburg entstanden ist, war die deutsche Übersetzung des italienischen Librettos da Pontes zu Salieris Oper Axur, König von Ormus.25 Axur wurde mit dem ursprünglichen Text von Beaumarchais unter dem Namen Tarare zum ersten Mal am 8. Juni 1787 in Paris gespielt, wo sie einen einmaligen Erfolg erntete, und zwar wegen ihres demokratischen Gedankengehalts; es wurde hier die Idee von einem gerechten König hervorgehoben, der seine Macht aus dem Willen des Volkes schöpft als Gegensatz zu einem Tyrannen-König. Das Ideal eines vom Volke gewählten Herrschers wurde hier klar als Vorbote der sich nähernden Revolution gegen das Prinzip eines feudalen Absolutisten gestellt. Dem Text Beaumarchais gegenüber kam es in der italienischen Bühnenbearbeitung von da Ponte und in der deutschen Übersetzung von Jiřík zu einigen Änderungen. Der von dem Volke geliebte Heerführer heißt Atar (nicht Tarare) und hält selbst König Axur die Treue, auch wenn der ihm seine geliebte Gattin Aspasia nehmen will. Atar findet in seinen Bemühungen um die Rettung Aspasias aus Axurs Harem viele Helfer, auch sogar in der nächsten Umgebung des Königs (den Haremverwalter Bistroma und Axurs Sklavin Fiametta). Die Oper schließt mit der Erhebung Atars zum König und Axur begeht Selbstmord. Dieses Ende wurde in der späteren Bühnenbearbeitung von Schmieder in Graz im Jahre 1799 geändert – Axur verzichtet freiwillig auf den Thron.26 Dieses Detail zeugt bereits von gewissen Änderungen in den radikalen Stimmungen zur Zeit der Französischen Revolution und von deren Mäßigung nach dem Fall des Jakobinismus.

Die italienische Version da Pontes von Salieris Axur wurde zum ersten Mal am 8. Januar 1788 im Burgtheater in Wien und dann in demselben Jahr in der deutschen Übersetzung von Jiřík in Preßburg gespielt, in der ursprünglichen italienischen Version ein Jahr später in Esterháza. Im deutschen Theater in Pest hatte sie am 3. November 1789 Premiere, und auf den beiden ungarischen Bühnen der ungarischen Metropole wurde sie bis zum Jahre 1812 insgesamt einundsechzigmal gespielt.27 Von der Pester Uraufführung des Axur von Salieri ist leider kein Theaterzettel erhalten geblieben, aber es ist vorauszusetzen, dass sich die Besetzung im Jahre 1794 von der des Premierenjahres 1789 nicht wesentlich unterschieden hat; auch damals hat Jiřík den Haremverwalter Bistroma gesungen, dessen mit Inbrunst gesungene Arie über den Ursprung Roms offensichtlich bei dem Publikum sehr beliebt war, denn sie gelangte in das Pester Gesangbuch aus dem Jahre 1810.28

Das erste Libretto, das F. X. Jiřík aus dem Italienischen in Ofen und in Pest ins Deutsche übersetzte, war das Libretto von Pietro Selini zur komischen Oper von Giuseppe Gazzaniga La dama incognita. Sie wurde in den Jahren 1784–1785 am Burgtheater in Wien gespielt und von den deutschen Theatern der ungarischen Metropole unter der Bezeichnung Die Weinlese oder Die dame incognito unter der Leitung des Direktors Bergopzoom aufgeführt. Die Vorstellung in Ofen (26. Juni 1789) und in Pest (28. Juni 1789) beweist nicht nur das Libretto von Gazzanigas Oper29, wo auch Jiřík als Autor angeführt wird, sondern auch den Sachverhalt, dass es sich um eine Oper von zwei Akten handelte, wie es im Ofner und Pester Theateralmanach aus dem Jahre 1789 verzeichnet ist30. Es handelt sich also nicht um ein dreiaktiges Singspiel von Schenk, wie dies von Hedwig Belitska-Scholtz und Olga Somorjai in deren Verzeichnis der auf den deutschen Theatern der ungarischen Metropole aufgeführten Stücke angeführt wird (1770–1850)31.

Wie bereits gesagt wurde, Frantisek Xaver Jiřík kam nach Ofen und Pest zusammen mit einigen anderen Mitgliedern der Hubert-Kumpf-Operngesellschaft aus Preßburg zu Ostern des Jahres 1789. Alle wurden dann Bestandteil der deutschen Bergozoom-Gesellschaft32. Es handelte sich außer Hubert Kumpf selbst, der zum Operndirektor wurde, um den Tenor Joseph Wieser, geboren 1757 in Prag, um seine Frau, Anna Wieser, um die junge Liebhaberin Fräulein Marie Anna Habel, im Jahre 1766 in Bayern geboren, und um das Fräulein Margarethe Kaiser, gebürtig aus München (geboren 1760), die bereits eine vieljährige Praxis an den Theatern in München und Regensburg hinter sich hatte und Primadonna des Pressburger Kumpf-Schikaneder-Ensembles war.33

Am 18. September 1789 fand in dem deutschen Ofner Theater die Premiere von Jiříks Singspiel mit der Musik des Preßburg er Kapellmeisters Johann Panneck Die christliche Judenbraut34 statt. Die Handlung dieses komischen Singspiels spielt sich in einem deutschen Dorf ab, wohin Soldaten auf Rekrutenjagd kommen. Die Verwicklungen drehen sich um das christliche Mädchen Hannchen, das bei dem Juden Schmolle dient, dessen junger Verwandter Härschel sie heiraten will. Hannchen ist jedoch mit dem Feldwebel Eckbert verlobt, der mit den Soldaten in das Dorf kommt. Der Kommandeur der Soldaten, Leutnant Perthan nimmt die beiden Juden mit Gewalt unter die Rekruten und diese suchen Hilfe bei dem reichen Fräulein Pimpernelle. Dieses behauptet, dass ihr Perthan angeblich bereits seit seinem früheren Aufenthalt in dem Dorf, durch ein Eheversprechen verpflichtet ist und außerdem verdächtigt sie ihn der Liebe zu dem jungen Hannchen. Nach verschiedenen Komplikationen, Verkleidungen und Intrigen endet alles mit einem Happyend. Der Jude Härschel erachtet es als unmöglich, Hannchen zu einer Ehe zu zwingen, wenn herauskommt, dass Hannchen keine Jüdin, sondern eine Christin ist, und diese kann dann mit ihrem Feldwebel glücklich weggehen. Perthan befreit sich von seiner unwillkommenen ältlichen Verehrerin Fräulein Pimpernelle und die Juden werden aus dem Militärdienst entlassen. Es handelt sich um eine typische Situationskomödie des frühen Stadiums, in der manche Situationen unnatürlich wirken, der gutmütige Spott den Juden gegenüber äußert sich durch deren eigenständige Aussprache (wourum, dourum, anstatt warum, darum, Gnoden statt Gnaden, Johr statt Jahr usw.). Neben den Haupthelden entstehen hier auch weitere Paare (der Tambour Schenk und Lottchen, das Zimmermädchen des Fräulein Pimpernelle), der Spott trifft auch das heiratslustige ältliche Fräulein Pimpernelle und deren lächerliche Eifersucht auf den Leutnant Perthan, der ihr gar kein Interesse entgegenbringt.35

In Jiříks Fassung wurde das Singspiel Die christliche Judenbraut nur in der Spielzeit 1789/1790 neunmal und dann bis Juli 1797 insgesamt neunundzwanzigmal gespielt.36 Jiřík spielte und sang den jungen Juden Härschel, eine der Hauptrollen. Auch in der erneuten Premiere der Christlichen Judenbraut in Ofen im am 7. November 1810 war er der Darsteller dieser Rolle, aber Jiříks Text war hier schon von dem bekannten Wiener Autor Joachim Perinet umgearbeitet und die Musik zu dieser neuen komischen Oper komponierte der Kapellmeister Vinzenz Ferrerius Tuček.37 Es scheint, dass bald nach der Ofener Premiere Jiříks Singspiel mit Pannecks Musik nach Prag gelangte, wie davon eine Nachricht aus dem Prager Amtsblatt vom 28. August 1790 zeugt, wonach dieses Singspiel am 29. August desselben Jahres im Vaterländischen Theater schon zum siebenten Mal aufgeführt wurde.38 Pannecks Singspiel Die christliche Judenbraut wurde im Jahre 1794 auch in Spenglers Theatergesellschaft in Prag (6. und 8. April 1794) und auch in Karlsbad (11. und 14. Juli und auch 6. August 1794) aufgeführt.39

Der zweite Teil der Christlichen Judenbraut Die jüdischen Spione mit dem Text von Jiřík und mit Reimanns Musik hatte seine Uraufführung in Form einer komischen Oper in Ofen am 26. Juli 1795. Die Protagonisten des 1. Teils – Leutnant Perthan, Fräulein Pimpernelle, der Feldwebel Eckbert und sein Hannchen (nun bereits dessen Gattin), der junge Jude Härschel, sein älterer Verwandter Schmolle, Lottchen, das ehemalige Zimmermädchen des Fräuleins Pimpernelle (nun bereits Regimentsmarketenderin) und ihr Geliebter Tambour Schenk – alle erscheinen in dem zweiten Teil gemeinsam mit manchen neuen Figuren, wie mit dem Feldmarschall Silberfluth und der Nonne Cecilie. Dieses Stück über die Suche nach jüdischen Spionen in der Armee unterliegt zwar den zeitgenössischen antisemitischen Stimmungen, aber es bringt sie in einer mäßig karikierten Form, die nicht die aufklärerische Ablehnung von Rassenvorurteilen entbehrt. Die Besetzung der einzelnen Figuren unterscheidet sich in den beiden Teilen nicht besonders, auch im zweiten Teil stellt Jiřík den Juden Härschel dar und die Zöllner das Fräulein Pimpernelle; die Rolle des Leutnants Perthan spielt jetzt allerdings der bekannte Wiener Schauspieler Weinmiller.40 Es scheint jedoch, dass diese komische Oper trotz guter Besetzung keinen besonderen Erfolg hatte, weil sie nach drei Vorstellungen im Jahre 1795 vom Repertoire genommen wurde.41

Bereits in der Spielzeit 1789/1790 wurde an den deutschen Theatern in Ofen und in Pest Haydns heroische komische Oper Ritter Roland der Starke gespielt, deren Premiere Erdődys Operngesellschaft in Preßburg am 22. Mai 1786 vorbereitet hatte, und zwar unter dem ursprünglichen italienischen Titel Orlando paladino (in deutscher Version: Roland der Pfalzgraf); in demselben Jahr wurde sie dort noch am 9. Juni und am 2. Oktober gespielt.42 Im Hinblick darauf, dass die Theaterzettel von der Uraufführung in Pest nicht erhalten geblieben sind, wo Ritter Roland der Starke im Jahre 1792 noch achtmal aufgeführt wurde, kann man über die Ofner und Pester Vorstellungen dieses Werkes nichts Näheres berichten. Mit Sicherheit wissen wir nur, dass es sich um Jiříks Übersetzung handelte.43 Zu dem Werk Haydns ist noch zu bemerken, dass diesen Stoff vor ihm schon andere gestaltet haben; die italienische Premiere der gleichnamigen Oper (Orlando paladino) von Pasquale Anfossi hat im Wiener Burgtheater schon am 25. Juni 177744 stattgefunden.

Das komische Singspiel La pastorela nobile (Die adelige Schäferin) gelangte auf die Wiener Burgtheaterszene am 24. Mai 1790 mit dem Text von Saverius Zini und mit der Musik von Pietro Guglielmi und hatte hier bis zum Anfang des Jahres 1792 noch vierzig Aufführungen. Die deutsche Bühnenbearbeitung von Jiříks. Adeliger Schäferin verdeutschte die italienischen Namen und übertrug die Handlung in das deutsche Schönwiese. Sonst wurde aber das sentimentale Grundgepräge des Werkes aufrechterhalten. Es erwuchs aus dem Gessnerschen pastoralen Idyllismus, der aus der ungünstigen sozialen Wirklichkeit in den Schoß der reinen Natur und des ruhigen Glückes entfloh. Die Ofener Premiere der Oper von Guglielmi in der freien Übersetzung von Jiřík hat am 26. Januar 179146 stattgefunden. Die Oper wurde auf dieser Bühne vierzehnmal bis zum 16. März 179747 gespielt. Der Erstaufführungszettel hat sich nicht erhalten; in einer Ofner Reprise (am 17. Dezember 1794) haben die Titelrolle das jüngere Fräulein Wipfel und die Rolle des Krispin F. X. Jiřík gesungen.48

Das weitere italienische Libretto, das F. X. Jiřík ins Deutsche unter dem Titel Müllerin übersetzte, betraf das Singspiel (dramma giocoso per musica) des Giovanni Paisiello La molinara, das zum ersten Mal in Neapel (Teatro dei Fiorentini) im Jahre 178849 gespielt wurde. Am 13. November 1790 wurde dieses komische Singspiel auf die Bühne im Wiener Burgtheater gebracht50. Erst in der freien deutschen Übersetzung von Jiřík hatte dieses Singspiel am 25. April 1791 Premiere am deutschen Theater in Pest51 und wurde dann an beiden deutschen Theatern in Ofen und Pest bis zum 25. März 1802 insgesamt siebenunddreißigmal aufgeführt, weil es zu den beliebten Stücken des hiesigen Repertoires gehörte.52 Das italienische komische Singspiel über die vielen Bewerber der schönen, verwitweten Müllerin wurde ganz ins deutsche Milieu umgesetzt; statt der Baronin Eugenie begegnen wir hier Fräulein Lilgenfeld, statt der Müllerin Rachelina dem Käthchen, aus dem Notar Pistofolo wurde Federspitz und auch aus allen anderen Italienern wurden Deutsche.

Auch das Milieu des Adels und der Nobilität macht in der deutschen Version einen Wandel durch und sinkt ein wenig niedriger, anstatt des Gouverneurs Rospolone begegnen wir hier irgendeinem undefinierbaren Amtmann von Fröschel, dessen Figur in der Ofner Vorstellung am 23. Februar 1794 F. X. Jiřík verkörperte, die Titelrolle sang Madame Grünberg, die an den Theatern in Ofen und Pest in den Jahren 1792–179753 gewirkt hatte.

Die komische Oper des Komponisten und gebürtigen Eisenstädters Joseph Weigl Il pazzo per forza hatte am 14. November 1788 am Wiener Burgtheater Premiere und zu derselben Zeit erschien in Wien auch deren italienisches Libretto von Mazzola.54 Auf dessen Grundlage erarbeitete wohl Jiřík im Jahre 1791 seine deutsche Übersetzung unter der Bezeichnung Der Narr aus Zwang oder Er muss tanzen. Sein Text ist allerdings nicht erhalten geblieben und so kann man nur dem erhaltenen Theaterzettel (deutsches Theater in Ofen, 15. Oktober 1794) entnehmen, dass sich die Oper in einem militärischen und ländlichen Milieu abspielt und dass die Hauptheldin wahrscheinlich das Bauernmädchen Curille ist, das damals von dem jüngeren Fräulein Wipfel dargestellt wurde, den reichen Privatier Onofrio spielte und sang F. X. Jiřík.55 Die Pester Premiere hat allerdings schon drei Jahre früher, am 29. September 1791 stattgefunden und die Oper wurde insgesamt zwanzigmal aufgeführt.56

Nach der anstrengenden Arbeit eines Übersetzers von italienischen Librettos ins Deutsche machte sich F. X. Jiřík bereits an die selbständige dramatische Arbeit und verfasste im Jahre 1792 das Schauspiel Stephan, der erste König der Hungarn. Es wurde auf der Szene der deutschen Theater zunächst in Ofen am 10. Dezember 1792 gebracht und danach eine Woche später am 17. Dezember desselben Jahres in Pest, dann wurde es nur noch zweimal aufgeführt.57

Das Stück widmete Jiřík dem „edlen Volk der Ungarn“.58 Jiřík ging in seinem Stück von den zeitgenössischen historischen Kenntnissen aus (Stilting, Pray, Katona u.a.). Die Konstruktion der historischen Ereignisse in dem Schauspiel ist jedoch von den heutigen Erkenntnissen weit entfernt. Der Grundkern, der Einzug des Fürsten Stephan und seiner Gattin Gisella, der Tochter des bayerischen Fürsten, mit dem deutschen von Venzellin geführten militärischen Gefolge nach Ungarn entspricht den geschichtlichen Tatsachen, aber in der weiteren Handlung begegnet man allerdings einer Reihe von Erdichtungen und historischen Ungenauigkeiten. Zur Krönung Stephans kommt es nicht unmittelbar nach seinem Sieg über Koppány im Jahre 997, sondern erst drei Jahre später (in Jiříks Stück wird Koppány nach der Überlieferung alter Geschichtsschreiber, z. B. nach Antonius Bonfini Kupa genannt), auch der Ersatz von Stephans Mutter Sarolta durch Adelhaid, die angebliche zweite Gattin seines Vaters, die polnischen Ursprungs war, wird durch die heutige Forschung nicht bestätigt; es geht um die Konstruktion eines polnischen Geschichtsschreiber des 13. Jahrhunderts. Auch Boleslav der Tapfere kam nicht nach Ungarn zur Zeit des Kampfes zwischen Stephan und Koppány und wurde auch nicht der Gatte von dessen Schwester Judith. Boleslavs ungarische Gattin (die Trauung fand in den Jahren 986–987 statt) war offensichtlich keine Angehörige von Gejzas Familie, sie war wahrscheinlich die Tochter eines anderen ungarischen Fürsten (Taksony, Tormás oder Zerind)59. In Jiříks Schauspiel findet sich dann eine Reihe historischer Personen aus Gisellas Gefolge (Paßman – Pázmány, Hund – Hont, Hederich – Heder), aber auch Personen, deren Anwesenheit an Stephans Hofe nicht genau belegt ist (z.B. der Aufenthalt Haduins, des Enkels von Berengar in Ungarn zu Beginn der Regierung von Stephan). Die Anwesenheit des ehemaligen Herrschers von Apulien und Stephans Paten Theodat in Ungarn wird im Gegenteil dazu von der humanistischen Chronik Bonfinis bestätigt.60 Der historische Koppány war nicht Fürst von Sümeg, das ein Schloss in der Nähe des Plattensees ist, sondern in dem Gau Somogy; er wurde nicht von Venzellin umgebracht, sondern gefangengenommen und später als Verräter gevierteilt. Trotz dieser historischer Ungenauigkeiten stellt Jiříks Stück ein interessantes dramatisches Werk dar. Es ist voller Spannung und wurde später zur Vorlage des gleichnamigen Schauspiels von dem bekannten ungarischen Dramatiker József Katona István, a magyarok első királya aus dem Jahre 1813. Katona hat Jiříks Vorlage wesentlich gekürzt (von 6 Akten beließ er vier), er hat jedoch dessen Gesamtinhalt aufrechterhalten.

Zu Neujahr 1794 verfasste Jiřík einen Urtext zum Singspiel Das Fest der Musen, das aus den Melodien von Haydn, Mozart, Salieri, Paisiello, Cimarosa u.a. zusammengesetzt war. Dieses Singspiel wurde Anfang des Jahres zum ersten Mal am 1. Januar im Ofner deutschen Theater und danach am 2. Januar auch in Pest aufgeführt. In dieser Zeit war Jiřík Operninspizient an beiden deutschen Theatern der ungarischen Metropole und die Titelrolle des Theaterunternehmers Goldhorn besetzte er mit Karl Weinmiller, der in den Jahren 1790–1796 in der ungarischen Metropole spielte, wobei er sich im Jahre 1794 als Opernregisseur betätigte. Das erste Liebhaberpaar spielten Grünberg (er wirkte hier in den Jahren 1792–1797, im Jahre 1796 war er Opernregisseur), und das jüngere Fräulein Wipfel, das hier nur zwei Jahre engagiert war, und zwar in den Jahren 1793–1794. Das waren die Protagonisten der 90er Jahre an den deutschen Theatern der ungarischen Metropole. Den unbekannten Abenteurer stellt in dem Fest der Musen F. X. Jiřík dar und in der Rolle der Muse Thalia wird Frau Jiřík erwähnt, anscheinend die Gattin Jiříks, die allerdings in den Verzeichnissen der Ensemblemitglieder nicht verzeichnet ist. In diesem Falle handelte es sich vielleicht lediglich um einen Einsprung.62

In den 90er Jahren des 18. Jahrhunderts setzte Jiřík seine Übersetzertätigkeit aus dem Italienischen ins Deutsche fort. Bald nach der Premiere der galanten komischen Oper von Joseph Weigl mit dem Text von Giovanni Bertati Principessa d’Amalfi (Burgtheater, am 10. Januar 1794)63 übersetzte Jiřík das Libretto dieser Oper ins Deutsche. Sie wurde auf der Bühne des deutschen Theaters in Pest am 28. April 1795 unter dem Titel Die Fürstin von Amalienburg64 aufgeführt. Die Fürstin von Amalienburg bringt uns die ehemals berühmte mittelalterliche Küstenstadt Amalfi nahe, die als Hafen mit Genua im Wettstreit stand (im 12. Jh. hatte sie 50 000 Einwohner). Es handelt sich um das Werk des Venediger Librettisten Giovanni Bertati (1735–1815), der auch das Libretto zu der bekannten Oper von Cimarosa Geheime Ehe (Il matrimonio secreto) verfasste, deren Premiere am Burgtheater am 7. Februar 1792 stattfand.65 Die Fürstin von Amalienburg wurde an den deutschen Ofner und Pester Theatern vom 28. April bis zum 20. September 1795 insgesamt fünfmal gespielt. Nach dem erhaltenen Zettel von der letzten Vorstellung in Ofen am 20. September 1795 spielte die Titelrolle der Fürstin Eleonora von Amalfi Katharina Schröffel als eine ihrer letzten Rollen an den deutschen Theatern in Ofen und in Pest. Sie wirkte dort gemeinsam mit F. X. Jiřík in den Jahren 1789–1795. Jiřík sang in der Fürstin von Amalienburg den Baron Guntram.66

Im Jahre 1797 übersetzte F. X. Jiřík auch zwei Librettos zu Mozarts Opern. Zunächst war es das Libretto von Lorenzo da Ponte (1749–1838) „Don Giovanni ovvero Il dissoluto punito“ (auch Il dissoluto punito, ossia Il Don Giovanni) aus dem Jahre 1787 (Premiere in Prag am 29. Oktober 1787). Diese Oper brachte der tschechische Komponist und Kappelmeister Matous Alois Cibulka auf die Szene der deutschen Theater in der ungarischen Metropole. Sie wurde am 7. August 1797 in Ofen gespielt und kurz danach, am 17. September 1797, führte er noch eine weitere Oper von Mozart Cosi fan tutte auf. In der deutschen Übersetzung von Jiřík lautete der Titel von Mozarts bedeutendster Oper Don Juan oder Das steinerne Gastmahl. Diese wurde dann an den beiden deutschen Theatern der ungarischen Metropole nur vom 4. Januar 1812 an insgesamt achtundachtzigmal gespielt.67 Zum Vergleich kann bemerkt werden, dass die deutsche Version von Mozarts Don Juan zuerst von dem Mainzer Dichter Heinrich Gottlieb Schmieder (Premiere in Mainz am 13. März 1789) erarbeitet wurde und dass in demselben Jahr auch weitere deutsche Übersetzungen des italienischen Originals von Don Giovanni aus der Feder Ch. G. Neffes und F. L. Schröders entstanden sind. Erst nach der Ofner Premiere des Don Juan in Jiříks Übersetzung wurde der Don Juan im Kärntnertortheater in Wien in der Übersetzung von C. F. Lippert aufgeführt (am 11. Dezember 1798).68 F. X. Jirík, der in den Pester und Ofner Vorstellungen des Don Juan die Rolle des Masetto spielte, stellte auch Papageno in der Zauberflöte dar. In Der Hochzeit des Figaro trat er im März 1799 als Gärtner Antonio zusammen mit seiner Tochter Theresia auf. Diese stellte Barbarina dar. Vorher im Jahre 1795 sang Jiřík die Rolle des Basilio.69 Es ist noch hinzuzufügen, dass Die Hochzeit des Figaro (Der närrische Tag oder Die Hochzeit des Figaro) im Pester deutschen Theater am 28. September 1795 Premiere hatte sowie auch Die Zauberflöte am 14. Februar 1793 in Pest und am 17. Februar 1793 in Ofen.70

F. X. Jiřík übersetzte auch das Libretto zu einer weiteren Oper von Mozart, die in Prag (am 6. September 1791) Premiere hatte, und zwar zu der Oper Die Großmut des Titus. Es handelte sich um ein Libretto von Mazolla La clemenza di Tito, das nach dem Urtext von Pietro Metastasio zu der gleichnamigen Oper von Antonio Caldara aus dem Jahre 1734 entstanden ist. Die Anregung zur Aufführung von Mozarts Oper Die Großmut des Titus in der ungarischen Metropole gab vor allem die Wiener Vorstellung im Kärntnertortheater am 29. Dezember 1794 und die nachfolgenden Inszenierungen in Österreich und Deutschland der Jahre 1795–1796 (Graz, Hamburg, Berlin, Dresden). Mozarts Oper wurde in Ofen am 22. Dezember 1797 als Benefizvorstellung des Kapellmeisters Matous Alois Cibulka erstaufgeführt und danach wurde sie bis zum 30. August 1801 noch fünfundzwanzigmal gespielt.71

Im Jahre 1799 wurden an den deutschen Theatern in Ofen und Pest zwei Opern gespielt, deren italienische Librettos von F. X. Jiřík ins Deutsche übersetzt wurden. Bereits am 1. Januar 1799 wurde im deutschen Pester Theater die komische Oper des Neapler Kapellmeisters Pitichio mit dem Libretto da Pontes Vater Adam und seine Familie oder Die rohe Natur am Hofe aufgeführt, deren italienischer Urtext von Jiřík ins Deutsche übersetzt wurde. Es handelte sich um eine Oper aus dem verfeinerten Milieu eines Fürstenhofes, das durch den Einzug des Gebirglers Adam mit der rauen Realität der Gebirgswelt konfrontiert wird. Die Handlung spielt sich in einem Waldschlösschen in der Nähe eines Bergdorfes ab, von wo die Familie Adams in das Schloss kam. Adam verkörperte der beliebte Sänger und Schauspieler Josef Blum. Die Rollen der beiden Adeligen stellten Cibulka und Jiřík dar, Adams Sohn Jöckel wurde von dem Tschechen Vavrík gesungen.72 Einen eigenen deutschen Text schuf Jiřík als Libretto (und zwar in Prosa und in Versen) zu der tragikomischen Oper Camilla des aus Parma stammenden Ferdinand Paer. Es war das berühmteste Werk dieses Komponisten und hatte in demselben Jahr wie in Pest auch in Wien im Hoftheater am 23. Februar 1799 Uraufführung. Es wurde hier bis zum 27. November 1800 dreißigmal gespielt. Von der Pester Uraufführung am 4. November 1799 hat sich kein Zettel erhalten, lediglich von der Pester Vorstellung am 19. Dezember 1799, in der die Titelrolle der Camilla, der Gattin des Fürsten Hubertus, Madame Fournier gesungen hatte, deren Sohn Adolf stellte Fräulein Jiříková dar, den Grafen Loredan spielte Matous Alois Cibulka und den Gärtner Genuar sang Vavrík.73

Chronologisch folgt nach Jiříks Übersetzung der italienischen Librettos zu Mozarts Oper Don Juan und Der Großmut des Titus seine Übersetzung von Botturinis Libretto zur Oper des Mannheimers Peter Winter I fratelli rivali (Wiener Premiere im Burgtheater am 16. November 1795),74 die von Matous Alois Cibulka zusammen mit Anton Jandl unter dem Titel I fratelli rivali oder Die Brüder als Nebenbuhler auf der Szene des deutschen Theaters in Ofen zum ersten Mal am 11. Mai 1800 gebracht wurde (um einen Tag später am 12. Mai 1800 wurde sie im Pester Theater aufgeführt)75 Hier hielt sie sich bis zum 9. Dezember 1804 auf dem Programm (sie wurde insgesamt einundzwanzigmal gespielt).76 Dieses Werk setzt die Tendenzen des Eindringens der neuen deutschen Oper in das bürgerliche Milieu fort. Das Schema der älteren italienischen und französischen Opern wird allerdings beibehalten: zwei Liebespaare versuchen einen unfreundlichen oder geizigen Herrn, Vater oder Vormund zu überlisten.77

Ein bedeutenderes Werk Jiříks war offensichtlich auch die Übersetzung des italienischen Librettos von Cosimo Mazzini La confusione della simiglanzia ossiano I due gobbi zu dem gleichnamigen Singspiel des portugiesischen Komponisten Marcos Antonio Portugal aus dem Jahre 1793, das am Wiener Burgtheater am 28. Juni 1794 Premiere hatte (und ein Jahr früher in Florenz).78 Auf die Bühne des deutschen Theaters in Pest gelangte es am 25. März 1801 unter dem Titel Die beiden Höcker oder Die Verwirrung durch Ähnlichkeit und es wurde dort insgesamt dreimal aufgeführt.79 Jiříks Übersetzung hat sich leider weder handschriftlich noch gedruckt erhalten. Von der Pester Premiere am 24. März 1801 zeugt ein erhaltener Theaterzettel. Die Rolle des Pandolfs von Thymian ist Blum zugefallen, seine Tochter Rosanna sang Madame Moravec, Rosannas Liebhaber, den dänischen Offizier Siegmar von Mackenfield und Albert von Sternburg stellten Cibulka und Uhink dar. Die ehemalige geliebte Siegmars Konstancia Brillanti Madame Fournier und deren Kammerfrau Rosetta Madame Blum.80

Jiříks Gelegenheitsstück war die komische Oper mit dem Titel Hungarns Gastfreiheit – ein Einakter verbunden mit Ballett. Der Mangel an Angaben lässt uns im Zweifel, ob Jiřík nur den Text zu dieser Oper geschrieben hatte und ob er ähnlich wie im Fest der Musen aus dem Jahre 1794, die Musik von verschiedenen Komponisten sammelte oder ob er selbst ausnahmsweise auch der Autor der Musikbegleitung war. Diese Oper sollte an den deutschen Theatern in der ungarischen Metropole dreimal zwischen dem 1. und 31. Januar 1802 gespielt werden. Der Theateralmanach vom Jahre 1802 führt genau an, dass dieses Ballett zum ersten Mal am deutschen Theater in Pest am 1. Januar 1802 und an den weiteren zwei Tagen (am 3. und 31. Januar 1802) in Ofen gespielt wurde.81 Die Autorenschaft Jiříks bestätigen die Theaterzettel, aus denen hervorgeht, dass es sich um ein heroisch-komisches nationales Ballett handelte, in dem die Hauptrollen, den Darsteller des Burgherrn Lázsló Gymes (Gymesch) und dessen Frau Adelhaid, Frantisek Xaver Jiřík und Fräulein Constancia Landerer verkörperten. Cutten, den Kumanenfürsten spielte Bogner und dessen Geliebte Barinka Fräulein Nirpel. Die dominanten Kinderballettrollen des Istók und der Erzsika spielten die kleine Müller und die kleine Landerer, deren National-Pas de deux, also das Tanzduett auf dem Theaterzettel zur Premiere in Ofen am 1. Januar 1802 als Ballett-Spitzenkreation gerühmt wurde. Die Dekorationen waren das Werk des Theatermalers Peschke.82 Ein bisher ganz unbekanntes Werk von Jiřík ist seine Übersetzung des italienischen Librettos von Carl Prosper de Franceschi zur Oper Antonio Salieris Julius Caesar, Zerstörer des Raubnestes Farmakusa, die ein weniger bekanntes Ereignis aus Caesars Kriegszügen festhält. Es hängt mit dem Plan der Römer zusammen, die Piraten im östlichen Mittelmeer zu vernichten, von denen die Schifffahrt der Römer bedroht war. Salieris Oper wurde am deutschen Pester Theater zweimal gespielt (am 26. Oktober und am 29. November 1803),83 wobei sich von der zweiten Vorstellung ein Theaterzettel erhalten hat, wo wir über die Art der Oper (es handelte sich um eine heroisch-komische Oper) und auch über deren Besetzung unterrichtet werden: M. A. Cibulka sang die Titelrolle des Caesar, seinen Diener Tullus F. X. Jiřík und die Geliebte des Tullus Madame Müllner84, die an den deutschen Theatern in Pest und Ofen in den Jahren 1797–1806 und 1809–1811 tätig war.85

Im Jahre 1805 übersetzte F. X. Jiřík zuerst den Text zur Kantate Peter Winters Timotheos oder Die Wirkungen der Musik ins Deutsche. Den Inhalt der Kantate bildet die Feier des Sieges Alexanders von Makedonien über den persischen König Dareios im 4. Jh. vor Chr., dessen Beschreibung hier mit Unrecht dem griechischen Dichter und Musiker Timotheos zugeschrieben wird, der bereits um das Jahr 360 vor Christi gestorben war, also fast dreißig Jahre vor den ruhmreichen Siegen Alexanders über Dareios in den Jahren 333 und 331 vor Christi. Timotheos feierte in seinem Werk den Sieg der Griechen über die Perser bei Salamina, zu dem es schon im Jahre 480 vor Christi gekommen war. Im Text der Kantate kann man sich nur schwer orientieren. Auf einem der Theaterzettel vom 23. Dezember 1806 sind den einzelnen Parten nicht konkrete Personen zugeordnet, von denen nur Timotheos genauer bestimmt ist; die Parte sind nur durch die einzelnen Stimmen bezeichnet: 1. und 2. Sopran, Alt, Tenor, Bass.86 Im gedruckten Libretto vom Jahre 1805 finden wir nicht einmal diese Bezeichnung, aber die einzelnen Parte sind, was ihre Art betrifft, als Rezitativ, Arie, Chor benannt. Es kann also nicht bestimmt werden, wer die einzelnen Parte gesungen hat.87 Aus dem Theaterzettel der Pester Vorstellung des Timotheos vom 31. März 1806 wissen wir umgekehrt, wer welche Stimmen gesungen hat (1. Sopran Fräulein Menner, 2. Sopran Fräulein Jiřík, Alt Klara Zöllner, Bass Josef Blum). Beim Tenorpart fehlt der Name des Sängers, es wird aber angeführt, dass den italienischen Text der Kantate Jiřík ins Deutsche übersetzt hatte.88 Timotheos wurde an den deutschen Theatern in der ungarischen Metropole vom 7. April bis zum 21. Mai 1809 (insgesamt neunmal) gespielt und auf die Szene in Pest gelangte er noch einmal am 31. März 1822.89 In der Pause der Ofner Premiere von Timotheos am 7. April 1805 fand das Violinkonzert der Kinder Franz und Joseph Böhm statt90, von denen der letztgenannte, der Violinist Joseph Böhm (1795–1876) später zu einem bekannten Violinpädagogen wurde, der zuerst in Pest und dann in Wien wirkte.91 Zu seinen Schülern gehörte der bekannte ungarische Violinist Ede Reményi, der auch bei Jan Neruda Bewunderung hervorgerufen hatte.92

An die Tradition der Fastnachtspiele knüpft das Oratorium Die Leiden Jesu von dem italienischen Komponisten Ferdinand Paer an. Dieser wurde im Libretto noch als Hofkapellmeister in Wien angeführt, obwohl er seit 1806, als das Oratorium entstanden war, an verschiedenen Orten Europas im Dienste Napoleons weilte und seit 1807 dessen Hofkapellmeister wurde. Den italienischen Text des Oratoriums hat F. X. Jiřík ins Deutsche übersetzt und ihn 1807 bei M. Trattner in Pest veröffentlicht.93 Es handelte sich um die neutestamentarische Geschichte der Grablegung Christi. Außer Maria Magdalena und dem Apostel Johannes treten hier ein geheimer Jünger Jesu auf, der Pharisäer Nikodemus, der den Körper Christi nach dessen Tode in duftende Stoffe einhüllte, und ein anderer geheimer Jünger Jesu, der Pharisäer Josef von Arimathia, der sich von Pilatus den Körper Christi erbat und ihn ins Grab legte.94 Die Leiden Jesu wurden an den deutschen Theatern in Ofen und Pest zweimal zu Ostern gespielt, und zwar am 22. und 23. März 1807.95 Als Maria Magdalena ist die Sängerin Anna Menner aufgetreten, die Solistin der Wiener kaiserlichen Oper. Sie kam nach Pest als neues Ensemblemitglied im Jahre 1807 und in demselben Jahr heiratete sie wohl den Pester Theaterunternehmer, Komponisten und Kapellmeister Matous Alois Cibulka. Als Apostel Johannes trat der Sänger Huber auf, Nikodemus wurde von Kistler verkörpert und Josef von Arimathia wurde von Blum dargestellt. Vor dem Oratorium erklang noch eine Symphonie von Beethoven und Proben aus Mozarts Werken.96

F. X. Jiřík war auch der Autor des Textes zum komischen Singspiel Musikalische Texte aus dem Chinesischen Zauberhut, das von Franz Roser (1779–1830) vertont wurde. Roser war ein Tenor österreichischer Herkunft, der in den Jahren 1805–1807 an den deutschen Theatern in Ofen und Pest wirkte und in den Jahren 1808–1810 Mitglied des Schlossensembles des ungarischen Adeligen János Végh in Veréb war. Es geht um einen verhältnismäßig kurzen zwölfseitigen Text, der in Veréb zur Feier des Namenstages des Ignaz von Végh am 30. Juli 1807 vorgetragen wurde. Einleitend werden die Personen und deren Darsteller angeführt. Den Grafen Edelkron stellte der Schlossherr Johann Edler von Végh dar, den Verwalter Molch Joseph Meinert, den Pächter Albert Biedermuth Franz Roser, dessen Sohn Fritz Ignaz Edler von Végh, den Schulmeister Zebedeus Grille F. X. Jiřík, den Gastwirt Michel Spunt Carl von Pichler und Stephel Joseph Vigyázó. Die Angehörigen des ungarischen und deutschen Adels sangen hier gemeinsam mit deutschen, tschechischen und ungarischen professionellen Künstlern, wie es damals manchmal Sitte war. Die Handlung des Einakters dreht sich um die Schulden des Pächters Bidermuth bei dem Verwalter Molch, wobei die Hauptrolle hier Fritz spielt, den der Jubilant darstellt. Dieser erwirkt mit der Hilfe Grilles, dass Molch seinem Vater die Schulden erlässt. So schließt die kurze szenische Geschichte mit Ovationen des Chores für Ignaz Végh, der seinen Namenstag feiert.97

Eine weitere ganz selbständige Arbeit Jiříks war die Tragödie aus fünf Akten Achilles und Polyxena, die niemals auf die Bühne gelangte. Ihr Mangel beruhte in der außergewöhnlichen Länge, der Ungelenkigkeit der Handlung und dem Übermaß an langwierigen, nicht funktionellen Dialogen. Der Grieche Achilles verliebt sich in die Tochter des trojanischen Königs Priamus Polyxena, was zur Zeit der trojanischen Kriege das Glück dieser Liebe ausschließt. Deshalb nimmt sich der unglückliche Achilles nach dem nicht durch ihn verschuldeten Tod des Bruders von Polyxena Troilos – den die Griechen umgebracht haben – mit eigener Hand das Leben.98 Es scheint, dass für Jiříks Tragödie das „dramma eroico per musica“ von Ferdinand Paer mit dem Text von Giovanni de Gamera als Vorbild diente. Dieses Stück hatte seine Premiere am Wiener Burgtheater am 6. Juni 1801 und wurde bis zum März 1804 neunundfünfzigmal gespielt.99Auf der Bühne des deutschen Theaters in Pest wurde es nur dreimal im August 1812 in der deutschen Übersetzung von Vogel gespielt,100 obwohl Jiřík zu der Zeit an den deutschen Theatern in Ofen und Pest tätig war und Gameras italienische Vorlage ins Deutsche sicher selbst übersetzen konnte. Sein Ruhm als Übersetzer von italienischen Librettos ins Deutsche ist offensichtlich gesunken und dass er vier Jahre früher eine ursprüngliche Tragödie über Achilles und Polyxena geschrieben hatte, ist offensichtlich in Vergessenheit geraten. Schon vorher wurde Paers Singspiel Achilles im Jahre 1803 im Prager Ständetheater aufgeführt (es wurde von Dominik Guardasoni geleitet) und es wurde außerordentlich günstig aufgenommen.101

Am 24. Oktober 1808 hatte am deutschen Theater in Ofen die Oper des deutschen Komponisten Simon Mayr (1763–1845) Adelasia und Aleramo Premiere, die F. X. Jiřík aus dem italienischen Libretto von Luigi Romanelli ins Deutsche übersetzte. J. S. Mayr war der Herkunft nach aus Bayern, aber den größten Teil seines Lebens wirkte er in Italien, wo auch das italienische Libretto seiner Oper (Adelaisa e Aleramo, Milano 1806)102 erschienen ist. Die Besetzung dieser Oper an den deutschen Theatern in Ofen und Pest war hervorragend. Theofania, die Gattin des deutschen Kaisers Otto II. stellte hier Madame Müllner dar und auch die anderen Titelrollen haben Frauen gestaltet. Frau Nanette Cibulka sang Adelasia, die Tochter von Theofania und Fräulein Elise Exner deren geheimen Gatten Aleramo103. Adelaisa und Aderamo war bereits die zweite Oper von Mayr auf der Szene der deutschen Theater in Ofen und Pest, wo sie seit dem Oktober 1808 bis zum August 1810 fünfmal gespielt wurde. Die erste heroische Oper, die am deutschen Theater in Ofen am 12. Oktober 1807 Premiere hatte und bis zum Januar 1808 die Anzahl von sechs Vorstellungen erreichte, war die Oper Ginevra von Schottland104 (das italienische Original Ginevra di Scocia ist 1801 in Triest erschienen).105 Der Übersetzer des italienischen Librettos von Rossini ins Deutsche wird hier nicht genannt.

F. X. Jiřík hat den Urtext des Librettos zu der großen biblischen Oper – Israels Wanderung durch die Wüste – von dem tschechischen Komponisten und Kapellmeister an den deutschen Theatern in Ofen und Pest, Vinzenz Ferrerius Tuček, geschrieben. Diese Oper hatte am deutschen Theater in Pest am 22. Dezember 1810 Premiere und am 23. Dezember desselben Jahres in Ofen. Beide Vorstellungen wurden vor Weihnachten als Wohlfahrtsvorstellungen zugunsten des örtlichen Armenhauses aufgeführt. Die Oper mit dem alttestamentarischen Thema über die Wanderung der Israeliten durch die Wüsten und über deren siegreichen Kampf mit den Moabitern feiert vor allem die Gottesfürchtigkeit und Festigkeit von Moses an der Spitze der Israeliten. In der musikalischen Begleitung spielen die melodramatischen Chöre eine dominante Rolle, von denen die Ernsthaftigkeit des Inhalts der Oper betont wird. Der Text der Oper ist wiederum ziemlich langwierig, aber trotzdem handlungsmäßig spannender als die frühere völlig ausdruckslose Tragödie von Jiřík Achilles und Polyxena.106 Israels Wanderung durch die Wüste erreichte die Anzahl von zehn Vorstellungen und war vom Dezember 1810 bis zum April 1811 auf dem Programm.107 Die Titelrolle des Moses spielte Franz Xaver Rünner, der auf der Bühne der deutschen Theater in Ofen und Pest in den Jahren 1805–1814 (in den letzten Jahren auch als Operninspizient) tätig war, seine Frau Zephora sang Madame Hölzel, seine Tochter Miriam Madame Cibulka und für Jiřík ist die kleinere Rolle des Gegners von Moses Phelet übriggeblieben, in der sich jedoch eine Reihe von wirkungsvollen Monologen vorfand.108 Jiřík und Tucek, die Schöpfer des Werkes widmeten es ihrem Direktor, dem Komponisten Matous Alois Cibulka und allen ihren Freunden und Gönnern.109

Das letzte bekannte Werk von F. X. Jiřík und auch die letzte Spur von Jiříks Wirken in der ungarischen Metropole ist sein historisch-militärisches Schauspiel Die Entführung des Prinz-Eugenieus-Thores oder Temeswars Befreyung, herausgegeben in Ofen 1813. Durch dieses anscheinend „österreicherische“ Thema wählte Jiřík wiederum einen dem Herzen aller Ungarn nahestehenden Stoff und betonte darin die Verdienste des Prinzen Eugen von Savoyen um die Befreiung Ungarns von den Türken. Diese Verdienste wurden in Ungarn unter anderem auch dadurch gewürdigt, dass dem Prinzen Eugen von Savoyen eines der schönsten Denkmäler direkt vor der Ofner Burg gewidmet wurde. Zu der Befreiung von Temeswar kam es im Oktober 1716 und dieses Ereignis gehört zu den ruhmvollsten Kapiteln der militärischen Kunst des Prinzen Eugen von Savoyen. Die Aktualität des von Jiřík gewählten militärischen Themas war auch durch die eben verlaufenden napoleonischen Kriege gegeben. Eugen von Savoyen spielt allerdings in diesem „historisch-militärischen“ Stück eine Nebenrolle. Die Hauptfigur ist die österreichische Gefangene der Türken, die Tochter eines Grafen, Augusta, die Omar, der Sohn des türkischen Befehlshabers in Temeswar Mehmet Aga liebt. Dieser wird aber dauernd von Augusta abgewiesen, denn unter den Gefangenen ist auch ihr Verlobter Dorile, den Augusta für ihren Bruder ausgibt. Inzwischen gelangt Omar in österreichische Gefangenschaft und die Österreicher wollen ihn für Augusta austauschen. Omar entflieht, um diesem Plan zuvorzukommen, er wird allerdings erneut gefangengenommen und dabei auch verwundet. Unterdessen bot Mehmet Aga in dem von den Türken besetzten Temeswar den Verlobten seinen Schutz an und redete seinem Sohn die nicht erwiderte Liebe aus. Alles wird dann durch die Eroberung Temeswars von dem Prinzen Eugen von Savoyen gelöst, der auch die beiden bedrohten Verlobten, Dorile und Augusta, befreit. Das Stück selbst äußert allerdings alle Anzeichen der schwachen dramatischen Kunst Jiříks: die Weitschweifigkeit des Textes, einen geringen Einfallsreichtum der Handlung, langwierige und nicht funktionelle Dialoge usw. Es gelangte nie auf die Bühne, ähnlich wie Jiříks Tragödie Achilles und Polyxena. Die Ausdruckskraft der einzelnen Figuren leidet unter einer ungenügenden Charakteristik ihres Innenlebens. Jiříks Helden sind eher ideelle Träger bestimmter vorkonstruierter Eigenschaften als wirklich lebendige Typen. Man kann allerdings nicht die aufklärerische Konzeption von Jiříks Werk bestreiten, die durch seine Behauptung gegeben ist, „dass Gott Christen, Mosleme sowie auch Juden erschaffen hat“.110

Das Spiel blieb im handschriftlichen Text für den Souffleur erhalten mit Eingriffen des Zensors (der Zensor hat z. B. die lobenden Worte über Thököly, den Gegner des Kaisers, aber auch das allzu submissive Lob dem kaiserlichen Hof gegenüber gestrichen). Die Handschrift enthält auch Erklärungen von türkischen Wörtern, die im Text des Stückes enthalten sind.111

Einen wesentlichen Teil von Jiříks literarischem und dramatischem Werk waren Übersetzungen von italienischen Librettos ins Deutsche. Er hat dadurch auf die Bühne der deutschen Theater in Ofen und Pest nicht nur die Werke von Haydn, Mozart und Salieri gebracht, sondern auch von weiteren zeitgenössischen deutschen Komponisten wie von Johann Panneck, Joseph Weigl, Peter Winter, Johann Simon Mayr u.a. Er übersetzte auch die Librettos zu italienischen Opern von Pietro Guglielmi, Giovanni Paisiello u.a. und auch zu einer Oper des Begründers des portugiesischen Singspiels Marcos Antonio Portugal. Es sind auch die ursprünglichen Arbeiten Jiříks nicht zu vergessen, von denen insbesondere das Schauspiel Stephan, der erste König der Hungarn den Weg zu den Herzen seiner neuen Landsleute fand. Durch diese reiche Tätigkeit hat sich Jiřík um die Bereicherung des Repertoires der deutschen Theater in der ungarischen Metropole um die verschiedensten Genres (heroische Oper, Buffa-Oper, heroisch komische Oper, komisches Singspiel u.a.) verdient gemacht. Für seine Übersetzungen sowie auch sein eigenes ursprüngliches Werk war im Großen und Ganzen ein durchschnittliches literarisches Niveau bezeichnend, sie verrieten jedoch auch eine gewisse Routine und den Sinn für die Theatersprache. Über Jiříks Fähigkeiten in Bezug auf seine Übersetzungen und Bühnenbearbeitungen hat sich im Juli 1798 ein Rezensent der Preßburger Zeitschrift Allgemeine deutsche Theaterzeitung sehr positiv geäußert. Im Zusammenhang mit der Übersetzung Jiříks des italienischen Librettos zu Mozarts Oper Die Großmut des Titus hat er in seiner Rezension hervorgehoben, dass Jiřík – obwohl kein Übersetzer von Beruf – es versteht, unabhängig vom Original Ausdrücke zu finden, unter denen das Hörvermögen nicht leidet, und dass dessen Übersetzungen stets eine Umarbeitung des ursprünglichen Textes bedeuten, was für die angeführten Opern von Vorteil ist.112

Trotz aller Universalität war Jiřík nicht nur ein kosmopolitischer Epigonentyp, worauf man aus der Wahl seiner Themen und dem vermittelnden Charakter seiner literarisch dramatischen Tätigkeit schließen könnte. Er versuchte sich auch mehr oder weniger selbständig am Gebiet des deutschsprachigen dramatischen Schaffens teilzunehmen. In seinem Werk überwogen das demokratische Empfinden, der aufklärerische Widerwille gegen Vorurteile und Rassenvoreingenommenheit, der Glaube an die Macht des Intellekts des Volkes, der auch über die Kraft des Geldes und des Standes den Sieg davonträgt. Diese gedanklichen Werte wurden allerdings nicht durch die entsprechende künstlerische Kraft unterstützt. Seine eigenen ursprünglichen Werke hatten viele dramaturgische Schwächen: schleppende Handlungen, langwierige und nicht funktionelle Dialoge usw.

Im Opernensemble der deutschen Theater in Ofen und Pest hat sich F. X. Jiřík vor allem als Sänger von Baritonparten durchgesetzt. Er wurde vor allem als Darsteller von Soldaten, Volkstypen und komischen Rollen engagiert. Er trat vor allem in komischen Singspielen sowie auch in Opern verschiedenster Art auf, und zwar in Rollen von mittelmäßiger Bedeutung. Im Schauspiel wurde er nur ausnahmsweise als Aushilfe in fast immer episodische Rollen besetzt.

Eine dominante Rolle spielte Jiřík nur in den bereits sporadisch aufgeführten Harlekiniaden und Kasperliaden, die den älteren Typ des Wiener Volkstheters darstellten.113

Die Hauptrolle des Harlekin stellte F. X. Jiřík z. B. in der Pantomime Harlekin, der gekrönte König auf der Insel Liliputi von Georg Schüller dar. Diese Pantomime war jedoch in Pest und Ofen nur viermal auf dem Programm und zwar im Februar und März 1794114. Eine Paraderolle Jiříks war auch die Figur Kaspar Vita in der komischen Oper Der Fagottist des mährischen Deutschen Wenzel Müller mit dem Text von Joachim Perinet aus dem Jahre 1791. Diese Oper wurde auch unter dem Titel Kaspar der Fagottist oder Die Zauberzither aufgeführt. Sie spielt sich in dem Phantasieland Eldorado ab, wo Kasperl als Diener seinem Herrn Armidor die Nachstellungen des Zauberers Bosphor zu überwinden hilft. Um die Figur des Kasperls begann sich im Theater in Wien-Leopoldstadt, wo diese Oper am 8. Juni 1791 erstaufgeführt wurde115 die Form des romantisch komischen Volksmärchens mit Gesängen zu entwickeln, das bald das ganze deutsche Theater beherrschte und auch bei uns eine markante Wirkung hervorgerufen hatte.116 Unter dem Titel Die Zauberzither oder Der Fagottist wurde die komische Oper von Müller am 29. November 1792 von dem Direktor Mihula im Ständetheater in Prag aufgeführt.117 Auf der Szene des Vaterländischen Theaters wurde sie 1793 in der Ära Vasbachs auch tschechisch in Majobers Übersetzung unter dem Titel Carodějná citera nebo fagotista (Die Zauberzither und der Fagottist) gespielt.118 Majobers tschechische Version von Perinets und Müllers Zauberoper Die Zauberzither oder der Fagottist wurde in den 20er Jahren des 19. Jahrhunderts sogar im Riesengebirgischen Vorland in Vysoké nad Jizerou (Hochstadt an der Iser) gespielt.119 Eine gute Gelegenheit zu einer erfolgreichen Kasperl-Kreation gewann F. X. Jiřík auch in der Figur des Kaspars Larifari im 1. Teil von Henslers romantisch komischem Volksmärchen Das Donauweibchen mit der Musik des mährischen Deutschen Ferdinand Kauer, die an den deutschen Theatern in Ofen und in Pest nur in der Zeit von 1799–1811 siebenunddreißigmal gespielt wurde.120 Von den weiteren Kasperl-Kreationen von Jiřík sind sein Waffenknecht in Henslers Volksmärchen Die Teufelsmühle am Wienerberg erwähnenswert, wo er in den Jahren 1804– 1805 die Rolle des Schauspielers Augenstein (Premiere in Pest am 18. November 1800) übernommen hat, ferner die Rolle des Waffenknechts in Henslers Waldweibchen mit der Musik Kauers (Premiere am deutschen Theater in Ofen am 20. April 1801) und die Rolle des Dieners in Steinsbergs Hans Klachel mit der Musikbegleitung von Tuček (deutsches Theater in Pest am 11. März 1811).121

Nach dem Wiener Erfolg von Anton Hasenhut in der alten Burleske von Kurz-Bernardon Thaddädl, der dreißigjährige ABC-Schütz aus dem Jahre 1766, die eine erneute Premiere am Wiener Theater in Leopoldstadt am 22. Mai 1799 erlebte und dort bis 1814 gespielt wurde, ist sie am 13. März 1800 zum ersten Mal auch am deutschen Theater in Pest aufgeführt worden. In die Hauptrolle des Thaddädl wurde dort F. X. Jiřík besetzt. Die komische Rolle, in der er ähnlich wie Hasenhut das Publikum dadurch zum Lachen brachte, wie er lesen und schreiben lernte, entsprach voll seinem schauspielerischen Naturell. Sein Lachen hatte eine heilende Wirkung gegen das belastende Problem des damaligen Analphabetentums.122 Am deutschen Theater in Pest wurde aber auch eine weitere Thaddädliade gespielt, und zwar die komische Oper von Georg Meister Die Wanderschaft, oder Thaddädl in der Fremd, die von den deutschen Theatern in der ungarischen Metropole nach deren Premiere am Wiener Theater Leropold- stadt (am 17. November 1802) übernommen wurde. In Pest fand die Premiere am 17. September 1804 statt.

Thaddädl tritt hier als Schusterlehrling auf, der zufälligerweise in adelige Kreise gerät. An diese komische Oper hat in einer Vorstellung Hasenhuts Pantomime angeknüpft (es handelte sich um Phillip Hasenhut) mit der Musik von Sigora von Eulenstein, in der Jiřík die Rolle des Harlekins verkörperte. Kolombina stellte die Angehörige der alten tschechischen Schauspielerfamilie Zöllner, Josefa Zöllner dar.123

Wie wir bereits oben erwähnt haben, hat F. X. Jiřík zu Beginn seines Wirkens an den deutschen Theatern in der ungarischen Metropole das Publikum durch seine Kreation der Rolle des Haremverwalters Bistroma in Salieris Oper Axur, König von Ormus sehr eingenommen. Eine weitere Rolle aus seiner anfänglichen Tätigkeit an den deutschen Theatern von Pest und Ofen war die Rolle des Jägers Silvius in der heroisch-komischen Oper von Vinzenz Martini Der Baum der Diana. Die Oper geht von einem antiken Sujet aus und wurde in den Jahren 1789–1805 siebenundsiebzigmal gespielt.124 Das Singspiel im italienischen Original L’Arbore di Diana stand im Wiener Burgtheater vom 1. Oktober 1787 bis zum 3. März 1791 siebenundsechzigmal auf dem Programm.125 Eine anspruchsvolle Charakterrolle war auch die bereits erwähnte Rolle des Juden Härschel in der Christlichen Judenbraut, die auf den Text von Jiřík Johann Panneck komponierte, der an den deutschen Theatern in Ofen und Pest in den Jahren 1789, 1791–1793 und 1795–1796 wirkte.126

Von den weiteren gelungenen Rollen Jiříks sind die seinem Naturell nahestehenden Rollen komischer Knappen und Diener anzuführen: z.B. die Rolle des Waffenknechts Martin Rosenstängel in Gleichs romantisch komischem Volksmärchen mit der Musik Tučeks Die vier Heymonskinder, die zum ersten Mal am deutschen Theater in Ofen am 22. Oktober 1810 gespielt wurde und bis zum 28. März 1811127 auf dem Programm blieb. Die Premiere dieses komischen Volksmärchens hat am Wiener Theater in der Leopoldstadt am 4. Februar 1809 stattgefunden.128 Eine ähnliche Rolle, die Figur des alten Waffenknechts Scherasmin verkörperte Jiřík in der heroisch komischen Oper Pavel Vranickys Oberon, der König der Elfen129, die an den deutschen Theatern in Ofen und in Pest seit dem 25. November 1790 bis zum 10. Juni 1798 aufgeführt wurde, und zwar insgesamt neunundzwanzigmal.130

Eine der bedeutendsten Rollen Jiříks an den deutschen Theatern in Ofen und in Pest war die Hauptrolle in der komischen Oper von V. F. Tuček Hans Dachel auf den Text Steinsbergs, die auch unter dem Titel Hans Klachel aufgeführt wurde. Jiřík ist bei der Premiere dieser Oper in Pest am 16.. Dezember 1802 aufgetreten.131 Die Oper hat sich an den deutschen Theatern in der ungarischen Metropole bis zum Jahre 1846 erhalten und erreichte fast fünfzig Reprisen.132 Die ursprüngliche deutsche Ausgabe des Hans Klachel erchien schon 1797 und zwar höchstwahrscheinlich in Leipzig.133 Es folgte die Wiener Ausgabe des Hans Dachel aus dem Jahre 1799, die offensichtlich als Vorbild für die Pester Premiere im Jahre 1802 diente.134 Sie erschien wahrscheinlich zur Zeit der Uraufführung von Hans Dachel am Wiener Theater in der Leopoldstadt am 15. Januar 1799, wo dieses Stück bis zum Jahre 1812 neunundzwanzigmal gespielt wurde.135 Eine weitere, direkt an Tuček gebundene Ausgabe, stammt aus dem Jahre 1809.136 V. F. Tuček komponierte die Musik auch zu Thams tschechischer Bühnen- bearbeitung des Hans Klachel – Honza Kolohnát z Prelouce (Hans Klachel von Prelouc/Przelautsch), und zwar schon im Jahre 1795137; sie wurde im Dezember desselben Jahres im Vaterländischen Theater in Prag aufgeführt.138 Es wäre interessant festzustellen, worin sich die Pester Vorstellung von der in Prag unterschieden hat, denn wenn sie auch im deutschen Theater gespielt wurde, musste unbedingt das heimische Pester Publikum in Betracht gezogen werden, das neben Deutschen auch ungarische Aristokraten und Stadtbürger bildeten; ihnen mussten die Probleme offensichtlich anders nahegebracht werden als in Prag und in Wien. Wenn zum Beispiel in Thams tschechischer Bühnenbearbeitung des Hans Klachel aus Prelouc/Przelautsch Steinbergs Verspottung der bäuerlichen Dummheit in ein gutmütiges Verständnis für den derben und naiven Bauern verwandelt wurde (denn eben diese Landleute vermehrten nach der Herausgabe der Josephinischen Patente ausgiebig auch die tschechische Bevölkerung in Prag) und auch dessen nationale Stacheleien mäßigte139 –, musste sie die Pester ebenfalls deutsche Inszenierung gedanklich in eine anderer Richtung wenden und durch die Betonung anderer Bestandteile der Vorstellung negieren. Die interessante ungarische Fassung des Textes von Steinsberg, die von den Schaupielern der deutschen Pester und Ofner Bühnen im Jahre 1812 übernommen wurde, wimmelt von antideutschen Angriffen. Vielsagend ist auch der Umstand, dass den Haupthelden in der gleichnamigen ungarischen Bühnenbearbeitung von Viszkots Jankó ein slowakischer Bauernjunge aus Liptov ist, was für die ungarischen Verhältnisse bezeichnend ist.140

Vinzenz Ferrerius Tuček, der die Musik zu tschechischen, deutschen sowie auch ungarischen Version von Steinsbergs Hans Klachel komponierte, wirkte am deutschen Theater in Ofen und in Pest als Kapellmeister seit 1802 bis zu seinem Tode im Jahre 1821, mit Ausnahme der Jahre 1807–1810, als er als Kapellmeister im Theater Wien-Leopoldstadt engagiert war. Er schuf in der ungarischen Metropole eine Reihe von Opern und Singspielen, von denen außer Hans Klachel am bekanntesten die heroische Oper Lanassa war, die am deutschen Theater in Pest am 13. Dezember 1805 Premiere hatte.141 F. X. Jiřík trat auch in weiteren Opern und Singspielen von Tuček auf. Außer der des bereits erwähnten Phelet in Israels Wanderung durch die Wüste im Jahre 1812 verdient auch die Rolle des Jägergehilfen Steffen in Tučeks großer romantischer Oper Ripheus, der Berggeist im Riesengebirge unter dem Namen Rübezahl (aus dem Jahre 1802) Erwähnung.142

Außer seiner engen Zusammenarbeit mit Tuček ist auch Jiříks Wirken in den Opern von Haydn und Mozart bemerkenswert. In Haydns Armida schuf er noch am Anfang seiner Tätigkeit in der ungarischen Metropole die Figur des Ritters Hubald, des Freundes von Ritter Reinald , des Geliebten Armidas.143 In Mozarts Opern, außer denen, zu denen er die ursprünglich italienischen Librettos übersetzte (Don Juan, in dem er die Rolle Masettos spielte, und Der Großmut des Titus, in der er eine episodische Rolle eines Soldatenführers spielte), sang er in Der Hochzeit des Figaro die Rolle des Don Basilio,144 und danach später die Rolle des Gärtners Antonio.145 Jiříks bedeutendste Mozartrolle, die er während seines ganzen Aufenthaltes in der ungarischen Metropole sang, war Papageno in der Zauberflöte.146

Nur in der Zeit vom 3. März 1793 bis zum 31 Januar 1812 wurde die Zauberflöte an den deutschen Theatern in Pest und Ofen hundertvierzigmal gespielt.147

F. X. Jiřík sang auch in den Opern Cherubinis. In der Oper Die Tage der Gefahr oder Der Wasserträger in Paris sang er die bedeutende Rolle Antonios, des Sohnes von dem Wasserträger, der dem „Freunde des Volkes“ Armand, dem Gegner Mazzarins zur Freiheit verhalf (Premiere am deutschen Theater in Pest am 28. Februar 1803); in der Oper Lodoiska (Premiere daselbst am 18. April 1803) sang er laut Theaterzettel zur Vorstellung des deutschen Theaters in Ofen am 29. Juli 1810 Narko, den Diener des Grafen Floresci.148 Beide Opern feierten an den deutschen Theatern in der ungarischen Metropole einen außergewöhnlichen Erfolg. Der Wasserträger war in den Jahren 1803–1832 hundertneunmal auf dem Programm und Lodoiska in den Jahren 1803–1837 hundert viermal.149

Ein weiterer Opernschöpfer, in dessen Opern Jiřík oft auftrat, war Karl Ditter von Dittersdorf, ein gebürtiger Wiener, der in Ungarn in den Jahren 1764–1769 in Großwardein bei dem Bischof Patasic wirkte und zwar zusammen mit tschechischen Künstlern, dem Violinisten Václav Pichl, dem Hornisten Josef Oliva und dem Bassisten Ungericht.150 An den deutschen Theatern in der ungarischen Metropole wurde Jiřík in der bekannten Oper von Dittersdorf Der Doktor und der Apotheker in die Rolle des Hauptmanns Sturmwald besetzt.151 Auch in der Oper Der Redliche Ungar oder Das rote Käppchen spielte er einen Soldaten, und zwar den Leutnant Felsenberg, den Geliebten der Pflegetochter des Husarenleutnants ungarischer Herkunft, Emerich Oroszlány. Diesen stellte in der Titelrolle bis zu seinem Abgang an das Wiener Burgtheater im Jahre 1796 der beliebte Tenor Karl Weinmiller dar.152

In Pest und in Ofen hat sich – wahrscheinlich wegen ihres ungarischen Sujets – mehr die zweite Oper durchgesetzt, die hier an den deutschen Theatern in den Jahren 1791–1807 insgesamt dreiundfünfzig Vorstellungen erreichte.153 Eine weitere komische Oper von Dittersdorf, in der F. X. Jiřík zur Geltung kam, war Hieronymus Knicker auf den Text von Vulpius, in der Jiřík Ferdinand, den Neffen und Ziehsohn des reichen Geizhalses Hieronymus Knicker darstellte.154 Hieronymus Knicker war an den deutschen Theatern in Ofen und Pest seit der Pester Premiere am 19. Oktober 1790 neunzehnmal auf dem Programm bis zur Derniere am 17. Dezember 1801.155

In den Opernkreationen auf den Bühnen von Pest und Ofen stellte Jiřík oft auch Landleute dar. Noch mit fünfundvierzig Jahren spielte er z. B. die Rolle des jungen ländlichen Liebhabers Hans in der „Bauern-Oper“ Die Bauernliebe mit Henslers Text und Kauers Musik, die am deutschen Theater in Pest am 25. Juli 1805 Premiere hatte.156 Diese Oper wurde an den deutschen Theatern in Ofen und Pest noch fünfmal vom 25. Juli 1805 bis zum 31. Oktober desselben Jahres gespielt.157 Im ländlichen Milieu spielt sich auch Schenks komische Oper auf den Text Weidmanns Der Dorfbarbier ab. Hier spielte Jiřík im Jahre 1804 den Barbiergesellen Adam.158 Das gleichnamige ursprüngliche Lustspiel Weidmanns wurde auf den Bühnen von Pest und Ofen nur viermal in den Jahren 1786–1796 gespielt. Im Jahre 1796 wurde es zum Sujet für die komische Oper des Wiener Komponisten und Lehrers von Beethoven, Johann Schenk. Seine Oper hatte am 7. November 1796 am Burgtheater Premiere und erreichte bis zum Jahre 1810 die respektable Anzahl von hundertsiebenundsechzig Vorstellungen.159

Auch an den deutschen Theatern von Ofen und Pest war diese Oper sehr erfolgreich und in den Jahren 1799–1845 erreichte sie hier die Anzahl von hundertdrei Vorstellungen und gehörte zu den beliebtesten Opern dieser Theater.160 Aus dem ländlichen Milieu schöpft auch die komische Oper von Paisiello Das listige Bauernmädchen oder Die verwechselten Bräute nach dem italienischen Original La contadina di spirito (Premiere am Burgtheater in Wien am 6. April 1785), die am 21. Februar 1791 auf die Bühne des deutschen Theaters in Pest gelangte.161 Jiřík spielte hier Hans, eine der Hauptrollen – den Sohn Tulipans und Geliebten des Bauernmädchens Hannchen.162 Diese Oper wurde an den deutschen Theatern in Ofen und Pest seit deren Premiere am 21. Februar 1791 bis zu der Derniere am 17. April 1800 insgesamt siebzehnmal gespielt.163 Es ist auch die komische Oper von Wenzel Müller mit dem Libretto Henslers (ursprünglich Hubers) Die unruhige Nachbarschaft zu erwähnen, die am deutschen Theater in Pest am 17. Oktober 1803 Premiere hatte und hier im Laufe von acht Jahren bis zum 30. Oktober 1811 46 Reprisen erreichte. Jiřík sang hier Taddäus, den Sohn des Tischlers Simon, der von dem ersten Solisten der Pester und Ofner Oper Josef Blum dargestellt wurde.164

F. X. Jiřík trat auch oft in Singspielen auf. Zu den populärsten gehörte das Singspiel des mährischen Deutschen Wenzel Müller auf das Libretto von Joachim Perinet Die Schwestern von Prag, das an den deutschen Theatern in der ungarischen Metropole in den Jahren 1794–1849 die Rekordzahl von hundertneunundzwanzig Vorstellungen erreichte.165 Jirik stellte hier zunächst den Ritter Chemise (1798) und später den Baron Pappendeckel (1810) dar. Diese Rolle sang er auch zu der Zeit, als das Singspiel vorübergehend Zwei Schwestern von Prag genannt wurde, z. B. im Jahre 1806.166 Der Pester Uraufführung der Schwestern von Prag (deutsches Theater in Pest am 9. Oktober 1794) ist nur um ein halbes Jahr früher die Uraufführung am Wiener Theater in der Leopoldstadt (am 11. März 1794) vorausgegangen. Das Stück wurde dort in den Jahren 1794–1854 hundertachtunddreißigmal gespielt.167 Manche Couplets aus diesem Singspiel sind sogar volkstümlich geworden (z.B. Was ist des Lebens höchste Lust?) und auf das Lied Ich bin der Schneider Kakadu schrieb selbst Ludwig van Beethoven seine Variationen für das Klavier-Trio G. Dur, op. 121.168 Während des Wirkens von Guardasoni im Ständetheater in Prag wurden Die zwei Schwestern von Prag auch tschechisch gespielt, und zwar am 23. Juni 1805.169 Die ungarische nationale Gesellschaft spielte dieses Singspiel in Pest unter der Bezeichnung A prágai nénikék am 17. Februar 1808, wobei die Rolle des Schneidergesellen Habakuk Ádám Láng darstellte.170 Aus dieser Rolle wurde allmählich die Zentralfigur in den ungarischen Inszenierungen der Schwestern von Prag. Später wurde deshalb Müllers und Perinets Singspiel in Ungarn unter der Bezeichnung A prágai két néne, vagy a Pestre vándorolt szabólegény (Zwei Schwestern von Prag oder der Schneidergeselle auf der Wanderung in Pest) und die Handlung des Singspiels wurde aus Wien nach Pest übertragen.171

Von episodischer Art war Jiříks Auftreten im Schauspiel, wo er seinerseits wohl nur dem Schauspielensemble aushelfen wollte. Er spielte z. B. Die Rolle des Pairs in der Tragödie von Joseph Korompay Anna Boleyn, Königin von England, ferner einen Offizier des Königs in Schillers Tragödie Die Jungfrau von Orleans usw.172 Korompays Anna Boleyn wurde in Ofen und in Pest nur fünfmal vom Mai bis Juni 1794 gespielt, wogegen sich Schillers Jungfrau von Orleans vom 26. September 1803 bis zum 17. Dezember 1847 auf dem Programm gehalten hat und insgesamt einundfünfzigmal aufgeführt wurde.173 Von den Schauspielkreationen Jiříks war vor allem seine Rolle des Theaterdirektors Tuttifax in Giesekes Lustspiel mit Tučeks Musik Der travestierte Hamlet, einer Parodie auf Shakespeares Hamlet, von größerer Bedeutung.174 Dieses Lustspiel wurde nur in der Ära Jiříks in den Jahren 1795–1811 an den Pester und Ofner deutschen Bühnen dreißigmal gespielt.175 Kleinere Rollen hatte Jiřík manchmal auch in Shakespeares Dramen. Von kleinerer Bedeutung war die Figur des schottischen Adeligen Lenox in Mackbeth (deutsches Theater in Ofen am 28. April 1794, gespielt in Bürgers Umarbeitung mit der Musik des hiesigen Kapellmeisters J. G. Mederitsch), bedeutender war sein Hofnarr Trinkulo im Sturm (deutsches Theater in Ofen am 5. Juli 1802), gespielt in der Bühnenbearbeitung von Hensler mit der Musik von W. Müller.176 Es wäre auch Jiříks Rolle des Hofmarschalls von Kalb in Schillers Kabale und Liebe im Jahre 1795 zu erwähnen.177

Frantisek Xaver Jiřík gehörte zu den populärsten Mitgliedern des Ensembles an den deutschen Theatern der ungarischen Metropole. Mitglied des hiesigen Opernensembles wurde er im Jahre 1789 unter dem Operndirektor Hubert Kumpf, der in diesem Amt im Jahre 1792 von Karl Weinmiller abgelöst wurde. Als zweiter Operndirektor wirkte dann mit Weinmiller bis zum Jahre 1792 eben F. X. Jiřík,178 der seit 1793 als Operninspizient (bis zum Jahre 1798 und dann wiederum in den Jahren 1800–1808 und 1810–1812) tätig war und schließlich im Jahre 1799 auch Opernregisseur war. Zuletzt erscheint er im Pester und Ofner Theateralmanach als Ensemblemitglied im Jahre 1813.179 Wie verdienstvoll die Tätigkeit Jiříks an den deutschen Theatern in Ofen und in Pest war, findet auch im Lichte der Gehaltsordnung vom 4. September 1797 seine Widerspiegelung. Nach dieser erhielten nur fünf Ensemblemitglieder ( die Damen: Teller, Le Febre, Müller, Huber und Herr Haas) jährlich 936 Gulden (18 Gulden wöchentlich) und gleich nach ihnen folgte F. X. Jiřík mit dem Jahresgehalt von 884 Gulden (17 Gulden wöchentlich).180 Dieser Stand folgte erst danach, als sich einige Ensemblemitglieder bei der ungarischen Statthalterei im Juni 1797 über Direktor Busch beschwerten, dass er die Hälfte des vereinbarten Wochengehalts zurückhalte.181 Obwohl die Statthalterei den Beschwerden der Künstler entgegenkam, scheint es, dass sie mit ihnen nicht ganz zufrieden war. Der Statthalter Graf Esterházy selbst forderte den Theaterreferenten der ungarischen Statthalterei, den Rat Doleviczényi, in dem Brief vom 28. Dezember 1799 zu einem energischen Eingreifen gegen jene Künstler auf, von denen die Disziplin nicht eingehalten wird und die nicht ordnungsgemäß auf den Proben erscheinen (von den Akteuren der Beschwerde vom Juni 1797 betrifft es den Kapellmeister Cibulka und die Schauspielerin Müller). Insbesondere nimmt sich Esterházy den weiteren Beschwerdeführer F. X. Jiřík aufs Korn, der das Publikum in der komischen Oper von Wenzel Müller Das lustige Beylager durch seine Narreteien sollte empört haben.182 Diese Oper gehörte in den Jahren 1799–1827 zu den beliebtesten Stücken des Repertoires an den deutschen Theatern in Pest und in Ofen und wurde hier insgesamt dreiundneunzigmal gespielt.183 Allerdings nicht mehr als um ein Jahr später, als Direktor Busch in finanzielle Schwierigkeiten gerät und es notwendig wird, eine neue Leitung der deutschen Theater in Pest und Ofen zu suchen, erwerben diese Position trotz allem mit der Zustimmung der Statthalterei vom 29. September 1800 zwei bürgerliche Unternehmer, die schon früher mit den deutschen Theatern der ungarischen Metropole eng verbunden waren, und zwar deren Kapellmeister Matous Alois Cibulka und deren Schauspielregisseur Anton Jandl, mit denen Jiřík immer eng zusammengearbeitet hat und gut ausgekommen ist. Diese Maßnahme erfolgte jedoch erst danach, als niemand auf die Anzeigen der ungarischen Statthalterei in den österreichischen Zeitungen auf die Stellenausschreibung für die Leitung der Pester und Ofner deutscher Theater reagierte.184

Und so kann man Jiříks Wirken an den deutschen Theatern in der ungarischen Metropole als sehr erfolgreich bezeichnen. Weniger gelungen war wohl seine Ehe, von der wir keine näheren Angaben besitzen. In den Verzeichnissen der Ensemblemitglieder der deutschen Theater in Pest und in Ofen ist keine Frau Jiřík verzeichnet. Trotzdem ist uns bekannt, dass ihr Name auf zwei Theaterzetteln aus dem Jahre 1794 vorkommt. Madame Girzik (Jiřík) ist zunächst in der Rolle der Muse Thalia im originalen Singspiel Jiříks Fest der Musen aufgetreten, wie es durch den Theaterzettel der Ofner Premiere vom 1. Januar 1794 belegt ist.185 Den zweiten Beleg liefert das Auftreten von Frau Jiřík in Weidmanns Lustspiel Der Dorfbarbier, wo sie am deutschen Theater in Ofen am 21. Januar 1794 die Rolle der Frau Margarethe, einer Schmiedeswitwe gespielt hatte.186 Über das weitere Schicksal der Frau Jiřík nach dem Jahre 1794 wissen wir nichts. Offensichtlich hat sie ihrem Mann die Tochter Theresia Jiřík hinterlassen, die an den deutschen Theatern in Pest und Ofen nach den hiesigen Theateralmanachen in den Jahren 1797–1800 in Kinderrollen und als Fräulein Jiřík in den Jahren 1805–1807 auftrat.187 Dabei haben wir jedoch einige Angaben über das Wirken von Fräulein Jiřík an den deutschen Theatern in Ofen und Pest schon von früher. Nach den Theaterzetteln zu der Pester Vorstellung von Mozarts Die Hochzeit des Figaro am deutschen Theater in Pest vom 25. März 1799 stellte Fräulein Jiřík Barbarina, die Tochter des Gärtners Antonio dar, den Jiřík selbst sang.188 In der Oper Camilla von Ferdinand Paer trat sie am 19. Dezember 1799 als Camillas Sohn Adolfo auf.189 Nach dem dritten Zettel zur Premiere von Tučeks Oper Ripheus, der Berggeist des Riesengebirges unter dem Namen Rübezahl, die am deutschen Theater in Ofen am 31. Mai 1802 aufgeführt wurde, spielte Fräulein Jiřík die episodische Rolle der bediensteten Fee Fremunda.190 Theresia Jiřík trat in der Oper der Pester und Ofner deutschen Theater nachweislich in den Jahren 1799–1807 auf. Sie besetzte in deren Repertoire meistens nur kleinere Rollen, zum Beispiel das Blumenmädchen Amaranthe in dem Stück Die Insel der Liebe, einer komischen Oper von Martini mit dem Text Stegmeyers, Karoline in der komischen Oper Hennebergs Die Wiener Zeitung, eine Hofdame in der heroisch-komischen Oper Bertons Aline, Königin von Golkonda (mit dem deutschen Text Treitschkes), oder das Katherl im komischen Singspiel Thaddädl, der dreißigjährige ABC-Schütze mit dem Text Henslers. Durch das Zusammentreffen der Umstände sang sie eher als Einsprung bedeutende Parte in Mozarts Opern, Julia in Cosi fan tutte (Pest, am 5. Juni 1805), Donna Anna im Don Juan (Pest, am 14. Juli 1805), die Königin der Nacht in der Zauberflöte (Ofen, am 1. Mai 1807) und auch den Erzengel Gabriel in Haydns Oratorium Die Schöpfung in Pest am 25. Dezember 1805.191 Das weiteren Schicksal von Theresia Jiřík sind nicht bekannt. Das Rätsel der Mutter und der Tochter Jiříks muss erst die weitere Forschung klären. Auch über das Privatleben Jiříks in Ofen und Pest wissen wir nichts Näheres. Nach dem Jahre 1813 schwindet von ihm jede Spur. Es scheint, dass sein Fortgehen aus Pest mit dem Abgang von Matous Alois Cibulka aus der Leitung der deutschen Theater von Pest und Ofen Ende des Jahres 1811 zusammenhängt. Cibulka ging nach Temeswar, wo er die Leitung des dortigen deutschen Theaters gerade in dem Jahr übernommen hat, als Jiřík aus Ofen und Pest fortgegangen ist, das heißt im Jahre 1813. Cibulka hat sich in Temeswar ein Kaffehaus, eine Gaststätte und einen Tanzsaal gemietet. Mit seinen Unternehmungen machte er allerdings nach einer Zeit Pleite und musste dort alle seine Mobilien lassen, um der Stadt Temeswar seine Schulden in der Höhe von 700 Gulden zu ersetzen. Im Hinblick darauf, dass Jiřík schon früher in Temeswar gastierte, sowie auch in Bezug auf seine freundschaftlichen Beziehungen zu Cibulka, kann man annehmen, dass er sich nach seinem Fortgang aus der ungarischen Metropole gerade dorthin aufgemacht hat. Sichere Belege dafür stehen uns allerdings nicht zur Verfügung.192

Zum Abschluß unserer Studie kann man festhalten, dass die Lebensansichten und Stellungnahmen von Frantisek Xaver Jiřík zum Teil durchaus österreichisch waren, zum Teil aber einen universell europäischen Geist auf einer deutlichen aufklärerischen Grundlage verrieten. Überdies hat er auch den Weg zum heimischen ungarischen Element gefunden. Dieser geistige Reichtum hat in ihm den Verlust der tschechischen nationalen Identität ausgewogen. Gerade dieser Verlust weist auf den bedeutenden Wandel in unserer Geschichte hin. Während die großen tschechischen Exilanten des 17. Jahrhunderts (Pavel Skála von Zhor und Jan Amos Komensky Tschechen geblieben sind, haben sich die bedeutenden tschechischen Emigranten des 18. Jahrhunderts (z. B. Karel Václav Stamic und Josef Myslivesek) im universalistischen Zeitalter der Vernunft ihrer Heimat bereits wesentlich entfremdet. Das Schicksal der weniger Bekannten, zu denen auch Frantisek Xaver Jiřík gehörte, war eine völlige Entfremdung. Für die tschechische Heimat waren sie für immer verloren. Man muss sich aber bewusst sein, dass diese Menschen eine fruchtbare Spur in den Kulturen Anderer hinterlassen haben. Im Falle Jiříks war es das deutsche Theater in Ungarn sowie auch unter den Ungarn im Allgemeinen, die Jiřík dankbar in Erinnerung halten sollten.193

 

Anmerkungen

 1

Slovník hudební kultury (Lexikon der Musikkultur), Praha 1997, S. 551–552, reflektiert diesen Unterschied nicht.

 2

Zusammenfassend zur Geschichte des mitteleuropäischen Theaters vgl. vor allem H. Kindermann: Theatergeschichte Europas. Band 5. Von der Aufklärung zur Romantik (2. Teil), Salzburg 1962. Zu einigen oben angeführten Teilproblemen vgl. weiter O. Rommel: Das parodische Zauberspiel. Leipzig 1937; ders.: Die romantisch-komischen Original-Zauberspiele. Leipzig 1939; ders.: Die Alt-Wiener Volkskomödie. Wien 1952; ders.: Die romantisch-komischen Volksmärchen. Darmstadt 1964; H. Kindermann: Die Commedia dell’arte. Cambridge 1963; M. Dietrich: Jupiter in Wien. Götter und Helden der Antike im Altwiener Volkstheater. Graz–Wien–Köln 1967; F. Fuhrich: Theatergeschichte Oberösterreichs im 18. Jahrhundert. Wien 1968; O. Michtner: Das alte Burgtheater als Opernbühne. Von der Einführung des deutschen Singspiels (1778) bis zum Tode des Kaisers Lepold II. (1792). Wien 1970; O. Schindler: Theatergeschichte von Baden bei Wien im 18. Jahrhundert 1–2, Wien 1971; E. J. May: Wiener Volkskomödie und Vormärz. Berlin 1975; M. von Alth: Burgtheater 1776–1976. 1–2, Wien–Heidelberg 1979; F. Hadamowsky: Wien. Theatergeschichte. Von den Anfängen bis zum Ende des Ersten Weltkrieges. Wien 1988; J. Vondráček: Dějiny českého divadla (Geschichte des tschechischen Theaters). Doba obrozenská (Die Wiedergeburtszeit) 1771–1824, Praha 1956; J. Knap: Zöllnerové (Die Zöllners). Dějiny divadelního rodu (Geschichte der Schauspielerfamilie), Praha 1958; Dějiny českého divadla (Geschichte des tschechischen Theaters) 2. Národní obrození (Die nationale Wiedergeburt), Praha 1969; Vídeňské lidové divadlo od Hanswursta-Stranitzkého k Nestroyovi (Das Altwiener Volkstheater von Hanswurst-Stranitzky zu Nestroy), Praha 1990; Divadlo v Kotcích (Das Kotzentheater) 1739–1783, Praha 1992; M. Horányi: Das Esterházysche Feenreich. Beitrag zur ungarländischen Theatergeschichte des 18. Jahrhunderts. Budapest 1959 (auch englisch und ungarisch gedruckt); G. Staud: Magyar kastélyszínházak (Die ungarischen Schlosstheater) 1–3, Budapest 1963–1964; ders.: Adelstheater in Ungarn. Wien 1977; Magyar színháztörténet (Geschichte des ungarischen Theaters) 1790–1873, Budapest 1990.

 3

Siehe R. Pražák: Čeští umělci v Uhrách na přelomu 18. a 19. století (Tschechische Künstler in Ungarn am der Wende des 18. und des 19. Jahrhunderts), Slovanský prehled 55, Praha 1969, N. 5, S. 344–351; ders.: Čeští divadelní umělci na německém divadle v Budíně a v Pešti na přelomu 18. a 19. století (Tschechische Bühnenkünstler in dem deutschen Theater in Ofen und Pest an der Wende des 18. und des 19. Jahrhunderts), Otázky divadla a filmu 1, Brno 1970, S. 63–78; ders.: K působení českých hudebních a divadelních umělců v Uhrách na přelomu 18. a 19. století (Zum Wirken der tschechischen Musiker und Bühnenkünstler in Ungarn an der Wende des 18. und des 19. Jahrhunderts), Otázky dějin strední a vychodní Evropy 2, Brno 1975, S. 75–94; ders.: Cseh színészek és zenészek Pest–Budán a 18–19. század fordulóján (Tschechische Bühnenkünstler und Musiker in Ofen und Pest an der Wende des 18. und des 19. Jahrhunderts), Színháztudományi Szemle 28, Budapest 1991, S. 13–19.

 4

Siehe J. Kádár: A budai és pesti német színészet története 1812-ig játékszíni és drámairodalmi szempontból (Geschichte des Ofner und Pester Theaters aus der szenischen und dramatischen Sicht), Budapest 1914, S. 12–13.

 5

Darüber spricht der Gothaer Theaterkalender für das Jahr 1781, sowie reichhaltige Literatur. Über Karl Wahrs Wirken in Pest schreibt sehr detailliert W. Binal: Deutschsprachiges Theater in Budapest. Von den Anfängen bis zum Brand des Theaters in der Wollgasse (1889), Wien 1972, S. 30–36.

 6

Zur Geschichte des deutschen Theaters in Ofen und Pest vgl. vor allem J. Kádár: l. c. (Anm. 4); ders.: A pesti és budai német színészet története (Geschichte des deutschen Theaters in Pest und Ofen) 1812–1847, Budapest 1923; J. Kádár-Pukánszkyné: Geschichte des deutschen Theaters in Ungarn. Erster Band. Von den Anfängen bis 1812. München 1933; W. Binal: l. c. (Anm. 5); H. Belitska-Scholtz – O. Somorjai: Das Kreuzer Theater in Pest 1794–1804. Eine Dokumentation zu Bühnengeschichte der Kasperlfigur in Budapest. Wien–Köln–Graz 1988. Man muss auch die Bibliographie der in Ungarn erschienenen Theaterkalender vom 18. und 19. Jahrhundert zusammengestellt von Elemér Hankiss und Elisabeth Berczelli: A Magyarországon megjelent színházi zsebkönyvek bibliográfiája. XVIII–XIX. század. Összeállította Elemér Hankiss és Berczelli Károlyné. Budapest 1961, und den zweibändigen normativen Titelkatalog und Dokumentation von H. Belitska-Scholtz – O. Somorjai: Deutsche Theater in Pest und Ofen 1770–1850 (weiterhin DTPO), Band 1–2, Budapest, s. a. (1996) erwähnen. Vgl. dazu auch Színházi hírek (Theatralische Nachrichten) 1781–1803, Budapest 1982; K. Czibula: A pest-budai német sajtó színháztörténeti híradásai 1781–1790 között (Theatralisches Nachrichtenwesen der Pester und Ofner deutschen Presse im Zeitraum 1781–1790), Magyar Könyvszemle 111, Budapest 1995, H. 1, S. 25–37; und F. Kerényi (Herausgeber). A magyar színikritika kezdetei (Die Anfänge der ungarischen Theaterkritik) 1790–1837, Bd. 1–3, Budapest 2000.

 7

Vgl. J. Knap: l. c. (Anm. 2).

 8

Siehe Vivat Pest. Dedication zum Neuen Jahr 1794, verfasst von Friedrich Zöllner, Mitglied der hiesigen Schauspieler Gesellschaft. Gesprochen von Klara Zöllner, seiner Tochter. Der Theaterzettel in der Theatersammlung der Nationalbibliothek (Széchényi Bibliothek) in Budapest (weiterhin TSNBSZ).

 9

Zur Mozarts Beliebtheit in Ungarn vgl. z. B. Szabolcsi – D. Bartha (Red.): W. A. Mozart emlékére (Zu Mozarts Gedächtnis), Budapest 1957; E. Major: Mozart és Magyarország (Mozart und Ungarn). Fejezetek a magyar zene történetéből (Kapitel aus der Geschichte der ungarischen Musik), Budapest 1967, S. 9–57; E. Sebesztyén: Mozart és Magyarország (Mozart und Ungarn), Budapest 1991.

10

Zum Lebensgeschichte des Cibulkas vgl. Československý hudební slovník osob a institucí (Das tschechoslowakische Musiklexikon der Persönlichkeiten und Institutionen) 1, Praha 1963. S. 165, und Zenei lexikon (Musiklexikon) 1, Budapest 1965, S. 422. In den beiden Lexika wird das unrichtige datum des Todes Cibulkas im Jahre 1845 angeführt. Die richtige Angabe über Cibulkas Tod (5. Oktober 1846 in Tata) führt K. Bardos an: A tatai Esterházyak zenéje (Die Musik bei Esterházys Adelsfamilie in Tata) 1772–1846, Budapest 1978, S. 59. Zur Cibulkas Tätigkeit in Pest siehe auch R. Pražák: l. c. (Anm. 3), Brno 1970, S. 68–71. Cibulka lebte am Ende seines Lebens in Tata als Schwager von Bernat Menner, der vom Jahre 1806 bis zu seinem Tode am 17. April 1846 als Direktor des esterházyschen Orchesters in Tata tätig war.

11

Vgl. Namensfeyer Seiner Königl. Höheit, des Erzherzogs Josephs Palatin von Ungarn. Veranstaltet bei Seiner Excell. dem Tavernicus, Graphen Joseph v. Brunswick zu Ofen, den 18. März 1804. Die Poesie von Rössler. Die Musik zum Choralgesang von Zibulka (!). Gedruckt mit Königlichen Universitätsschriften. 1804.

12

Vgl. O. B. Kelényi: Gazdaságtörténeti adatok a pesti német színház építéséhez (Wirtschaftshistorische Materialien zum Bau des Pester deutschen Theaters) 1808–1812, Budapest 1934, S. 3–5.

13

Zur Geschichte des deutschen Theaters in Ofen und Pest siehe die Publikationen, die in der Anmerkung Nr. 6 genannt werden. Zur ungarischen Dramatik und Thematik aufgeführten auf dieser Bühne siehe z. B. Magyar színháztörténet (Geschichte des ungarischen Theaters) 1790–1873, Budapest 1990. Vgl. auch D. Rózsa: Magyar tárgyú német darabok a hazai német színpadokon (Deutsche Stücke mit ungarischen Sujets auf den deutschsprachigen Bühnen Ungarns), Budapesti Szemle, Jg. 57, Budapest 1934, Bd. 566, S. 215–231. Wichtig ist auch die Edition von L. Tarnói: Die täuschende Copie von dem Gewirre des Lebens. Deutschsprachige Dramen in Ofen und Pest um 1800. Budapest 1999. Die meisten Angaben zu dieser Thematik führt W. Binal an: l. c. (Anm. 5), S. 51–130.

14

Die Angaben zur Tätigkeit F. X. Jiříks in den Jahren 1789–1813 in Ungarn beinhalten außer der in der Anmerkung 6 erwähnten Publikationen insbesondere J. Szinnyei: Magyar írók élete és munkái (Das Leben und die Werke der ungarischen Schriftsteller) 3, Budapest 1894, S. 1222–1223; B. Pukánszky: A magyarországi német irodalom története a legrégibb időktől 1848-ig (Geschichte der ungarländischen deutschen Literatur von den ältesten Zeiten bis 1848), Budapest 1926, S. 443–444. Vgl. dazu auch Hochgräflich Erdődischer Theateralmanach auf das Jahr 1787 (weiterhin ETA 1787), Leipzig und Berlin s. a. und Ofner und Pester Theatertaschenbücher (weiterhin OPTT) von den Jahren 1789–1813 in den Theatersammlungen der Nationalen Bibliothek Széchényi in Budapest. Die einzige Monographie über Jiřík, die handschriftliche Dissertation von I. Fonféder: Girzik X. Ferenc pesti német színész és drámaíró élete és működése (Leben und Wirksamkeit des Pester deutschen Schauspielers und Dramatikers Franz X. Girzik), Budapest 1919, ist heute schon verschollen. Siehe auch R. Pražák: l. c. (Anm. 3), Slovanský přehled 55, Praha 1969, H. 5, S. 346–348.

15

Vgl. Taschenbuch der Prager Schaubühne auf das Jahr 1778. Prag 1778. Siehe B. Brodská: Balet v Kotcích (Das Balett in Kotzentheater). Divadlo v Kotcích (Das Kotzentheater) 1739–1783, Praha 1992, S. 418.

16

Siehe ETA 1787 (Anm. 14), S. 29.

17

Siehe DTPO (Anm. 6) 2, S. 748.

18

Vgl. ETA 1787 (Anm. 14), S. 29–31, 49.

19

Siehe OPTT (Anm. 14) 1789 in Ofen und Pest.

20

Vgl. R. Pražák: l. c. (Anm. 3), Slovanský prehled 55, Praha 1969, H. 5, S. 347.

21

Siehe A. Heppner: A pozsonyi német színészet története a XVIII. században (Die Geschichte des deutschen Preßburger Theaters), Bratislava 1910, S. 57.

22

Siehe Armida oder der Heerzug nach Jerusalem. Nach dem Italienischen des Torquato

Tasso und auf die Musik des berühmten Tonkünstlers Joseph Haydn, für die hochgräflich Unwerthische deutsche Operngesellschaft bearbeitet von Xavier Girzik, Mitglied dieser Operngesellschaft. Aufgeführt in den königl. städtischen Theater zu Ofen und Pest 1791.

23

Vgl. Dictionnaire chronologique de l’opéra, Paris 1979, S. 109. Siehe auch G. Sarti – Sabino: Haydns Armida and the arrival of opera seria et Esterháza. The Haydn Yearbook, vol. XV, 1984, Bristol 1985, S. 181–198.

24

Siehe den Theaterzettel der Bühnendarstellung dieser Oper in Ofen vom 3. Dezember 1794, TSNBSZ (Anm. 8) in Budapest.

25

Vgl. Axur, König von Ormus. Eine heroische Oper in fünf Aufzügen, nach dem Italienischen des Herrn Abbé da Ponte übersetzt und für das gräflich Erdődysche Operntheater eingerichtet von Herrn Girzick. Zum Druck befördert vom Herrn Joh. Nep. Schüller. Die Musik ist vom Herrn Salieri. Preßburg 1788. Theaterbibliothek der Nationalbibliothek Széchényi (weiterhin TBNBSZ) in Budapest, Sign. IM 132.

26

Siehe Axur, König von Ormus. Ein Singspiel in vier Aufzügen. Nach dem Tarare des Beaumarchais von D. Schmieder. Graz 1799. Die Abteilung der Schlossbibliotheken im Nationalmuseum in Prag (weiterhin ASB), Sign. Radenín 1540. Schmiders Adaptation nimmt den Text von Beaumarchais als Grundlage und unterließ die italienische Adaptation da Pontes, die zum Ausgangspunkt der deutschen Übersetzung Jiříks war.

27

Vgl. DTPO (Anm. 6) 1, S. 167.

28

Siehe Theatralisches Liederbuch oder Sammlung der beliebten Arien, Duetten, Terzetten, Quartetten usw. aus Deutschlands vorzüglichsten Opern. Allen Theaterfreunden gewidmet. Pesth 1810. Im Verlag des Joseph Leyer, S. 88–89.

29

Vgl. Arien aus der Oper Die Weinlese, oder Die Dame incognito. Eine komische Oper in 2 Aufzügen, nach dem Italienischen des Herrn Abt Peter Selini frey bearbeitet von Franz Xaver Girzick. Die Musik ist von dem neapolitanischen Kapellmeister Hrn. Joseph Gazzaniga. Aufgeführt auf beyden k. st. Theatern zu Ofen und Pest unter Bergopzooms Unternehmung, im Jahre 1789, Pest s. a. Franz Augustin Patzko. 22 Seiten.

30

Siehe OPTT (Anm. 14) 1789, S. 13, 16, in der TBNBSZ (Anm. 25) in Budapest.

31

Vgl. DTPO (Anm. 6) 2, S. 901.

32

Siehe OPTT (Anm. 14) 1789 in der TBNBSZ (Anm. 25) in Budapest.

33

Vgl. ETA 1787 (Anm. 14), S. 29–45, in der TBNBSZ (Anm. 25) in Budapest.

34

Darüber, dass die Erstaufführung des Singspiels Die christliche Judenbraut im deutschen Theater in Ofen am 18. September 1789 und nicht am 18. Oktober 1789 aufgeführt worden ist, wie DTPO (Anm. 6) 1, S. 237 sagt, wissen wir aus der OPTT (Anm. 14) 1789, S. 18, in der TBNBSZ (Anm. 25) in Budapest. Den Text des Stückes haben wir von ASB (Anm. 26) in Prag, Sign. Radenín 1472 erkannt.

35

Siehe Die christliche Judenbraut, Wien 1796, 103 Seiten.

36

Vgl. DTPO (Anm. 6) 1, S. 233.

37

Siehe den Theaterzettel der Ofner Erstaufführung, die am 7. November 1810 stattgefunden hat [TSNBSZ (Anm. 8) in der TBNBSZ (Anm. 25) in Budapest].

38

Vgl. O. Teuber: Geschichte des Prager Theaters 2, Prag 1885, S. 292; weiter auch J. Vondráček: l. c. (Anm. 2), S. 193.

39

Siehe T. Volek: Repertoir pražské Spenglerovy divadelní společnosti v sezoně 1793–1794 (Das Repertoire der Prager Spenglers Schauspielergesellschaft in der Spielzeit 1793–1794), Miscellanea musicologica 14, Praha 1960, S. 11,12,15.

40

Siehe den Theaterzettel der Erstaufführung in dem deutschen Theater in Ofen am 26. Juli 1795, Die Theatersammlung der Universitätsbibliothek (weiterhin TSUB) in Budapest, Sign. 6 d 2 r 299. Heute TSNBSZ (Anm. 8) in der TBNBSZ (Anm. 25) in Budapest.

41

Vgl. DTPO (Anm. 6) 1, S. 233.

42

Siehe ETA 1787 (Anm. 14), S. 56, 57. 59, in der TBNBSZ (Anm. 25) in Budapest.

43

Vgl. DTPO (Anm. 6) 2, S. 709. Das italianische Libretto ist im Jahre 1782 in Oedenburg erschienen. Vgl. G. Haydn: Orlando paladino. Oedenburg 1782, 64 Seiten.

44

Siehe F. Hadamowsky: Die Wiener Hoftheater (Staatstheater) 1776–1966. Verzeichnis der aufgeführten Stücke, mit Bestandsnachweis und täglichem Spielplan. Teil 1, 1776–1810, Wien 1966 (weiterhin HADAMOWSKY WHT 1), S. 94.

45

Ebenda, S. 96.

46

Siehe OPTT (Anm. 14) 1791, S. 12, TBNBSZ (Anm. 25) in Budapest.

47

Vgl. DTPO (Anm. 6) 1, S. 124–125.

48

Siehe den Theaterzettel dieser Vorstellung in der TSUB (Anm. 40) in Budapest, Sign. 6 d 2 r 299. Heute TSNBSZ (Anm. 8) in der TBNBSZ (Anm. 25) in Budapest.

49

Vgl. Dictionnaire chronologique de l’opéra, Paris 1979, S. 120.

50

Siehe HADAMOWSKY WHT 1 (Anm. 44), S. 86.

51

Vgl. OPTT (Anm. 14) 1791, S. 16, in der TBNBSZ (Anm. 25) in Budapest.

52

Siehe DTPO (Anm. 6) 2, S. 624–625.

53

Vgl. den Theaterzettel der genannten Aufführung, TSUB (Anm. 40), Sign. 6 d 2 r. Heute TSNBSZ (Anm. 8) in der TBNBSZ (Anm. 25) in Budapest.

54

Siehe HADAMOWSKY WHT 1 (Anm. 44), S. 97.

55

Vgl. den Theaterzettel dieser Vorstellung in der TSUB (Anm. 40), Sign. 6 d 2 r 299. Heute TSNBSZ (Anm. 8) in der TBNBSZ (Anm. 25) in Budapest.

56

Siehe OPTT (Anm. 14) 1791, S. 24, und weiter auch DTPO (Anm. 6) 2, S. 633.

57

Vgl. OPTT (Anm. 14) 1792, S. 25,26. Weiter siehe auch DTPO (Anm. 6) 2, S.790–791.

58

Siehe Stephan der erste König der Hungarn. Ein Schauspiel in sechs Aufzügen von Xavier Girzick, Mitglied der hochgräflich Unwerthischen Operngesellschaft in Ofen und Pest. Pest, bei Johann Michael Landerer, Edlen in Füskut, s. l. 1792 in der TBNSZ (Anm. 25) in Budapest, Sign. IM 1544. Das Theaterstück von F. X. Girzik Stephan der erste König der Hungarn gab L. Tarnói heraus: Die täuschende Copie von dem Gewirre des Lebens. Deutschsprachige Dramen in Ofen und Pest um 1800. Budapest 1999, S. 115–147.

59

Vgl. dazu den Verfasser der letzten Standardmonographie über den heiligen Stephan Gy. Györffy: István király és műve (König Stephan und seine Tätigkeit), Budapest 1977, S. 63, 88, 93 ff.

60

Siehe A. Bonfini: A magyar történelem tizedei (Die Dekaden der ungarischen Geschichte), Budapest 1995, S. 239–240. Es handelt sich um die Übersetzung des lateinischen Originals des Werkes Bonfinis Rerum Ungaricarum Decades.

61

Siehe J. Pintér: A magyar irodalom története Bessenyei György fellépésétől Kazinczy Ferenc haláláig (Geschichte der ungarischen Literatur vom Auftreten György Bessenyeis bis zum Tod Ferenc Kazinczys) 1772–1831, 2. Teil, Budapest 1913, S. 186. Ebenda Pintér erwähnt eine weitere Ausgabe Jiříks Werkes im Jahre 1803, das sich aber in den ungarischen Bibliotheken nicht befindet.

62

Vgl. OPTT (Anm. 14) 1794, S. 5, 9. Weiter siehe den Theaterzettel der Ofner Erstaufführung des Festes der Musen vom 1. Jänner 1794, TSUB (Anm. 40) in Budapest, Sign. 6 d 2 r 299. Heute TSNBSZ (Anm. 8) in der TBNBSZ (Anm. 25) in Budapest.

63

Siehe HADAMOWSKY WHT 1 (Anm. 44), S. 100.

64

Vgl. OPTT (Anm. 14) 1795, S. 20.

65

Siehe HADAMOWSKY WHT 1 (Anm. 44), S. 83.

66

Vgl. DTPO (Anm. 6) 1, S. 356 und den Theaterzettel der Ofner Aufführung vom 20. September 1795, TSUB (Anm. 40) in Budapest, Sign. 6 d 2 r 299. Heute TSNBSZ (Anm. 8) in der TBNBSZ (Anm. 25) in Budapest.

67

Das Datum der Ofner Erstaufführung des Don Juans führt K. Isozan: Buda és Pest zenei mûvelődése 1686–1783. 1. kötet, A 18-ik század (Die Musikkultur in Ofen und Pest 1686–1873, 1. Band, 18. Jahrhundert), Budapest 1926, S. 216–217. Weiter siehe auch DTPO (Anm. 6) 1, S. 256, 237. Zu den weiteren Versionen des Don Juans siehe R. Angermüller: Mozart Operas, New York 1970, S. 165–167.

68

Siehe K. Isoz: l. c. (Anm. 67) 1, S. 267. DTPO (Anm. 6) 1, S. 401; er führt an, dass die Erstaufführung dieser Oper in der ungarischen Hauptstadt erst am 11. Juni 1798 stattgefunden hat. Die Richtigkeit seiner Datierung der Ofner Erstaufführung (am 17. September 1797) bekräftigt jedoch OPTT (Anm. 14) 1797.

69

Vgl. z. B. den Theaterzettel Der Hochzeit des Figaro, die Aufführung in Ofen am 17. Oktober 1795, TSUB (Anm. 40) in Budapest, Sign. 6 d 2 r 299, und weiter die Theaterzettel Der Hochzeit des Figaro (Pest, am 25. März 1799), von Zauberflöte (Pest, am 20. Jänner 1801) und von Don Juan (Ofen, am 3. August 1810), alles TSNBSZ (Anm. 8) in der TBNBSZ (Anm. 25) in Budapest.

70

Siehe K. Isoz: l. c. (Anm. 67) S. 217, 213. Vgl. auch E. Major: Fejezetek a magyar zene történetéből (Kapitel aus der Geschichte der ungarischen Musik), Budapest 1967, S. 29, 31.

71

Siehe DTPO (Anm. 6) 1, S. 401. Zur Caldaras Oper mit dem Text von Metastasio und zu den Aufführungen Mozarts Oper Die Großmut von Titus in Wien und anderswo in Österreich und Deutschland vgl. R. Angermüller: l. c. (Anm. 67), S. 261, 270.

72

Siehe den Theaterzettel der Erstaufführung in Pest vom 1. Jänner 1799, TSNBSZ (Anm. 8) in der TBNBSZ (Anm. 25) in Budapest.

73

Siehe den Theaterzettel der Pester Vorstellung vom 15. Dezember 1799, ebenda.

74

Siehe HADAMOWSKY WHT 1 (Anm. 44), S. 45–46.

75

Vgl. OPTT (Anm. 14) 1800, S. 13.

76

Siehe DTPO (Anm. 6) 1, S. 222.

77

Vgl. den Theaterzettel der Vorstellung dieser Oper in Pest vom 28. Juni 1801, TSNBSZ (Anm. 8) in der TBNBSZ (Anm. 25) in Budapest.

78

Siehe HADAMOWSKY WHT l (Anm. 44), S. 23.

79

Vgl. DTPO (Anm. 6) 1, S. 181.

80

Siehe TSNBSZ (Anm. 8) in der TBNBSZ (Anm. 25) in Budapest.

81

Siehe OPTT (Anm. 14) 1802, S. 11, 13.

82

Vgl. die Theaterzettel des königlichen städtischen Theaters in Ofen vom 1. und 31. Jänner 1802, TSNBSZ (Anm. 8) in der TBNBSZ (Anm. 25) in Budapest. Ursprünglich TSUB (Anm. 40), Sign. 6 d 2 r 299. Siehe dazu auch B. Pukánszky: l. c. (Anm. 14), S. 444.

83

Vgl. OPTT (Anm. 14) 1803, S. 29, 31. Die einzige Erwähnung dieser Oper ohne Angabe des Verfassers führt J. Kádáran: A budai és pesti német színészet története 1812-ig (Anm. 4), S. 113.

84

Siehe den Theaterzettel der Pester Vorstellung vom 29. November 1803, TSNBSZ (Anm. 8) in der TBNBSZ (Anm. 25) in Budapest.

85

Vgl. DTPO (Anm. 6) 2, S. 1188.

86

Siehe den Theaterzettel der Pester Vorstellungen vom 31. März 1806 und vom 22. Dezember 1806, TSNBSZ (Anm. 8) in der TBNBSZ (Anm. 25) in Budapest.

87

Vgl. Timotheus, oder Die Wirkungen der Musik. Eine Cantate von Herrn Winter, kurfürstl. Pfalzbayerischen Hofkapellmeister. Aus dem Italienischen übersetzt von Xavier Girzik, Mitglied der Operngesellschaft des königl. städt. Theaters in Ofen und Pest, s. l. 1805, 16 Seiten.

88

Siehe TSNBSZ (Anm. 8) in der TBNBSZ (Anm. 25) in Budapest.

89

Siehe DTPO (Anm. 6) 2, S. 816.

 90

Vgl. OPTT (Anm. 14) 1805, S. 17.

 91

Siehe B. Szabolcsi – A. Tóth: Zenei lexikon (Musiklexikon) 1, Budapest 1965, S. 285.

 92

Vgl. das Feuilleton von Jan Neruda in Národní listy vom 8. Juli 1865 über Reményis Tournee in den böhmischen Ländern. Dílo Jana Nerudy 13, Praha 1929, S. 119.

 93

Das Leiden Jesu. Ein großes Oratorium aus dem Italienischen nach der Musik des Herrn Ferdinand Paer, k. k. Hofkapellmeister in Wien, frey ins Deutsche übersetzt von Xavier Girzik, Mitglied der Operngesellschaft des königl. städt. Theaters in Ofen und Pest, Pesth, gedruckt bey Matthias Trattner, 1807, 15 Seiten. Széchényis Bibliothek in Budapest, Sign. Mus. LII 2815.

 94

Vgl. das Evangelium des heil. Johann, Grablegung Christi, Neues Testament. Písmo svaté Starého i Nového zákona (Das Heilige Schrift des Alten und Neues Testaments), Praha 1985, S. 111.

 95

Siehe DTPO (Anm. 6) 1, S. 543.

 96

In der ungarischen theatrologischen Literatur wiederholt man die Behauptung von J. Kádár: A pesti és budai német színészet története 1812-ig (Anm. 4), S. 84, das Fräulein Menner Cibulka schon in dem Jahre 1806 geheiratet hat, obwohl sie noch in dem Jahre 1807 nachweisbar den Familiennamen Menner benutzt hat und obwohl ihre Hochzeit mit Cibulka offensichtlich erst in diesem Jahr stattgefunden hat. Zur Besetzung der Rollen im Oratorium Die Leiden Jesu vgl. den Theaterzettel der Vorstellung in dem königlichen städtischen Theater in Pest vom 23. März 1807, TSNBSZ (Anm. 8) in der TBNBSZ (Anm. 25) in Budapest. Ursprünglich TSUB (Anm. 40) in Budapest, Sign. 6 d 2 r 299.

 97

Siehe Musik-Texte aus dem Chinesischen Wunderhut, einem komischen Singspiel in 1 Aufzug von Xavier Girzik. Die Musik ist von Franz Roser. Pest 1807, TBNBSZ (Anm. 25) in Budapest, Sign. IM 9583. Vgl. auch J. Szinnyei: l. c. (Anm. 14) 3, Budapest 1894, S. 1222, der die genaue Bezeichnung eines anderswoher unbekannten Jiříks Werks folgendermaßen anführt: „Musik-Texte aus dem chinesischen Wunderhut, einem komischen Singspiele in 1 Aufzuge. Die Musik ist von Franz Roser. Ausgeführt in Vöréb, am Vorabende des Namensfestes des Herrn Edlen Ignácz von Végh. Den 30 July 1807. Pest s. a.” Zur Rosers Lebensgeschichte vgl. B. Szabolcsi – A. Tóth: Zenei lexikon (Musiklexikon) 3, Budapest 1965, S. 252.

 98

Achilles und Polyxena. Eine Tragödie in fünf Acten in elegische Versart, von Xavier Girzik, Schauspieler und Sänger. Pest, gedruckt bei Matthias Trattner, 1808. TBNBSZ (Anm. 25) in Budapest, Sign. IM 1264.

 99

Siehe HADAMOWSKY WHT 1 (Anm. 44), S. 2.

100

Vgl. DTPO (Anm. 6) 1, S. 120.

101

Siehe Achilles. Ein ernsthaftes Singspiel in zwei Aufzügen. Aufgeführt im Theater der böhmischen Stände. Unter der Leitung des Theaterunternehmers Dominik Guardasoni. Prag im Jahre 1803. Die Poesie ist vom Herrn Tenente de Gamerra, Dichter des Hoftheaters in Wien. Die Musik ist vom Herrn Ferdinand Pär, Kapellmeister des königl. Hofs von Parma, Prag, gedruckt bei Franz Gerzabek, 1803, 131 Seiten. Siehe ASB (Anm. 26) in Prag, Sign. Radenín 320. Über die Prager Erstaufführung von Achilles vgl. auch O. Teuber: Geschichte des Prager Theaters 2, Prag 1885, S. 349–350.

102

Siehe Brockhaus – Riemann: Zenei lexikon (Musiklexikon) 2, Budapest 1984 (die ungarische Ausgabe), S. 504.

103

Siehe den Theaterzettel der Vorstellung der Oper Adelasia und Aleramo im deutschen Theater in Ofen vom 24. August 1810, TSNBSZ (Anm. 8) in der TBNBSZ (Anm. 25) in Budapest.

104

Siehe DTPO (Anm. 6) 1, S. 122, 382.

105

Siehe Brockhaus – Riemann: l. c. (Anm. 102), S. 504.

106

Vgl. Israels Wanderung durch die Wüste. Eine biblische Oper in 3 Aufzügen, verfertigt für die Theater in Ofen und Pest von Xavier Girzik, Sänger und Schauspieler daselbst. Die Musik ist von Vinzentius Tuczek, Compositeur und Kapellmeister bey eben deutschen Theatern. Pesth, gedruckt mit Trattnerischen Schriften, 1811, 79 Seiten, TBNBSZ (Anm. 25) in Budapest, Sign. IM 53.

107

Siehe DTPO (Anm. 6) 1, S. 461. OPTT (Anm. 14) 1812 erwähnt nur neun Vorstellungen (er führt die Aufführung dieser Oper vom 21. Jänner 1811 nicht an).

108

Siehe den Theaterzettel der Premiere der biblischen Oper Israels Wanderung durch die Wüste (Pest, den 22. Dezember 1812), TSNBSZ (Anm. 8) in der TBNBSZ (Anm. 25) in Budapest. Zum Rünners Wirken in den deutschen Theatern in Ofen und Pest siehe DTPO (Anm. 6) 2, S. 1196.

109

Vgl. OPTT (Anm. 14) 1812.

110

Das Schauspiel F. X. Jiříks Die Entführung des Prinz-Eugenius-Thores oder Temeswars Befreyung, Ofen 1813, wird in der TBNBSZ (Anm. 25) in Budapest, Sign IM 640 aufbewahrt.

111

Dieses Manuskript vom Jahre 1813 wurde ursprünglich im Archiv der Hauptstadt Budapest aufbewahrt, heute befindet es sich in der TBNBSZ (Anm. 25) in Budapest, Sign. IM 640. Das ursprüngliche Manuskript aus dem Archiv der Hauptstadt Budapest hat D. Rózsa einmal zusammen mit den anderen Theaterstücken auf deutscher Bühne in Ofen und Pest mit ungarischen Sujeten analysiert: l. c. (Anm. 13), S. 215–231. (Über die Jiříks Schauspiele siehe S. 215–220.)

112

Im Zusammenhang mit der Aufführung der Mozarts Oper Die Großmut von Titus auf der deutschen Bühne in Ofen am 11. Juni 1798 schreibt man dort: „Man muss Hrn. Girzik zum Ruhme nachsagen, dass wie es der Zettel meldete, er die Übersetzung nicht nach Art der Uibersetzer von Profession ausarbeitete – er wahlte ungebunden an das Original Ausdrücke, die das Ohr nicht beleidigen, und zeigte wirklich das Talent eines geschickten Mannes. Man darf diese Uibersetzung mehr eine Umarbeitung nennen, die wirklich den Vorzug vor so manchen Opern verdient, die nicht selten, aus dem italienischen übersetzt, eine Prosa zum Durchgehen erhielt.” Siehe Allgemeine deutsche Theaterzeitung, Preßburg 1798, N. 78 (Juli 1798), S. 96.

113

Vgl. dazu in unserer wissenschaftlichen Literatur die entsprechenden Partien des Werkes Vídeňské lidové divadlo od Hanswursta-Stranitzkého k Nestroyovi, l. c. (Anm. 2). Unter den österreichischen und deutschen Forschern siehe z. B. O. Rommel: Die Alt-Wiener Volkskomödie. Wien 1952; E. J. May: Wiener Volkskomödie und Vormärz, Berlin 1975; F. Hadamowsky: Wien. Theatergeschichte. Von den Anfängen bis zum Ende des Ersten Weltkrieges. Wien 1988 usw.

114

Siehe DTPO (Anm. 6) 1, S. 416, und den Theaterzettel der Premiere dieser Pantomime vom 21. Februar 1794 in Ofen, TSUB (Anm. 40) in Budapest, Sign. 6 d 2 r 299. Heute TSNBSZ (Anm. 8) in der TBNBSZ (Anm. 25) in Budapest.

115

Siehe F. Hadamowsky: Kataloge der Theatersammlung der Nationalbibliothek in Wien. 3. Band. Das Theater in der Wiener Leopoldstadt 1781–1860, Wien 1934 (weiterhin HADAMOWSKY Leopoldstadt), S. 133. Den Fagottisten spielte man in dem Theater in der Leopoldstadt bis zum 7. November 1819.

116

Vgl. Vídeňské lidové divadlo od Hanwursta-Stranitzkého k Nestroyovi (Anm. 2), S. 88–89; über den Stück Kaspar der Fagottist, ebenda S. 84–89.

117

Siehe O. Teuber: l. c. (Anm. 98) 2, S. 305.

118

Vgl. Dějiny českého divadla 2. Národní obrození (Anm. 2), S. 72.

119

Siehe L. Sochorová: Sousedské divadlo doby národního obrození (Das Nachbarntheater der tschechischen nationalen Wiedergeburt), Praha 1987, S. 21.

120

Vgl. z. B. den Theaterzettel der Aufführung im deutschen Theater in Pest vom 28.

September 1801, TSNBSZ (Anm. 8) in der TBNBSZ (Anm. 25) in Budapest. Weiter siehe auch DTPO (Anm. 6) 1, S. 257–258.

121

Siehe TSNBSZ (Anm. 8) in der TBNBSZ (Anm. 25) in Budapest.

122

Vgl. z. B. die Theaterzettel der Pester Premiere auf der deutschen Bühne in Pest, und zwar am 13. März 1800, und der Vorstellungen vom 8. Juli 1802 und vom 19. Februar 1805, TSNBSZ (Anm. 8) in der TBNBSZ (Anm. 25) in Budapest. Zu der erneuerten Premiere des Thaddädl im Theater in der Leopoldstadt in Wien am 22. Mai 1799 und dessen weiteren dortigen Vorstellungen vgl. HADAMOWSKY Leopoldstadt (Anm. 115), S. 261. Zum Hasenhuts Wirken in der Leopoldstadt vgl. auch Vídeňską lidovą divadlo od Hanswursta-Stranitzkąho k Nestroyovi (Anm. 2), S. 93 und A. Mantler: Hanswurst und das Zaubertheater. Von Stranitzky zu Raimund. Wien 1990, S. 16–17.

123

Siehe HADAMOWSKY Leopoldstadt (Anm. 115), S. 281 und weiter den Zettel der Pester Premiere vom 17. August 1804, TSNBSZ (Anm. 8) in der TBNBSZ (Anm. 25) in Budapest. Ursprünglich TSUB (Anm. 40) in Budapest, Sign. 6 d 2 r 299.

124

Vgl. DTPO (Anm. 6) 1, S. 175 und den Theaterzettel der Vorstellung im deutschen Theater in Ofen vom 5. Oktober 1794, TSUB (Anm. 40), Sign. 6 d 2 r 299. Heute TSNBSZ (Anm. 8) in der TBNBSZ (Anm. 25) in Budapest. Vgl. auch die deutsche Ausgabe der Oper Der Baum der Diana. Eine heroisch-komische Oper in zwei Aufzügen. Die Musik ist vom Herr Vincent Martini. Für das k. k. Hoftheater. Wien 1802, 74 Seiten, ASB (Anm. 26) in Prag, Sign. Radenín 1094.

125

Siehe HADAMOWSKY WHT 1 (Anm. 44), S. 10.

126

Vgl. DTPO (Anm. 6) 2, S. 1191.

127

Siehe Die vier Heymonskinder. Ein komisches Volksmärchen mit Gesang in vier Aufzügen. Bearbeitet von Alois Gleich. Die Musik ist vom Herrn Kapellmeister Tuczek. Aufgeführt auf dem k. k. priv. Theater in der Leopoldstadt. Wien 1803, 92 Seiten, TBNBSZ (Anm. 25) in Budapest, Sign. IM 216. Vgl. auch den Theaterzettel der Ofner Premiere des Stückes Die vier Heymonskinder vom 22. Oktober 1810, ebenda. Siehe auch DTPO (Anm. 6) 2, S. 877.

128

Vgl. HADAMOWSKY Leopoldstadt (Anm. 115), S. 169.

129

Siehe Oberon: König der Pygmäer. Eine romantisch-komische Oper nach Wielands Oberon für die Bühne bearbeitet von Johann Georg Carl Giesecke, Schauspieler. Die Musik ist vom Herrn Paul Wranitzky, Musik-Orchester Director der k. k. Hoftheater. S. l. (Wien), s. a. (1790), TBNBSZ (Anm. 25) in Budapest, Sign. IM 533. Siehe den Theaterzettel der Vorstellung im deutschen Theater in Ofen vom 23. März 1794, TSUB (Anm. 40) in Budapest, Sign. 6 d r 299. Heute TSNBSZ (Anm. 8) in der TBNBSZ (Anm. 235) in Budapest.

130

Vgl. DTPO (Anm. 6) 2, S. 646–647.

131

Siehe den Theaterzettel der Pester Premiere von Hanns Dachel, der Bräutigam von Eipelthau vom 12. Dezember 1806, TSNBSZ (Anm. 8) in der TBNBSZ (Anm. 25) in Budapest.

132

Siehe J. Kádár: l. c., (Anm. 4), S. 111; dies.: l. c., Budapest 1923 (Anm. 6), S. 141. Vgl. auch DTPO (Anm. 6) 1, S. 414.

133

Siehe K. F. Guolfinger von Steinsberg: Hanns Klachel oder Das Rendezvous in der neuen Alee. Ein komisches Singspiel in zwei Aufzügen. Die Musik ist vom Herrn Tuczek. S. l. 1797.

134

Siehe Hanns Dachel: Ein komisches Singspiel vom Ritter von Steinsberg. Musik V. Tuczek. Leopoldstädter Theater. Wien 1799.

135

Vgl. HADAMOWSKY Leopoldstadt (Anm. 115), S. 158.

136

Siehe Hans Klachel oder Das Rendezvous in der neuen Alee. Ein komisches Singspiel

in zwei Aufzügen. Die Musik ist vom Herrn Tuczek. S. l. 1805. Angeführt von s. Zíbrt: Honza Kolohnát z Přelouče. Česky lid 25, Praha 1925, S. 203.

137

Vgl. J. Vondráček: l. c. (Anm. 2), S. 258; M. Kačer: Václav Tham. Praha 1965, S. 83; Dějiny českého divadla 2 (Anm. 2), S. 78–79. Siehe auch Č. Zíbrt: l. c. (Anm. 136), S. 201–217.

138

Ebenda.

139

Ebenda.

140

Vgl. Viszkots Jankó vagy A liptsovay vő legény. Énekes vig játék 7 fel vonásban. Fordította Láng Ádám Szindalíró. Das Manuskript wird in der TBNBSZ (Anm. 25) in Budapest aufbewahrt. Die ungarische Adaptation von Hans Klachel wurde am 18. April 1812 in Pest aufgeführt und die Titelrolle verkörperte selbst der Verfasser der ungarischen Version Ádám Láng. Siehe den Theaterzettel dieser Aufführung, TSNBSZ (Anm. 8) in der TBNBSZ (Anm. 25) in Budapest. Vgl. auch J. Bayer: Magyar színlap 1812-ből (Der ungarische Theaterzettel vom Jahre 1812), Irodalomtörténeti Közlemények 4, Budapest 1894, S. 485–486. Davon geht hervor, dass Tuček die Musik zur ungarischen Adaptation Lángs von Viszkots Jankó vom Jahre 1812 komponierte.

141

Zum Tučeks Wirken im deutschen Theater in Ofen und Pest vgl. R. Pražák: l. c. , Otázky divadla a filmu 1, Brno 1970 (Anm. 3), S. 71–76.

142

Vgl. die Theaterzettel der Premieren der beiden Tučeks Stücken: Israels Wanderung durch die Wüste (das deutsche Theater in Pest am 22. Dezember 1812) und Ripheus, der Berggeist am Riesengebürge unter dem Namen Rübezahl (das deutsche Theater in Ofen am 31. Mai 1802), beide TSNBSZ (Anm. 8) in der TBNBSZ (Anm. 25) in Budapest.

143

Vgl. z. B. den Theaterzettel der Ofner Vorstellung Haydns Armida vom 3. Dezember 1794, TSUB (Anm. 40) in Budapest, Sign. 6 d 2 r 299. Heute TSNBSZ (Anm. 8) in der TBNBSZ (Anm. 25) in Budapest.

144

Siehe den Theaterzettel der Ofner Aufführung Der Hochzeit des Figaro am 14. Oktober 1795, ebenda.

145

Vgl. den Theaterzettel der Pester Aufführung dieser Oper vom 25. März 1799, TSNBSZ (Anm. 8) in der TBNBSZ (Anm. 25) in Budapest.

146

Siehe die Theaterzettel der Vorstellungen der Zauberflöte in Pest am 20. Jänner 1801 und am 25. Juni 1810, ebenda.

147

Vgl. DTPO (Anm. 6) 2, S. 925–926.

148

Siehe die erwähnten Theaterzettel, TSNBSZ (Anm. 8) in der TBNBSZ (Anm. 25) in Budapest.

149

Vgl. DTPO (Anm. 6) 2, S. 803 und 1, S. 562.

150

Siehe G. Staud: Magyar kastélyszínházak (Die ungarischen Schlosstheater) 2, Budapest 1963, S. 35–90.

151

Vgl. den Theaterzettel der Erstaufführung dieser Oper in dem deutschen Theater in Ofen am 5. Februar 1794, TSNBSZ (Anm. 8) in der TBNBSZ (Anm. 25) in Budapest. Ursprünglich in der TSUB (Anm. 40), Sign. 6 d 2 r 299.

152

Siehe den Theaterzettel der Vorstellung dieser Oper in demselben Theater vom 2. Mai 1794, ebenda.

153

Vgl. DTPO (Anm. 6) 2, S. 717.

154

Siehe z. B. den Theaterzettel der Aufführung in dem deutschen Theater in Pest vom 20. Dezember 1795, TSUB (Anm. 40), Sign. 6 d 2 r 299. Heute TSNBSZ (Anm. 8) in der TBNBSZ (Anm. 25) in Budapest.

155

Vgl. DTPO (Anm. 6) 1, S. 439, wo man fehlerhaft die Vorstellung vom 17. Dezember 1802 als Derniere anführt, die nach dem Zeugnis des Theateralmanachs aus diesem Jahr nicht aufgeführt worden ist. Die richtige Angabe führt OPTT (Anm. 14) 1801 an.

156

Siehe den Theaterzettel der Erstaufführung dieser Oper im deutschen Theater in Pest vom 25. Juni 1805, TSNBSZ (Anm. 8) in der TBNBSZ (Anm. 25) in Budapest.

157

Vgl. DTPO (Anm. 6) 1, S. 175.

158

Siehe den Theaterzettel der Vorstellung dieser Oper in Pest vom 9. September 1804, TSNBSZ (Anm. 8) in der TBNBSZ (Anm. 25) in Budapest.

159

Vgl. HADAMOWSKY WHT 1 (Anm. 44), S. 30.

160

Siehe DTPO (Anm. 6) 1, S. 261.

161

Siehe HADAMOWSKY WHT 1 (Anm. 44), S. 23. Vgl. auch OPTT (Anm. 14) 1791, S. 13. Damals wurde es unter dem Namen Das listige Bauernmädchen oder Der geadelte Bauer aufgeführt.

162

Siehe den Theaterzettel der Aufführung dieser Oper in Pest vom 23. Jänner 1794, TSUB (Anm. 40) in Budapest, Sign. 6 d 2 r 299. Heute TSNBSZ (Anm. 8) in der TBNBSZ (Anm. 25) in Budapest.

163

Vgl. DTPO (Anm. 6) 1, S. 560–561.

164

Siehe den Theaterzettel der Pester Premiere vom 17. Oktober 1803, TSNBSZ (Anm. 8) in der TBNBSZ (Anm. 25) in Budapest. Vgl. auch DTPO (Anm. 6) 2, S. 843.

165

Siehe ebenda 2, S. 755–756.

166

Vgl. die Theaterzettel der Aufführungen des Singspiels Die Schwestern von Prag (das deutsche Theater in Pest am 16. Jänner 1798 und in Ofen am 28. September 1810), beide Theaterzettel TSNBSZ (Anm. 8) in der TBNBSZ (Anm. 25) in Budapest. Weiter siehe den Theaterzettel der Vorstellung Zwei Schwestern von Prag, das deutsche Theater in Pest am 1. Juni 1806, TSUB (Anm. 40) in Budapest, Sign. 6 d 2 r 299. Heute TSNBSZ (Anm. 8) in der TBNBSZ (Anm. 25) in Budapest.

167

Siehe HADAMOWSKY Leopoldstadt (Anm. 115), S. 249.

168

Siehe Československý hudební slovník osob a institucí (Anm. 10) 2, S. 129.

169

Siehe J. Vondráček: l. c. (Anm. 2), S. 306.

170

Vgl. den Theaterzettel, TSNBSZ (Anm,. 8) in der TBNBSZ (Anm. 25) in Budapest.

171

Siehe Magyar színháztörténet 1790–1873 (Anm. 2), S. 349.

172

Vgl. die Theaterzettel zum Trauerspiel des Joseph Korompays Anna Boley, Königin von England (die Premiere in dem deutschen Theater in Pest am 3. Mai 1794), ursprünglich in der TSUB (Anm. 40) in Budapest, Sign. 6 d 2 r 299, und zur Schillers Tragödie Die Jungfrau von Orleans (die Erstaufführung in dem deutschen Theater in Pest am 26. September 1803), beide TSNBSZ (Anm. 8) in der TBNBSZ (Anm. 25) in Budapest.

173

Siehe DTPO (Anm. 6) 1, S. 150 und 480.

174

Siehe den Theaterzettel der Vorstellung in dem deutschen Theater in Ofen vom 22. Juli 1795, TSUB (Anm. 40) in Budapest, Sign. 6 d 2 r 299. Heute TSNBSZ (Anm. 8) in der TBNBSZ (Anm. 25) in Budapest.

175

Die Premiere des Gieseckes Stückes mit Tučeks Musik Der travestierte Hamlet wurde im deutschen Theater in Ofen am 29. Juni 1795 aufgeführt. Siehe OPTT (Anm. 14) 1795, S. 24. Vgl. auch DTPO (Anm. 6) 2, S. 826.

176

Die diesbezüglichen Theaterzettel publiziert J. Kádár: Shakespeare drámái a magyarországi német színpadokon (Shakespeares Dramen auf den deutschsprachigen Bühnen Ungarns). Magyar Shakespeare-tár (Ungarisches Shakespeare-Archiv) 9, Budapest 1916, S. 97–100, 104–105.

177

Siehe den Theaterzettel dieses Schauspieles in dem deutschen Theater in Ofen vom 30. Dezember 1795, TSUB (Anm. 40) in Budapest, Sign. 6 d 2 r 299. Heute TSNBSZ (Anm. 8) in der TBNBSZ (Anm. 25) in Budapest.

178

Vgl. OPTT (Anm. 14) 1790 und 1791.

179

Siehe OPTT (Anm. 14) 1793 und OPTT (Anm. 14) 1813 und die weiteren Theater-

almanache der deutschen Bühnen in Ofen und Pest, nach diesen führt DTPO dessen Angaben (Anm.6) 2, S. 1167 an.

180

Vgl. J. Kádár: l. c., Budapest 1914 (Anm. 4) S. 61–62.

181

Siehe ebenda, S. 66.

182

Vgl. ebenda, S. 63.

183

Siehe DTPO (Anm. 6) 1, S. 571–572.

184

Vgl. W. Binal: l. c. (Anm. 6), S. 71.

185

Siehe den Theaterzettel der Ofner Premiere des Jiříks Singspiels, TSUB (Anm. 40) in Budapest, Sign. 6 d 2 r 299. Heute TSNBSZ (Anm. 8) in der TBNBSZ (Anm. 25) in Budapest.

186

Vgl. den Theaterzettel der Vorstellung dieses Lustspiels im deutschen Theater in Ofen vom 21. Jänner 1794, ebenda.

187

Siehe DTPO (Anm. 6) 2, S. 1167.

188

Vgl. den Theaterzettel dieser Vorstellung, TSNBSZ (Anm. 8) in der TBNBSZ (Anm. 25) in Budapest.

189

Siehe den Theaterzettel der Aufführung in dem deutschen Theater in Pest vom 19. Dezember 1799, TSNBSZ (Anm. 8) in der TBNBSZ (Anm. 25) in Budapest.

190

Siehe den Theaterzettel der Premiere dieser Tučeks Oper in dem deutschen Theater in Ofen vom 31. Mai 1802, ebenda.

191

Vgl. die Theaterzettel der Vorstellungen „Die Insel der Liebe” (am 5. Oktober 1800 in Ofen), „Die Wiener Zeitung” (am 24. März 1801 in Ofen), „Aline, Königin von Golkonda” (am 29. Oktober 1804 in Pest), „Thaddädl, der dreißigjährige ABC-Schütz” (am 19. Februar 1805 in Pest), alles TSNBSZ (Anm. 8) in der TBNBSZ (Anm. 235) in Budapest. Weiter siehe die Theaterzettel der genannten Vorstellungen Mozarts und Haydns in dem deutschen Theater in Ofen und Pest, ebenda.

192

Vgl. M. Fekete: A temesvári színészet története (Geschichte des Theaterwesens in Temeswar), Temesvár 1911, S. 28–80.

193

Den ersten Schritt dazu hat L. Tarnói unternommen, als er in seiner Edition (Anm. 13) Jiříks Drama Stephan der erste König der Hungarn herausgab.

 

Richard Pražák ist Professor an der Universität Brno, er beteiligt sich (gemeinsam mit seinen Studenten) seit 1991 an der Arbeit des Europa Institutes. Zweimal war er Gastprofessor, zuletzt im März/April 2000. (Von 1997 bis 1999 wirkte er als Botschafter Tschechiens in Budapest.) Vorliegende Studie ist eines der Ergebnisse seines letzten Studienaufenthaltes am Europa Institut.

Begegnungen11_Pok

Begegnungen
Schriftenreihe des Europa Institutes Budapest, Band 11:119–129.

ATTILA PÓK

The Politics of Writing European History in the Eastern Part of Europe

 

Titles of papers are frequently much more promising than the actual substance, the same way as etiquettes and bottles often suggest higher quality than the wine they advertise. This is definitely the case with this short paper, in which I can only summarize some cursory thoughts on the huge topic in the title.

The participants of the conference that originally this paper was prepared for have been encouraged to draw on their own experiences instead of being too abstract and theoretical. My experiences are threefold: as a student of historiography and organizer, coordinator of numerous historical research-projects, I have always paid special attention to the interrelationship of politics and historical scholarship. The second source of experiences relates to the work I published in two editions about post-World War Two international relations1 and another work whose birth I observed from very close, the only single-person, comprehensive, universal history of the 20th century in Hungarian published after 1945. It came out under the title What happened in the 20th century?2 in 1997 and the author was my father.

The third source of experiences is teaching: for 12 years I have taught courses about various aspects of 19th–20th century European history to American undergraduates in Vienna – a peculiar stimulus to rethink basic patterns of historical thought in confrontation with the substantially different “historical culture” of American students.

The issue I am going to address on the basis of all these experiences is as much historical as political: the scholarly and non-scholarly motivations of some East and Central European historians who ventured into the field of European history. A related question to be tackled is whether history is as important for shaping European identity as for Hungarian or regional, e.g. East Central European, identity?

 

East and West in Modern European Political and Historical Thought

What does a historian want to present when he/she sits down to write a comprehensive history of Europe, decides to prepare a monograph on a “European” topic or is trying to put a national or regional topic into a European context? My assumption is that the main point is not so much to present new research results, giving evidence of his/her deep going thorough, diligent investigations but he/she is more motivated by the educational and representative functions of history. More precisely: a new approach motivated by the peculiar situation of a certain nation might have a generally beneficial impact on historical scholarship. At the same time – willing-unwilling – it is pretty often politically loaded. Let me start my argumentation with a Hungarian example, i.e. several works by István Hajnal (1892–1956) who – if he had published his path-breaking works in English or French or German – could have most likely become one the most influential figures of 20th century European historical scholarship. In his synthesis of the History of Modern Age (1936)3 he elaborates on the significance of the technique of medieval and early modern writing and is most skilfully incorporates European technical developments (including behavioral techniques) into European social history. With this method he follows the recommendation of another Hungarian historian Henrik Marczali who, in the introduction to a 12-volume Universal History4 (edited by him, published at the turn of the century), wrote the following:

”We cannot change the materiel of history, we cannot shape it. It is undoubtedly very important to study the participation of our nation in world events more thoroughly than it had been done so far. Still, I do not think that the material matters most. The approach, the conception has to be different, based on knowledge of the domestic situation. The peculiarities of our national, political and social development supply enough basis for judging the course of the great drama of history through our own eyes, through our own mind. And adding new approaches, new perspectives can only be beneficial for scholarship.”5 Hajnal, when analyzing the peculiarities of medieval Hungarian developments in comparison with those in Europe, devotes much space to alphabetization and literacy (“Schriftlichkeit”) in general. This is a major point of his argumentation along the line of his proving Hungary’s “Western Christian” character. Hungary, he points out, introduced written privileges at exactly the same time (12th century) as the “West” and the clergy’s most important social function was to be the “custodian” of what Hajnal in his quite complicated terminology defines as the “objective social organization”. This is in sharp contrast with the Balkans and Russia but is far from being identical with the “Western” situation. An evidence for that is that, in Hungary and Poland, Latin was used as the language of official documents for a much longer time (up to the 19th century) than in the “West” where the vernaculars appear in legally binding documents as early as the 12th century. This, however, does not at all mean that in this field Hungary would share the characteristics of the “Orthodox cultural circle”. There, the “dead church vernaculars” (as “ancient Slavic”) have had nothing to do with the spoken national languages whereas in Hungary and Poland Latin lives in a permanent, deep-going, mutually enriching contact with the “living national language”.

Where are the “politics of writing European history” here? I think, that this is a good case-study reflecting the great fundamental questions that 19th–20th century Czech, Polish, Hungarian, Croatian historians and politicians had to face: how is it that they are, in principle, considered to be “part of the West” and still they are not treated as equals, their regions are economically, socially less developed and frequently fell victims of “Western” great power aspirations. For Hajnal’s generation the post-World War One peace-settlement, for later generations of historians the post-World War Two peace-settlement resulting in the division of Europe into the western and Soviet bloc were decisive experiences along this line.

One possible answer to this question is “victimisation”, i.e. that the East and Central European people have basically been always right, they have always taken their share in “Western” efforts (e.g. in the fight against the Mongolians, Ottomans and other barbarians) but evil, bad-intentioned Western politicians were far too egoistic and sacrificed them. The other type of answer (for which Hajnal is my first example) is trying to go deeper, looking at structural characteristics of societies “East of the river Elbe”. Most historians working in this field – Hajnal was a major exception– dwelt upon these problems more on a theoretical level than working out comprehensive surveys of European history based on their unique perspectives. Let me point out three most fruitful and influential examples. The first is Oscar Halecki (born in Poland, maturing into a great historian in the US) whose Borderlands of Western Civilization and The Limits and Divisions of European History6 postulated a fourfold division of Europe: Western, West Central, East Central and Eastern, greatly challenging the cold war-determined East vs. West division. Jenő Szűcs published his The Three Historical Regions of Europe7 following the footsteps of Halecki on the one hand, and a Hungarian social scientist, István Bibó, on the other, in 1979. Bibó examined the possibilities (“Spielraum”) of the small nations living between Germany and Russia in a series of brilliant essays during the aftermath of World War Two8 arguing that ever since Charles the Great’s time (9th century AD) Europe was divided into “East” and “West”. The borderlines between these two regions were in a flux – up to approximately the middle of the sixteenth century, this borderline ran somewhere at the Eastern border of Poland, Bohemia and Hungary. The tragedy of the Ottoman Turkish wars pushed Hungary into the East and the Habsburg rule of the 18–19th centuries didn’t allow for a reintegration into the West. It was only in 1945 that a most unique opportunity emerged for the “arrested socio-economic development” to return to the “Western” pattern. The two decisive peculiarities of this model were the economic modernization disseminated through the Industrial Revolution and the representative democratic political system rooted in the French Revolution. According to this interpretation the socialist revolution (“disseminated” by the USSR) was in fact a great historical venture to try to get out of the deadlock of Eastern development. The deep-rooted historical traditions of the region should have enabled Hungarians (but Czechs and Poles as well) to carry out this “experiment” by employing the “western techniques of practicing liberty.” These views reflect the optimistic political climate of 1945–47 when a couple of really free elections were taking place in Hungary, Poland, Czechoslovakia. It was widely believed that pluralistic “Western-type” democracies can emerge in the western neighborhood of the Soviet Union. These hopes had, of course, quickly vanished and the question that an increasing number of intellectuals in the region (and external specialists of the region) started posing was more and more the one that – in my view – is topical up to the present day. Namely: was it only Soviet expansionism (motivated by Russian great power imperialism and communist ideology) and the logic of the cold war that doomed these “western” aspirations to failure or deeper structural peculiarities were of decisive significance in this respect? This is the key-problem of Jenő Szűcs’ brilliant essay who came up with a great number of arguments concerning the existence of a third region in Europe, approximately between the Elbe region in the West, the Carpathians in the East, the Adriatic in the South, and the Baltic in the North. The region is defined both by institutions that exist here but cannot be found further East (autonomous towns, corporate liberties as e.g. those of the guilds, the presence of Roman and Gothic art and architecture, the influence of Reformation etc.) and by institutions that are not typical of the social-economic development further West: the so called “second serfdom” instead of Western free peasantry, influential nobility instead of a strong Western burgher, later bourgeois, layer. The arguments go into numerous details of social, economic, political and cultural development. In most fields it arrives at the conclusion that most of the “Western” institutions were available in this central region but in a “belated” and “distorted” form. At approximately the same time (late 1970s, early 1980s) did some Czechoslovak, Polish and Hungarian intellectuals start “propagating” the concept of Central Europe with more or less the same message. Their region (which in some statements included Croatia, Slovenia, sometimes even Austria and Northern Italy as well) might be in many respects different from the West but it is much more different from the East i.e. from Russia and the Orthodox world in general. The Iron Curtain logic of the Cold War is refuted here. With the words of Kundera: to define this region as Eastern Europe is “perfidious vocabulary” because “Central Europe represented the destiny of the West”.9

Bibó and Szűcs addressed a great number of concrete issues and based their arguments on an extremely broad knowledge of respective research results; still, the genre of their works is a historical essay. The question regarding the roots of the division of Europe during the decades of the Cold War, however, also resulted in large-scale monographs and synthetic works in the region.

 

Hungarian Case-Studies

It was especially in two fields where Hungarian economic – and to a lesser extent social – history produced the most significant results in the 1960s: Hungarian agricultural development of the 16th and 17th centuries and the genesis of Hungarian capitalism. Earlier research had already shown that by the second half of 15th century Hungary had quite fully caught up with the West European social, economic, political and cultural development. However, as a result of the collapse of the centralized state system in 1490, the suppression of the 1514 peasant war, together with the ensuing retaliation and the Ottoman conquest, Hungarian social-economic developments diverged or “deviated” from the Western pattern of the time. This retrogression in the 16th–17th centuries was generally attributed to external factors: these were Ottoman rule and Habsburg “exploitation”. New research now shed more light on the internal features of agrarian development: the expansion of the landlords’ manorial land at the cost of free peasants’ plots, the strengthening of feudal bonds (serfs’ services in kind and labor), the decline of free peasants’ market activity, the gaining ground of the “second serfdom” etc.10 No one really challenged this view in the 60s (Prof. Pach’s book on the comparison of West-European and Hungarian agrarian development was published in 1962). Only recently did some younger colleagues suggest that the presentation of East-European peculiarities of Hungarian social-economic development, the analysis proving an ever widening gap between Eastern and Western Europe from the 16th century on, served eminently daily political interests in the 1960s.11 Namely, it would have wanted to supply historical evidence in favor of the post-World War Two division of Europe. In the course of the discussion it became unambiguously clear that since long before Yalta – in comparison with the West – diverging patterns of Hungarian and East Central European economic and social developments had been a key-issue in economic history writing inside and outside Hungary. It is, however, understandable that in a political climate when Hungary seemed to be so much integrated into the Eastern half of a divided Europe (and divided world), research into the various historical aspects of European regionalism and the origins of East European backwardness had strong political motivation.

The same holds true of another research field which inspired heated debates in the 1960s: it concerned the most important period in the genesis of Hungarian capitalism, the period of the Dual Austro-Hungarian Monarchy (1867–1918). Abrupt as the break between the “bourgeois” historiography before and the Marxist one after World War Two might have been, there was a striking continuity between one major pre-World-War-Two “independist” type12 of argumentation and the Marxist approach. Both presented the history of the Dual Monarchy as seen through the eyes of the parliamentary opposition of the period i.e. all social, economic and political ills, the backwardness of the country were attributed to Vienna’s wicked manoeuvres. In the aftermath of the cruelly suppressed national revolution of 1956, a number of historians, thinking about the possibilities of small nations in the region, began thinking more of the framework that the Habsburg Monarchy offered for the coexistence of the peoples of the region. Economic historical investigations, utilizing modern “Western” theories of economic growth, arrived at the conclusion that Hungary’s rate of economic growth was somewhat faster than that of the other parts of the Monarchy. Still, in spite of the accelerating industrialization it was mostly agriculture that enjoyed a period of boom and the “embourgeoisment” of society was very slow, indeed. It was an extremely great merit of this approach that it pointed out the respective peculiarities of political, economic and social development: a conservative, authoritarian, antidemocratic regime may rule a state in which, for very important social groups, economic advantages outweigh disadvantages. Going far beyond the traditional explanations for the disintegration of the Habsburg Monarchy (where either the machinations of the Entente and some leaders of the national minorities or the oppression of minorities by Vienna and/or Budapest were blamed) fundamental economic-social factors (as e.g. the emergence of the bourgeoisies of the national minorities) were examined. Critics of this view spoke of “whitewashing” the “reactionary” Habsburgs. According to their argumentation, historians in general and especially in this particular case should concentrate on elucidating the conflicts between “reactionary” and “revolutionary-progressive” forces, assuming that it was always possible to divide actors of history into these two groups.13

Two Hungarian historians have devoted several decades of intensive research to place Hungarian developments in the overall context of 19th century European economic history. Theirs was a first major attempt in European economic history writing to organize the material not around states but nine major regions trying to find the key factors of economic success and failure.14 The analysis of a vast amount of material lead them to a seemingly over-simplified conclusion, i.e. there is not one (or some) factors that offer explanations, only the totality of national histories. Under the circumstances of the 1980s, the political message of this approach was that as there did not exist a singular pattern of 19th century European economic development but a number of similar challenges were responded to in various ways, a clear hierarchy of developmental patterns had not existed in the present either. Consequently, Soviet type of socialism was not the only perspective for the East and Central European region.

 

The “Year of Miracles” in East European Historical and Political Thought

1989–90 and especially its aftermath created a fundamentally new political framework for the development of the peoples living in the “Europe-Between” i.e. between the former Soviet-Union and Germany. Following the collapse of the Soviet Bloc, European and Euro-Atlantic integration became the number one slogan of the ascending new elite. The old questions about the structural features of the region re-emerged as highly topical, current political issues: was it only the “Soviet yoke” and the Cold War that created a line of division in the heart of Europe or the regional differences were so old and substantial that plans of a short-term integration or reintegration (frequently interpreted just as an extension of western Europe) of the region were illusory. During the long decades when the division of Europe seemed to be eternal or very-very long term, Hungarian, Czech, Polish historians gave much thought to the long term social-economic factors that had contributed to making their countries, their societies, different from the West. By introducing the concept of Central (and East Central) Europe, a convenient approach was found which was now vigorously challenged. Numerous social scientists argued that – unlike the Balkans or Eastern Europe which had been well-established concepts – Central Europe had always belonged only to the realm of imagination, it was only a “kingdom of the spirit”. Whenever it emerged – the critical analysis continued – it was used prescriptively rather than in a descriptive way, referring to something that had yet to be created.15 The concept circulated in critical periods of European history (as 1848, World War One or the time of the decline of the Soviet Union) with the function of rejecting some existing conditions and initiating the creation of a new European order. Instead of Central Europe, the concept of Europe had become the democratic counterpoint to authoritarian or even despotic communist rule that lead to the economic decline and overall stagnation of the countries of the Soviet Bloc. According to this interpretation European standards, European values, came to mean an idealized imaginary Western Europe that rather sooner than later could be extended to the territories symbolically beyond the Berlin wall that went crumbling down in November 1989. It was a Land of Promise where some cultural, civilizational factors created a cohesive force – foundations of a European brotherhood to which, so far, the “evil empire”, the Soviet Union had been an obstacle. Military and social security, physical and mental health, full economic prosperity were to radiate from this new symbolic Europe that, in fact, meant the Euro-Atlantic community including the United States.16 However, the concrete experiences of the early 1990s did not meet these expectations. In spite of substantial western capital inflow into Eastern and Central Europe miracles did not want to happen. For the time being, quite the contrary seemed to be the case: ethnic and national conflicts, large scale migrations, rising unemployment and inflation, criminality, corruption, decreasing life-expectations took-up the agenda. Foreign investment and privatization were frequently associated with the destruction of former work-places and, although the “Soviet yoke” had been removed, the East–West gap seemed to be further widening. Who is to be blamed for that? What is the solution? What is the “optimal” pace of integration?

The everyday reality of the Euro-Atlantic community hardly overlapped with the idealized concept of the West. Some of the dilemmas that emerged in the respective discourses in Eastern and Central Europe showed striking similarity to issues debated by the political and cultural elite of the region in earlier periods, going back to the late 18th century. Discovering, analyzing the underdevelopment and backwardness of their lands, was an important topic of Hungarian, Polish, Czech and Balkan politicians and political thinkers throughout the 19th century. All these personalities had to face the problem of the relationship between national aspirations and economic-social modernization. Poles of partitioned Poland, Habsburg-controlled Czechs and Hungarians, Balkan patriots under Ottoman rule, were pondering the possible ways and means of creating their national states. That was to be coupled with the modernization of social, economic and political institutions but they frequently asked a major question: will the import of modern Western institutions endanger the integrity and cohesion of smaller Eastern nations? Let me refer to just two current historiographical reflections of this problem. The first is a book by a Polish professor Jerzy Jedlicki who argues that the 19th century Polish intelligentsia “saw itself as part of the world of European culture, but as a somewhat underprivileged part, since its learning development and social advancement were hampered in every possible way. It regarded its own country as a poor and neglected suburb of Europe, a suburb that looked at the metropolis with contradictory feelings of envy, admiration and distrust.”17

The 19th century problems and dilemmas presented by Jedlicki are very similar to the fears, worries and doubts of East and Central European historians and other intellectuals concerning the present day relationship between Eastern and Western Europe. For example, quite a number of early 19th and late 20th century liberals shared Condorcet’s prophecy about peoples from the peripheries, the underdeveloped regions: “The march of these peoples will be less slow and more sure than ours has been, because they will derive from us that light which we have been obliged to discover, and because for them to acquire the simple truths and infallible methods which we have obtained after long wandering in the mazes of error, it will be sufficient to seize upon their developments and proofs in our discourses and publications.”18

Condorcet’s ideas were echoed by optimistic forecasts of the early 1990s. One of the most prestigious economic historians of Eastern and Central Europe, Iván T. Berend, quotes Jeffrey Sachs’ advice to the peoples of the region. Sachs argued that the key to the door leading to prosperity is the transition from planned to market economy and the “economic reforms will set in motion a sustained process of economic restructuring. Once market forces are unleashed, there should be a strong pull of resources into the previously neglected sectors. We should expect a complete restructuring within the industrial sector, from energy – intensive heavy industry to more labor-intensive and skill-intensive industries that can compete on the world market.” This marketfundamentalism (a term coined by the Hungarian-born American billionaire George Soros) is also reflected in a 1993 statement of another American economist, Michael Mandelbaum: “If the people can endure the hardship that the policies of stabilization, liberalization, and institution building inflict, they will emerge at the other end of the valley of tears into the sunlight of Western freedom and prosperity”.19

These views (shared by a number of influential and prestigious economists and politicians in the region) imply that East European backwardness is largely the result of decades of state socialism, Communist rule and the sooner and the more ruthlessly vestiges of this era are removed, the better the chances for catching up will be. Results of recent economic historical investigations, however, show that during the period 1870–1983 “market and private economy could not generate automatic prosperity. Central and Eastern Europe’s relative position vis-à-vis Western Europe and the overseas West remained largely unchanged. Ironically, state socialism with its planned economy generated a slight transitory ‘catching up’ between 1950 and 1973, followed by an even steeper decline.”20 In other words: the experiences of the last one and a quarter century do not seem to confirm Condorcet’s and present day American economists’ assumption about the very fast positive impact of Western market institutions on the ailing East European economies.

The last major current research trend I should like to refer to focuses on the cultural and intellectual ties binding the peoples of the former Soviet bloc to the Western community and the hero of the day is S. Huntington who argues that: “As the ideological division of Europe has disappeared, the cultural division of Europe between Western Christianity, on the one hand and Orthodox Christianity and Islam, on the other, has re-emerged. The most significant dividing line in Europe, as William Wallace has suggested, may well be the eastern boundary of Western Christianity in the year 1500. This line runs along what are now the boundaries between Finland and Russia and between the Baltic states and Russia, cuts through Belarus and the Ukraine, swings westward separating the more Catholic western Ukraine from Orthodox eastern Ukraine, swings westward separating Transylvania from the rest of Romania, and then goes through Yugoslavia almost exactly along the line now separating Croatia and Slovenia from the rest of the former Yugoslavia. In the Balkans the line, of course, coincides with the historic boundary between the Habsburg and Ottoman empires. The peoples to the north and west of this line are Protestant or Catholic; they shared the common experiences of European history – feudalism, the Renaissance, the Reformation, the Enlightenment, the French Revolution, the Industrial Revolution; they are generally economically better off than the peoples to the east; and they may now look forward to increasing involvement in a common European economy and to the consolidation of a democratic political system. The peoples to the east and south of this line are orthodox or Muslim; they historically belonged to the Ottoman or Tsarist empires and were only lightly touched by the events shaping the rest of Europe; they are generally less advanced economically; they seem much less likely to develop stable democratic political systems. The Velvet Curtain of culture has replaced the Iron Curtain of ideology as the most significant dividing line in Europe. As the events in Yugoslavia show it is not only a line of difference; it is also at times a line of bloody conflict.”21 Huntington’s views had a great echo in Eastern and Central Europe and will definitely inspire quite a number of historians to study the unity and diversity of European history.

This short survey came up with a few random examples concerning the politics of writing European history in Eastern and Central Europe. If we now return to the introductory question as to how important history is for European and national identities I would like to conclude with a provocative hypothesis. I assume that dealing with European issues, examining the continent-wide developments, is essentially part of the search for national identities, a form of national self-definition. Europe is a slightly mythicized basis of comparison spurring East and Central European historians on to debates about “structural models” and “deviations”. Present day European collective identity can be better built on the achievements of the present and the perspectives of the future than on the fictitious “glory” of the past. Completely new institutions are constructed that cannot, do not, have a historically determined legitimacy. The course of European integration history is more about separation than integration. The broader and the more successful European integration becomes, the more it calls for forgetting than remembering!

 

Notes

1

Pók, Attila: A nemzetközi élet krónikája 1945–1997. Budapest, 1999.

2

Pók, Lajos: Mi történt a 20. században? Budapest, 1997.

3

Hajnal, István: Az újkor története. Budapest, 1936.

4

Marczali, Henrik: Nagy képes világtörténet I–XII. Budapest, 1898–1905.

5

Marczali, op cit. Vol. I. XL.

6

Halecki, Oscar: The Limits and Divisions of European History. New York, 1950. Borderlands of Western Civilization. New York, 1952.

7

Szűcs, Jenő: “The Three Historical Regions of Europe”, Acta Historica Academiae Scientarium Hungaricae 29, nos 2–4. (1983): 131–184.

8

Bibó, István: Válogatott tanulmányok II. 1945–1949. Budapest, 1986.

9

Cf. Schöpflin, George–Woods, Nancy (eds.): In Search of a Central Europe. London, 1989. Daedalus, Winter 1989 issue.

10

Cf. Pach, Zsigmond Pál: Hungary and the European Economy in Early Modern Times. Variorum, 1994.

11

Cf. Budapesti Könyvszemle (BUKSZ) 3 (1991), no. 3. 351–361, no. 4. 406–409.

12

The most typical example: Mód, Aladár: 400 év küzdelem az önálló Magyarországért. Budapest, 1943. Numerous editions during the 1950s.

13

Hanák, Péter: “Hungary in the Austro–Hungarian Monarchy: Preponderance or Dependency?” Austrian History Yearbook, vol. 3. (1967) 260–302., Hanák, Péter: “A kiegyezés historiográfiájához”. Valóság 16 (1973), no. 12. 16–25., 17 (1974), no. 12. 11– 28., Hanák, Péter: Ungarn in der Donaumonarchie. Probleme der bürgerlichen Umgestaltung eines Vielvölkerstatates. Wien, 1984.

14

Berend, T. Iván–Ránki, György: Európa gazdasága a 19. században. Budapest, 1987.

15

Péter, László: “Central Europe and its Readings into the Past”. European Review of History 6 (1999), no. 1. 101–111.

16

Berend, T. Iván: “From Plan to Market, From Regime Change to Sustained Growth in Central and Eastern Europe”. Manuscript (2000)

17

Jedlicki, Jerzy: The Suburb of Europe. Nineteenth Century Polish Approaches to Western Civilization. CEU Press, Budapest, 1999.

18

Jedlicki: op. cit. 12.

19

Cited by Berend: op. cit. 6, 8.

20

Berend op. cit. 10.

21

Huntington, Samuel P.: “The Clash of Civilizations?” Foreign Affairs 1993/3. 29–31.

 

The Europa Institute Budapest organized a roundtable conference in April 1999, focusing on “The Change of Systems and Historiography in East Central Europe”. We are presenting here the study of Attila Pók, Assistant Director of the Europa Institute Budapest, having selected it from among the presentations. It will also appear in: Attila Pók–Jörn Rüsen–Jutta Scherer (eds.): Historizing Europe – Approaches and Attempts to be published by the Körber-Stiftung (Hamburg).

Begegnungen11_Plaschka

Begegnungen
Schriftenreihe des Europa Institutes Budapest, Band 11:23–28.

RICHARD PLASCHKA

Parallelentwicklungen: Leitverantwortung, Basisaufbegehren, Einsatzintensität

 

Militärische Erziehung und militärische Rahmenbedingungen führten zeit- und grenzüberschreitend zu vergleichbaren Verhaltens- und Einsatzmustern – im Bereich der Stäbe ebenso wie in dem der Guerilleros. Immer wieder scheinen Parallelen auf, so in individueller, in operativer Hinsicht, im Hinblick auf Einsatzintensität und auf die Bereitschaft zum Opfer.

 

1. Parallelen in der Führungsverantwortung

Offiziere, die sich in besonderer Verantwortung Staat und Volk gegenüber sahen, die ungerechte Herrschaft brechen, die dies über eine Erhebung und unter Mitwirkung von Truppen herbeiführen wollten: so die Dekabristen 1825, die ägyptischen Offiziere 1882, die Offiziere des Slowakenaufstandes 1944, des Ungarnaufstandes 1956 – sie alle rufen Aspekte in Erinnerung, die im deutschen Bereich auch den 20. Juli prägten.

Die Offiziere des Aufstandes der Dekabristen, deren Parallelen zum 20. Juli besonders deutlich werden: jüngere Offiziere, zum Teil Abkömmlinge bedeutender Adelsfamilien, signifikant ihr Streben nach Freiheit, nach Befreiung vom Druck der Autokratie; in den staatlich-politischen Konzeptionen nicht ausgeglichen, nationale Perspektiven in Kombination mit konstitutionellen wie radikalen Zielen; im konspirativen Ansatz gestützt auf zahlenmäßig begrenzte Gruppen von Aktivisten und Mitwissern, im Objektansatz Zarenfestnahme wie Zarenmord in Diskussion, der Mord empfohlen als aktionsöffnende Tat; in der operativen Realisierung die Frage der Zugriffsmöglichkeiten auf Truppen, in der Gesamtperspektive die Tat, die gesetzt werden sollte, selbst auf die Gefahr des Scheiterns, die Tat einer „grade perdue”.

In Ägypten 1882 erhoben sich ebenfalls jüngere Offiziere, aus dem Fellachenstand hervorgegangen, in dem Gefühl, die eigentlichen Repräsentanten ihres Volkes zu sein; auch sie im Aufstand gegen äußere Gefahr und Unterdrückung von innen, gegen Türken, Tscherkessen, Briten; auch hier in der konspirativen Vorgangsweise Gruppenbildung von Offizieren, in diesem Fall vor allem von Truppenkommandeuren; in der operativen Realisierung – zum Unterschied zum 20. Juli und zu den Dekabristen – die Durchsetzungskraft jener Obersten deutlich, die ihre Regimenter unmittelbar führten, vor der Front erste Bezugsperson für die befehlsempfangende Truppe waren.

In der Slowakei 1944 schon in der Person des zentralen führenden Offizieres Parallelen zu Stauffenberg: Golian, Oberstleutnant des Generalstabes – nahezu gleich alt wie der Deutsche, auch in der vergleichbaren Position: Chef des Stabes beim Kommando des Heimatheeres; wie Stauffenberg in den Wehrkreisen Vertrauensoffiziere in den slowakischen Garnisonen aufbauend, wie Stauffenberg Generalen gegenüber, deren er sich nicht sicher sein konnte, wie Stauffenberg – oder die Dekabristen – in der Realisierung von Truppenoffizieren abhängig, die unmittelbare Befehlsgewalt über Einheiten hatten; viel nachhaltiger als in Berlin in der Slowakei der Impuls zum Losschlagen aufgrund der bereits grenznahe angelangten Roten Armee und der sowjetischen Partisanen im Land. Aber auch hier noch die Entscheidung des truppennahen Offiziers maßgebend – bis zu jenem Garnisonskommandanten von Neutra, der sich auf den Eid dem slowakischen Staat gegenüber berief, Offiziere und Garnison an seiner Seite hielt und der nach dem Krieg als erster vom Volksgerichtshof in Pressburg zum Tode verurteilt werden sollte.

Budapest 1956. Aufbegehren der jungen Offiziere in der Zrínyi-Akademie: „Warum dürfen wir unsere Ansicht nicht frei äußern...?” Auch nochmals Rückerinnerung an den Mord auf der Burg in Eger 1634: der Abend in Tököl, auf der Csepel-Insel, zu dem sowjetische Offiziere geladen hatten, und an dem die ungarischen Offiziere festgenommen wurden. Gleiche Abfolge: Einladung in einer Krisensituation; Erwartung des Einlenkens des Einladenden, Bereitstellung kleiner Einheiten, Hereinstürzen, Überfall: „Vivat Ferdinandus!” und „Moskva!”; Buttlersche Dragoner dort, KGB-Unteroffiziere da, verläßliche, perfekte Kommandounternehmen, ob mit Degen und Musketen oder mit Maschinenpistolen. Nein, kein Gemetzel in Tököl, viel glattere, lautlosere Regie auf der Bühne des totalitären Regimes des 20. Jahrhunderts; nach eineinhalb Jahren für Pál Maléter der Henker vor der Gefängnistür...

 

2. Parallelen aus der Guerilla-Tradition

Spanien ab 1808 machte die Strukturen und Zielsetzungen der Auflehnung im Basisaufbegehren bereits deutlich. Es war die breite Masse des Volkes, aus der die Guerilleros sich ergänzten: von Bauern, Pächtern, Landarbeitern, Klein- bürgern bis zu Marodeuren, Deserteuren. In der Taktik nicht primär Eroberung, nicht Regionsbesitz, nicht das Schlagen starker gegnerischer Kräfte anstrebend, sondern das Niedermachen einzelner und von Patrouillen, die Störung von Nachschub- und Verbindungslinien, die Aufsplitterung der Kräfte der französischen Besatzungsmacht, ihre Zermürbung in einem Kampf, der unkonventionell und rücksichtslos im Einbeziehen der Bevölkerung war, und beiderseits bis in die Zonen des Terrors führte.

Clausewitz öffnete am Beginn des 19. Jahrhunderts auch die theoretische Sicht für Kriegsformen, die nicht zuletzt im 20. Jahrhundert sich voll entfalten sollten – den „Volkskrieg”: Die in erbitterten Kleinkampf übergehende Volksbewaffnung „zerstört wie eine still fortschwelende Glut die Grundfesten des feindlichen Heeres”. Wohl könne der Volkskrieg „an einzelnen Stellen erstickt, aber die Glut könne zum Brand und Flächenbrand werden, wenn die Flammen... über das feindliche Heer zusammenschlagen...” Und Gneisenau hatte schon 1808 hervorgehoben: „Nichts fürchten unsere Feinde mehr, nichts entwickelt aber auch die Kraft einer Nation auf eine furchtbarere Weise als Volksaufstände.” Die Impulse: Freiheitsliebe, „Liebe zum Vaterland und Rache”. In der Taktik hier bereits die Vorgabe von Elastizität in der Kampfführung, Ausweichen bei Übermacht, Ermüdung des Gegners, nächtliche Überfälle. Und Maos Richtlinien längst vorweggenommen: „Ist eine Legion in Gefahr ausgehoben zu werden, so zerstreut sie sich, versteckt ihre Waffen, Mützen und Schärpen und erscheint so als Bewohner des Landes”.

Bosnien 1878: Insurgentengruppen, vom österreichisch-ungarischen Generalstab als Zielgruppe sofort erfaßt, als relativ kleine Einheiten, in Hundertschaften gegliedert, oft aus Anhängern ihres Führers gebildet. Im Gefecht mit Zuzug aus der Umgebung verstärkt – der Zuzug verschwand meist wieder beim Weitermarsch der Gruppe. Vorteile in der Terrainkenntnis, im Einschlagen von Nebenwegen, in der Beweglichkeit aufgrund leichter Bewaffnung und beachtenswerter Bedürfnislosigkeit. Ihre Taktik – in den Erkenntnissen des österreichisch-ungarischen Gegners – meist defensiv, Ausweichen, oft bis zur Flucht, selten Reservenbildungen, Angriffsansätze überfallsartig, mit Fanatismus geführt, oft bis zum Mord, auch an Gefangenen, selbst an Verwundeten.

Sowjetunion ab 1941: Auch hier Operationen in kleinen oder begrenzten Gruppen, Zusammenfassungen für einen bestimmten Kampfauftrag, Verschwinden vor Gegenaktionen des Gegners; über Zivilbevölkerung Nachrichtenübermittlung, Versorgung, Untertauchen – gnadenloses Vorgehen gegen „Kollaborateure” und Nicht-Hilfsbereite; in der Taktik keine Kraftproben konventioneller Art, sondern Geschmeidigkeit, unbedingter Angriffswille gegen rückwärtige Dienste und Verbindungslinien, in den Überfällen Härte des Kampfes bis zu Terrormethoden – „Terror als Waffe der psychologischen Kriegsführung”. Operativ scharf abgestimmter Einsatz beim Sommer-Großangriff 1944.

Jugoslawien ab 1941: auch hier in der Taktik keine Kampfaufnahme mit überlegenem Feind, Paralysierung der Vorteile des Gegners im Hinblick auf Bewaffnung und Ausbildung durch überraschende Ansätze; auch hier „ununterbrochene Aktivität und Initiative”, rasches Zugreifen, Angriff oft noch aus der Bewegung des Anmarsches heraus; Abwehr elastisch, mit Überfällen „aus der Hinterhand”; überhaupt Hinterhalte und Überfälle als „wirksame Ansätze” des Partisanenkampfes, damit auch Empfehlung von Nachteinsätzen; allmähliche Verstärkung der Partisanen im jugoslawischen Bereich bis zum Heer, das schließlich – freilich nicht ohne Hilfe der Roten Armee und gegen einen in Mehrfrontenkrieg zersplitterten Gegner – den Sieg miterfocht.

Vietnam nach dem Zweiten Weltkrieg: Die Klage des französischen Oberstleutnants Geneste gibt die Partisanen-Kampfstrukturen wieder: „Wir haben alles besetzt, und doch ist der Feind überall.” Die Kommunisten haben „die Spielregeln geändert”: „Früher war der Krieg vorbei, sobald die uniformierten Kämpfer besiegt waren.” Anders nun: „Hier ist jeder ein Kämpfer ohne Uniform.” Hinterhalt, Schüsse in den Rücken. Und der Oberstleutnant sehnte sich nach den alten „radikalen Mitteln”: Geiseln, Repressalien. „Keine Armee könnte mit solchen Methoden ohne Rückgriff auf die alte Methode der Repressalien fertig werden.”

 

3. Parallelen in der Einsatzintensität

Kulminationspunkte letzter Konsequenz... Die Besinnung darauf ist nicht nur eine Frage des Erinnerns an die Akteure von gestern, sondern eine der Wirksamkeit und der Gültigkeit für das Heute und Morgen – im Sinn jenes „prognostischen Geschichtsdenkens”, das Karl Jaspers angesprochen hat. Perspektiven, die immer wieder zum Erfassen übergreifender Entwicklungstendenzen ebenso wie neuer Positionszeichen geführt haben. Nicht selten im Aufruf zur Gewissensentscheidung, zum Wagnis im Sinn Johann Gottfried Herders: „Die Waage des Guten und Bösen, des Falschen und Wahren hängt in ihm... er soll wählen!”

Golf von Cattaro 1918. Am 11. Februar wurden an der Friedhofsmauer des kleinen Dorfes Skaljari nach der Revolte auf den Kriegsschiffen vier Matrosen erschossen – unter ihnen der Titular-Bootsmann Franz Rasch. Sein letzter Ruf in den Trommelwirbel vor der Salve des Pelotons: „Das ist ein Justizmord!” und „Es lebe die Freiheit!”

Kronstadt 1921. Am 16. März stand Kronstadt gegen den Generalangriff der bolschewistischen Kräfte. Selbst General Tuchatschewski war überrascht: „Es war keine Schlacht mehr, es war die Hölle... Die Matrosen schlugen sich wie wilde Tiere.” Ihre Radiodepesche an die Welt hatte gelautet: „Wir stehen oder wir fallen mit den Ruinen von Kronstadt, im Kampf für die blutbefleckte Sache der werktätigen Menschheit...”

Ghetto Warschau 1943: Der Aufstand der zur Massenermordung Bestimmten, Widerstand in Notwehr par excellence. Der Anfang am 18. April: „Brüder! Die Stunde des Kampfes und der Rache an den Okkupanten hat geschlagen.” Schaurig, hoffnungslos das Ende. Symbolisch die Sprengung der Synagoge in der Tlomackistraße. Noch wochenlang fanden in den Ghettoruinen letzte Schußwechsel statt... Das dumpfe Schweigen, das sich danach über das Ghettofeld legte, war in diesem Fall das beredteste Zeugnis... Regime im Durchsetzen der Ausrottung.

Berlin, 20. Juli 1944. Unten im Hof des Kommandogebäudes in der Bendlerstraße wurden um die Mitternacht, in den Lichtkegeln von Autoscheinwerfern, vier Offiziere erschossen – Oberst Graf Stauffenberg unter ihnen. „Es sei fraglich, ob es gelinge”, hatte er noch am 1. Juli einem jungen Offizier seine Absicht erklärt, „doch schlimmer als ein Mißlingen sei, der Schande und dem lähmenden Zwang tatenlos zu verfallen.”1

Aufstand der Heimatarmee in Warschau 1944. Am 2. August proklamierte die polnische Stadtregierung über den Zivilkommissar: „Die seit langem erwartete Stunde hat geschlagen. Die Abteilungen der AK stehen im Kampf gegen die deutsche Besatzungsmacht in allen Stadtteilen Warschaus...” Am 4. Oktober verabschiedete sich die Stimme der AK über die letzte Ausgabe des Biuletyn Informacyjiny: „Die Niederlage... ist nicht die Niederlage unseres Volkes oder unserer Absichten und historischen Ideale. Aus dem vergossenen Blut, dem gemeinsam ertragenen Leid, aus den körperlichen und seelischen Qualen unseres Volkes wird ein neues Polen entstehen, das frei, stark und groß sein wird.”2

Budapest 1956 – letzte Kämpfe, letzte Erklärungen: Imre Nagy sprach am 4. November: „Heute am frühen Morgen haben sowjetische Truppen unsere Hauptstadt angegriffen. Sie wollen die gesetzmäßige demokratische Regierung des ungarischen Volkes stürzen. Unsere Truppen stehen im Kampf...” Letztes Fernschreiben aus dem Parlament: „Auf Wiedersehen, Freunde, SOS: Die Russen sind zu nahe.” Imre Nagy nach der Verkündung des Todesurteils im Prozeß 1958 in seinen letzten Worten: Einst werde ihm Gerechtigkeit widerfahren, und – „Ich bitte das Gericht nicht um Gnade.”3

„Ils nont pas passé” – Die Worte auf dem Denkmal der Schlacht von Verdun gelten der selbstbewußten Rückerinnerung an den Einsatz in der furchtbaren Todesmühle des Ersten Weltkrieges. In Schlachten, die oft rasch Mythos- Charakter gewannen, hatte sich die Wiedergabe des Kriegsbildes auch der Heere der allgemeinen Wehrpflicht geballt. Aber aus dem Bild, das nach Clausewitz generell nach außen weist, treten zunehmend auch die Vorgänge der inneren Front hervor.

Da wie dort nicht nur Helden. Da wie dort kommen uns viele entgegen, die bloß mitgerissen wurden, die kaum begriffen, die in den Tod taumelten und elend umkamen. Aber da wie dort auch die, die sich im Anruf eigener Entscheidung und Verantwortung erkannten. Und gerade im Sprung der Auflehnung auch jene, in denen die Sinnfrage vibrierte, in denen nach Ernst Jünger „die moralische Substanz zum Zuge” drängte.

 

Anmerkungen

 

1

Müller, Christian: Oberst i. G. Stauffenberg. Düsseldorf, o. J. 460.

2

Biuletyn Informacyjny, Warschau, 4. X. 1944. In: Piekalkiewicz: Kampf um Warschau. München, 1994. 282.

3

Litván, György, Bak, János M. (Hg.): Die Ungarische Revolution 1956. Reform – Aufstand – Vergeltung. Wien, 1994. 155. f.

 

Richard Georg PLASCHKA, Mentor der zur Zeit aktiven Historiker Mitteleuropas, wurde anlässlich seines 75. Geburtstages in Wien nicht nur von der österreichischen Akademie begrüßt – als einer der ersten Referenten hat Ferenc Glatz ihm im Namen der mitteleuropäischen Historiker und der nachfolgenden Generation beglückwünscht. Vorliegendes Material ist ein Abschnitt des jetzt erschienen Buches von Professor Plaschka. Zuerst verwies er auf dieses Buch 1997 in Budapest anläßlich seiner Ehrung in der ungarischen Akademie, die ihm den Preis Pro Scientia Hungarica verlieh.

Begegnungen11_Peykovska

Begegnungen
Schriftenreihe des Europa Institutes Budapest, Band 11:301–309.

PENKA PEYKOVSKA

Hungarian–Bulgarian Scholarly Relations in Humanities at the End of the 19th Century

 

The beginning of bilateral Hungarian–Bulgarian scholarly cooperation dates from the end of 1880s. There were two main agents that contributed to its emergence. The first concerned the needs of modern Bulgarian scholarship whose quick development started after the Russian–Turkish War of 1877–1878 when Bulgarians were given the right to form their own state. At that time Bulgarian scholarship was realized by graduates – Bulgarians as well as foreigners (Russians, Germans, Austrians) – from different European Universities who began examining Bulgarian history, culture, language etc. from the standpoint of contemporary scholarship. In their researches they needed the cooperation of their colleagues from abroad.

The second agent for the emergence of Hungarian–Bulgarian relations in the humanities was Austria–Hungary’s increased cultural aspiration for influence in the Balkans (including Bulgaria). In the 1880s, Austria–Hungary began to implement a new policy of economic penetration of the Balkans which, to a large extent, concerned Bulgaria. In fact, the turn began in the mid-1870s as a result of economic depression, but was increased by the new political situation in the Balkans after the Russian–Turkish War.1

The more interested side was the Eastern part of the Monarchy not only for geopolitical reasons but for historical traditions from the Middle Ages on, following the Hungarian Kingdom’s political and economic role in the Balkans. Within the general trend of the Monarchy’s common foreign policy, Hungary pursued its own goals in the Balkans. In the last quarter of the 19th century Hungary demonstrated purposeful interests in the “conquest” of the Bulgarian market competing with Austrian and German exporters. Hungarian politicians acknowledged the role of culture in making Hungarian economic penetration into the Balkans more effective.2 The two countries’ cultural knowledge of each other was therefore of great importance for their commerce. In Hungary such knowledge was acquired mainly through scholarship and to a large extent depended on the personal interests and initiative of outstanding Hungarian intellectuals. The Hungarian scholars’ interest in Bulgarian history, folk traditions and language developed together with the formation of modern Bulgarian scholarship. As a result of these two parallel processes in the last quarter of the 19th century, the first personal contacts were established between Hungarian and Bulgarian scholars.

Bilateral relations in the humanities were strongly influenced by the political and ideological trends of the epoch. The motivation for examining certain problems usually had a political background. Yet, this was determined by the cultural needs of the two peoples in various scientific fields and by the scholars’ personal interests and visions. The main form of Hungarian–Bulgarian relations in the humanities was the personal contact evidenced by rich correspondence. The latter is well preserved in the Hungarian and Bulgarian Archives but has still remained little examined. The present study aims at revealing the process of Hungarian and Bulgarian scholars’ creative cooperation and mutual enrichment by analysing their unknown or lesser known correspondence.

The acceptance of Bulgarian themes in Hungarian scholarly circles in the 19th century was connected with their emphasis on historical sources, especially on ethnography, turkology and Slavic linguistics. In particular it was a result of the efforts to search for records about the Hungarians’ long-lasting relations with the Slavic peoples, to determine the Turkic and Slavic heritage in the Hungarian language.

The bilateral relations in historiography developed under the influence of positivism. In the new historical conditions the main trend was to search for and to publish sources about the historical relations (dynastic, political and commercial) between Hungarians and the Balkan peoples in the Middle Ages. As it pertains to the Bulgarians, its first result was the volume about the Ochrid and Tirnovo Eparchy from the series entitled “Árpádkori új okmánytár” (“New Record-Collection from the Period of the Árpáds”),3 edited by Gustáv Wenczel at the order of the Hungarian Academy of Sciences. This trend in Hungarian historiography was closely related to the historian and politician Benjamin Kállay’s cultural-political concepts and to the circle of Hungarians living in Vienna, whose organizer and inspirer was the historian Lajos Thallóczy. Benjamin Kállay was considered to be the Monarchy’s best expert on the Balkans. He was the first acknowledge the role of culture in making Hungarian economic penetration of the Balkans more effective. His closest confidant, Lajos Thallóczy, the head of the Common Financial Ministry’s Archives, combined Hungarian economic interests in the Balkans with certain aspirations for cultural influence.

At the turn of the 19th century Lajos Thallóczy’s attention was engaged by the topic of Hungarian–Bulgarian relations in the Middle Ages. It was a part of his scientific program for examining historical relations between Hungary and the Balkans. He aimed at showing as near to reality as possible the image of the Hungarian medieval kingdom and its contacts with the neighbouring Slav peoples. From this picture he drew political conclusions for his time. His two studies4 on the history of Hungarian–Bulgarian relations in the second half of the 14th century were based on hitherto unknown archival records and revealed new details. Lajos Thallóczy’s interest in the political and cultural life of the newly formed Bulgarian state was furthered by his personal acquaintance with the first Bulgarian Prince, Alexander Battenberg5, with the first Bulgarian Minister of Education, the Czech historian Konstantin Jirecek6 and with the Austro– Hungarian Consul General in Sofia István Burián7. His correspondence with the Bulgarian Franciscan friar from Banat, Eusebius Fermendzsin8, shows creative cooperation in the search for archival records of Southern Slav history.

The interest of the Hungarian historians in medieval Hungarian–Bulgarian relations was demonstrated in Bulgaria by the study of Gyula Pauler, at that time head of the Hungarian National Archives, about V. István’s Bulgarian Compaigns9. It was translated into Bulgarian language by the Hungarian economist, folklorist and diplomat, Adolf Strausz and published in the first prestigious Bulgarian scientific periodical “Collection of Folklore and Literature”.10

Adolf Strausz visited Bulgaria for the first time in 1884, when he was commissioned by the Hungarian Ministry of Commerce, to study the economic situation in the country. After that, he regularly travelled in Bulgaria with different scientific and diplomatic missions. Adolf Strausz knew personally the Bulgarian Tsar, the Prime-Minister Stefan Stambolov11 and the scholar Ivan Shishmanov12, the latter one of the founders of modern Bulgarian scholarship. In scientific circles he was famous for his books on Bulgarian folklore. But nothing is known about his research work that concerned Hungarian–Bulgarian relations and Bulgarian history. Several letters written by him to Ivan Shishmanov13 and Stefan Stambolov14 reveal new pieces of evidence about the beginning of modern Bulgarian historiography.

Adolf Strausz started regular researches in the field of Hungarian–Bulgarian relations. He tried to find some records about the history of Hungarian–Bulgarian relations from the end of the 17th century to the first half of the 18th century, in particular about Imre Thököly, Prince of Transylvania’s political activity15 and the Balkan missions of some Hungarian exiles from Ferenc Rákóczi II’s circles during the Austro–Hungarian Wars at the beginning of the 18th century. Strausz’s attention was directed to records collected by Kálmán Thaly who, in the second half of the 19th century, examined sources about Ferenc Rákóczi’s epoch. He was seriously engaged in searching for records not only about the history of Hungarian–Bulgarian relations but also about Bulgarian history from the period of Ottoman rule. Following the example of the turkologist Armin Vámbéry’s studies in the Constantinapole Archives, Strausz aimed at getting permission from the Turkish sultan to examine “the safe which enclosed the records relating to the Turkish governance of Sofia and Vidin”16. He looked for the approval and cooperation of the Prime-Minister Stefan Stambolov. Strausz was among the first scholars who searched for records about Bulgarian history from the period of the Ottoman rule.

He also took the initiative for collecting materials, “about the Hungarian– Bulgarian epoch of 1848”, as he said, that is about the history of Kossuth’s emigration to Bulgaria. During his Bulgarian trip in 1890 with Shishmanov’s cooperation, Strausz collected materials on this issue from contemporaries of Kossuth’s epoch who were still living.17 As a result of this cooperation, Strausz published a part of his results in 1891 in the Hungarian newspaper “Pester Lloyd”.

Hungarians became interested in Bulgarian traditional culture at the end of 1860s and the beginning of 1870s. This interest was expressed in observations and in collecting information on Bulgarian folk traditions and their popularization by the publication of these materials in books or in journals. This ethnographic interest was caused by the emergence of the Eastern Crisis and Austria–Hungary’s efforts to gain knowledge of the Bulgarians with the purpose of conducting a more effective policy toward the Balkans. In the last quarter of the 19th century this interest was connected to the activity of two institutions. The first one was the Hungarian Ethnographic Society, established in 1889. In the very beginning the Hungarian Ethnographic Society set up eight specialized sections directed to the nationalities living in Hungary. Having in mind the presence of about 15 000 Bulgarians in the region of Banat (Transylvania, today in Rumania)18 a Bulgarian section was also formed. Its first chairman was Adolf Strausz and after 1890, the geographer and ethnographer Géza Czirbusz, famous researcher of the Banatian Bulgarians. The second Hungarian institution that played an important role not only in the popularization of Bulgarian traditional culture, but in its study was the Hungarian Royal East Commercial Academy in Budapest. Ethnographic knowledge of Bulgaria was taught for two decades in this institution by Adolf Strausz.

As a result of the institutional interest in ethnography in Hungary, the study of Bulgarian traditional culture acquired new interest; side by side with fieldwork, more serious, and from a thematic point of view more specific ethnographic studies appeared. In the 1880s the latter related to Géza Czirbusz’s scholarly work who examined the traditional culture of the Bulgarians living in Banat. In the 1890s Adolf Strausz’s folklorist studies of Bulgarian folk poetry, beliefs and customs were published. In Bulgaria proper, ethnographic interest was oriented to the Hungarian scholars’ achievements in the study of the Bulgarian settlers in the Banat.

In 1882 Géza Czirbusz published the first monograph on traditional culture of the Bulgarians in the Banat.19 Two years later it was published in German20 and parts of it were translated into Bulgarian21. In Bulgaria the Banatian Bulgarians’ history, settlements, language and degree of assimilation were studied by the prominent linguist Lyubomir Miletich.22 He knew Géza Czirbusz’s works and criticized Czirbusz’s opinions on the Bulgarian origin of the group called “krassovans”.23

We have some evidence of personal contacts between Hungarian and Bulgarian scholars in the field of ethnography from the 1890s. During his frequent travels in Bulgaria, Adolf Strausz started collecting folksongs which he published in 1892 entitled “Bolgár népköltési gyûjtemény” (“Collection of Bulgarian Popular Poetry”). As he mentions in the preface to his “Collection” it was István Burián, the Austro–Hungarian Consul General in Sofia, who firstly directed his attention to this subject. On his initiative Adolf Strausz collected popular beliefs and folksongs. In 1897 the above mentioned “Collection” was followed by another book entitled “Bolgár néphit” (“Bulgarian Popular Beliefs”). Simultaneously with the Hungarian editions, his works on Bulgarian folklore were published also in German24. This work greatly contributed to the popularization of Bulgarian culture in Austria–Hungary and Germany. For his services to Bulgaria, Adolf Strausz was awarded the order of “Science and Art – Second degree”.

Strausz’s folklorist activity was accompanied by creative cooperation with Ivan Shishmanov who played an important role in the organization of Bulgarian ethnographic studies. His correspondence with Ivan Shishmanov and Stefan Stambolov reveals the fact that his book, “Collection of Bulgarian Popular Songs”, was written with the financial support of the Bulgarian government and personally supported by Stefan Stambolov; Ivan Shishmanov as head of the department at the Ministry of Education wrote the preface and corrected the proofs of its German edition. In the preface, underlining the merits of this “Bulgarian–Hungarian collection” as an edition unique in European literature by its magnificence and by the richness of its content, Shishmanov expressed his hope that it would catch the West-European scholars’ attention and appreciation of Bulgarian folk poetry. The reviewers immediately noticed the book: such distinguished scholars gave their opinion of it as the Hungarian Oszkár Asbóth and the Croatian Vartoslav Jagic.25

After publishing the German edition of “Bulgarian popular beliefs”, Ivan Shishmanov reviewed it in the prestigious scientific magazine of that time named “Balgarski pregled” (“Bulgarian Survey”). He praised Adolf Strausz’s comparative method as one of the book’s “most original and useful sides”.26

Strausz popularized Bulgarian folklore and the first Bulgarian folklorists’ achievements not only through his books but through his journalistic activity. Except his numerous translations and articles in different Hungarian, Austrian and German magazines and newspapers at the end of the 1890s, he began to publish a magazine in German “about folk science” as he himself called it. The journal’s title was “Donauländer”. Only one issue appeared in 1899 and it contained several studies on Bulgarian folk culture. According to Strausz’s letters to Shishmanov, his idea of creating such a magazine was born in 1897 and envisaged regular cooperation by Bulgarian scholars’.27

At his offer on 17 March 1899, the Hungarian Ethnographic Society voted Ivan Shishmanov and Lyubomir Miletich a honourable membership.28 As it is evident from his close friend – the Bulgarian writer and publicist, Anton Drandar’s only preserved letter,29 Adolf Strausz proposed him for membership in the Hungarian Ethnographic Society on the occasion of his 80th birthday. Anton Drandar was voted in as an “outside member” of the Society on 28 March 1917 “in acknowledgement of his great services in the popularization of the Bulgarian people and literature abroad and for his sympathy for the scientific strivings of the Hungarian nation”.30

Hungarian linguists became the interested in the Bulgarian language. This interest was expressed in the examination of the Protobulgarians’ language and of the Old Bulgarian language with its implications for the origin of the Hungarian Language and its loan words (Turkic and Slav). They have shown great interest in the Protobulgarians’ language from the 8th–10th century. Their studies in this field had a specific Hungarian aspect being directly connected with the development of Hungarian linguistics. At the end of the 1870s, Hungarian linguists accepted the comparative-historical method of the Young method of approach. The etymological studies of the Hungarian language began with the examination of the Hungarian people’s origins and historical relations with the peoples it met on its way from Middle Asia to Central Europe. Studies of pre-history were joined to the study of the origins of language as two equally important sources of the origins of Hungarian ethnicity. The problems of the loan words in the Hungarian language, along with the rest of the Turkic–Bulgarian and Slav–Bulgarian loan words, acquired a definite place.

The study of historical and language relations between Protobulgarians and the old Magyars was considerably stimulated by the so called “Turkic–Ugrian War”, when two main theses about the origin and characteristic features of the Hungarian language (the Altai and the Ugrian) were counterposed. At the end of the 19th century, the turkologist Bernát Munkácsi thought that the oldest turkic loan words in Hungarian were borrowed in the 5th century from the Protobulgarian-onogurs. At that time Munkácsi’s thesis was disputed by Oszkár Asbóth who examined the Slav loan words and in whose opinion the Bulgarian influence happened in the Danubian basin after the Hungarians occupied their motherland.

In the last quarter of the 19th century when, in Hungary, the linguistic debates about the origin of the Hungarian language and its loan words proceded, in Bulgaria the problems of the Bulgarian language were discussed by Ivan Shishmanov, Benyo Tsonev31, Lyubomir Miletich, Dimitar Matov.32 The first generation of Bulgarian linguists graduated from prestigious European universities and accepted the comparative-historical method and the ideas of the Young school of Linguistics. They were interested in their Hungarian colleagues’ achievements in the field of Protobulgarian language and the Protobulgarian component in Hungarian. Some of them searched for Slav language documents from the Middle Ages in Hungarian Archives. Benyo Tsonev worked in the Manuscript section of the University Library in Budapest.

At the end of the 19th century both Hungarian and Bulgarian scholars kept in touch with Konstantin Jirecek in Vienna. Jirecek was one of the leading figures in the Slav Seminar at Vienna University. Despite being a historian, he had his own opinion on the history of the Bulgarian language, based on concrete observations and well-examined historical and dialect material. Hungarian scholars consulted him concerning some etymological questions of the Bulgarian language. By the end of the1890s, the turkologist Géza Kuun published two studies on the Protobulgarians’ language.33 He examined the Bulgarians’ origin and the Turkic–Bulgarian language in connection with his researches on the Koumans. In his letters to Jirecek Kuun asked about the “List of the Bulgarian khans” and about the “Turkish speaking Christians in Bulgaria”.34 In turn, Bulgarian scholars consulted Jirecek about the various Hungarian theories of the Protobulgarian language and the Slav–Bulgarian loan words in Hungarian.

In the last quarter of the 19th century, Hungarian scholars cultivated personal relations with their Bulgarian colleagues, not only to make clear certain linguistic problems, but to get acquainted with each other’s achievements and to exchange scientific literature. There were close relations, on the one hand, between Oszkár Asbóth and Benyo Tsonev, and on the other, between Ivan Shishmanov and Oszkár Asbóth, Bernát Munkácsi and his disciple, the turkologist Ignác Kúnos. There was a close personal friendship between Oszkár Asbóth, Ignác Kúnos and Adolf Strausz who, being professors at the Eastern Commercial Academy in Budapest, every year visited Bulgaria together with their alumni, and Ivan Shishmanov, Dimitar Matov and Benyo Tsonev.35 In a letter to Shishmanov dated February 1895, Asbóth emotionally expressed in perfect Bulgarian the meaning of this cooperation as follows: “I am very sorry to examine your language here [in Budapest] far from its living source, but the kindness of the Bulgarian scholars so many times have already made my work easier and full of delight.”36

Hungarian–Bulgarian relations in the humanities were very active in the period of Stefan Stambolov’s administration (1887–1894), when Austria–Hungary’s position in Bulgaria became more consolidated, and developed on Hungarian initiative. Although Bulgarian scholars participated in bilateral relations in contrast to Hungarian scholarship in the Bulgaria, the very Hungarian subject-matter didn’t have its places yet. We must keep in mind that, in the beginning, modern Bulgarian scholarship was more interested in unexamined problems of Bulgarian history, traditions, language etc. That is why they were interested in their Hungarian colleagues’ scholarly results in the field of Bulgarian studies. Concerning Bulgarian scholarship two links existed in Hungary by the end of the 19th century: the East Commercial Academy in Budapest with its professors Adolf Atrausz, Ignác Kúnos and Oszkár Asbóth and the circle of the Hungarian scholars in Vienna with its inspirer Lajos Thallóczy. Part of a bridge in the development of the scholarship in Hungary and Bulgaria was played by Adolf Strausz, Ivan Shishmanov and Konstantin Jirecek acknowledged authorities in the Monarchy on Bulgarian questions. The scholarly results of the creative cooperation between the scholars from both countries enriched the Balkan, Turkic- and Slavic studies and contributed to the dissemination of Bulgarian and Hungarian scholarship in Western Europe.

 

Notes

 1

E. Palotás, Az Osztrák–Magyar Monarchia balkáni politikája a Berlini kongresszus után 1878– 1881, Budapest 1982. p. 16–17.

 2

P. Pejkovska, The Effect of Politics on Bulgarian–Hungarian Cultural Relations 1880– 1941, in: Bulgarian Historical Review 1994, N 2, 121–130 p.

 3

G. Wenczel, Árpádkori új okmánytár. VIII. köt. 1261–1272. I. Pest. 1870, Néhány adat Bulgária egykori történetéhez.

 4

L. Thallóczy, A magyar–bulgár összeköttetések történetéhez. Századok 1898, Nagy Lajos és a bulgár bánság.” Századok 1900.

 5

L. Thallóczy, Utazás a Leventében. A keleti kereskedelem története Magyarországon. Budapest 1882.

 6

OSZK Kézirattár. F XI/499. f. 1/51; NABAN. F. 11 k . op. 3. a.e. 793, p. 1–94, a.e. 794. p. 1–102.

 7

OSZK. Kézirattár. F. XI/166, f. 34, 36, 44.

 8

OSZK. Kézirattár. F XI/300, f. 1, 2, 3.

 9

D. Pauler, Balgarskite voenni pohodi na Stefan V. in: Sbornik za narodni umotvorenija, nauka i knijnina. Kn. VII. Sofia. 1892, 428–437 p.

10

NABAN. F 11 k. op. 3. a.e. 1713. p. 15.

11

Stefan Stambolov (1854–1895): Bulgarian revolutionary and politician, Prime Minister (20. 08. 1887–19. 05. 1894), came into office with Austria–Hungary’s support.

12

Ivan Shishmanov (1862–1928): Bulgarian literary scholar, folklorist and ethnographer, one of the Sofia University’s and the Sofia Ethnographic Museum’s founders, Minister of Education (1903–1907).

13

NABAN. F 11 k. op. 3. a.e. 1713. p. 19.

14

NABAN. F. 19 k. op. 1. a.e. 966. p. 4.

15

NABAN. F. 11 k. op. 3. a.e. 1713. p. 13, 14, 16.

16

Sborni za narodni umotvorenija. Nauka i knijnina. 1891. Kn. IV. p. 321; NABAN. F 19 k. op. 1. a.e. 966. p. 4.

17

NABAN. F 11 k. op. 1. a.e. 1713. p. 19.

18

A group of people from the region of Chiprovtsi (North-West Bulgarian) that emigrated after an uprising against the Turks in 1688. The greater part of them settled in Banat in the beginning of the 18th century.

19

G. Czirbusz, A dél magyarországi bolgárok etnológiai magánrajza, Temesvár 1882.

20

G. Czirbusz, Die Südungarischen Bulgaren, Taschen-Vien 1884.

21

G. Tsirbus, “Yujnoungarskite balgari. Etnografska skitsa,” in: Periodichesko spisanie. XII. 1884, 65–73; XII. 1885, 31–50; XIV. 1885, 221–225.

22

L. Miletich, Banatskite balgari, Sbornik, Sofia 1983.

23

G. Czirbisz, A krassován bulgárok, Budapest. 1883; L. Miletich, Na gosti u banatskite balgari, in: Banatskite balgari. Sbornik. Sofia. 1983. P. 24–64; Lj. Miletic, Liber die Sprache und Herkunft der sog. Krasovaner in Süd-Ungarn, in: Archiv für Slavische Philologie, 25 (1903), p. 161–181. The krassovans are a small group of people living in the County of Krassó-Szörény (Transylvania, today in Rumania).

24

A. Strauss, Bulgarische Volksdichtungen, Wien–Leipzig 1893, “Die Bulgaren.” Ethno- graphischen Studien, Leipzig 1898.

25

O. Asbóth, Budapesti Szemle, 1892, p. 53; V. Jagic, Archiv für Slavische Philologie, Wien, 1895, XVI, p. 620.

26

Iv. Shishmanov, Balgarski pregled, 1898, kn. IV, p. 149–150.

27

ABAN. F 11 k. op. 3. a.e. 1714. p. 33, 37, 38, 40–42.

28

NABAN. F. 11 k. op. 3. a.e. 1715. p. 1, 2.

29

BIA. F. 119. a.e. 6. p. 83–84.

30

BIA. F 119. a.e. 1. p. 79a.

31

Benyo Tsonev (1863–1926): Bulgarian philologist and palaeographer one of the founders of Bulgarian linguistics.

32

Dimitar Matov (1864–1896): Bulgarian linguist, folklorist and ethnographer.

33

G. Kuun, Adalékok a volgai bolgárok nyelvéhez, Ethnographia 1896, Egy újabb adalék a “z” és “r” hangcseréhez a volgaparti bolgár nyelvben, Ethnographia 1898.

34

NABAN. F 3 k. op. 1. a.e. 683. p. 1–9.

35

NABAN. F 11 k. op. 3. a.e. 65. p. 1–4.

36

Op. Cit., p. 4.

Begegnungen11_Paal

Begegnungen
Schriftenreihe des Europa Institutes Budapest, Band 11:289–299.

VINCE PAÁL

Gustav Gratz und die Geschichtsschreibung

Publizist und Geschichtsschreiber

 

Gustav Gratz gehörte nicht zur „Historikerzunft”. Ab und zu machte er nur Ausflüge vom Bereich der Publizistik, der Wirtschaft und der Politik auf das Gebiet der Geschichtsschreibung. Der in erster Linie Publizist und Wirtschaftsfachautor untersuchte in seinen Geschichtswerken die Ereignisse der nahen Zukunft, in denen auch er Zeitgenosse, manchmal aktiver Teilnehmer war. Er absolvierte Jura, ein Historikerdiplom erwarb er nie. Man weiß nichts davon, ob er an der Universität Seminare und Vorlesungen in Geschichte besucht hatte. Seinen Memoiren zufolge las er auch Geschichtswerke. Er bezeichnet aber keines davon, im Gegensatz zu den Klassikern der Weltliteratur, die ihm dank seiner Sprachkenntnisse von Jugend an in drei Weltsprachen zugänglich waren. Da er von einer Diplomatenlaufbahn träumte, richtete sich sein Interesse vor allem auf die Geschichte, Politik und Wirtschaft. Seine Neigungen lenkten ihn in Richtung Politik. Ihn interessierte die Politik, also die Gestaltung der Geschichte mehr als die Beschäftigung mit der Geschichte. Eine Diplomatenlaufbahn war aber für den Bürgersohn vorläufig keine Realität. Deshalb ergriff er mit Freude die Gelegenheit, als er im Beruf eines Berichterstatters in ständigen Kontakt zur Politik kommen konnte.

In den Spalten der Zeitschrift Huszadik Század [Zwanzigstes Jahrhundert] erschienen seine ersten politischen analysierenden Schriften, die von bleibendem Wert sind. In diesen nahm er die Hauptprobleme des Dualismus unter die Lupe: das Verhältnis zwischen der Freigesinnten Partei und den nationalen Ideen, die kroatische Frage, die politische Krise im Jahre 1905. In der Aufsatzreihe Modern Államférfiak [Moderne Staatsmänner] wurde in der Zeitschrift als erster Kálmán Tisza und seine Politik aus der Feder von Gratz vorgestellt.1 Der bald nach dem Tode Tiszas in drei Teilen erschienene Aufsatz ist eine der ersten wissenschaftlichen Bearbeitungen der Epoche im Mittelpunkt mit der Person des am längsten amtierenden Ministerpräsidenten des Dualismus. Gratz verwendete später seine Studien über den Dualismus in der Monographie A dualizmus kora [Die Zeit des Dualismus]. Er konnte es umso leichter tun, da sich seine Auffassungen über die politischen Richtungen und Versäumnisse Ungarns in der Ära des Dualismus eigentlich nicht änderten. In seinen Artikeln wies der bis ins Mark 67er Gratz Anfang des Jahrhunderts auch inmitten der damals populären nationalen Parolen immer wieder darauf hin, dass die Kräfteverhältnisse Ungarns in der gegebenen internationalen Situation nicht möglich machten, alle ungarischen nationalen Bestrebungen zu erfüllen. Die Aufrechterhaltung der Politik von 1867 könne aber gegenüber der Politik der nationalen Selbstgefälligkeit nur durch ein progressives Programm gesichert werden. Das setzt aber die Einführung des allgemeinen Wahlrechts voraus, damit der Parlamentarismus auf einer breiteren Basis beruht. In seinem Aufsatz Az általános választójog és gróf Tisza István [Das allgemeine Wahlrecht und Graf István Tisza]2 versuchte er zu beweisen, dass das bisherige Parlament nur die Interessen der darin vertretenen Klassen vor Augen gehalten habe, das aufgrund des allgemeinen Wahlrechts zusammengetretene Parlament sei aber geeigneter, die Interessen des Volkes zu bewahren, und er brachte Daten, um zu untermauern, dass beim allgemeinen Wahlrecht die Anzahl der Minderheitenabgeordneten nicht in größerem Maße zunehmen werde als beim Beibehalten des alten Systems.

Zwischen 1906 und 1920 nahm die Anzahl von Gratzens Publikationen in größerem Umfang ab. Das kann damit erklärt werden, dass er mit dem Kreis um Huszadik Század brach, so hatte er weniger Publikationsmöglichkeiten, sowie damit, dass er sich inzwischen ein Parlamentsmandat erwarb, weiterhin bei mehreren Zeitungen als Korrespondent tätig war, und im Landesverein der Industriellen [Gyáriparosok Országos Szövetsége] den Posten des geschäftsführenden Direktors bekleidete, und dann während des Weltkrieges als Leiter von mehreren Kriegszentralen weniger Zeit hatte zu schreiben.

Mit der Geschichtsschreibung kam er in der Zeit der Machtergreifung der Konterrevolution wieder in Kontakt, als er den Band A bolsevizmus Magyarországon3 [Der Bolschewismus in Ungarn] redigierte. Im Vorwort hob er die Wichtigkeit des Ausbaus der demokratischen Institutionen heraus, um die in Form von Revolutionen ans Tageslicht kommenden Störungen zu beseitigen. Das demokratische Wahlrecht als die dauerhafte Wirkung der Revolution hielt er weiterhin für wichtig. Auf die Organisiertheit der Arbeiterschaft Bezug nehmend befürwortete er gleichzeitig die Organisierung der anderen Klassen. Dieses sein Werk läßt sich wegen der gründlichen Mitteilung der Tatsachen auch heute mit Gewinn lesen.

Eine Wirtschaftsgeschichte stellen die zwei dicken deutschsprachigen Bände über die Wirtschaftspolitik und den wirtschaftlichen Zusammenbruch Österreich-Ungarns dar, die Gratz mit Richard Schüller gemeinsam im Auftrag der Carnegie-Stiftung verfasst hat. Die Tatsache, dass die Carnegie-Stiftung an ihn dachte, kann als Anerkennung seines Ansehens gedeutet werden. Das Werk, das in der die wirschaftlichen Folgen des Krieges behandelnden Reihe der Stiftung erschienen war, erregte großes Interesse. Die Redaktion ersuchte solche Fachleute, die aufgrund ihrer Position während des Weltkrieges einen Überblick über die Zusammenhänge des Krieges und der Wirtschaft besaßen. So versuchte man, die den Historikern damals noch nicht zugänglichen Quellen zu ersetzen. Diese Bearbeitungen sollten etwa einen Übergang zwischen den Memoiren und den durch die Regierungen veröffentlichten sog. Weißbüchern darstellen. Gratz und seine Mitverfasser überboten die Aufgabe, das Werk bringt reichlich Angaben über die Kriegswirtschaft der Monarchie, legt die Friedensverhandlungen in Brest und in Bukarest dar, und befasst sich mit der Problematik der polnischen Frage, deshalb ist es für die Forscher der Wirtschaftsgeschichte des Ersten Weltkrieges von großem Wert.

1927 wurde die Magyar Szemle Társaság [Die Ungarische Rundschau Gesellschaft] gegründet. Die Gesellschaft verfügte über eine eigene Buchreihe und unter dem Titel Magyar Szemle auch über eine eigene Zeitschrift. All das sollte im Rahmen der Kulturpolitik Klebelsbergs dazu dienen, sich mit der Vergangenheit anhand der Gesichtspunkte der Gegenwart auseinanderzusetzen. Gratz war Mitglied des Redaktionsausschusses der Zeitschrift Magyar Szemle [Ungarische Rundschau]. Die Gesellschaft beauftragte ihn 1933, die Geschichte Ungarns nach 1867 zu schreiben. Die Aufgabe erweckte sein Interesse umso mehr, als er sich bereits früher mit dem Gedanken getragen hatte, ein solches Geschichtswerk zu schreiben. Noch im Jahre 1906 schloss er mit einem deutschen Verlag einen Vertrag über die Veröffentlichung einer Geschichte Ungarns im Dualismus ab. Er verfertigte dann ein ziemlich umfangreiches Manuskript, das die Ereignisse vom Ausgleich bis in die 80er Jahre darlegte. Dem Verfasser kamen aber immer mehr Besorgnisse auf. Seinen Erinnerungen zufolge bekam er Angst, er werde sich allgemeinen Angriffen aussetzen, wenn er seine Meinung offen zum Ausdruck bringe, die ungarische Politik hätte mit der ausschließlichen Behandlung der öffentlich-rechtlichen Frage nach dem Ausgleich im Grunde eine falsche Bahn eingeschlagen, statt die Gesellschaft zu modernisieren, die Nationalitätenfrage zu lösen und die Wehrkraft der Monarchie zu steigern. Obwohl er in seinen um die Jahrhundertwende publizierten Aufsätzen an der Gestaltung der ungarischen Parteienpolitk scharfe Kritik übte, konnte es sich der junge Mann aus einer deutschstämmigen bürgerlichen Familie am Anfang seiner Laufbahn nicht leisten, von der für die nationalen Ideen schwärmenden öffentlichen Meinung des Unpatriotismus bezichtigt zu werden. Wenn man die Aufnahme von Szekfűs A száműzött Rákóczi4 [Der im Exil lebende Rákóczi] in Betracht zieht, dann kann behauptet werden, dass die Ängste von Gratz nicht unbegründet waren. Szekfű, in dessen Werk die Parallele zwischen der Rákóczi- und der Kossuth-Emigration nicht zu übersehen ist, wollte die zur Versöhnung neigenden, den Aufbau in Angriff nehmenden Labanzen-Ungarn gegenüber der sich in Abenteuer einlassenden, von der Realität abkommenden Emigration rehabilitieren. Mit seinem Buch entfesselte Szekfű einen der heftigsten Streite der ungarischen Geschichtsschreibung. Er bedarf auch noch in den 20er Jahren gegenüber seinen im Bann des Unabhängigkeitsgedankens lebenden Berufsgenossen der Unterstützung seiner angesehenen Befürworter, in erster Linie der von Bálint Hóman und Kunó Klebelsberg. Der souverän denkende Gratz, der aber die Spielregeln des Vorwärtskommens vor Augen hielt, trat schließlich in der nationalen „Kuruzen”-Atmosphäre Anfang des Jahrhunderts von der Herausgabe des geplanten Bandes zurück.

1933 dachte er schon, dass die Lage nach dem Zerfall des historischen Ungarns und nach der Aufhebung der öffentlich-rechtlichen Beziehung zwischen Ungarn und Österreich reif genug sei, um die Politik des Ungarns in der Dualismus-Zeit in Bezug auf das Herrscherhaus, Kroatien und die Nationalitäten auch vor dem breiten Publikum kritisch zu beurteilen. Die ersten zwei Bände des wichtigsten Geschichtswerkes von Gratz A dualizmus kora I–II. erschienen 1934, der dritte Band A forradalmak kora [Die Zeit der Revolutionen] ein Jahr später ebenfalls beim Verlag Magyar Szemle. Das 3bändige Werk fand eine günstige Aufnahme, obwohl das Lob mindestens so sehr der angesehenen Person des Verfassers galt als den im Werk dargelegten Ansichten.5 Die Ungarische Akademie der Wissenschaften zeichnete die Synthese mit dem Akademiepreis aus, was als die Anerkennung des Historikerberufs betrachtet werden kann. A dualizmus kora ist die erste groß angelegte Zusammenfassung der Epoche. Auch Gyula Szekfû6 benutzte sie zur verbesserten Auflage seiner Magyar történet7 [Ungarische Geschichte]. A dualizmus kora und A forradalmak kora sind typische politische Geschichten, in dieser Hinsicht aber vielleicht bis zum heutigen Tage die ausführlichsten. Die Gesellschaftsgeschichte fehlt hingegen gänzlich, Gratz unterläßt es, die Lage der Gesellschaftsschichten zu untersuchen, er beschäftigt sich nicht mit dem kulturellen Leben, und widmet der Präsentation der Wirtschaft zwei Kapitel, in denen die Geschichte des Banksektors und der Industrieunternehmen überwog. Es ist kein Zufall, der Verfasser konnte sich in erster Linie infolge seiner Beziehungen zu diesen Kreisen darüber einen Überblick verschaffen. Die Einseitigkeit kompensieren die gut gelungenen Porträts der wichtigsten Bankiers und Industriellen. Gratz, der als Teilnehmer des Wiener ABC im Lager der Konterrevolutionäre war, berichtet sowohl über den „weißen” als auch über den „roten” Terror und steigert damit die Glaubwürdigkeit von A forradalmak kora. Dieses Buch war übrigens ganz bis zur Aufhebung der gesperrten Bibliothekbestände nur mit Genehmigung zugänglich. (Alle drei Bände wurden beim Verlag Akadémiai 1992 als Reprint herausgegeben.)

Die Universitätsdruckerei gab gegen 1940 unter dem Titel A mai világ képe [Das Bild der heutigen Welt] ein 4bändiges Werk heraus, dessen zweiten Band unter dem Titel Politikai élet [Politisches Leben] Gratz redigierte. Daneben schrieb er die Kapitel über die Universalgeschichte nach dem ersten Weltkrieg, sowie gemeinsam mit András Frey die Geschichte der internationalen Beziehungen. Dabei konnte Gratz seine in den 20er und 30er Jahren über zahlreiche Ereignisse des internationalen politischen Lebens geschriebenen Aufsätze benutzen. Unter ihnen ist der umfangreichste unter dem Titel Európai külpolitika [Europäische Außenpolitik] 1929 erschienen.

Dem breiteren Publikum war es gar nicht, aber auch der Historikergesellschaft kaum bekannt, dass Gratz auch den vierten Band mit dem Titel Magyarország a két világháború között [Ungarn zwischen den Weltkriegen] geschrieben hatte. Das Manuskript behandelt – in erster Linie wiederum – die politische Geschichte von Ende 1920 bis zum Scheitern des Absprungversuchs am 16. Oktober 1944.8 Aus den Erinnerungen von Gratz geht hervor, dass er bis März 1943 den vierten Band verfertigt hat, der sich mit den Geschehnissen bis zum Ausbruch des zweiten Weltkrieges befasst. Von der Veröffentlichung der Handschrift hielt ihn aber seinen Memoiren zufolge „ein gewisses Taktgefühl„ zurück, wie einst bei seinem deutschsprachigen Geschichtswerk um die Jahrhundertwende. Ursprünglich wollte er im dritten Band auch die Ereignisse der 20er Jahre behandeln, die Magyar Szemle Társaság befürchtete aber, dass „eben in Bezug auf die Darlegung der Restaurationsversuche„9 nach dem Erscheinen des Buches Angriffe beginnen könnten. Gratz, der von den 20er Jahren an die einseitige deutsche und italienische Orientierung der ungarischen auswärtigen Politik kritisierte, der im ganzen Leben die politischen Extreme ablehnte, sah der Tatsache fremd entgegen, wie die faschistischen und nationalsozialistischen Ideen in der zweiten Hälfte der 30er Jahre auch in Ungarn an Kraft zunehmen. Um diese Zeit war das Pesti Napló [Pester Journal], das Gratz als Chefredakteur zeichnete, schon eingestellt. Die ungarische öffentliche Meinung, die die Richtigkeit der bisherigen deutschfreundlichen Außenpolitik als bewiesen betrachtete, begeisterte sich für die territoriale Revision. Gratz wurde ebenso als Parlamentarier immer mehr in den Hintergrund gedrängt. Man wählte ihn auch nicht in den auswärtigen Ausschuss. Er wurde außerdem wegen seiner Rolle an der Spitze des Ungarländischen Deutschen Volksbildungsvereins (UDV) scharf angegriffen. Ihm schwebte auch das Beispiel seines ehemaligen Untergeordneten, legitimistischen Mitkämpfers und Freundes, Aladár Boroviczény10 vor. Boroviczény wurde selbst 1938 noch wegen seines im Jahre 1924 erschienenen Buches, welches das tadellose Benehmen des Reichsverwesers Horthy bezweifelt hatte, schikaniert. Er musste schließlich von seinem früheren Standpunkt Abstand nehmen und sich vor Horthy in einem Brief erniedrigen.

Unter solchen Umständen wagte Gratz nicht, die Ereignisse der nahen Vergangenheit vor der großen Öffentlichkeit kritisch zu behandeln, da er die unfreundlichen Reaktionen befürchtete, und so ließ er die Handschrift nicht erscheinen. Nach seiner Rückkehr aus dem Konzentrationslager setzte er die Arbeit bis Oktober 1944 fort. Das Werk blieb aber dann wegen des Todes des Verfassers im Jahre 1946 unveröffentlicht.

Seit dem Niederschreiben des Manuskriptes ist also mehr als ein halbes Jahrhundert vergangen. Die Veröffentlichung hat aber trotzdem mehrere Gründe. Gratz war ein aktives Mitglied der in seinem Werk behandelten Zeit, so kann es einerseits als Memoire betrachtet werden, das gilt besonders für die Kapitel über die Restaurationsversuche König Karls und über die Minderheitenpolitik der Ära Horthy. Andererseits untersucht der Verfasser die Epoche mit gründlicher Sachkenntnis, als scharfsichtiger Analytiker, oft kritisch, aber die Objektivität immer vor Augen haltend, so dass für den heutigen Forscher und Leser gleichermaßen Neues enthalten ist. Es ist darüber hinaus in erster Linie eine politische Geschichte, die Darstellung der Kultur bzw. der Wirtschaft wird vernachlässigt.

Gratz begann als Ergänzung seines Werkes, das sich nur auf die politischen Ereignisse beschränkt hatte, auch ein Buch über die Entwicklung der politischen Ideen von 1867 zu schreiben. Nach der Fertigstellung der ersten Kapitel bat er Szekfû um seine Meinung – wie auch im Falle seines 3bändigen Geschichtswerkes11 –, ob es sich lohne, die Arbeit fortzusetzen.12 Man kennt Szekfűs Meinung nicht. Es ist aber sicher, dass Gratz das Buch bis 1943 nicht vollendet hat. Er selbst war damit nicht zufrieden und setzte es nicht fort. Es ist unbekannt, ob das Werk später doch vollendet worden ist.13 Gratz hielt jedenfalls seinen Antrittsvortrag als korrespondierendes Mitglied der Ungarischen Akademie der Wissenschaften über dieses Thema.14

Im Auftrage eines Londoner Verlags schrieb er eine kurze ungarische Geschichte der Neuzeit auch in englischer Sprache. Der Weltkrieg verhinderte aber das Erscheinen des Buches.

Mit dem vierten Band ist nun die Reihe vollständig, in der Gratz die zwei Epochen, die Zeit des Dualismus und die Ära Horthy bearbeitete, in welchen auch sein Leben verlief. In allen vier Bänden dominiert die politische Geschichte, er setzt sich besonders ausführlich mit den Ereignissen im Parlament, mit der Entwicklung der politischen Parteien und mit der Zusammensetzung der Regierungen auseinander. Und er bewertet und charakterisiert fast alle bedeutenden Politiker. Gratz war kein Historiker im eigentlichen Sinne des Wortes. Er ging an die Aufgabe auch als Publizist heran, mit der Anforderung eines Publizisten, um seine Auffassungen über die Vorgänge der nahen Vergangenheit und der Gegenwart mit der breiten Öffentlichkeit zu teilen.

In der 4bändigen Synthese ist die Chronologie das Leitprinzip. Die Darlegung der nacheinander folgenden Ereignisse wird aber naturgemäß durch thematische Kapitel unterbrochen. Außerdem wiederholt sich Gratz selbst mehrmals. An verschiedenen Stellen kehrt er erneut zu den in Bezug auf einzelne Geschehnisse, politische Vorgänge und Politiker einmal bereits erörterten Gedanken zurück. Diese Wiederholungen unterbrechen zwar ab und zu die Kette der kausalen Zusammenhänge, sie sind aber doch nicht langweilig, denn Gratz kommt zu ihnen immer aus einer neuen Perspektive. Er ist nicht unbedingt darum bestrebt, auch die Gründe der Ereignisse aufzudecken. Im Laufe der narrativen Erzählung brachte er manchmal seine Meinung über die Gründe zum Ausdruck. Man kann es z. B. daran sehen, wie er als die Gründe für die Revolutionen nach dem ersten Weltkrieg zunächst nur die verfehlte Politik der ungarischen Regierung während des Krieges bezüglich der südslawischen Frage und der nationalen Minderheiten, sowie das unentschlossene Auftreten gegen die um Mihály Károlyi gescharten aufwieglerischen Elemente bezeichnet. Später führt er auch die demoralisierenden Folgen des Krieges unter den Gründen auf, dann an einer anderen Stelle stellt er fest, dass zur vollständigen Ohnmacht des Bürgertums ebenso die verbannte Parteistruktur aufgrund der öffentlich-rechtlichen Frage beigetragen habe, denn mit der Trennung Ungarns und Österreichs verlor sie an Daseinsberechtigung, während die anhand einer Weltanschauung herausgebildeten Parteien trotz der Erschütterungen Werte vertreten hätten, die auch nach dem Weltkrieg von Wichtigkeit gewesen wären. Es ist charakteristisch für Gratzens Auffassung, dass er – obwohl sich seine politische Stellungnahme klar abzeichnet – bereit ist, in allen Richtungen das Positive zu erblicken, selbst wenn er der anderen Seite näher steht. So wirft er z. B. der linken Mitte vor, dass große Verantwortung auf ihr wegen der Verhinderung der Herausbildung einer richtigen Parteienstruktur laste, er gab aber zu, sie habe auch eine historische Sendung erfüllt, da sie für viele den Übergang vom 48er Lager zur Annahme des Ausgleichs erleichtert habe. Die Parteienbildung aufgrund der öffentlich-rechtlichen Frage hielt er für schädlich, doch hätte dies seiner Meinung nach eine positive Seite gehabt, indem es das ungarische nationale Gefühl in besonderem Maße verstärkt habe, was beim Überleben des Trianonschocks von Wichtigkeit gewesen sei.

 

Seine Geschichtsauffassung

Der Ausgangspunkt seiner Geschichtsauffassung ist, dass sich die Völker Mitteleuropas nur dann friedlich entwickeln können, wenn sie durch einen wirtschaftlichen und/oder politischen Rahmen verbunden sind. Andernfalls wenden sie sich gegeneinander und werden zum Opfer der Großmächte um den Donauraum herum. Die dualistische ungarisch-österreichische Monarchie habe diese Bindefunktion erfüllt. Ungarn, das im Laufe der Geschichte immer von drei äußeren Gefahren bedroht wurde, habe keine andere Wahl gehabt, als sich mit einem dieser drei Faktoren, also entweder mit den Nachbarvölkern oder mit einer der vom Osten bzw. vom Westen drohenden Großmächte zu versöhnen. Im Ausgleich habe das Ungarntum mit dem seiner Kultur am nächsten stehenden Deutschtun einen Kompromiss geschlossen. Die Entwicklung der ungarischen Politik habe eine falsche Richtung eingeschlagen, als sich die politischen Parteien anhand ihrer öffentlich-rechtlichen Stellungnahme zum Ausgleich bekundeten. Das habe einerseits dazu geführt, dass in Ungarn keine politische Wechselwirtschaft zu Stande kommen konnte, die ein notwendiges Element des gesunden Parlamentarismus sei, denn die Übernahme der Regierung durch die den Ausgleich bekämpfende öffentlich-rechtliche Opposition hätte nicht einfach einen Regierungswechsel bedeutet, sondern einen die anderen zwei Machtfaktoren (nämlich den Herrscher und Österreich) betreffenden Systemwechsel. Daraus folgte, dass die 67er Regierungspartei alle Mittel für gerecht hielt, die die Opposition verhinderte, an die Regierung zu kommen. Dass die öffentlich-rechtliche Frage während der ganzen Zeit des Dualismus im Mittelpunkt des Interesses stand, verurteilte das ungarische Parlament zu unseligen Debatten, anstatt sich mit den Reformen der Verwaltung, der Lösung der sozialen Probleme und mit der Minderheitenfrage zu beschäftigen.

Es sei nicht zuletzt den Vorteilen der Großmachtstellung zu verdanken, dass Ungarn um die Jahrhundertwende innerhalb der Monarchie die größte materielle Zunahme verzeichnen konnte, wodurch aber das Land immer übermütiger wurde. Das habe sich auch in der zunehmenden Ungeduld gegenüber den Minderheiten gezeigt. Das Ungartum vergaß, dass der Angriff auf die auswärtige Politik der Monarchie und die Hintansetzung der Entwicklung des gemeinsamen Heeres durch die parlamentarische Obstruktion diejenige Basis zerstört habe, ohne welche die territoriale Integrität des Vielvölkerstaates Ungarn schon vor dem ersten Weltkrieg in Gefahr geraten wäre. Gratz behauptet mehrmals in seinen Werken, der ungarischen Nation habe die Fähigkeit der Wahrnehmung ihrer wirklichen Lage immer gefehlt, und sie habe ihre Wünsche oft mit der Wirklichkeit gleichgesetzt.

Bei seinem Standpunkt zur Minderheitenfrage stellt sich heraus, dass er bei der Gegenüberstellung von Staatsnation und Kulturnation der ersten den Vorrang einräumt. Seiner Ansicht nach sind Staatsnation und Kulturnation nicht miteinander zu verwechseln, deshalb ist verständlich, dass er Anfang der 30er Jahre als Amtsträger des Volksbildungsvereins des einheimischen Deutschtums den das Volkstum in den Vordergrund stellenden Bewegungen feindlich gegenüberstand. Für das gespannte Verhältnis zwischen dem Ungartum und den Nationalitäten machte er in erster Linie die Nationalitäten verantwortlich, die im Endeffekt über das Nationalitätengesetz von 1868 hinaus die Integrität des ungarischen Staates bedrohende Forderungen stellten, was eine selbstbewusste Nation nicht zulassen konnte. Obwohl Gratz nicht glaubt, dass eine Versöhnung unter den gegebenen Umständen hätte erfolgreich sein können, hielt er den Generationen des Dualismus vor, dass sie dafür keinen ernsten Versuch machten. Er erkennt, dass die föderalistische Umgestaltung der Monarchie infolge der Entwicklung der nationalen Idee unabhängig vom Ausgang des ersten Weltkrieges früher oder später notwendig geworden wäre. Das hätte aber von ungarischer Seite die „Ausklügelung” von neuen Lebensformen verlangt, wozu aber Ungarn nicht den entsprechenden Staatsmann besaß. Darin meint er im Vergleich zur Zeit der Verwirklichung des Ausgleichs den Verfall des ungarischen Geistes zu sehen.

Die Staatengemeinschaft der dualistischen Monarchie hielt er also für richtig, auch wenn er meinte, dass die politischen Konstruktionen nicht für immer seien, und sie den Erfordernissen der Zeit hin und wieder angepasst werden sollten. In der Zeit des Dualismus übt er nur an gewissen politischen Vorgängen Kritik. Er ist viel kritischer gegenüber dem politischen System im Ungarn der Zwischenkriegszeit, das mit dem Namen von Miklós Horthy verbunden ist. Gratz stimmt hier nicht eimal mit dem Ausgangspunkt überein. Nach den Revolutionen kehrten die Verhältnisse zu sehr dorthin zurück, wo sie auch vor dem Weltkrieg waren. Das Ungartum ließ die Führung in deren Hand, aus deren Reihe die Leiter der Politik auch früher gekommen waren, denn man fühlte sich in den revolutionären Verhältnissen unwohl. Die Revolutionen brachten nämlich allzu radikale Veränderungen mit sich. Mit der Erweiterung des Wahlrechts wurden neue Wähler an der Politik beteiligt, von denen aber, da sie größtenteils die Unabhängigkeitsgesinnung verstärkten, nicht erwartet werden konnte, dass sie der neuen Situation gemäß die richtigen Schlüsse ziehen. Dazu waren aber leider auch die Spitzenpolitiker nicht fähig, und sie führten die nötigen Änderungen nicht durch. Welche es hätten sein sollen, ließ Gratz unerwähnt. Das Ergebnis war, dass das Ungartum nach kurzer Zeit wieder in Extreme geriet.

Nach dem Friedensvertrag von Trianon baute Ungarn seine Außenpolitik auf der traditionellen Deutschfreundlichkeit auf, um die territoriale Revision zu verwirklichen. Gratzens Meinung nach war dies ein Fehler.15 Die Zusammenarbeit der Nachfolgestaaten der Monarchie war für ihn weiterhin eine Grundlage, ohne welche den einander feindlich gesinnten Völkern des Raumes die Balkanisierung drohe. Neben den außenpolitischen Erwägungen spielte bei seinem Standpunkt auch eine Rolle, dass er als Befürworter des wirtschaftlichen Liberalismus die neuen autarken Wirtschaften ablehnte, die anstelle der Wirtschaftseinheit der Monarchie zustande kamen.

Indem er die drei repräsentativsten ungarischen Politiker in der Zwischenkriegszeit einschätzt, bezeichnet er eigentlich auch seine Stelle. Er beurteilt alle drei kritisch, er kann die Politik von keinem vorbehaltlos akzeptieren, obwohl er zwischen der Politik von Bethlen und der von Gömbös einen qualitativen Unterschied sah. Die ungarische Politik habe bereits während der Bethlenschen Konsolidation einen falschen Weg betreten. Die politische Konzeption Bethlens, den er als einen konservativen Politiker qualifiziert und dem er gewisse staatsmännische Eigenschaften zuerkannte, aber nicht alle, habe sich als falsch erwiesen. Gratz gibt zu, dass sich Bethlen große Verdienste beim Neuaufbau erwarb, aber er fand ebenso seine Politik für die „Verzerrungen” in den 30er Jahren verantwortlich. Wenn er sich selbst damit auch nicht identifizierte, ging er mit Gyula Gömbös und seinem Kreis und mit dem, wovon jene ausgegangen waren, zu nachsichtig um. Bethlen habe auf die Verbreitung seiner Ideen keinen Wert gelegt, so haben sie keine dauernde Wirkung auf die Massen gehabt. Bethlen habe „den Durst des Ungartums nach Ideen” nicht gestillt. Seine innenpolitischen Reformen waren deshalb sehr vorsichtig, denn er wollte den Einfluss der herrschenden Klasse nicht vermindern. Bei seiner auswärtigen Politik bevorzugte er die Unterstützung von der Seite der Großmächte, anstatt mit den Nachbarländern zusammenzuarbeiten. Aus der Tatsache, dass Ungarn in der Mitte des Donauraumes liegt, folgerte Bethlen, dass die Probleme des Raumes trotz des Willens Ungarns nicht endgültig gelöst werden können. Im Gegensatz dazu vertrat Gratz den pessimistischen Standpunkt, wonach die exponierte Lage des Landes sogar durch die Aufgabe eines Teiles der ungarischen Bestrebungen die Entspannung der Gegensätze zwischen den Donauvölkern verlange. In den beiden gegensätzlichen Konzeptionen sah Gratz das Weiterleben des alten unabhängigen und des 67er Denkens. Als sich Bethlen die optimistische Auffassung zu eigen machte, „verfiel er selbst vielleicht in den alten Fehler des Ungartums, dass es seine Wünsche und Hoffnungen zu leicht als Wirklichkeit betrachtet.”

In Gratzens Denken ist also das Zusammentun der Völker Ostmitteleuropas das Alpha und das Omega. Eben deshalb missbilligt er die ungarische Außenpolitik, die die Revisionsbestrebungen durch die Unterstützung der Großmächte, vor allem durch die von Deutschland, erhoffte. Gratz musste aber in Erfahrung bringen, dass die Bereitschaft zur Zusammenarbeit auch auf der Seite der Nachbarn fehlte. Der Widerspruch zwischen der Realität und seiner Vorstellung bleibt ungelöst.

Die Rolle von Horthy beurteilt Gratz noch kritischer. Er gab ihm in großem Maße die Schuld daran, dass Ungarn im Zweiten Weltkrieg wieder in eine katastrophale Lage kam. Seine Regierungen hätten nicht gegen seinen Willen Politik gemacht. Sein größter Fehler sei gewesen, dass er zuließ, dass Gömbös an die Macht kam. Für die schwere Niederlage Ungarns im Zweiten Weltkrieg trage aber vor allem Gömbös die Verantwortung, denn wenn er den Boden für die deutschen nationalsozialistischen Ideen nicht vorbereitet hätte, dann hätten sie in einigen Schichten der ungarischen Gesellschaft nicht so sehr Wurzeln schlagen können. Es ist merkwürdig, dass der Wirtschaftsfachmann Gratz, der so viele Kontakte zur ungarischen Industrie und Bankwelt hatte, keinen direkten Zusammenhang zwischen dem immer größeren deutschen Einfluss auf die ungarische Innen- und Außenpolitik und der Abhängigkeit der ungarischen Wirtschaft vom deutschen Markt sah. Für ihn sind die Entscheidungen der Spitzenpolitiker bestimmend.

Die Geschichtswerke von Gustav Gratz würden auch einem Berufshistoriker zum Ruhm gereichen, obgleich sie auf seiner weitläufigen Laufbahn nur Episoden darstellten. Ihm wurde das Schicksal zuteil, den Zusammenbruch von beiden Epochen zu erleben, den Zusammenbruch der Epoche, in der er geboren wurde, sich seine Weltanschauung herausbildete und eine erfolgreiche Laufbahn angetreten hatte, und den Zusammenbruch der Epoche, in der er immer mehr ins Abseits geriet. Ein schwacher Trost konnte für ihn sein, dass sich seine niedergeschriebenen Besorgnisse zurückblickend auf beide Katastrophen als prophetisch bewahrheiteten.

 

Anmerkungen

 1

Gratz, Gusztáv: Tisza Kálmán. In: Huszadik Század (2–3–4) 1902 S. 115–133, 196–214, 292–303.

 2

Huszadik Század, (11) 1905, S 369–398.

 3

A bolsevizmus Magyarországon. Budapest, 1921.

 4

Szekfû, Gyula: A száműzött Rákóczi. 1715–1735. Budapest 1913.

 5

Vgl. die folgenden Buchbesprechungen: Kornis, Gyula: A dualizmus kora. In: Budapesti Szemle, Sept. 1934 S. 371–379.; Dr. Eöttevényi, Olivér: A dualizmus kora. In: Külügyi Szemle, (4) 1934 S. 339–344.; Katona, Jenő: A forradalmak kora. In: Korunk Szava, (5) 1936 S. 87–88.; Török, Pál: A dualizmus kora I–II., A forradalmak kora. In: Századok, 1938 S. 381–383.

 6

Szekfű hat eigentlich Gratz zum Schreiben des A dualizmus kora überredet, das Manuskript gelesen und dem Verfasser seine gutgesinnten kritischen Bemerkungen mitgeteilt. Gratz’ Brief an Szekfű vom 3. März 1934, OSZK Handschriftensammlung, Fond 7/693 Folio 132.

 7

Hóman, Bálint – Szekfű, Gyula: Magyar Történet. Budapest, 1936, 2. erw. Aufl., S. 639.

 8

Das Buch wird voraussichtlich beim Verlag OSIRIS im April 2001 erscheinen.

 9

Szekfűs Brief an Gratz vom 14. Dezember 1934, OSZK Handschrifrensammlung, Fond 7/693 Folio 167.

10

Siehe das Nachwort (von Pál Pritz) zum Band Boroviczény Aladár: A király és kormányzója. Budapest 1993.

11

Vgl. Anmerkung 3; Gratz’ Brief an Szekfű vom 5. November 1934, OSZK Handschriftensammlung Fond 7/693 Folio 161.

12

Gratzens Brief an Szekfű vom 20. Januar 1935. ELTE Universitätsbibliothek, Handschriftensammlung MsG 628.

13

Fragmente sind vorhanden.

14

Der bisher unveröffentlichte Aufsatz wird bald erscheinen.

15

Es ist zu bemerken, dass sich auch Gratz dem Einfluss der Erfolge dieser Politik nicht entziehen konnte. „Das Ungartum hatte nach einiger Schwankung den Weg betreten, der gegenüber den Nachbarn intransigent blieb, und wartete ruhig ab, bis es unter den Großmächten Freunde fand. (...) Die Folgen scheinen übrigens zu zeigen, dass die ungarische Politik den richtigen Weg befolgt hat.„ In: A mai világ képe. Politikai Élet. Budapest, o. J. S. 251.