Begegnungen14_Bindorfer
Begegnungen
Schriftenreihe des Europa Institutes Budapest, Band 14:177–191.
GYÖRGYI BINDORFFER
Die Rolle der Geschichte im Leben der Ungarndeutschen
Das Beispiel von Dunabogdány
1. Die Geschichte von Dunabogdány
Die archäologischen Ausgrabungen beweisen, dass Dunabogdány bereits in der Kupferzeit bewohnt war. Seine erste urkundliche Erwähnung unter dem Namen Bogud stammt aus dem Jahre 1285. Als im 14. Jahrhundert das Dorf wieder zum königlichen Besitz wurde, wurde es als Bogdanryw erwähnt. 1559 eroberten die Türken die Siedlung, wo 36 steuerpflichtige Häuser zu finden waren. Nach der türkischen Herrschaft gelangte Dunabogdány in den Besitz der Grafenfamilie Zichy. Anfang des 18. Jahrhunderts lebten insgesamt 16 reformierte ungarische und drei slowakische Familien im Dorf.
Den katholischen Kirchenbüchern nach beginnt die schriftliche Geschichte der Dunabogdányer Schwaben im Jahre 1724, als ungefähr 300 katholische Schwaben aus Deutschland ankamen und sich auf dem Grundbesitz von Graf Peter Zichy ansiedelten. Die siebzig-achtzigjährigen Ältesten erinnern sich nur daran, dass ihre Urahnen irgendwo in Bayern oder in der Umgebung von Ulm und Stuttgart lebten. Die genauen Ortschaftsnamen, Staaten oder Herzogtümer blieben im kollektiven Gedächtnis nicht erhalten.
Die Rolle der schwäbischen Bauern bestand darin, die nach der Türkenherrschaft zugrunde gegangene Landwirtschaft und in erster Linie den Ackerbau wiederzubeleben. Im Jahre ihrer Ankunft bewohnten ca. hundert reformierte Familien das Dorf. Die katholische Pfarrei nahm ihre Tätigkeit in Dunabogdány 1721 auf und begann die deutschen Kolonisten sofort nach ihrer Ansiedlung zu registrieren. Die stark katholischen Schwaben zögerten nicht, die kleine katholische Kirche, nach Sankt Johann von Nepomuk benannt, so bald wie möglich zu erweitern. Sie bauten ihre Kirche wegen Naturkatastrophen und eines Brandes dreimal wieder auf. Die zweite Welle der Kolonisten kam 1767 in Dunabogdány an. Ein Jahr früher tauschte Graf Peter Zichy seinen Grundbesitz, so gelangte die Ortschaft zum Kronbesitz von Altofen/Óbuda (Voit 1958; L. Gaál 1988; Borovszky 1990).
Bei der Frondienstregelung 1770 wurden 23 Fronhöfe registriert. Nach den Angaben der Volkszählung auf Verordnung von Joseph II. wohnten in Dunabogdány zwischen 1784–87 311 schwäbische Familien in 268 Häusern, die Zahl der schwäbischen Bevölkerung machte 1567 aus (Dányi/Dávid 1960: 118). Über die ethnische Zusammensetzung des Dorfes gibt aber diese Registrierung keine Information. Erst anlässlich der Volkszählung von 1812 wurde die Einwohnerschaft über ihre ethnische Abstammung befragt. Demzufolge lebten schon 1945 Schwaben und 175 Magyaren in Dunabogdány. Die Erhöhung ist der zweiten großen Ansiedlungswelle und den im Laufe des 18. Jahrhunderts ständig aus Deutschland strömenden Verwandten, Bekannten und Freunden zu verdanken.1 Die meisten Kolonisten kamen mit der ganzen Familie, mit 2–3 Kindern und mit kaum etwas Geld nach Ungarn.
Das große Hochwasser an der Donau im Jahre 1838 vernichtete die am Donauufer stehenden Bauernhäuser. Im Laufe des Jahrhunderts verwüsteten mehrmals Hochwasser und Feuer das Dorf. Als Folge der Naturkatastrophen erhöhte sich die Einwohnerzahl langsamer, 1850 lebten noch immer 2300 Personen in Dunabogdány (Dányi 1993: 145). Die Bevölkerungszahl der Volkszählung vor 150 Jahren verdoppelte sich nur auf 1930. Zu dieser Zeit lebten insgesamt 3095 Personen hier, zwei Drittel waren Schwaben. 1941 bekannten sich 78,3 Prozent der Gesamtbevölkerung zur schwäbischen Muttersprache. 88,5 Prozent sagten, dass sie auch ungarisch sprächen. Das bedeutet, dass unter den Schwaben neben der Muttersprache auch die ungarische Sprachkenntnis allgemein war. Damals schien die Muttersprache das wichtigere Grenzzeichen der ethnischen Identität zu sein; heute dominiert aber infolge der schnellen sprachlichen Assimilation die Abstammung. Die wirklichen und die registrierten ethnischen Verhältnisse decken sich aber nicht. Obwohl sich 1980 nur 31, 1990 nur 155 Personen zu ihrer schwäbischen Abstammung bekannten und nur 30 bzw. 90 Personen Deutsch für ihre Muttersprache hielten, weiß ein jeder im Dorf, dass zwei Drittel Schwaben, und nur ein Drittel Magyaren sind.
2. Die Ausbildung des ungarischen historischen Bewusstseins
Die Ausbildung des historischen Bewusstseins der schwäbischen Minderheit in Ungarn wird „von der Tatsache geprägt, dass sie in einer Zeit nach Ungarn wanderte, als sich die moderne Nationalidentität ihres Volkes noch nicht herausbildete” (Joó 1988: 41).2 Weinhold stellte fest: „das Identitätsbewusstsein der deutschen bäuerlichen Untertanen verknüpfte sich mit ihrem Herrn und Gebiet. So waren sie Franken, Schwaben, Bayern, und als solche machten sie sich auf den Weg nach fremden Ländern” (1981: 726). Was ihre ethnische Identität anbelangt, blieben die Kolonisten bei den Bewusstseinsformen, die „ihr Denken zur Zeit der Auswanderung bestimmte” (Weinhold 1981: 727).
Das Ungarndeutschtum konnte die Nationalisation der Kultur (Löfgren 1989), das Zustandebringen der deutschen literarischen Sprache, die Geburt der deutschen Nation im Rahmen eines einheitlichen Staates nicht miterleben.3 Dementsprechend verfügten die Schwaben über keine einheitliche deutsche Umgangs- und Hochsprache und Nationalkultur oder über deutsches Nationalbewusstsein. Ihre Lage war umso schlimmer, da die Beziehungen zu dem Vaterland nach der Kolonisation abgebrochen wurden. So war die sprachliche Entwicklung und die Zusicherung der Kontinuität eines deutschen kulturellen Hinterlandes unmöglich (Hutterer 1961). Ihr historisches Bewusstsein wurde weiterhin auch dadurch beeinflusst, dass die Kolonisten in verschiedener Zeit, von verschiedenen Gebieten Deutschlands und eventuell Österreichs mit verschiedener Kultur, Religion, verschiedenem Dialekt und verschiedenen Sitten und Bräuchen kamen. Seewann (1991) stellt fest, dass infolgedessen die Schwaben keine homogene Einheit bilden und kein kollektives ethnisches Bewusstsein haben. Die vielfältige Heterogenität behinderte weiterhin auch ihre politische, kulturelle und sprachliche Vereinigung. Unter den verschiedene Dialekte sprechenden Schwaben wurde die ungarische die Vermittlersprache. Dementsprechend konnte sich das Bewusstsein einer gemeinsamen historischen Schicksalsgemeinschaft bis nach dem zweiten Weltkrieg nicht herausbilden. Wie ich in Dunabogdány gehört habe, standen die Magyaren ihnen immer näher als andere Schwabengruppen in Ungarn.
Zu einem gemeinsamen historischen Bewusstsein, zur Herausbildung der Gruppenidentität und zum Kontinuitätserlebnis ist es nötig, gemeinsame „Mythen”, „Legenden”, Erinnerungen über die Migration, den Abstammungsort und das Vaterland zu haben. Das gemeinsame Bedeutungsuniversum und die Erzählungen über die Helden und lobenswerten historischen Ereignisse sind bei der Konstruktion der Geschichte einer Gruppe unentbehrlich. Ohne Vergangenheit ist es nicht möglich, eine Nation oder Nationalidentität zu schaffen. Die Schwaben verfügten über keine gemeinsame Vergangenheit aus dem alten Vaterland, hatten keine historischen „Mythen”, die im Interesse der Zusicherung der Kontinuität hätten wiederbelebt werden können, um sich damit zu identifizieren. Der Rückblick auf die Vergangenheit bietet einen sicheren Ausgangspunkt in der Ausbildung sowohl der persönlichen als auch der Gruppenidentität. Die Leute und Gruppen, die keine gemeinsame Geschichte haben, können sich in der Zeit nicht einordnen, um sich für andere Leute und Gruppen zu bestimmen.
Die Schwaben erlebten die Gestaltung der Nation in Ungarn mit, in dem Lande, das sie als Vaterland wählten. Dieser Prozess bot für die Schwaben andere Selbstbestimmungsrahmen, andere Näherungs- und Anschauungsmethoden an. Sie meinen in Dunabogdány, dass sie (mit Ausnahme der Aussiedlung) keine von den Magyaren abweichende Geschichte haben. Alles, was mit ihrer Geschichte verbunden ist, alles, woran sie zurückdenken können, verbindet diese Minderheit mit Ungarn. Da sie aus der Urheimat keine eigene Geschichte mitbrachten, entstand eine Lücke im Kontinuitäts- und Identitätsbewusstsein dieser Gruppe. Um dies zu überbrücken, eigneten sie sich die ungarische Geschichte, die geschichtlichen Erzählungen an. Der Mangel an der geschichtlichen Vergangenheit wurde mit der symbolischen Ausdehnung der ungarischen Geschichte sogar bis zum ersten ungarischen König, Sankt Stephan I. ersetzt. In dieser Konstruktion der mit den Magyaren gemeinsamen Geschichte hatten Gisella, die Frau von Sankt Stephan I. und die katholische Religion eine wichtige Rolle. Mit der Ehrung des ersten Königs von Ungarn und der den ungarischen Staat symbolisierenden Krone wurden sie Mitbeteiligte der ungarischen Staatlichkeit. Diese Ehrung und die Beteiligungsabsicht am Leben der ungarischen Nation und Geschichte beweist das Heldendenkmal neben der katholischen Kirche. Am Postament und an den Seiten des Denkmals sind die Namen der Opfer sowohl der Revolution und des Freiheitskampfes von 1848/49 bzw. von 1956 als auch der zwei Weltkriege zu lesen. Oben auf dem Denkmal sitzt seit den zwanziger Jahren des 20. Jahrhunderts eine Steinkopie der ungarischen Königskrone. 1944, als sich die russischen Truppen Dunabogdány näherten, versteckten die Schwaben die Krone, die in diesen dunklen Zeiten verlorengegangen ist. Sie wurde erst in den fünfziger Jahren beim Abriss eines alten Hauses wieder gefunden und wieder an ihre originale Stelle gesetzt.
3. Was die Schwaben über ihre Geschichte in Ungarn denken
Im Rahmen einer speziellen Befragung habe ich die Dorfbewohner gebeten, verschiedene mit der Geschichte zusammenhängende Wörter wie Sieg, Held, König, Krone, Niederlage, mit dem Attribut schwäbisch oder ungarisch oder deutsch zu versehen. Aus den Antworten und den beigefügten Erklärungen geht hervor, wie sehr sich die Schwaben in Dunabogdány mit der ungarischen Geschichte identifizieren. 65 Prozent aller Attribute waren ungarisch, 12 Prozent deutsch und 23 Prozent schwäbisch-ungarisch. Die hohe Prozentzahl der ungarischen Erwähnungen und der Gebrauch dieses doppelten Attributes, das von den Gefragten selbst gebildet wurde, sind Beweise dafür, dass die Schwaben in Ungarn wirklich keine abgesonderte eigene Geschichte hatten. Sie meinen, mit Ausnahme der Aussiedlung sei ihr Schicksal mit dem der Magyaren identisch.
Es gibt aber interessante Unterschiede unter den drei Generationen. Das Attribut „schwäbisch-ungarisch” wurde am meisten von der ältesten Generation gebraucht (29 %). Das Attribut „deutsch” wurde am meisten von der mittleren Generation (14 %) und das Attribut „ungarisch” von der jüngeren Generation (79 %) gebraucht. Diese dritte Generation erwähnte das Attribut „schwäbisch-ungarisch” am wenigsten (11 %). Die Krone und der König wurden am meisten als „ungarisch” bezeichnet; die Befragten der dritten Generation gebrauchten bei diesen zwei Wörtern ausschließlich das Attribut „ungarisch”. Da das kollektive historische Gedächtnis den Namen der deutschen Könige und Herzöge vor der Kolonisation nicht bewahrte, konnten die Schwaben ein Königs- und Kronenerlebnis nur in Ungarn haben.
Es ist wahr: die Schwaben „nahmen an den Wanderungen und an der Suche der Magyaren nach einer Heimat nicht teil” (Csepeli 1992: 62). So ist es nicht erstaunlich, dass die Frage der historischen Abstammung der Magyaren in ihrer Identitätskonstruktion keine Rolle spielt. Sie waren gemeinsam mit den Magyaren unterdrückt, nahmen am Freiheitskampf von 1848/49 teil, arbeiteten fleißig, um „das Goldene Zeitalter” (ebd.) am Ende des 19. Jahrhundert zu erreichen, litten wegen des Zerfalls der Donaumonarchie (Friedensvertrag von Trianon) und der Niederlage im Ersten und Zweiten Weltkrieg. Diese Tatsachen trugen zu einem gemeinsamen Gedankengut mit den Magyaren und zur Herausbildung einer ungarischen Nationalidentität bei.
Alle drei Generationen lernten über die deutsche Geschichte vor und nach der Kolonisation und über die Geschichte der Magyaren in der ungarischen Schule. Und sie lernten mehr über Ungarn als über Deutschland. Dementsprechend wissen die Schwaben bereits in der ersten, ältesten Generation viel mehr über die Ereignisse, Persönlichkeiten der ungarischen Geschichte als über die der deutschen Geschichte. Die Kenntnisse über Deutschland stammen aus der Schule und überschreiten das dort Gelernte nicht. Diejenigen, die mehrmals das Attribut „deutsch” erwähnten, sind bestrebt, sich als Deutsche und nicht als Schwaben oder Magyaren zu determinieren. Diese Selbstbestimmung beruht aber auf einer affektiven Basis und hat keinen kognitiven Hintergrund.
Es ist erwähnenswert, dass die Helden sowohl ungarisch als auch schwäbisch sind. Das bedeutet, dass die Schwaben ebenso wie die Magyaren ihr Leben für das ungarische Vaterland opferten. Den Sieg teilen sich auch die Schwaben (56 %), die Niederlage ist aber in erster Linie deutsch (43 %) und ungarisch (41 %). Aus den hinzugefügten mündlichen Bemerkungen stellte es sich heraus, dass der Meinung der Dunabogdányer Schwaben nach sowohl Deutschland als auch sein Verbündeter, Ungarn, im Zweiten Weltkrieg dieselbe negative Rolle spielten. „Wir haben nichts gemacht, was die Magyaren nicht auch getan haben”, sagte ein alter Mann aus der ersten Generation. „Die Magyaren sind auch verantwortlich dafür, was dann geschehen ist. Die Magyaren hätten auch ausgesiedelt werden sollen!” Aufgrund der eigenen Erfahrungen stellte diese Generation die ungarische Verantwortlichkeit an die erste Stelle (45 %). Ganz unerwartet gaben aber die mittlere Generation und die Jüngsten die Verantwortung in erster Linie den Deutschen (52 %). Die Prozentzahlen des Sieges bzw. der Niederlage und die Erklärungen beweisen im Großen und Ganzen, dass die Niederlage die Schwaben ebenso tief berührte wie die Magyaren. Ihr Verhältnis zu den großen Tragödien der ungarischen Nation (Niederlage des Freiheitskampfes 1849, Friedensvertrag von Trianon usw.) differenziert sich von dem der Magyaren nicht; die nationale geschichtliche Typisierung ist ihnen nicht unbekannt.
„Die Akzeptierung der Traditionen erfolgt in einem kritisch-rationalen Prozess”, sagt Csepeli (1987: 250). Die Schwaben kritisierten die Magyaren wegen ihrer ständigen Auseinandersetzungen, übernahmen und akzeptierten aber aufgrund einer rationalen Argumentation die ungarischen historischen Traditionen, die durch die Bekräftigung des historischen Bewusstseins die wichtigste Basis für die Herausbildung der ungarischen Nationalidentität bildeten. Neben dem gemeinsam erlebten Schicksal spielten aber in diesem Prozess auch die sprachliche und nationale Sozialisation in der Schule und auch das Lernmaterial eine wichtige Rolle. Dementsprechend kennen die Befragten sehr viele deutsche Persönlichkeiten aus der Geschichte. Manchmal erwähnten sie sowohl Österreicher als auch Schweizer. Am meisten wurde die Frau unseres ersten Königs erwähnt. Franz Joseph, Maria Theresia, Hitler, Haynau, Friedrich von Preußen, Ludwig von Bayern, Karl der Große, Bismarck und Wilhelm Tell folgten ihr. Leider wussten wenige Befragte etwas über die germanische Abstammung der Deutschen, kannten ihr Herkunftsland oder konnten germanische Sagas und Heldenlieder erwähnen. Diejenigen, die für die deutsche Geschichte kein besonderes Interesse hegten oder nicht in einer deutschsprachigen Mittelschule lernten, wussten nicht mehr, manchmal sogar weniger als der Durchschnitt.
Demgegenüber kannte jeder Befragte ungarische Herkunftsmythen, wusste, woher die Magyaren stammen. Wie in der Schule gelernt, hatten sie ausführliche geschichtliche Kenntnisse über die Landnahme, die ‚Sieben Stämme’ oder die Staatsgründung. Die Ungarndeutschen kennen also die ungarische Urgeschichte besser und ausführlicher als die germanische Mythologie. Sogar die Mitglieder der ersten Generation wissen mehr über Sankt Stephan als über Kaiser Wilhelm, mehr über Kossuth als über Bismarck, mehr über die Revolution von 1848 als über das Zustandebringen des einheitlichen deutschen Staates.
4. Das eigene historische Schicksal
In der kontinuierlichen gemeinsamen Geschichte von Schwaben und Magyaren bedeutete 1945 einen traurigen Wendepunkt, als die Ungarndeutschen aus dem Lande vertrieben, aus der Nation ausgeschlossen wurden. Im Sinne der im Februar 1945 erschienenen Regierungsverordnung sollten sämtliche sich in Ungarn aufhaltenden Deutschen interniert werden. Die provisorische Regierung erließ bereits 1945 eine Verordnung, die die Enteignung des Gutes der Ungarndeutschen ermöglichte. Die ungarische Staatsbürgerschaft wurde ihnen bis 1950 aberkannt. Alle in die SS eingetretenen „Freiwilligen” verloren automatisch ihre ungarische Staatsangehörigkeit. Diese Repressionen, die Internierung und Vertreibung veränderten die bisherigen positiven nationalen Bewertungen der Schwaben. Sie konnten und können auch heute noch nicht verstehen, warum sie ihre Heimat verlassen mussten. Das negative Gefühl des Verstoßenseins veränderte die nationale Stabilität der Schwaben. Sie fühlten sich in ihrer Identität höchst instabil, und es wurde schwer, die Frage „Wer bin ich?” zu beantworten. Damals schien es so, als ob es für sie keinen Rückweg nach Ungarn mehr gäbe. Die ethnische Dimension der Geschichte bekam erst in dieser nachteiligen Situation Relevanz. Die volksdeutsche Ideologie, die Volksgruppentheorie, der Pangermanismus, die Volksbundbewegung und deren Konsequenzen nach dem Zweiten Weltkrieg verdarben die interethnischen Beziehungen zwischen Magyaren und Deutschen für eine lange Zeit.
Die Organisierung des Volksbundes begann im Sinne der in Wien im Jahre 1940 abgeschlossenen Volksgruppen-Vereinigung über den Schutz der deutschen Minderheit.4 Diese Vereinigung wollte eindeutig „den Ausgangspunkt für eine Dissimilationsbewegung schaffen” (Tilkovszky 1989: 110). Ihre Wirkung dehnte sich aber nicht auf das ganze Ungarndeutschtum aus. Diejenigen aber, die von der Ideologie des Volksbundes angesteckt wurden, zählten sich nicht mehr zu den Magyaren. Diese Schwaben stellten ihren Patriotismus in den Dienst der deutschen nationalistischen Ideologie; im Zentrum ihrer Interessen stand nicht mehr die Wiederherstellung der Integrität Großungarns, sondern Deutschlands Erfolg bei der Eroberung von immer mehr Gebieten. Hitler versprach nämlich den Ungarndeutschen, dass sie nach der Eroberung der Ukraine dort ausgedehnte Böden bekämen.5
Die älteste Generation war bei dieser Frage tief betroffen und wollte darüber entweder nicht sprechen oder hob die Vorteile des Volksbundes hervor. Die Aussiedlung wurde fast tagtäglich erwähnt, an den Volksbund aber wollte man sich nicht gern erinnern. Mit der Absicht einer Kompensation wurde mir gesagt, dass die Deutschen von Anfang an der Seite der Magyaren standen und immer treue Bürger des ungarischen Staates waren. Mehrere Dorfbewohner opferten ihr Leben für die Heimat. Sie sind sehr stolz darauf, dass sie als Soldaten der ungarischen Armee in den zwei Weltkriegen ihr Land verteidigten. Sie waren aber nicht geneigt, „die drückende Last der Verantwortung für den Krieg” (Tilkovszky 1989: 165) allein zu übernehmen. „Wir wollten nicht in die SS. Wer konnte, desertierte. Die Jungen wussten nicht, was sie unterschreiben”, erzählte ein alter Mann.6 Eine Frau aus der ersten Generation sagte: „Miklós Horthy einigte sich mit den Deutschen in der Frage der Musterung der Schwaben in die SS.” Weiteren Meinungen nach hielt man es für eine Schande, dass die Magyaren die Deutschen vertrieben, da
die Magyaren neben Hitler standen. Sie waren Verbündete. Waren es nicht die Magyaren, die am Don kämpften? Waren es nicht die Magyaren, die die Juden abtransportierten? Wegen dieser Sünden hätte das ganze Ungarn nach Asien übersiedelt werden müssen. Mit einem Paket von 50 kg. Was hätten sie dazu gesagt?
Es waren mehrere, die die Frage der Zusammenarbeit Ungarns und Deutschlands im Zweiten Weltkrieg aufwarfen:
Horthy verkaufte die Schwaben an die Deutschen, obwohl wir immer treue Mitbürger in diesem Staat waren. Aus unserer Familie war niemand im Bund, doch wurden meine Eltern und meine Schwester vertrieben. Die Magyaren waren mit den Deutschen verbündet, so warum müssen wir für alles die Verantwortung übernehmen?
Eine andere Meinung:
Die Wahrheit ist, dass es viele in unserem Dorf waren, so ungefähr hundert Jungen, die sich freiwillig in die deutsche Armee einmustern ließen. Gutes Geld wurde ihnen versprochen. Glauben Sie mir, das war nur ums Geld. Es war egal, in welcher Armee sie kämpften. In diese oder jene Armee musste man sowieso gehen. Es war Dienstpflicht. Aber die Deutschen zahlten. Warum wären sie dann nicht gegangen?
Obwohl die Nazipropaganda viele von den schwäbischen Dorfbewohnern anzog und viele aus dem Dorf Volksbundmitglieder waren, wollte es außer einem Ehepaar niemand offen bekennen. Die Befragten sagten immer den Namen eines anderen. Die Ehefrau erzählte:
Zwei Drittel der Schwaben waren drin. Jetzt will es aber ein jeder vergessen. Warum? Wir Frauen sangen deutsche und schwäbische Lieder, tratschten ein wenig. Es war gut, wir fühlten uns dort wohl. Und der Bund hatte Vorteile. Man organisierte einen kulturellen Verein und gemeinsame Sommerferien für die Kinder. Deswegen hätten die Schwaben nicht bestraft werden dürfen.
Der Mann fügte hinzu: „Wir Leute gingen deshalb in den Bund, da es uns versprochen wurde, dass wir nach dem Krieg in der Ukraine so viel Boden bekämen, als wir nur wollten. Wir Schwaben leben nur für den Boden, für die Arbeit. Natürlich meldeten wir uns.”
Was war ihre Schuld? Bis heute können sie die Vertreibung und die langjährige Zwangsarbeit in der damaligen Sowjetunion nicht aufarbeiten. Der Meinung aller Befragten nach taten die Volksbundmitglieder niemandem etwas zuleide. Sie waren Sündenböcke, die statt der wahren Kriegsverbrecher leiden mussten. Sie sagen, wenn sie Verbrecher sind, dann sind auch die Magyaren schuldig. Aber büßen mussten nur die Schwaben, mit Internierung, mit „malenkij robot”, mit Beschlagnahme, mit Vertreibung, und mit Verlust der ungarischen Staatsbürgerschaft. Ein Mann erinnert sich:
Zuerst schrieb man die Schwaben zusammen. Wir mussten sagen, ob wir uns für Schwaben hielten oder nicht. Ich verstehe nicht, warum hätte ich nicht sagen dürfen, dass ich Schwabe bin? Die Magyaren hielten uns auch für Schwaben. Wir hielten uns für Schwaben. Warum dann? Und deswegen wurde meine ganze Familie vertrieben.
In Dunabogdány gibt es keine Familie, von der nicht jemand interniert oder ausgesiedelt worden wäre. Die Vergeltung begann bereits im Frühling 1945. Eine alte Frau erinnert sich so:
Kaum waren die Russen da, als eines Tages, wenn ich mich richtig erinnere, nach der Hochmesse am Sonntag, die ungarische Polizei das Dorf umringte. Die Leute strömten aus der Kirche und wollten nach Hause gehen. Die Polizisten erlaubten es aber niemandem. Aber sie konnten nicht mehr. Die ganze Gruppe, Mütter, Väter, Alte oder Junge, egal, die eben an diesem Tag an der katholischen Messe teilnahmen, wurden zu Fuß in dem einzigen Kleid, das sie eben an hatten, nach Szentendre wie Vieh weggetrieben. Es war eine Schande!
In Szentendre teilte man die Frauen und Männer in kleinere Gruppen, und sie wurden dann nach Nagykáta, Albertfalva, Gödöllõ weitertransportiert. Die Internierten konnten ihre Familien nicht benachrichtigen. Lange Zeit wusste niemand im Dorf, wo ihre Verwandten sind, ob sie noch leben oder schon gestorben sind. Eine andere Frau aus der ersten Generation, die ebenfalls in dieser Gruppe war, erinnert sich an diese Ereignisse so:
Am Morgen nach der Messe konnten wir mit meinem Mann nicht mehr nach Hause gehen. Ich hatte einen 10jährigen Sohn und eine 7jährige Tochter zu Hause. Aber das interessierte niemanden. Stell dir vor, ich habe sie anderthalb Jahre lang, meinen Mann 3 Jahre lang nicht gesehn. Gott sei Dank war meine Mutter noch da und konnte sich mit den Kindern vor der Aussiedlung verstecken. Es war eine Frau im Dorf, die, als sie von der Zwangsarbeit nach Hause kam, niemanden mehr aus der Familie fand. Ja. Und an der Spitze der Gruppe mussten wir eine Tafel tragen. Wir sind die Zerstörer des Landes, wir werden es neu bauen, stand an der Tafel. Wir waren Kriegsverbrecher nur deshalb, weil wir Schwaben waren. Wir waren nicht im Bund, aber niemand fragte danach. Sie brauchten unsere Arbeit ohne Entgelt. Wir arbeiteten und arbeiteten, dieses Volk klagte nie, wollte nichts, bat um nichts, es arbeitete nur für dieses Land.
Diejenigen, die Glück hatten und zu Hause bleiben durften, wurden aus ihren Häusern vertrieben. Sie durften aber nichts mit sich nehmen. Mehrere Familien wurden in einem Haus untergebracht. Die Dokumente beweisen, dass der damalige Direktor der Schule im Juni 1945 an das Schulinspektoramt vom Komitat Pest den folgenden Brief schrieb:
Im Zusammenhang mit der Lehrer- und Schülerzahl halte ich es für nötig zu melden, dass meines Wissens die Vorarbeiten des Zusammenzuges der deutschsprachigen Familien, die im Volksbund tätig waren, hier im Dorf im Gange sind, um den hierher umsiedelnden ungarischen Familien Wohnungsmöglichkeiten zu sichern. Am Anfang des neuen Schuljahres müssen wir meiner Kalkulation nach mit 120–140 Kindern mehr rechnen. Die Schülerzahl wird erst wieder nach dem Beginn der Aussiedlung abnehmen.7
Nach dem Krieg hängte man sehr schnell eine Liste mit den Namen der auszusiedelnden Dorfbewohner an der Pforte des Gemeindehauses aus. Auf dieser Liste standen nicht nur die Namen der Volksbundmitglieder, sondern auch wahllos jeder, der etwas Vermögen hatte. Man benötigte ihre Häuser und Felder
– sagt ein alter Mann. Aufgrund des Sprachbekenntnisses im Jahre 1938 modifizierte man 1945 das Schulregister, aber auf die Liste „der Feinde” nahmen die Behörden auch die Kinder der ungarnsprachigen Schwaben auf.
Wir wurden gebrandmarkt und Vaterlandsverräter, Faschisten, verrottete Volksbundisten genannt. Wir mussten unsere Häuser verlassen, alles wurde uns weggenommen. Wir hatten nicht einmal was zum Essen. Eine Weile konnten wir im Stall übernachten, dann mussten wir auch von dort weg
– erzählte mir ein altes Ehepaar. Während die schwäbischen Familien zusammenziehen mussten, kamen im Rahmen des Umsiedlungsabkommens die Magyaren, „die Siedler” aus der Slowakei, an.
Nach dem Krieg herrschte ein großes Durcheinander im Dorf. Alles, was wir hatten, ging verloren. Unser Haus, Vermögen, Boden wurden uns weggenommen. Wir standen dort ohne etwas zu haben. Und ‚die Siedler’ nahmen alles in Besitz. Wenn ein jeglicher aus der Slowakei sagte: ‚Ich will dieses Haus’, musste der Schwabe heraus
– weint eine alte Frau und setzt fort:
Wir mussten sehen, wie diese fremden Leute in unsere Häuser einziehen, wir mussten durchleben, dass das Tor unseres eigenen Hauses vor uns zugeschlossen wird. Wir waren Tagelöhner auf unserem eigenen Boden. Die Kartoffeln, die wir im Frühling anbauten, mussten wir im Herbst für die slowakischen Magyaren einsammeln. Und wir durften nicht einmal ein Stück wegnehmen. Wer doch ein Paar für die Kinder von seinem Eigenen wegnahm, wurde bestraft. Es wäre besser gewesen zu sterben.
Das war aber nicht genug. Im April 1947 forderte der Gemeindevorstand von Dunabogdány die Direktion der Staatlichen Schule auf, für die Verfolgten aus der Slowakei eine Sammlung zu organisieren und abzuwickeln. „Sosehr es auch schwer ist, die Sammlung heute abzuwickeln, müssen wir doch die Wichtigkeit dieser sehr notwendigen Sammlung ausdrücklich betonen”, steht im Aufforderungsbrief. Unbedingt muss hier erwähnt werden, dass die Magyaren aus der Slowakei alles mitbringen durften und mit gut gepackten Wagen ankamen.
Die Vertreibung begann in Dunabogdány erst am 23. August 1947. Die Schwaben aus Dunabogdány wurden nach Hoyerswerda, Großenhain, Walda, Treuen, Großenschütz und Auerbach abtransportiert.8 Genaue Zahlen stehen bis heute nicht zur Verfügung, aber die Dorfbewohner schätzen sie auf 800–900.
Ich war damals 16 Jahre alt. Ich sah, wie unmenschlich meine Familie behandelt wurde. Die Familien wurden zerrissen. Es interessierte niemanden, wie alt diese oder jene Frau war, wie viel Kinder sie hatte und ob alle da waren. Und draußen, in Deutschland, waren sie die ungarischen Zigeuner. Dieses Volk wurde total gedemütigt
– erinnert sich eine Frau aus der mittleren Generation.
Natürlich wollten wir dableiben. Ein jeder versuchte, sich einen Befreiungsschein zu beschaffen: holte Bestätigungen ein, dass er nicht SS-Soldat war, dass er kein Volksbundmitglied war, dass er immer ungarisch fühlte und auch in der Zukunft Ungar bleiben wolle. Es waren manche, die versucht haben, die ungarische Staatsbürgerschaft einzulösen. Ohne Erfolg.
– sagte ein Mann aus der ersten Generation.
Die Heimatvertriebenen kamen in Deutschland arm, hungrig, schmutzig und hoffnungslos an. Die Deutschen empfingen ihre Geschwister aus Ungarn eigentlich nicht gern. „Sie wollten ihre Küche mit den barbarischen Ungarndeutschen nicht teilen. Wir konnten einander nicht verstehen, da wir so komisch sprachen. Wir wurden nicht anders als ‚die ungarischen Zigeuner’ genannt”, erzählt ein Heimatvertriebener. Andere Mundart, andere Herkunft, andere Sitten und Gewohnheiten, andere Konfessionen, andere Kleidung machten für die Heimatvertriebenen manches zusätzlich schwierig. Zwangsläufig gab es Härten, es gab aber auch großartige Zeichen der Hilfsbereitschaft und des Verständnisses, erinnert sich der Bürgermeister der Geschwisterstadt Leutenbach (Bonifert 1979: 81).
In diesen Zeiten, „als die Schwaben nicht einmal schwäbisch atmen durften”, machten die ethnischen Vorurteile normale interethnische Beziehungen für lange Jahre unmöglich und diese Situation hatte ernsthafte gesellschaftliche Konsequenzen. Die Schwaben hassten die magyarischen „Siedler”, die in ihre Häuser einzogen. Es war verboten, mit den Siedlern irgendeinen Kontakt zu halten. Die Kinder durften mit den „Siedlerkindern” kein einziges Wort sprechen.
Bei den Schwaben riefen diese Maßnahmen eine ausdrückliche Identitätskrise hervor. Sie konnten in diesen Jahren die Frage „Wer bin ich?” oder „Was bin ich?” nicht beantworten. In Ungarn durften sie weder Schwaben sein noch Magyaren werden. Sie wurden als Vaterlandsverräter, Faschisten, Söldner von Hitler, Fremde kategorisiert. Die Heimatvertriebenen durften weder Schwaben noch Deutsche sein, sie wurden als Zigeuner gebrandmarkt. Für die in Ungarn Gebliebenen gab es keinen Platz mehr, wo sie ihre ethnische Identität repräsentieren durften, und sie konnten auch ihre Staatsbürgerrechte nicht wahrnehmen. Die Doppelkonstruktion ihrer Identität, in der sowohl die schwäbische als auch die ungarische Identität Platz hatte, begann auseinander zu fallen. Die deutsche Nationalidentität konnte, trotz Volksbund, Eindeutschung, Volksgruppentheorie, bei keiner Gruppe diesen Identitätsverlust überwinden. Dieses schreckliche gemeinsame Schicksal, der unversöhnliche Hass gegen den gemeinsamen Feind schmiedete die Schwaben noch mehr zusammen und verstärkte ihre ethnische Identität. Neben dem Hass diente der Glaube als Überlebensstrategie im Interesse der Selbsterhaltung, Solidarität und Kohäsion der Gruppe. Bis Mitte der fünfziger Jahre fielen die affektiven Elemente der ungarischen Nationalidentität aus ihrer Identitätskonstruktion völlig aus. Obwohl sich dieser Hass gegen die Mehrheit der Magyaren später konsolidierte, konnten die Mitglieder der ersten und die älteren Frauen und Männer der zweiten Generation den „Siedlern” nicht verzeihen. Dieses Gefühl wurde ein entscheidender Faktor ihrer ethnischen Identität. Sie haben die durchlebten Demütigungen, ihr Leiden nicht unterdrückt. Im Gegenteil, statt der Strategie des Schweigens sprachen und sprechen sie darüber ganz offen zu ihren Kindern oder Enkelkindern. Ein jeder muss wissen, was geschehen ist. Der Hass muss am Leben gehalten und als ein Teil des ethnischen Wissens an die jungen Generationen weitergegeben werden. Diese Ungerechtigkeiten kann man nicht vergessen. Ihr Leben, hauptsächlich in der ältesten Generation, ist noch heute von diesem Gefühl stark durchdrungen.
Meine Sachen standen im Hof, und ich durfte sie nicht wegnehmen. Der Siedler sagte, dass wir nicht einmal auf unseren Acker gehen dürfen, er werde die Kartoffeln einsammeln. Ich stand mit zwei Kindern da und konnte ihnen nichts zu essen geben. Ich bat ihn, auf meinem eigenen Acker bei ihm zu arbeiten. Als Bezahlung bat ich ihn um Kartoffeln für den Winter. Er ließ mich arbeiten, und als ich fertig war, gab er mir nicht einmal eine Kartoffel. Ich flehte um etwas Essen, aber er sagte, wenn ich nicht sofort weggehe oder noch einmal seinen Hof betrete, wird er mich mit einer Stange verjagen. Er hat nie um Verzeihung gebeten. Wie könnte ich mit diesem Mann sprechen?
– fragte eine alte Frau.
Die Weitergabe dieser und ähnlicher schmerzlicher Erinnerungen wurde zur Norm in jeder schwäbischen Familie. Wo auch die Kinder Teilnehmer der Geschehnisse waren, wo sie dasselbe sahen und durchlebten, dort blieb die Weitergabe ungebrochen.
Für diese Demütigungen müsste uns die Regierung einen Schadenersatz zahlen. Uns wurde nie rückerstattet, was von uns weggenommen wurde. Mein Vater bekam keinen Schadenersatz für die Internierung. Die Schwaben bekamen nichts. Wir mussten für alles zweimal arbeiten, zweimal zahlen. Unsere Häuser wollte uns niemand zurückgeben, wir kauften sie zu hohem Preis zurück! Ist das Recht? Und als ich Kind war, konnte der Polizist uns auf der Straße jederzeit schlagen, bloß weil wir Schwaben waren!
– erinnert sich ein Mann aus der zweiten Generation. Neben den Erwachsenen wurden auch die Kinder diskriminiert. Am 20. März 1948 lenkte der Nationale Ausschuss des Dorfes die Aufmerksamkeit der Direktion der Volksschule darauf, dass die Kinder auf der Straße Deutsch sprechen. Mit Bezug auf die Regierungsverordnung Nr. 14/1945 verbot der Ausschuss den Gebrauch der deutschen Sprache auf der Straße (Knáb 1996).
Nach dem Krieg war es verboten, eine Siedlertochter oder einen Siedlersohn zu heiraten.
Unsere Hochzeit hielten wir nicht im Dorf. Meine Frau stammt aus der Slowakei. Meine Mutter jammerte: ‘Wehe dir, wenn du dieses Mädchen heiratest. Was wird das Dorf sagen? Eine Siedlerstochter!’ Aber es interessierte mich nicht. Alle beide arbeiteten außerhalb des Dorfes, waren tagsüber nicht zu Hause. Trotzdem litt die Arme sehr viel. Sie hatte keine Freundin im Dorf. Nur solche schwäbischen Frauen machten mit ihr Freundschaft, die einen ungarischen Mann hatten. Aber das waren nicht viele.
– erinnert sich ein Mann aus der mittleren Generation.
Für die Enkelkinder sind die Legenden der Familie nicht sehr wichtig. Persönlich sind sie nicht berührt, die Geschehnisse sind für diese Generation nur eine historische Lehre, die sie in der Schule lernten. Wegen der Differenz zwischen erlebter und gelernter Geschichte werten sie die Aussiedlung anders. „Die Ausgesiedelten lebten bald viel viel besser als wir. Sie konnten alles haben, Auto, Geld, Freiheit. Alles, was wir nie oder sehr spät haben konnten”, sagte eine junge Frau aus der dritten Generation. Die Jungen können diese Probleme ihrer Eltern und Großeltern in ihr eigenes Leben nicht einbauen. Die in Deutschland lebenden Verwandten bedeuten für sie eine Basis für die eventuelle Aussiedlung. Natürlich weiß ein jeder, da die Gemeinschaft fordert, es in Evidenz zu halten, „wer sich in wessen Haus hineingesetzt hat”, aber die dritte Generation ist nicht mehr bereit, den Hass der Großeltern zu übernehmen und weist eindeutig zurück, ihn an ihre Kinder weiterzugeben. Im Gegensatz zu ihren Großeltern gehört der Hass nicht zur ihrer Identitätskonstruktion.
Immer nur der Konflikt zwischen Siedlern und Schwaben! Ich streite sehr viel mit meiner Mutter darüber. Sie versteht nicht, wie ich mit dem Enkelkind des Mannes sprechen kann, der in das Haus meines Großvaters einzog! Wir wohnen in benachbarten Häusern, unsere Kinder gehen in die Schule und spielen gemeinsam. Wie soll ich meinem Sohn sagen, dass er mit dem Peter nicht spielen darf? Und warum? Was kann er mit dem Schicksal seines Urgroßvaters anfangen? Und die Aussiedlung. Sie können über etwas anderes nicht reden!
– sagt eine junge Frau.
Ein Schwabe sagte:
Ich hoffe, dass es einmal ein Ende hat. Diese Aussiedlung und Einsiedlung, Einwohnertausch ... die Politik ist daran schuld. Die Deutschen leben in Ungarn seit mehr als 300 Jahren, und Ungarn ist ihre Heimat. Sie hätten nicht vertrieben werden dürfen! Der Volksbund war nur ein Vorwand. Die Magyaren wollten unser Vermögen haben, da sie nichts hatten. Da bereits ein jeder vergaß, dass wir nie und um nichts baten, nur diesem Land gaben.
Im Interesse der gegenseitigen geschichtlichen Versöhnung und der gegenseitigen Annahme sagte Joseph Schuszter, der Bürgermeister des Dorfes, anlässlich des 50. Jahrestages der Aussiedlung:
Wenn wir die Aussiedlung der Deutschen verurteilen, protestieren wir natürlich auch gegen die Gewalteinsiedlung. Die Ein- und Ausgesiedelten haben die Ereignisse wahrscheinlich unterschiedlich erlebt, aber in einer Frage waren sie auf jeden Fall von derselben Einwirkung betroffen: Sie mussten gegen ihren Willen ihr Zuhause und ihre Nächsten verlassen.
Die Deutschen bekamen ihre Staatsbürgerrechte im Sinne der Verordnung des Ministerrates Nr. 4.364/1949 M.T. zurück, und ein Jahr später bekam die verbliebene deutsche Bevölkerung die volle Staatsbürgerschaft zurück. So wurden sie wieder zu gleichberechtigten ungarischen Staatsbürgern. Als leidende Objekte der Organisierung der Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften wurden sie mit ihren ungarischen Mitbürgern wieder Beteiligte an dem gemeinsamen Schicksal. Die Kontinuität stellte sich wieder her. Die Wunden mussten noch heilen, aber die Mobilitätsmöglichkeiten, die Aussichten des Vorwärtskommens, wenn sie auch die Geschehnisse nicht vergessen ließen, drängten sie doch in den Hintergrund. Diese Epoche ist durch die Assimilation, durch die den Sprach- und Kulturwechsel unterstützenden Mischehen gekennzeichnet. Infolge des ausschließlichen ungarischen Schulunterrichts wurde auch die strukturelle Anpassung erreichbar.
1954 erschien wieder eine deutschsprachige Zeitung, das Presseorgan „Freies Leben”. Der Unterricht der deutschen Sprache nahm 1951 seinen Anfang, verbreitete sich aber erst nach 1955. In Dunabogdány wurden die Schwaben gefragt, ob ihre Kinder in der Schule Deutsch als Fremdsprache lernen sollten. Wegen ihrer dauernden Angst wagten es nur wenige Familien, das zu befürworten. Aber die Auswirkungen der Aussiedlung konnte man auch noch 1959 bemerken. Viele wollten die neue Zeitung nicht bestellen, um nicht wegen deutschem Nationalismus angeklagt zu werden.
Anmerkungen
1
Die zweite Welle der Kolonisation erfolgte aufgrund des kaiserlichen Patents von Maria Theresia aus dem Jahre 1763.
2
Über die Kolonisation und weitere Geschichte der Ungarndeutschen siehe: Hutterer 1961 und 1973; Bellér 1981; Tilkovszky 1989 und 1997; Seewann 1991; Manherz 1998.
3
Die Standardisierung der deutschen Nationalkultur nahm ihren Anfang bereits im 16. Jahrhundert, hörte aber wegen der Kirchenspaltung etwa 1806 auf. Die Schwaben lebten zu dieser Zeit schon seit ungefähr 80–90 Jahren in Ungarn (siehe Dann 1991).
4
Über den Volksbund siehe Tilkovszky 1978.
5
Über die deutsche Nationalbewegung, über die völkische Ideologie siehe: Bellér 1981; Tilkovszky 1989.
6
Über diese Frage siehe Tilkovszky 1997.
7
Quelle: Knáb 1996.
8
Über die Aussiedlung siehe: Fehér 1988; Tilkovszky 1989; Zielbauer 1990a und 1990b; Bonifert 1997.
Literaturverzeichnis
Bellér, Béla 1981: A magyarországi németek rövid története. Budapest.
Bonifert, Mária (Hg.) 1997: Kitelepítettek és hazatérők. (A dunabogdányi svábok kálváriája). Dunabogdány.
Borovszky, Sándor 1990: Magyarország vármegyéi és városai. Pest-Pilis-Solt-Kiskun vármegye Bd. 1. Budapest.
Csepeli, György 1987: Csoporttudat-nemzettudat. Budapest.
Csepeli, György 1992: Nemzet által homályosan. Budapest.
Dann, Otto 1991: Begriffe und Typen des Nationalen in der früheren Neuzeit. In: Giesen, B. (Hg.): Nationale und kulturelle Identität. Studien zur Entwicklung des kollektiven Bewusstseins in der Neuzeit. Frankfurt am Main, 56–73.
Dányi, Dezső 1993: Az 1850–1857. évi népszámlálás. Budapest.
Dányi, Dezső; Dávid, Zoltán 1960: Az első magyarországi népszámlálás (1784–1787). Budapest.
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Hutterer, Claus Jürgen 1961: Hochsprache und Mundart bei den Deutschen in Ungarn. In: Hutterer, C. J.; Grosse, R.: Hochsprache und Mundart in Gebieten mit fremdsprachigen Bevölkerungsteilen. Berlin, 33–71.
Hutterer, Miklós 1973: A magyarországi német népcsoport. In: Ortutay, Gy. (Hg.): Népi kultúra – népi társadalom. Budapest, 93–117.
Joó, Rudolf 1988: A magyarországi nemzeti kisebbségek (nemzetiségek) kutatása. In: Társadalomkutatás 2, 36–53.
Knáb, Mihály 1996: A Dunabogdányi Általános Iskola története. Ms.
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L. Gaál, Éva 1988: Az Óbudai uradalom a Zichyek földesurasága alatt (1659–1766). Budapest.
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Seewann, Gerhard 1991: Das Ungarndeutschtum 1918–1988. In: Hösch, E.; Seewann, G. (Hg.): Aspekte ethnischer Identität. München, 299–323.
Tilkovszky, Lóránt 1978: Ez volt a Volksbund. A német népcsoport-politika és Magyarország 1938–1945. Budapest.
Tilkovszky, Lóránt 1989: Hét évtized a magyarországi németek történetéből: 1919–1989. Budapest.
Tilkovszky, Lóránt 1997: Német nemzetiség magyar hazafiság. Tanulmányok a magyarországi németség történetéből. Pécs.
Voit, Pál 1958: Dunabogdány. In: Dercsényi, D. (Hg.): Magyarország műemléki topográfiája. Bd. 5: Pest megye mûemlékei. Budapest, 338–343.
Weinhold, Rudolf 1981: A magyarországi németek nemzetiségi kultúrájának etnográfiai vizsgálatában felmerülő problémák. In: Eperjessy, E.; Krupa A. (Hg.): II. Békéscsabai Nemzetközi Nemzetiségi Néprajzi Konferencia. Budapest, 724–732.
Zielbauer, György 1990a: A magyarországi németség nehéz évtizede 1945–1955. Szombathely-Vép.
Zielbauer, György (Hg.) 1990b: Die Verschleppung ungarländischer Deutscher 1944/45. Erste Station kollektiver Bestrafung. Budapest.
Begegnungen14_Barna-Majorosi
Begegnungen
Schriftenreihe des Europa Institutes Budapest, Band 14:123–129.
KATALIN BARNA–ANNA MAJOROSI
Die Relevanz des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen: lernen, lehren, beurteilen und des Europäischen Sprachenportfolios für Ungarn
Im Jahre 2001, im Europäischen Jahr der Sprachen fand eine erhebliche Zahl von offiziellen Aktionen, Projekten, Tagungen, Konferenzen und Initiativen von Einzelpersonen und kleineren Gemeinschaften statt. Die sprachpolitischen Aktivitäten der Mitgliedsstaaten des Europarates intensivierten sich seit Mitte der 90er Jahre, und manifestierten sich in Bezug auf das Lehren, Lernen und Beurteilen von (Fremd)Sprachen in zwei Dokumenten, im Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen für Sprachen: lernen, lehren, beurteilen und im Europäischen Sprachenportfolio. Nach mehrjähriger Arbeit und nach vielen Diskussionsrunden wurde das Werk im Frühjahr 2001 in den beiden Amtssprachen des Europarats, Englisch und Französisch, veröffentlicht. Die deutsche Übersetzung entstand in einem deutsch-österreichisch-schweizerischen Kooperationsprojekt unter Federführung des Goethe-Institutes Inter Nationes Ende 2001. Die ungarische Übersetzung liegt seit April 2002 vor (mit der Leitung des Managements der Übersetzung wurde das Büro für Fremdsprachen des Ungarischen Lehrerweiterbildungszentrums PTMIK NyETI in Veszprém vom Ungarischen Bildungsministerium beauftragt) und wird voraussichtlich in diesem Jahr erscheinen.
Das ersterwähnte umfangreiche Dokument richtet sich in erster Linie an LehrerInnen, FortbildnerInnen, an AusbildnerInnen, PrüfungsentwicklerInnen, CurriculumentwicklerInnen und an politische Entscheidungsträger und weniger an Lernende. Die Entwicklungen des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen wie z. B die verschiedenen Skalen (A1-C2) wurden bereits bei der Neugestaltung des ungarischen Sprachprüfungsakkreditierungssystems berücksichtigt, viele Ideen des Dokuments sind in dem ungarischen zentralen Rahmenlehrplan (Kerettanterv) zu finden und es gewährleistet den konzeptionellen Hintergrund und die Platzierung des neuen ungarischen Abiturs im europäischen Kontext. Das andere Dokument, das Europäische Sprachenportfolio (in Ungarn: Európai Nyelvtanulási Napló) ist Eigentum der Lernenden. Es ist eine strukturierte Sammlung von Dokumenten und persönlichen Arbeiten, von Lernenden selbst zusammengestellt und immer wieder aktualisiert, um ihre Mehrsprachigkeit d. h. ihre Kompetenzen und Teilkompetenzen in verschiedenen Sprachen, ihr Sprachenlernen, ihre Sprachkontakte und ihre (inter)kulturellen Erfahrungen für sich selbst und für andere transparent zu dokumentieren.
In diesem Beitrag versuchen wir, einige für Ungarn relevante Aspekte des umfassenden, für Lehrpersonen, Prüfungsentwickler, Lehrwerkautoren, Fortbildner und politische Entscheidungsträger gut handhabbaren und verwendbaren Gemeinsamen europäischen Referenzrahmens für Sprachen (im Weiteren Referenzrahmen) hervorzuheben und einige Erfahrungen mit dem Europäischen Sprachenportfolio und dessen ungarischer Version zu skizzieren.
Da als eine wichtige Grundlage des Referenzrahmens die Lernzielproblematik gilt, sollen an dieser Stelle zuerst die Ziele des Referenzrahmens zusammengefasst werden:
– Intensivierung des Sprachenlernens und des Sprachunterrichts in den Mitgliedsstaaten des Europarates im Interesse einer verstärkten Mobilität und einer effektiveren internationalen Kommunikation
– Erleichterung der Kooperation zwischen den Bildungseinrichtungen in den verschiedenen Ländern
– Schaffung einer soliden Basis für die gegenseitige Anerkennung der sprachlichen Qualifikationen
– Erfassung und transparente Gestaltung der Kompetenzen und Teilkompetenzen der Lernenden in den verschiedenen Sprachen. Eher Teilkompetenzen in mehreren Sprachen als Perfektion in einer Sprache
– Förderung und Unterstützung des autonomen Lernens
– Berücksichtigung der Lernerfahrungen als Ausgangsbasis
– Die Unabhängigkeit des Denkens, des Urteilens und des Handelns fördernde Methoden – soziale Fähigkeiten und Verantwortungsbewusstsein stärken
*
Der Europarat unterstützt zugleich Lern- und Lehrmethoden, die jungen Menschen, aber auch älteren Lernenden helfen, Einstellungen, Kenntnisse und Fähigkeiten zu entwickeln, die notwendig sind, um im Denken und Handeln unabhängiger zu werden und in ihren Beziehungen zu anderen Menschen verantwortungsbewusst und kooperativ zu handeln.
Da als das bedeutendste Zielpublikum für den Referenzrahmen die Lehrenden gelten, soll hier auf den Nutzen für die unterschiedlichsten Praktiker fokussiert werden. Aus der Sicht der Praktiker sind die folgenden Zielsetzungen relevant: Der Referenzrahmen hat die Absicht, Praktiker aller Art im Sprachenbereich – einschließlich der Lernenden selbst – zu ermutigen, über Ziele und Methoden nachzudenken, diese klar zu formulieren und anderen (z. B. den Lernenden oder Kollegen) bekannt zu machen, sowie Fragen wie die folgenden anzuregen:
– Was tun wir eigentlich, wenn wir miteinander sprechen (oder einander schreiben)?
– Was befähigt uns dazu, auf diese Weise zu handeln?
– Wie viel davon müssen wir lernen, wenn wir versuchen, eine neue Sprache zu benutzen.
– Wie setzen wir uns Ziele, und wie stellen wir Lernfortschritte auf dem Weg von völliger Unwissenheit zur effektiven Sprachbeherrschung fest?
– Wie läuft der Sprachlernprozess ab?
– Was können wir tun, damit wir selbst und andere Sprachen besser lernen können?
Der Referenzrahmen möchte Praktikern erleichtern, sich untereinander auszutauschen und ihren Lernenden zu erläutern, welche Ziele sie wie mit der Hilfe der Lehrenden erreichen können.
Man kann die Möglichkeit wahrnehmen, Antworten auf Fragen zu suchen wie:
– Was werden Lernende mit der Sprache tun müssen?
– Was müssen sie lernen, um in der Lage zu sein, die Zielsprache zum Erreichen dieser Ziele einzusetzen?
– Was bewegt sie zum Lernen?
– Wer sind die Lernenden (Alter, Geschlecht, sozialer und Bildungshintergrund, usw.)?
– Über welche Kenntnisse, Fertigkeiten und Erfahrungen verfügen ihre Lehrenden?
– Welchen Zugang haben sie zu Lehrmaterialien und Nachschlagewerken (Wörterbüchern, Lerngrammatiken usw.), audiovisuellen Medien, Computern und Software usw.)
– Wie viel Zeit können (oder wollen) sie aufwenden?
Der Referenzrahmen will Praktikern NICHT sagen, was sie tun sollen, oder wie sie etwas tun sollen.
Er versucht in Form von Fragen (Fragekästen) die Aufmerksamkeit auf wichtige Bereiche des Lern- und Lehrprozesses zu lenken. So finden wir ab dem dritten Kapitel einen strukturell ähnlichen Kapitelaufbau: zuerst wird das Phänomen beschrieben, dann werden Fragen an die Benutzer formuliert wie z. B. auf der Seite 146:
„6.4.6.5 Was ihre Lernfähigkeit anbelangt, so können Lernende ihre Lernfertigkeiten (study skills) und heuristischen Fertigkeiten sowie die Übernahme von Verantwortung für ihr eigenes Lernen (vgl. Abschnitt 5.1.4) wie folgt entwickeln:
a) einfach als Nebeneffekt des Sprachenlernens und -lehrens, ohne spezielle Planung oder Unterricht;
b) indem man kontinuierlich die Verantwortung für das Lernen von den Lehrenden auf die Schüler/Studierenden überträgt und sie ermutigt, über ihre Lernprozesse nachzudenken und diese Erfahrung anderen Lernenden mitzuteilen;
c) indem man den Lernenden systematisch die Lern-/Lehrprozesse, an denen sie teilhaben, bewusst macht;
d) indem man Lernende am Ausprobieren verschiedener methodischer Optionen beteiligt;
e) indem man Lernenden ermöglicht, ihren eigenen kognitiven Stil zu erkennen, und sie dazu anregt, ihre eigenen Lernstrategien dementsprechend zu entwickeln.
Die Benutzer des Referenzrahmens sollten bedenken und, soweit sinnvoll, angeben,
– welche Schritte sie unternehmen, um die Entwicklung von Schülern/Studierenden zu selbstverantwortlichen und unabhängigen Sprachlernenden und Sprachverwendenden zu fördern.”
Diese sehr logische und gedankenanregende Struktur des Referenzrahmens könnte unseres Erachtens bei der in Bälde aktuellen Erneuerung des Ungarischen Nationalen Grundlehrplanes (NAT) berücksichtigt werden.
Wenn man nach bestimmten Problemaufrissen im Referenzrahmen suchen würde, würde man in den einzelnen Kapiteln die folgenden Anhaltspunkte und Fragestellungen finden:
Kapitel 1 schildert den sprachpolitischen Kontext des Projekts, in dem der Referenzrahmen entstanden ist und betont seine Bedeutung für die Förderung der mehrsprachigen Kommunikation.
Im Kapitel 2 werden die Grundsätze der handlungsbezogenen Sprachanalyse erklärt und die Hauptkategorien definiert.
Kapitel 3 beschreibt das verwendete Niveausystem, damit Fortschritte beim Erlernen einer Sprache unter Bezug auf die Parameter des Beschreibungssystems in einer flexiblen Reihe von Stufen des Sprachstandards kalibriert werden können.
Die nächsten Kapitel (Kapitel 4 und 5) des Referenzrahmens enthalten vor allem eine handlungsorientierte Analyse des Sprachgebrauchs (Kontext, Themen, Aufgaben, Aktivitäten, Strategien, Prozesse, Texte) und eine Beschreibung der zugrundeliegenden, allgemeinen und sprachspezifischen Kenntnisse und Fertigkeiten, die die sprachliche Kommunikation erst ermöglichen. Jede Kategorie wird definiert sowie durch Beispiele und, soweit möglich, durch sechsstufige Skalen mit Kompetenzbeschreibungen illustriert.
Weitere Kapitel (Kapitel 6–9) erörtern methodische Alternativen des Sprachenlernens und -lehrens, Möglichkeiten der Lehrplangestaltung im Dienste der Mehrsprachigkeit, diskutieren die verschiedenen Funktionen des Prüfens und Beurteilens sowie die entsprechenden Beurteilungs- und Bewertungsverfahren.
Da die Verschiedenheit des Fremdsprachenangebots gefördert werden soll, werden keine Lösungen empfohlen. Die Benutzer sind frei, über ihre eigenen Ziele und Methoden nachzudenken und selbstständig ihre Entscheidungen zu treffen. Das Ziel des Referenzrahmens ist erreicht, wenn er dem Benutzer die Aufgabe erleichtert, Ziele und Methoden klar zu formulieren und anderen (z. B. den Lernenden oder Kollegen) bekannt zu machen.
Der Referenzrahmen soll und kann einerseits als ein Angebot gelten (eine gemeinsame Basis für die Entwicklung von zielsprachlichen Lehrplänen, curricularen Richtlinien, Prüfungen, Lehrwerke etc.), andererseits ist er verbindlich, denn z. B. die Skalen können nicht beliebig von den Benutzergruppen neu definiert werden, weil die Bereitstellung objektiver Kriterien für die Beschreibung von Sprachkompetenz die gegenseitige Anerkennung von Qualifikationsnachweisen erleichtert. Trotzdem kann und muss er den nationalen Bedingungen angepasst werden, er ist offen, d. h. geeignet für Erweiterungen und Verfeinerungen und ist undogmatisch. Außerdem beschreibt er umfassend, was Lernende zu tun lernen müssen, um eine Sprache für kommunikative Zwecke zu benutzen, und welche Fertigkeiten sie entwickeln müssen, um in der Lage zu sein, kommunikativ erfolgreich zu handeln.
An der Organisation des Sprachenlernens sind nicht nur die Lehrenden und die Lernenden im Klassenraum beteiligt, sondern auch Bildungsverwaltungen, Prüfungsanbieter, Autorinnen und Autoren sowie Verleger von Lehrmaterial usw. Wenn diese in ihren Vorstellungen übereinstimmen, können sie auch gemeinsam daran arbeiten, den Lernenden beim Erreichen ihrer Ziele zu helfen, selbst wenn sie dies ganz unabhängig voneinander tun.
Im Folgenden möchten wir nur einige Begriffe aus dem Referenzrahmen hervorheben, die von LehrerInnen und ExpertInnen in der Fachliteratur und in den verschiedenen Sprachen oft sehr unterschiedlich definiert wurden, oft so unterschiedlich, dass man am Anfang gedacht hat, man meine dasselbe, aber beim näheren Hineinschauen hat sich herausgestellt, dass das gar nicht der Fall ist. Nach dem handlungsorientierten Ansatz des Referenzrahmens sind Sprachlernende und Sprachverwendende als „sozial Handelnde” zu sehen, d. h. als Mitglieder einer Gesellschaft, die unter bestimmten Umständen und in spezifischen Umgebungen und Handlungsfeldern kommunikative Aufgaben bewältigen müssen. Ziel des Unterrichts ist es, dass sie dies auch können. Unter kommunikativen Aufgaben wird jede zielgerichtete Handlung verstanden, die eine Person für notwendig hält, um ein bestimmtes Ergebnis zu erzielen. Die Terminologie des Referenzrahmens weicht von der traditionellen Aufteilung der Fertigkeiten ab. Im Dokument wird von mündlichen und schriftlichen produktiven wie monologischem Sprechen und Schreiben, rezeptiven wie Hören und Lesen, interaktiven wie dialogisches Sprechen und chatten und sprachmittelnden Aktivitäten wie Übersetzen, Dolmetschen, Paraphrasieren gesprochen.
Als wichtiges Instrument des Lehr-Lernprozesses im Sinne des Referenzrahmens soll das Europäische Sprachenportfolio betrachtet werden, wodurch der Lernende unterschiedlichen Alters erlernt (bzw. übt), die eigenen Bedürfnisse in Bezug auf das Sprachenlernen zu erkennen, eigene Ziele zu setzen, Lernfortschritte (Teilziele) und deren zeitliche Rahmen zu planen, Quellen, Methoden, Strategien und Techniken auszuwählen, in Interaktion mit anderen kooperativ zu handeln, Methoden der Selbstkontrolle und Selbstbewertung auszuwählen, über die benötigten metakognitiven Strategien und über seinen eigenen Sprachlernprozess nachzudenken. Der Lernende wird befähigt, Verantwortung für seinen eigenen Lernprozess zu tragen. Bei einem konsequenten Einsatz kann das Europäische Sprachenportfolio ein geeignetes Instrument sowohl für die Förderung der Mehrsprachigkeit als auch für die Entwicklung der Lernerautonomie sein. Die Erprobungen des Sprachenportfolios liefen in Ungarn wie in den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union zwischen 1998 und 2000. Die ungarische Version wurde genauso in dieser Periode durch ein Expertenteam unter der Leitung des Unterrichtsministeriums erarbeitet und an Schulen in drei Landesbezirken und in Budapest, in Lernergruppen von 12–18 Jahren erprobt. Zuerst wurden Französisch und Slowakisch (als Muttersprache und als Fremdsprache) einbezogen, 2000 wurde die Palette der Sprachen erweitert, weitere 20 Schulen mit den Sprachen Englisch, Italienisch, Russisch und Deutsch schalteten sich in die Arbeit ein. 2001 wurde die ungarische Version des Sprachenportfolios für drei Zielgruppen (Grundschüler, Mittelschüler, Erwachsene) beim Europarat eingereicht und akkreditiert. Ab September 2001 ist das Sprachenportfolio für Interessenten zugänglich und kann freiwillig verwendet werden. Die Implementierungsphase des Europäischen Sprachenportfolios in Ungarn scheint seitens der Projektträger abgeschlossen. Unseres Erachtens sollte jetzt die Implementierung auf einer anderen Ebene erst anfangen: es braucht einerseits konsequent durchdachte und professionell durchgeführte Lehrerfortbildungsveranstaltungen, an denen sich interessierte Lehrpersonen beteiligen können, andererseits braucht es eine Öffentlichkeitsarbeit, die die Aufmerksamkeit der Lernenden auf die Existenz und Verwendbarkeit des Portfolios lenkt.
Aus diesem kurzen Problemaufriss geht hervor, dass es hier bezogen auf die Mehrsprachigkeit um einen Paradigmenwechsel geht, dessen Umsetzung in praktisches Handeln in der Lehrpersonenausbildung, Fortbildung und im Unterricht noch durchdacht und übertragen werden soll. Auf den ersten Blick könnte das als leicht machbar erscheinen, weil der Referenzrahmen im Grunde genommen die bewährten pädagogischen und fachdidaktischen Strömungen, Erkenntnisse fremdsprachendidaktischer Forschungen, Forschungsergebnisse der Angewandten Linguistik sowie Erfahrungen praktizierender Lehrer der letzten 15–20 Jahre integriert. Da Forschungsergebnisse, bewährte fachdidaktische und pädagogische Ansätze trotz Bemühungen von Bildungspolitikern, Fachexpertengruppen und vielen Lehrpersonen bis dato nur sporadisch in den Lernalltag einsickerten, wird es ersichtlich, dass es sich hier wohl kaum um ein Kinderspiel handelt. Die Ziele des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens und des Europäischen Sprachenportfolios zu realisieren wie eine gemeinsame Basis schaffen zu können und Innovationen in die Wege zu leiten braucht Zeit und Investition; Investition im weitesten Sinne von allen Beteiligten wie seitens der Bildungspolitik, seitens der Fortbildungsinstitutionen, Ausbildungsinvestitionen und seitens der Lehrpersonen und nicht zuletzt seitens der Lernenden.
Literatur
Der Gemeinsame europäische Referenzrahmen für Sprachen: Lernen, Lehren und Beurteilen. München: Langenscheidt, 2001.
Koch, Leo: Schweizer Entwurf zu einem europäischen Sprachenportfolio. In: Fremdsprache Deutsch. München: Goethe-Institut–Klett, 2/1998, 38–39.
Langner, Michael: Sprachenportfolio: Kriterien zur Beschreibung von Sprachfertigkeiten. In: DUFU Deutschunterricht für Ungarn. Budapest: Ungarischer Deutschlehrerverband, 3/1999, 5–21. (enthält weitere Literaturhinweise)
Terrasi, Elisabetta: Das Schweizer Sprachenportfolio. Ein Pass für Mehrsprachigkeit. In: Fremdsprache Deutsch. München: Goethe-Institut–Klett, 1/1999, 41–45.
Begegnungen14_Arkossy
Begegnungen
Schriftenreihe des Europa Institutes Budapest, Band 14:167–175.
KATALIN ÁRKOSSY
Die Bedeutung und die heutigen Möglichkeiten der Kulturtradierung
am Beispiel des ungarndeutschen Volksliedes
Der grundlegende politische, wirtschaftliche, kulturelle und vor allem technologische Umbruch, der in den Jahrzehnten nach dem Ersten Weltkrieg einsetzte und bis heute unser Land erfasst hat, hat tiefen Einfluss auf die Entwicklung jedes einzelnen Menschen, jeder Familie und in der Gesellschaft überhaupt ausgeübt. Der allgemeine Modernisierungsprozess, die Urbanisierung und Industrialisierung führen zur Auflösung der geschlossenen Dorfgemeinschaften. Die Nähe der Stadt fördert das Pendlerwesen und den Umzug in die Stadt, was dazu führt, dass die Kontinuität der Vermittlung spezifischer kultureller Werte gestört wird.
Die Informationsflut durch die Medien und die Entwicklungen in anderen Bereichen haben einen immer größeren Einfluss auf das tägliche Miteinander der Menschen, auf die Freizeitentwicklung und Interessenlagen jedes Einzelnen. Dadurch besteht die Gefahr, dass Althergebrachtes, wie Brauchtum und Gepflogenheiten, so zum Beispiel die traditionellen Ausdrucksformen wie das Volkslied und der Volkstanz, nicht mehr innerhalb der Familie oder der Dorfgemeinschaft weitergegeben werden und verlorengehen.
In vollem Maße trifft diese Feststellung auf die Sprache und das Kulturgut der Ungarndeutschen zu, wo es darum geht, die Muttersprache und das kulturelle Erbe der Vorfahren in einer seit dreihundert Jahren währenden fremdsprachigen Umgebung, weit vom Herkunftsort entfernt, trotz teils erzwungener Assimilationsversuche zu bewahren.
Ich hatte die Gelegenheit, durch eigene Beobachtungen über dreißig Jahre hindurch festzustellen, wie stark äußere Einflüsse auf den Gebrauch des Volksliedes und den Charakter des Volksliedgutes eingewirkt haben. Deshalb entstand der Gedanke, eine Dokumentation von Volksliedern anzulegen.
Ziel der Arbeit war es, durch die Dokumentation von Volksliedern einen kleinen Anteil zur Bewahrung von Brauchtum und Volksgut für die folgende Generation zu leisten bzw. durch Untersuchung, Auswertung und Analyse der Dokumentation einen gesellschaftsübergreifenden Einblick in die Veränderung der Lebenssituation, der gesellschaftlichen Werte, der Normvorstellungen, der ethnischen Identität, der Sprache und Kultur der Ungarndeutschen zu geben.
In der Untersuchung sollen folgende zentrale Problempunkte behandelt werden:
– Assimilationsprozess der Ungarndeutschen und dessen geschichtliche Ursachen
– Wechselwirkung zwischen Sprache, Kultur und Identität
– Volkskultur als Vehikel der Identität der Ungarndeutschen
– heutige Möglichkeiten der Kulturtradierung.
Zur Abhängigkeit der Identität von Sprache und Kultur
Meine Ausführungen möchte ich mit einigen Bemerkungen zur Identität im Allgemeinen beginnen.
Bei der Ausbildung der Identität einer Person oder einer Gruppe sowie bei der Evolution ihres Identitätsgefühls sind mehrere Elemente zu berücksichtigen, von denen ich hier nur die für unsere Fragestellung wichtigen hervorhebe:
– der Gebrauch der Sprache
– die Zugehörigkeit zu einer Gruppe/Gemeinschaft
– die kognitive Organisation der Umgebung.
Die Person kann ihre Identität (nach J. Habermas) nur auf Merkmale stützen, die als Identifikation von der Umgebung und von den anderen anerkannt werden.1
Daher ist die Bewahrung der Identität für eine inmitten fremdsprachiger Umgebung lebende Minderheit, die sich in dieser fremdsprachigen Umgebung ständig behaupten muss, eine komplizierte, schwierige Aufgabe.
Als wichtigster Identitätsmarker wird von Außenstehenden die Sprache der Gemeinschaft betrachtet und anerkannt. Das bedeutet, dass nach manchen Auffassungen eine Minderheit hauptsächlich in ihrer Sprache weiterlebt, und daher die Erhaltung der Muttersprache zur Grundfrage der Existenz als Nationalität gehört.
Bei den Ungarndeutschen gab es im Laufe ihres Daseins in Ungarn unterschiedliche Einstellungen zur eigenen Sprache. Charakteristisch für diese Sprachgemeinschaft war der Wechsel von einer Sprache zur anderen: vom Dialekt zur ungarischen Sprache oder zur deutschen Hochsprache. Das bedeutete eine ständige Zweisprachigkeit oder sogar eine Art Dreisprachigkeit: deutscher Dialekt, deutsche Hochsprache und ungarische Hochsprache.2
Der Sprachwechsel bzw. das Aufgeben der Muttersprache hat schon vor 1945 begonnen. Seit dieser Zeit waren die sozialen Aufstiegschancen an die vollkommene Beherrschung der ungarischen Sprache gebunden.
„Bei nicht abgesicherten wirtschaftlichen Bedingungen hatte der aufstrebende deutsche Bauer im damaligen Ungarn nur einen Weg vor sich, den eines DeutschHungarus, der sich nach dem ungarischen Bildungsideal richten mußte.”3
Verstärkt hat sich der Prozess nach 1945, als es unerwünscht war, die deutsche Sprache zu gebrauchen oder sich zu dieser Sprache zu bekennen. Das bedeutete für die Menschen deutscher Muttersprache ein erzwungenes Loslassen der eigenen Muttersprache. Die heranwachsende Generation erlebte ihre Muttersprache als etwas Nicht-Erlaubtes, etwas Minderwertiges, etwas Abzuschätzendes, was zur Folge hatte, dass diese Sprache im sozialen Verkehr keine Rolle mehr einnehmen konnte. Diese Jahre des Schweigens brachten eine Generation hervor, die nach 1944 geborene Gruppe der Deutschstämmigen in Ungarn, die man wegen ihrer mangelhaften deutschen Muttersprachkenntnis als die „stumme Generation” zu bezeichnen pflegt.
Der Politologe, Josef Bayer, ein Vertreter dieser stummen Generation, behandelt in der Zeitschrift „Kritika” die Frage der deutschen Nationalität in Ungarn aus dem Blickwinkel des „konstitutionellen Patriotismus” (J. Habermas). Dabei beschäftigt er sich ausführlich mit der Identität und dem Sprachverlust der Ungarndeutschen. Er zeigt, wie das dem Deutschtum in Ungarn zuteil gewordene furchtbare Schicksal der Deportation, Verfolgung und Vertreibung, schließlich die Zerstörung der Dorfgemeinschaften und die Ächtung der deutschen Sprache in der Öffentlichkeit zu einem katastrophalen Muttersprachverlust geführt hat.4
Nach der Sprache soll das zweite Element der Identität, die interethnisch geprägte Zugehörigkeit zu einer Volksgruppe bzw. die Möglichkeit der Erneuerung kultureller Identität durch das Kennenlernen der Kultur im Dialekt, untersucht werden.
Der Deutsche in Ungarn fühlte sich schon immer als Mitglied der ungarischen Gesellschaft, aber auch als Zugehöriger seiner deutschen Minderheit. Dadurch entstand die charakteristische Doppelidentität der Ungarndeutschen. Dazu ein authentischer Bericht von Josef Bayer:
„Kulturell bin ich ungarisch programmiert; all meine Schulen und Studien absolvierte ich ungarisch, die Geschichte wurde mir aus ungarischem nationalem Blickwinkel beigebracht ... und im Geiste der großen Persönlichkeiten der ungarischen Literatur und Geschichte bin ich aufgewachsen.”5
Daraus leitet er seine vollzogene Assimilation her, ebenso wie die meisten seiner Schicksalsgenossen in Ungarn. Er glaubt aber an eine „geistig-seelische Läuterung durch erinnerndes Bewusstmachen und Abreagieren vergessener traumatischer Erlebnisse”.6 Dass eine Rettung der ungarndeutschen Doppelidentität für Ungarn ebenso wie für Europa ein echter Gewinn sein könnte, ist zweifellos.
Heutige Möglichkeiten der Kulturtradierung
Die große Frage ist, wie lange eine Kultur ohne die für sie charakteristische Sprache existieren kann und welche Kulturelemente nicht eng sprachgebunden sind und die Sprache überleben können. Es gibt heute kaum eine Möglichkeit, die durch die obengenannten Maßnahmen eingeschränkte beziehungsweise verschwundene Mundart in dem Maße neu zu beleben, dass sie noch einen kommunikativen Wert erlangt. Desto wichtiger ist es geworden, die Mundart als Mittel der Kulturtradierung in Liedern, Sprüchen, Reimen, Märchen usw. zu bewahren.
„Die Bewahrung bzw. Wiederentdeckung der Volkskultur ist die Überlebenschance einer Volksgruppe in Südosteuropa, einer Volksgruppe, die inmitten fremdsprachiger Umgebung lebt und sich ständig in dieser fremdsprachigen Umgebung behaupten musste und muss.”7
Aus dieser Einsicht begann ich mit meiner Sammelarbeit, weil ich davon überzeugt bin, dass die Sprache heute hauptsächlich in ihrer kulturtragenden Funktion eine Chance hat, weiterzuleben.
So kommt jeder Arbeit, die einen Bereich vom Kulturgut der Ungarndeutschen überliefert, eine große Bedeutung und Wichtigkeit zu. Das ist aber allein nicht ausreichend. Ein Erfolg ist nur dann zu erwarten, wenn kulturelle Einrichtungen, Vertreter der älteren Generationen der Ungarndeutschen, Lehrer der Nationalitätenschulen und ungarndeutsche Eltern in der Familie sich der Wichtigkeit ihrer Aufgabe bei der Tradierung ihrer Kulturgüter bewusst werden und bereit sind, aktiv mitzuwirken.
Zur Definition des Begriffes „Volkslied” sei folgendes angeführt:
Die Benennung „Volkslied” stammt von Herder, es gibt aber kaum einen Begriff, der so oft und so unterschiedlich definiert wurde wie der des Volksliedes, seit man sich überhaupt mit dem Volkslied als Untersuchungsgegenstand beschäftigt. Jedes Zeitalter, sogar jeder Forscher verstand etwas anderes unter diesem Begriff. Daher ist es nicht überflüssig, in einer Arbeit, die sich mit Volksliedern beschäftigt, die eigene Auffassung über den Begriff „Volkslied” bekanntzugeben. Nach dieser Auffassung spielt die Art der Entstehung des Liedes keine ausschlaggebende Rolle.
Als Grundlage meiner Arbeit dient die Definition des Volksliedes von Béla Bartók:
„Unter Volkslied in weiterem Sinne verstehen wir die Gesamtheit derjenigen Lieder, die in der Bauern- und Handwerkerklasse eines Volkes in mehr oder weniger großer zeitlicher und räumlicher Ausdehnung als ein spontaner Ausdruck des musikalischen und dichterischen Gefühls fortleben oder irgendwann fortgelebt haben.”8
Die wesentlichen Kriterien des Volksliedes können folgenderweise angegeben werden:
– die Verbreitung/der Bekanntheitsgrad des Liedes
– die subjektive Anerkennung des Liedes als gemeinsame Ausdrucksform
– das Weiterleben des Liedes in der Gemeinschaft.
Das Weiterleben bedeutet in diesem Sinne die Weitergabe des Kulturgutes von Generation zu Generation, gleichzeitig bedeutet aber der Begriff Leben auch Bewegung, Dynamik, deshalb vertritt Bartók die Meinung, dass es zum Volkslied dazugehört, aber nicht eine Bedingung desselben ist, dass Text und Melodie durch das Volk variiert werden (können).9
In der Arbeit wird anhand der Analyse einzelner Lieder an Beispielen gezeigt, dass diese Lebendigkeit, das Variieren von Text und Melodie, zu gewissen Zeiten oder unter entsprechenden Bedingungen, auch in den ungarndeutschen Liedgemeinschaften, vorhanden und lebendig war.
Fragen zur Institutionalisierung des Volksliedgutes
Der Prozess der Institutionalisierung des Volksliedgutes kann am Beispiel des geistlichen Liedes gezeigt werden, dem innerhalb der untersuchten Gemeinschaft eine große Bedeutung zukommt. Es diente nämlich nicht nur als Andachtslied im Rahmen des Gottesdienstes, sondern wurde sehr häufig und ganz spontan auch zu Hause gesungen, z. B. an größeren Feiertagen und Festen, wenn die engere oder größere Familie zusammen war.
Wenn man also einem großen Teil der Kirchenlieder einen Volksliedcharakter zugesteht, so sind bei diesen Liedern den Variationen enge Grenzen zu setzen, da Kirchenlieder in der Regel in Gesangbüchern, die überregional gelten, abgedruckt sind. Auch in volkskundlicher Hinsicht stellt die Erforschung des geistlichen Liedes ein interessantes Problem dar, weil darin die Möglichkeit des Variierens durch die dauernde Kontrolle des gedruckten Textes im Gesangbuch gehemmt ist. Wir können also als Ergebnis dieser Überlegungen festhalten: Immer dann, wenn sich Institutionen des Volksliedes annehmen, werden Variationen zurückgedrängt, was für das Volkslied, aufgrund seines dritten oben erwähnten Merkmals, die größte Gefahr – wenn nicht seinen Tod bedeutet.
Wenn also in Zukunft die Weitergabe des ungarndeutschen Volksliedgutes von einer Generation zur anderen nicht mehr spontan, sondern in gedruckter Form erfolgt, werden die festgelegten Texte und Melodien als Basis gelten. Das wird umso stärker zu bemerken sein, wenn sich Volkskunstensembles – wie das in vielen ungarndeutschen Ortschaften der Fall ist – des Volksliedes annehmen. Diese Behauptung soll keine Wertung sein, sondern vielmehr eine Feststellung, mit der wir uns vertraut machen müssen. Denn in seinem ursprünglichen Wesen ist das ungarndeutsche Volkslied mit Sicherheit nicht mehr zu retten.
Zu retten ist jedoch sein Material, das einen wichtigen Teil des Kulturgutes der Ungarndeutschen ausmacht, da den Liedern und Volksliedern eine wichtige Rolle bei der Kulturtradierung zukommt.
So müssen wir einen Kompromiss eingehen und die Verantwortung für die Institutionalisierung des Volksliedgutes durch die Dokumentation übernehmen, auch wenn dadurch Variationsmöglichkeiten erheblich eingeschränkt werden. Das ist der Preis dafür, dass ein Teil dieses wertvollen Kulturgutes noch gerettet werden kann.
Wandlungen des Liedes
Nach der Definition des Volksliedes von Bartók (s. o.) ist das Volkslied ein komplexes Gefüge von Stilkonventionen, und jede Umformung strebt Veränderungen an, die dazu führen, dass das entstandene Produkt in den Rahmen dieses einheitlichen Stils passt. So muss auch der Begriff des sog. „Zersingens” neu definiert werden. Dieser Prozess des Zersingens, der vom Kunstlied aus gesehen eine Entformung darstellt, bedeutet gleichzeitig auch eine Einformung, eine Anpassung an ein neues Lebenselement. Durch die Übernahme des Kunstliedes in eine ganz andere Lebenssphäre gehen immer mehr Stilelemente des Volksliedes in das Kunstlied über. Das Lied wird aus seiner Einmaligkeit und seiner Formgebundenheit herausgehoben, und Gehalt sowie Form werden durch Verallgemeinerung und Typisierung umgewandelt. Diese Umwandlungen gehören zum Wesen des Volksliedes, das Einhemmen dieses Variierens bedeutet dessen Tod. Jedes Singen ist in gewisser Hinsicht ein Neudichten und Neuerleben. Bartók meint dazu:
„Es ist anzunehmen, dass fast jede heute bekannte neuere europäische Bauernmusik10 durch den Einfluss irgendwelcher, namentlich »volkstümlicher« Kunstmusik entstanden ist.”
„Unter volkstümlicher Kunstmusik verstehen wir die musikalischen Produkte von Autoren, die – in gewissem Grade musikalisch geschult – in ihren Werken manche Eigenarten aus dem Bauernmusikstil ihrer Heimat mit Schablonen der höheren Kunstmusik vermischen.”11
So gesehen entsteht zwischen Volkslied und Kunstlied eine komplizierte Wechselwirkung, wenn es darum geht, dass ein Kunstlied den Weg betreten hat, zum Volkslied zu werden. Die wichtigste Voraussetzung dafür ist, dass es in den Rahmen dieses einheitlichen Stils eingeordnet werden kann. Nicht jedes Kunstlied taugt dazu, von der Liedgemeinschaft und Sprachgemeinschaft angenommen und zum Volkslied gestaltet zu werden.
„Ich wiederhole ausdrücklich, dass solche fremden Melodien, z. B. volkstümliche Kunstlieder, nur dann zu Bauernmusik werden, wenn die Bauern davon instinktmäßig Gebrauch machen. Künstlich in die Bauernklasse importierte Musik, wie z. B. die in den Schulen gelernten patriotischen und ähnlichen Lieder, dienen meistens nicht dem instinktiven Ausdruck ihrer musikalischen Gefühle, wie es bei den aus eigenem Antriebe übernommenen Melodien der Fall ist.”12
Auch in unserer Sammlung gibt es volkstümliche Lieder, die vom Volk übernommen und ins eigene Lebenselement eingeformt wurden. Darunter ist zu verstehen, dass viele Volkslieder in verschiedenen Gebieten mit abgewandelten Texten und variierter Melodie gesungen wurden.
Veränderungen im Text
Dem Text als solchem mit seinem immanenten Sinngehalt wird vom singenden Volk meistens eine geringe Bedeutung beigemessen. Das Erlebnis klammert sich oft nur an eine Zeile oder eine Strophe und das Übrige bleibt peripher, nebensächlich.
Besondere Worte und Begriffe, die das Volk nicht versteht, an welche es deshalb auch keinen Erlebnisgehalt knüpfen kann, werden durch andere ersetzt: z. B. Ortsbezeichnungen, auf die überhaupt wenig Wert gelegt wird. Es kommt vor, dass der ganze Sinngehalt des Kunstliedes der gemeinschaftlichen Erlebnisweise fremd ist und deshalb bis zur Unverständlichkeit zerstört und umgeändert wird.
Die inhaltlichen Veränderungen sind mit den formalen Abänderungen eng verbunden. Eine häufige Erscheinung im Volkslied ist, dass es sich aus Formeln und Wortkomplexen zusammensetzt. Wo das Lied wirklich lebt, steht jedem Singenden ein ziemlich reicher Schatz an Formeln zur Verfügung, mit denen er auch Neubildungen vornehmen kann. Solche Formeln sind z. B.: Herzallerliebste, schneeweiße Hand, Rosenmund usw.
Zwei Grundprozesse der Veränderung sind die Aushöhlung und die Kontamination.
Aushöhlung nennt man den Vorgang, bei dem vom Lied bei der Weitergabe alles, was vom Volk/von der Gemeinschaft als überflüssig empfunden wird, wegfällt. Diese Kürzungen können im Einzelfall einen ästhetischen Gewinn erbringen. Dieser ist aber auf keinen Fall bewusst und wird meistens auch nicht erreicht. Sehr häufig werden die Geschlossenheit, die logische Struktur und Stimmungsfolge im Lied zerstört. Bei manchen Liedern wird der ganze Zusammenhang bis zur Sinnlosigkeit zerstört, und doch werden sie weitergesungen.
Bei der Kontamination fügen sich Bestandteile verschiedenster Lieder zu neuen Gebilden zusammen. Das so entstandene Lied stellt keine Sinneinheit mehr dar. Die Kontamination vollzieht sich meistens nach den Gesetzen der Assoziation durch Übereinstimmung irgendeines Wortes oder einer einprägsamen Formel, durch Ähnlichkeit der Melodie. Es kommt vor, daß ein ganzes Lied aus zusammengefügten Wanderstrophen entsteht, ohne dass ein selbständiger Kern vorhanden wäre, oder dass der ursprüngliche Kern zusammenschrumpft und seine Bedeutung verliert.
Das Variieren der Melodie
Bartók beschäftigt sich in seinem Buch über das ungarische Volkslied mit dem Verhältnis von Melodie und Text und stellt die wichtige Frage, ob „jede Melodie an einen bestimmten besonderen Text gebunden ist, mit welchem sie eine unauflösliche Einheit bildet oder nicht”.13
Nach seinen Beobachtungen kann diese Frage bei einigen Volksliedern „alten Stils” mit ja beantwortet werden. In der Mehrheit der Fälle kann jedoch dieser unmittelbare Zusammenhang sicherlich nicht nachgewiesen werden.
„In der Blütezeit eines Bauernmusikstils entstehen eine große Menge einander sehr ähnlicher Melodien mit gleichem Rhythmus und gleicher Strophenstruktur; es ist psychologisch unmöglich, dass jede einzelne, von der anderen nur in Nuancen abweichende Melodie je einen streng an sie gebundenen, von ihr untrennbaren Text gehabt haben könnte.”14
Diese Feststellung trifft auch auf die ungarndeutschen Volkslieder zu. Wenn man unsere Melodien mit anderen Sammlungen aus Deutschland und aus Ungarn vergleicht, stellt sich heraus, dass dabei sehr wenig Gemeinsames gefunden werden kann. Auch die gleichen Lieder mit unwesentlichen Textabweichungen weisen ganz andere Melodien auf, die miteinander überhaupt nichts zu tun haben. Diese Mannigfaltigkeit der Melodien kann durch die Entstehung und Verbreitung der Melodien innerhalb der Singgemeinschaft erklärt werden. Oft kommt es vor, dass zur Melodie eines allgemein bekannten Liedes (meistens Volksliedes) das Volk einen neuen Text dichtet.
Noch verbreiteter ist der Fall, dass man den Text eines Liedes kennt, die Melodie aber unbekannt ist. Das hängt damit zusammen, dass es viel leichter war, den Text als die Melodie aufzuzeichnen. Ein Liederbuch gab es im Sammelort nicht, und auch fliegende Blätter sind fast unbekannt und beschränken sich nur auf Zweckschöpfungen. Die meisten Lieder werden mündlich überliefert oder seltener durch Handschriften verbreitet. Wandernde Bergleute, die sich teils hier niederließen, und hiesige Handwerksgesellen, die von ihren Wanderungen zurückkehrten, brachten viele neue Lieder ins Dorf.
Der konkrete Weg der Verbreitung der Melodie war oft folgender: Jemand hörte irgendwo ein neues Lied, das ihm gefiel. Er schrieb sich den Text des Liedes auf, hörte es sich noch manchmal an und brachte es nach Hause. Im besten Fall, wenn er ein gutes Gehör hatte, merkte er sich die Melodie. Viel häufiger geschah es aber, dass davon nur Bruchstücke erhalten blieben, die übrigen Teile wurden dann durch erfundene Melodien oder durch Melodiestreifen anderer Lieder ersetzt. So entstand die Kontamination auch innerhalb der Melodie. In ganz extremen Fällen war auch die Melodie völlig unbekannt, so dass man einfach versuchte, das Lied nach einer bekannten Melodie zu singen. Wenn es klappte, verbreitete sich das Lied mit dieser Melodie. Daher kommt also die unverständliche Mannigfaltigkeit der Melodien. Weitere Forschungen werden sicher entscheiden, in wie viel Melodievarianten derselbe Text auch hier in Ungarn lebt.
Nach diesen theoretischen Überlegungen entstand eine Liedersammlung, die 32 ausgewählte Beispiele aus dem Liedgut der Ungarndeutschen umfasst. Die Tonbandaufzeichnungen, die umfangreicher sind als das schriftlich bearbeitete Material, wurden von Mitarbeitern des Musikwissenschaftlichen Instituts der Ungarischen Akademie der Wissenschaften (MTA Zenetudományi Intézet Népzenei Archivuma) überspielt und konserviert, sie sind hier unter den Katalognummern Mg 5414, Mg 6371 und Mg 6375 aufbewahrt und Interessenten zugänglich.
Die Lieder sollen durch diese Dokumentation allen, die der Wichtigkeit ihrer Aufgabe bei der Tradierung ungarndeutscher Kulturgüter bewusst werden und aktiv mitwirken, zur Verfügung stehen und sie bei ihrer Arbeit unterstützen.
Einen besonderen Dank möchte ich Prof. Dr. Karl Manherz aussprechen, der diese Arbeit durch Anregungen in die Wege geleitet und mit seinem persönlichen Engagement unterstützt hat.
Anmerkungen
1
Habermas, J.: Können komplexe Gesellschaften eine vernünftige Identität ausbilden? 1974, 1976.
2
Manherz, K.: Ungarndeutsche Volkskultur als Vehikel der Identität der Deutschen in Ungarn. In: Suevia Pannonica, Jg. 8. (1991), Nr. 18, 69–70.
3
Ebd.
4
Bayer, J.: Nemzeti kérdés és „alkotmányos patriotizmus”. In: Kritika 20 (1991), 6–11.
5
Ebd.
6
Ebd.
7
Manherz, K.: Ungarndeutsche Volkskultur als Vehikel der Identität der Deutschen in Ungarn. In: Suevia Pannonica, Jg. 8. (1991), Nr. 18, 69–74.
8
Bartók, B.: Das ungarische Volkslied. (Faksimile-Nachdruck) Budapest 1965, S. 18–20.
9
Ebd.
10
Bartók verwendet für den Begriff Volksmusik den Ausdruck „Bauernmusik”.
11
Bartók, B.: Das ungarische Volkslied. (Faksimile-Nachdruck) Budapest 1965, S. 17–18.
12
Bartók, B.: Das ungarische Volkslied. (Faksimile-Nachdruck) Budapest 1965, S. 18.
13
Ebd., S. 57.
14
Bartók, B.: Das ungarische Volkslied. (Faksimile-Nachdruck) Budapest 1965, S. 58.
Begegnungen25_Vitanyi
Begegnungen
Schriftenreihe des Europa Institutes Budapest, Band 25:161–169.
IVÁN VITÁNYI
Culture, Education, and Accession to the EU
During the past centuries the situation of Hungarian culture was determined by two factors, deriving from the geographic, political and economic conditions of the country. On the one hand, a high culture on European and world levels emerged that was equal to the achievement of other countries, ahead of us in economic and social development as far as its standard, values and message are concerned. On the other hand, the creative, carrying and receiving community of domestic culture remains narrower than that of the core of European development. Here the proportion of those strata is much higher that are not reached by the real values of modern culture.
High culture
The basis of Hungarian culture is the autonomous culture of high quality evolved by the nation during centuries, and it organically belongs to the frontline of European culture. For some branches and genres (music, literature, physics) it is acknowledged by the world, whereas perhaps it is less the case for others, but the reason is not to be found in the value of the culture that has emerged, rather it should be sought in the limitations of the possibility of becoming known.
Music is a classic example, for it is a branch of culture not restricted by the limitations of language. It was eminent already in the 19th century, due to some creative and performing musicians, and to Franz Liszt first and foremost. It further unfolded in the 20th century, primarily by the works of Béla Bartók and Zoltán Kodály. Their significance should be particularly stressed. They did not merely follow the West, more over, they did not only renew the language and style of music simultaneously to the modern Western composers, but they added new features that had become possible just because of the specific path of our destiny. It was actually due to our semi-peripheral position that a far larger part of our population lived under traditional peasant conditions and in a millennium-old peasant culture than those of the West even in the early 20th century. A specific contribution of Bartók and his circle to the universal history of culture was that they linked the most modern to the most ancient, hence showing the way towards and setting an example of emancipation to the cultures (and peoples) of the world squeezed to the periphery.
Besides the big countries and empires, leading industrial development, suddenly the semi-periphery became the midwife of the new art, of avant-garde from Sweden to Russia and from Spain to Hungary in the early 20th century (and at that time the United States could also be classified under his heading). Bartók’s music revolution was one of the significant waves of this flood.
Defeat in World War I, the Trianon Peace Treaty and the functioning of authority during the inter-war period (uniting the traditions of the Hungarian conservatism of the estates with some features of the most recent right-wing efforts) did not create suitable conditions to the undisturbed flourishing of culture. The most eminent representatives of intellectual life, however, did not serve the authority, but were in quest towards the future. The same happened after World War II as well, when the unfolding of organic development was hindered by the power system emulating the Soviet one. Representatives of Hungarian culture were able to utilise the opportunity offered by the leadership looking for reforms on the basis of the experience of the revolution of 1956 (and fearing it). After the 60s this is how a new flourishing period of culture could emerge and it corresponded to the objectives of European as well as world culture in its problematic, style as well as behaviour.
The existence and quality of this creative and sensitive cultural medium has always decisively influenced the life of the entire society in certain historical moments. As it had a decisive role in launching the revolution of 1956, so it essentially influenced the democratic transformation of 1990. It was due to its influence among others that transformation was accomplished not only without blood but essentially it was dignified and fair. For a good number of years several representatives of cultural life played an active role in politics, too.
The achievement of Hungarian culture, art and science was equal to the results of the great nations of Europe and the world in the 20th century. At the same time, as the country as a whole still possessed the élan of catching up, it had the specificity of recognising and wording new problems, giving way to new movements, styles, and solutions, thus not only joining the economically more developed countries but coming forward with a message of its own to be assessed among the universal trends of the development of world culture.
One of the impressive features of our Central European, hitherto semi-peripheral region is that the highest level of culture and civilisation of the given age finds a fertile soil here, where it conceives and grows. It is not only art and science in the literal sense of the term, but the universality of culture and civilisation covering a broader sphere, surrounding high culture and necessary to its emergence. By the turn of the 19th and 20th centuries the capital city of Budapest had grown to be a city of European style with industry, commerce, and the related civic stratum and intellectuals of European calibre, and workers who made their voice heard. It was they who constituted the absorbing audience of culture as well, and the proportion of a narrower, ‘understanding’ audience was not smaller than anywhere else in the world. This fact is the most important basis and pledge of our future adjustment to Europe.
Public culture and the situation of culture in the society
The social situation of culture may be characterised most pregnantly by the survey that was conducted mostly with identical methods, at the same time (in the 80s) and based on a (representative) sample of identical size in the United States of America as well as in Hungary. It was done by Richard A. Peterson over there, and by our working team here. Both teams studied how the society was distributed by cultural behaviour, by its active and passive relationship to culture.
There is no significant difference in how big part of the society belongs to the demanding and committed audience of high culture. (The Petersons called this group ‘highbrow’ in American parlance.) They as well as we have found an approximately identical proportion: about 15% of the population. These people read literature and academic works, attend classical music concerts, art movies and exhibitions of fine arts, they do not only want to find entertainment in mass communications and in theatres but participate deliberately in social life, and their entire lifestyle is determined by their intimate relationship to culture.
Naturally, a significant part of this stratum itself consists of intellectuals, though not exclusively. There are businessmen, white-collar workers, and even blue-collar ones among them. Their existence and free activities are not only important to culture, but also for the mode of existence of the society, for this stratum has always been and is still playing the role of initiators in the movement of the society as a whole. In the present case they do it in the realisation of European integration.
The real difference between the economically highly and medially developed countries (core and the periphery) is manifest in the habit and proportion of the strata having medium and lower status.
In addition to the American (and Western European) upper cultural strata (highbrow) (and in more or less close contact with them) there is a rather broad middle class living its own life. This is called ‘middlebrow’. Several kinds of behaviour belong to this group, Peterson and others differentiate among “upward striving”, “accumulating”, or “acquisitive” and “all-consuming” groups besides another one that is exclusively in quest of rest, entertainment and recreation in its leisure. What is common in them is that both major groups have reached the middle-class standard, their lifestyle is a stable one, they have adequate qualifications, they have a job, a properly equipped home, and usually a car, they eat well, pay attention to their dressing, occasionally they travel and educate their children. In addition to them, however, there is one (or several kinds) “lowbrow” stratum, consisting of people who have not reached stability, who should not be classified as lower class but as “underclass”, they are poor, often unemployed, they have lost their traditions and have not acquired new ones, their culture is uncertain, their way of life and destiny are endangered.
The difference is in the proportions. In North America and in Western Europe the middle strata constitute the larger part of the society, about two-thirds of it; hence the lowbrow underclass cannot be more than one-fifth. In Hungary the proportion is the reverse. Only one-third of the population can emerge to the stable world of the middle class, more than half of it is endangered, and one-third of that part is in the situation of the underclass.
This proportion has not emerged after the ‘change of the system’, but it is the consequence of a centuries-old ‘blind alley’ development. We set out along the road of modern industrial and bourgeois development, and the problem was not merely delay in time, but it was accompanied by structural consequences, as well. It equally characterises our industry and agriculture, the infrastructure and the condition of buildings, machinery and roads, or the situation of institutions, the state of our natural environment, the opportunity for the emergence of a civil society, the preparedness of the society for work, and, naturally culture, too. All this together means culture in a broader (and more precise) sense of the modern interpretation of the term.
This structure of the society is the major obstacle in the way of the healthy and organic development of Hungarian people and of the nation. It is an obstacle to economic development, because as its consequence only a narrower circle (one-third) of the population may join the blood circulation of modern economy, the rest is part of an outdated and even dying circulation, or it drops out of everything. This is a hindrance for the organic modernisation of social life, because it hampers the growth of civic society, and consolidates the remnants of the estates and semi-feudal conditions. Democracy cannot unfold because it would require the active, knowledge-based participation of many more people.
This is why the cause of public culture has been playing a constantly distinguished role in the reform movements serving the catching up of the Hungarian society and its organic integration into Europe since the first part of the 19th century.
‘Public culture’ is a characteristically Hungarian expression, difficult to translate. The Hungarian equivalent of ‘public’ = ‘köz’ is a word of Finno-Ugric origin, meaning a link to another human being, as well as the community itself, intertwined with those relationships. At the same time this word does not regard culture as an object but as an activity, simultaneously meaning the creation and absorption of culture by which man does not only cultivate culture but himself as well.
A full adjustment to Europe does not only require the act of admission to the Union and the introduction of the necessary legal and institutional framework, but a meaningful transformation when we adopt the social achievements of European development as well, without fail. In other words: the quality of life (culture, civilisation, security) is to be ensured for the majority of the society too, that has been acquired by the core countries.
One should set out from Ralph Dahrendorf’s noted theory, wording the phases of transition from the dictatorial-totalitarian systems to democracy. He distinguishes three phases. The first one is dedicated to political transformation, to the creation of the basic institutions (parties, free elections, self-governments, president of republic, constitutional court, etc.) of a pluralist democracy. Six months are sufficient to it. The second phase is the establishment of the set of institutions of modern economy (from private ownership to the banking system). Its ‘duration’ is six years. The third one is the social and cultural transformation necessary to modern pluralist democracy and economy. Dahrendorf considers this as the most important one and says that not less than sixty years are required to it.
The events so far have proved him right. In the Hungarian process of the regime change the set of the institutions of democracy could be established within six months. Perhaps the transformation of the economic system required a little more than six years but not much more. The transformation of the society, however, is still awaited. Though it is true that much happened as a result of political and economic changes, industrial branches have been transformed, jobs disappeared, new ones were created, the population of the different strata changed, the structure of agriculture underwent radical changes. All in all, something has not changed and it is the structure of the society outlined above, the proportion of the upper, middle, and lower strata and the one below all has not changed. Today not fewer but more people are in an endangered state than 15 years earlier, the distance between the topmost and the lowest 10% did not decrease but it increased. The per capita income could grow (slowly) to surpass the one before 1990 only after the turn of the millennium.
What comprehensive trends assert themselves in this cultural transformation? Based on data of the national surveys of 1995 and 2003, when the operation of the institutional network and the activity of the audience are compared it may be stated that the offer has significantly grown but the demand has declined. Today actually more books are published than before 1990, and the offer is richer in all respects (extending from the great works of modern literature to cheaper readings), but the number of copies is less and the prices are higher. The result is that fewer people read. Today there are many more concert agencies in operation, more concerts of classical music are held than 15 years ago, the offer is broader but the proportion of concert-going audiences is smaller and narrower. There are many more exhibition halls, galleries and art dealers, but more people do not visit them. The number of people who go to theatres has not dropped but the proportion of those who would only go to amusing performances has become larger than before.
The situation of television apparently contradicts the law of demand and supply outlined above. In this field it is not only supply that has grown (in 1990 there were only 3 channels, today more than 30 are in operation!), but the demand as well. We are among those countries the population of which spends most of its leisure in front of the television sets. This is, however, only a quantitative growth: the many more television channels do not offer equally more quality.
It is a welcome fact that the appreciating audience of demanding culture has been preserved and could even renew itself, it has accepted the achievements of Hungarian and international contemporary culture, adjusting it to its habit and lifestyle. In addition the cultural middle strata, particularly the young have been also renewed in many respects. The broadening and differentiation of the cultural interests of the upper middle stratum may also be regarded as a positive feature. The proportion of those, however, who are left out of these processes, has not changed.
Future perspectives
We are of the view that the future depends on the changes of three processes.
1. We have to preserve and renew the real values of our culture. Precisely this has been linking us to the development of Europe and the world. The active culture-carrier stratum, capable of forwarding it is still present; it can extend and express the current problems by it and can offer points of reference to their solution. Therefore the set of institutions of high-quality culture has to be maintained and its security has to be corroborated against the daily fluctuations of the market.
2. Modern means have also appeared here besides the traditional forms of the creation and absorption of culture. This process represents a major opportunity as well as challenge. The means are not supposed to replace and squeeze out traditional culture, but to offer a new opportunity to forwarding culture to all and to democratising it. If they push traditional culture into the background a new ‘digitocracy’ may emerge that would build yet another new closed circle within the realm of culture. Therefore it is an important task to create harmony between the old and new culture and to spread them jointly.
3. It is important to strengthen those processes that promote the education of the society as a whole that democratise culture, public culture and education in the broadest sense of the term. Naturally it is an indispensable part of the emergence of the new middle classes that is the social precondition of our adjustment to Europe.
Education
The history of school education was based on the same system of conditions in Hungary. Partly it offered a high, exactly European level of education to the top strata of the society, to the upper class of the estates and of the nobility, to the industrial and economic bourgeoisie, to the middle class of officers and to the intellectuals. Partly the vast majority of the society had to be involved in school education offering the type and extent of knowledge to enable them to acquire the necessary skills while staying in their ‘place’.
Hungary prior to 1945 met these requirements rather one-sidedly. It was a system that was not only the reflection of social inequalities but was also one of its major maintainers and preservers. The system of education consisted of three parts. Compulsory popular education consisted of six forms of which only the first four (age 6 to 10) was of a uniform system. It was called ‘elementary school’. There were about 7000 such schools and the number of pupils was between 900 thousand and one million. Next education was bifurcated. There was supplementary education for two more years under different headings, but not everyone could go that far even. Else various forms of secondary education were available. There was a so-called civic school for 4 years, offering further education to those who did not want to, or were unable to study beyond that grade. The other alternative was the secondary school in the current sense of the term, with a tuition period of 8 years, up to the age of 18. Grammar schools, special grammar schools offering training in the so-called ‘realities’, upper commercial schools and teacher training colleges belonged to this group. There were 285 secondary schools, of which 226 were grammar schools with a student population of 149 thousand. Only a fragment of the age group could attend these schools. The secondary school (in a broader sense of the term) was the institution of elite education.
On top there were the 16 universities with 13 thousand students. It was the fragment of the fragment.
The governments of Hungary after World War II made efforts to broaden the operation of the educational system as well as its influence. In 1946 the completion of the 8-year ‘primary schools’, replacing the 4-year elementary ones was made compulsory. Practically the entire age group between 6 and 14 attended those schools and the number of pupils was between 1.2 to 1.3 million. Their standard, however, remained rather uneven all the time. The concept of secondary education also changed. Since 1946 it is a 4-year education that is called secondary, following the completion of compulsory primary education. The number of secondary schools increased from 285 to more than 500, and the number of students approached 400 thousand. Nevertheless, distinction within the type of secondary education remained rather great. The pupils of the grammar schools constituted the upper ‘caste’; their number was between 270 to 280 thousand, representing only 20% of secondary school students, but 70% of the university students came from those institutions.
University education was also broadened. In the late 80s there were almost 60 institutions of higher education, including 18 universities. The number of students increased from 13 thousand to more than 100 thousand, yet it covered only about 10% of the respective age group. Thus, despite all efforts, the system of teaching and education was unable to break out of the inherited system which excluded by its very existence a significant part of the new generations from the opportunities of catching up. Naturally it lagged far behind the Western European educational system. The methodology of school education also did not change in a direction that would have enabled it to face the new challenges set by economic and social progress. The educational system should have moved in a direction where not only some standard set of knowledge was to be imparted but the young would be taught creativity, prepared for “life-long learning”, for a demand to acquire new skills and to learn the use of new tools all the time. Attempts aiming at it multiplied but they failed to reshape the entire system of education.
After 1990 the governments of Hungary were facing a dual task.
1. The transformation of public education is particularly important because it is here that processes of social and economic modernisation affecting the entire population have to be taken into account. Those processes include the problems of agriculture, the different features of regions, the effects of unemployment, demographic processes, the consequences of urbanisation, etc.
The hitherto rigid system of lower and secondary education had to be broken. Today there are the systems of 4+8, 6+6, and 8+4, existing side by side. The state monopoly of schools was eliminated, and today there are schools maintained by the state and local governments, by the Churches, by foundations and private individuals at every level. This is naturally accompanied by a free choice of school by the parents. An important element of the reform is the autonomy of schools, and the abolition of the one-scheme, centralised education. Today there is no compulsory curriculum, and the National Basic Curriculum (NAT) may be freely applied.
Yet the distance between the ‘higher’ and the ‘lower’ levels is still too big. Surveys also support this statement. The best of Hungarian students participate in various international competitions with great success, and in this respect we are on the international level. At the same time we lag behind the European average as far as the general level of education is concerned.
2. There has been a major change in higher education as well: more than 40% of the respective age group participates in university or college education, and it corresponds to European norms. In order to achieve it the university system itself had to be transformed. In keeping with the so-called Bologna requirements education is being developed into a three-tier one, the first three years would be the college level, the fourth and fifth years would be the university level, to be followed by postgraduate training. A smooth implementation of all this, however, requires a significant reorganisation of the university and college organisations, and that process has not yet been completed. New universities and colleges were established, including ecclesiastic, private and foundation ones. Mergers and splits have taken place in the interest of establishing a healthy network of the state institutions of higher education. The teaching materials and methods have been modernised. The necessary steps have been taken in the interest of creating a modern university system.
In view of all that has been achieved, the attention of the coming years may be hopefully focused on the issues of content and methodology of education.
Begegnungen25_Varga
Begegnungen
Schriftenreihe des Europa Institutes Budapest, Band 25:67–82.
GYULA VARGA
Situation and perspectives of the Hungarian agriculture in the European Union
The starting point
Hungarian agriculture still struggles with the difficulties of transformation and this struggle will probably only end a few years after the EU accession. The reshaping of ownership and the privatisation phase regulated and “dictated” by laws has been completed and private property is prevailing today. 94-95% of agricultural territories and 41% of forestland is private property. The secondary transformation of ownership has just started. We expect not only the strengthening of the ’normal concentration’ process from this but the correction of the serious mistakes deriving from the ill-advised compensation laws and the ideology-driven transformation of agricultural plant units. In addition, it is distorted again, since the law excludes legal personalities from acquiring property.
The difficulties of transformation have merged with the enhanced worldwide rivalry of agricultural products, the increasing competition and intensified protectionalism of the past years. In this struggle it is more and more difficult for the Hungarian agriculture to hold on as it has to face serious competitiveness problems. Due to the low producer incomes the technical equipment of agricultural enterprises units has deteriorated, and the differences between producers have grown to an unhealthy extent (this applies to equipment and incomes, as well). Though the level of state subsidies is significantly lower, about one third of the EU average, this budget expenditure adds up to a serious amount. Above all this their allocation, is mostly not carried out with respect to economic aims, supporting competitiveness and effectiveness, but on the basis of social considerations (by introducing measures aiming to improve the disadvantageous situation of the countryside) and in order to ease the agricultural damage, mostly afterwards.
Moreover, the influence of party politics has become stronger in recent years, so the utilisation of subsidies is inadequate, as well. The agricultural policy of the past years was characterised by the increased preference of smaller producing units and a negative discrimination of large-scale agricultural enterprises. The landsize-based subsidising of smaller farms was above the average while farmers with a land larger than 300ha were entirely excluded from these subsidies. On our way to the EU – and knowing the consequences of the accession on the Hungarian producers this is not just a mistake but a true sin. Many smallholders have to face the fact that though “small is beautiful”, it is uncompetitive and that all the demagogue promises were merely boasting and irresponsible deception.
Hungarian agricultural production is characterised by a gradual loss of ground within the national economy. This partly coincides with the world tendencies since the share of agriculture decreases all over the world as far as its contribution to the GDP, the labour market and foreign trade is concerned. However, the Hungarian situation is unique in the sense that the absolute values of agricultural performance are also decreasing. (Fig. 1 and 2) Since the political transition Hungary’s share in the world’s agricultural production subsided to the half. Neither our economic nor our natural conditions justify such an enormous loss.
The system of agricultural enterprises and conditions of land utilization
The EU’s agriculture, which is governed by a conscious tradition-bound agricultural strategy supported by significant financial means, proceeds fast and irreversibly (often deviating from its proclaimed principles) on the path of modernisation and, consequently, that of concentration. The traditional family farm model is about to break up or is at least in transformation. The majority of full-time family farms are not smallholders any more but rather enterprises of considerable financial means with a size above that of several Hungarian large-scale farms. Is the direction of the Hungarian agriculture’s development right? Did we have a realistic image of the future a few years before the planned EU accession taking the current EU processes into account? Unfortunately, the answer for these questions is a definite no.
Through the social-economic changes that took place at the beginning of the 90ies and the enforcement of the consequent legal regulations, the agricultural enterprise-corporation structure of went through a fundamental transformation. This, however, had certain antecedents, since in Hungary (in opposition to other then socialist countries) it was not only the legal system that was ready for the political transition but the agriculture, as well, where the ownership and management structure was already in transformation. Therefore, it is regrettable that the political forces at power from 1990 did not continue this reform process. The years-long stagnation, the compensation process that failed to take economic factors into consideration, and an agricultural policy against large-scale farming all together resulted in the disappearance of the Hungarian agriculture’s advantage.
At the end of 2001 there were about 38 000 economic organisations (corporate and private enterprises) in the Hungarian agriculture, forestry and fishery. The number of earlier predominant agricultural co-operatives decreased radically by the turn of the millennium due to economic bankruptcy, the will of the members or their ‘flee’ into other organisational forms (e.g. joint stock companies) in order to avoid discrimination. Small-scale enterprises are predominant today among agricultural organisations functioning as legal entities. Three-quarter of them employ less than 9 people and the rate of those employing more than 50 people is only 8%.
We can briefly summarise the changes in the proportion of different users of the country’s whole territory and arable land1 as follows:
– The number of legal corporate bodies has multiplied and the size of cultivated agricultural and forest land increased by about 20%. The average land-size of companies, however, decreased from 16 000 ha to 600 ha.
– The number of agricultural co-operatives also decreased from 1400 to 900, but instead of the earlier 60% only 10% of the country’s territory is under cultivation today (on average 900 ha instead of 3700 ha).
– The number of individual farms, which are interpreted in a peculiar way in Hungarian statistics2, decreased heavily from 1.4 million to 960 000 between 1989 and 2000, but the size of land under farming is now four times larger than earlier, and comes to 50% of the country’s cultivated land. In addition, their territory increased from 1 ha to 4 ha on average.
If we define the lower limit of agricultural enterprises in 1 ha agricultural land or 0.3 ha plantation following others’ example, we can have two important groups of individual producers. 690 000 farmers belong to the group under 1 ha with an average of 0.4 ha, while the number of those over 1 ha decreased to 270 000 with an average territory of 14 ha.
In fact, these data have to be treated cautiously. Agricultural organisations and co-operatives have been forming further companies, so their number can be multiplied. In the case of “individual farms”, the taxation and subsidising system of the past few years that favoured small enterprises, encouraged farmers to conceal parts of the actual production figures, and to create units that existed only on paper. Producers “divided” larger farms receiving lower subsidies into smaller units. In line with this, the farming system in Hungary is not as scattered as one would think on the basis of the given data, but there are many unreasonably small production units that are not viable. These shouldn’t even be called agricultural “enterprises”. The so-called bipolar order of the agricultural enterprises system lessened significantly in the past decades. Thus, while there used to be many small farms and few larger ones, and little land belonged to the small farms and much to the larger ones, today the middle layer became more significant. This applies rather for the distribution of land than the number of production units.3
The size of the numerous smaller farms did not change fundamentally due to the legal and economic conditions that had led to the scattering of larger agricultural companies in the 1990ies. Self-supplying smaller farms have always played an important role in the history of Hungary, both beside feudal estates and as household farming plots of members of agricultural co-operatives but never with the intention of making an own living. After the political transition4, however, several individual farms were established with the intention of providing a living for families, though their size and lacking equipment was insufficient to achieve this goal.5
It is clear from the analysis of data that the majority of agricultural producers pursues self-supplying cultivation. Half of these farms produces less than 200 000 HUF (800 euro) in a year. If we take only 25% of this as an income, in a year we get the monthly amount of the Hungarian minimum wage. If we draw the limit at the more rigorous production value of 500000 HUF (2000 euro) in a year, 80% of producers will fall into this group and their income production is not more than 10000 HUF (40 euro) a month. Thus, this production adds up to only a minor proportion of the family’s food consumption and leaves no resources for development, or the purchase of equipment, i.e. an agricultural enterprises-like operation.
This should be paid special attention to with respect to the European Commission’s recommendation, according to which the so-called semi self-supplying farms should get special subsidies so that they can be viable. I assume that the social benefit of 750 euro that later increased to 1000 euro can help many people, but it is incapable of enhancing a competitive operation and achieving agricultural enterprise size.
Human and technical resources
The “liberalisation” of agricultural workforce started later in Hungary than in other European countries, where this process took place earlier, but went off in powerful, almost explosion-like phases. The occupational proportion of agriculture, which was 52% in the 1950ies, subsided to 30-35% at the time of complete collectivisation (1960) and steadily decreased till the political transition to about 12%. At this time, however, larger farming enterprises were characterised by the ‘multifunctionality’ that was recently discovered in the EU, and only 5-6% of the workforce was occupied in so-called side-branches (industry, trade and services). During the transformation period these occupational areas got out of agricultural organisations, moreover, they mostly disappeared completely and contributed immensely to unemployment in villages.
Recently (2003), 6.2% of full-time employees works in agriculture. The decrease of their number is still going on, though somewhat slower than before. Territorial differences are significant: the proportion of workforce occupied in agriculture is: under 2% in the Central-Hungarian region, around 10% in the southern part of Transdanubia, but almost 15% in the Southern Plain. This is, however, not because of the local prosperity perspectives of agriculture, but due to the lack of alternative occupational opportunities.6 It is worth mentioning that the agricultural land-size per full-time employees is 15% above the EU average, which indicates that the fears of migration are not justified.
For decades Hungarian agriculture was characterised by the high proportion of unskilled or trained workers and highly qualified skilled workforce, as well. After the political transition the majority of skilled workforce left the agricultural sphere, while many of the unskilled workers lost their jobs. Their occupational problems are the most difficult to solve and they are the least likely to get qualification for a new profession. 8% of people occupied in agriculture has a college degree and 58% has a secondary school degree.
Technical development, primarily mechanisation, stood in the focus of the Hungarian agriculture’s “European closing-up process” that started in the second half of the 1960ies. However, the disastrous recession originating in the stagnation of the mid-1980ies and other outer and inner reasons concomitant with the political change, led to the result that the performance of agriculture and the conditions of its technical fundaments are far below the level that would be reasonable on the basis of its economic and ecologic potentials. As far as the renewed closing-up is concerned, the market position and revenue conditions of agriculture are less advantageous now than in the 1980ies, which also applies for the company framework that should incorporate and handle development.
Such differences are to be observed in the machinery and the utilisation of machines that vary from the “Asian level” to the most up-to-date equipment standards of the agricultural enterprises of the most developed countries’, determining quality and all other competitiveness parameters. Today, the age of machines used in agriculture is twice as much as the normal lifespan: 29 years on average for engines, for example. The machinery has been gradually growing older and older for decades, and this tendency only stopped in 2002 and 2003 with the equipment modernisation trends based on state subsidies and the Sapard program.
As the producers reduced the most easily saveable expenditures first, the use of fertilisers subsided quickly due to the uncertainties of the financially troublesome, long transition period. It has already decreased by more than 50% from 1980 to 1990 and again by 50%. The total amount of utilisation measured in agents increased to 50-60kg/ha, which indicates that this undesirable “saving” tendency will continue. The use of organic dung dropped due to the reduced number of livestock, and the specific indicators of the nutrient-supply outline a very disadvantageous situation.7 Therefore, the outputs of cultivation are even more exposed to the radical weather conditions of the past years, and decreased to a level experienced 25-35 years ago. Since there was less and less land under cultivation with irrigation plants and irrigating devices due to the compensation and the transformation of many large-scale agricultural enterprises, the more and more necessary artificial precipitation substitution lessened to one half of its previous level in 10 years. Thus, the chances of drought damage increased heavily.8 Dispersion and fluctuation indicators of average crops increased by 20-50% in wheat production and multiplied at maize. This is one of the main reasons of the intensifying problems at producer markets. This means that there aren’t any short-term chances for the fast recovery of production. Our task is, therefore, to modernize the technical background and consolidate the economy in the coming years.
After all this it might seem surprising that in the 1990ies the agricultural export exceeds the import in spite of the drastic decline of production and the strengthening of the competition on the world market9, which makes Hungary unique among post socialist countries. The fact that we have lost the main market of mass products, the Soviet Union and its newly independent successor states, increases the value of the achieved result, especially since this loss is still prevailing. Another positive aspect is that we could accomplish a successful market change at a number of products and could adapt to the altered quality needs (e.g. 40% of pork export went to the Japanese and Korean market in 2002).
The first among negative aspects is the decrease of consumption in the domestic market. Secondly, we have to mention the considerable instability of export. Neither the quantity of the export of certain products, nor the target countries are stabile, which comprises uncertainty and defencelessness.
As far as Hungarian agricultural markets are concerned, Europe’s dominance (around 90%) remained in the 1990ies and the 15 EU Member States bought 50% of the Hungarian export in 2001-2002, similarly to 1991-1992. The EU’s proportion in the import increased from 40% to 47%, in which the 1991 Association Agreement played an important role. Our most important export goods are meats, fresh and processed vegetables and fruits, and wheat (depending on the actual crop).
Delicate points of the accession negotiations
Agriculture has a rather small proportion in the production of the Hungarian national income. Its social significance, however, is indisputable, similarly to its gradually decreasing importance in the revenues of people living in the countryside (as an additional source of living). We mustn’t forget that for many people this is the only chance, the “last straw” that keeps them within society. These people do not produce much income but at least do something useful.
Exaggerating the significance of the agricultural issue is, in fact, against the interests of agriculture. It accelerates unnecessary fears in the EU’s peasantry and in Hungary, as well. This can be clearly seen on the mutual fears reflected in the results of public opinion polls. The precautions that are being taken now, at the beginning of 2004 by the EU against the “cheap inflowing workforce” aim to conceal inner problems, have a negative effect on the public feelings, and cannot be called correct and ensuring measures. In Hungary the same political opposition accuses the government with absurd assertions that carried out negotiations with the EU from 1998 to 2002 and came to an agreement in most issues (among others the questions concerning migration). The population is more and more startled to hear that we are going to be excluded from EU subsidies, we are meant to be the poor relatives from the East, who are condemned to play second fiddle. The standpoint of Hungarian governments has been clear and unambiguous for years: by accepting obligations we regard our share of rights evident and demand equality.
The basic attitude of the EU at the negotiations was to extend the intervention and quota-based Common Agricultural Policy (CAP) on acceding countries, except for one of its key elements, the direct income subsidies. Instead of the earlier rigid and refusing standpoint, the emphasis slowly shifted to compromises and gave ground to the bargaining process. Instead of refusing direct subsidies the representatives of the EU recommended the reduction of the EU expenditures deriving from the extension of the system on new Member States. However, as far as the related basic figures (reference output and quotas) are concerned, the EU refused to take the earlier state of the Hungarian agriculture as a starting point instead of the present “abnormal” situation that emerged after the political change through the previously outlined tragic decline. The ground of the reasoning was the “plan-based economy”, which was rather pharisaic, since the CAP involves more elements of this system today than the agricultural policy of Hungary in the 1980ies.
The agreements
In the evening of 13th December 2002 the Hungarian government closed (as last among candidate countries) the bargaining process of the accession negotiations10, the debate about agricultural issues came to an end. We achieved what could be achieved on the basis of the EU’s offer (with a few alterations) and, as all other acceding countries, we had the accession itself in sight and not the tight-fisted subsidies. We understood that the EU Member States do not wish to spend more on the enlargement. This historic moment was somewhat deprived of its glory and euphoria through these niggard financial bargains, but everybody was relieved. The EU was not forced to raise the amount of direct subsidies from 25% (which would have been 0% according to the original plans). The acceding countries got permission to supplement the subsidies for producers with 30% from national resources. Hopefully, this saved Hungarian agriculture from the disastrous competition detriments and the EU from a spectacular failure at the agricultural markets of new Member States, which was a potential concomitant of the accession.
On the basis of the EU’s decision, the newly acceding countries, like Hungary have lost their chance on their accession negotiations to achieve agreements based on their actual individual performance and the success of their adjustment. The EU returned to the old block-attitude, which is rather disadvantageous for the more prepared candidates and helps the underdeveloped countries. Solidarity, though it was very often mentioned, only partly applied for the acceding countries. From the EU’s side the lack of will was to be observed for the equal treatment of newcomers, but we have to admit that, in opposition to earlier enlargements, it was accompanied by the lack of financial resources. The acceding countries had no other choice but to strive for the best possible positions throughout the discussions and then accept the offers.
The national interests of candidate countries are rather different from each other and from the old Member States, as well. The agricultural values of Hungary, for example, show many differences at the point of the decision about direct subsidies. Due to our specific agricultural structure this is the most important subsidising form for Hungary. We must make it clear that the critical remarks, according to which the Hungarian negotiators only concentrated on gaining direct subsidies and thus, lost other possible advantages (e.g. for rural development etc.), are not true. The EU’s delegation worked with consistent guidelines and the same statistic method to calculate the basic figures, and applied basically the same principles at the quota system for the 10 acceding countries. The delegation of the Hungarian government may also take it as a compliment that they achieved much more advantageous accession conditions than the ones formulated in the EU’s offer in January 2002. It is, however, certain that the EU left no opportunities for “individual fights“ and the conditions of the accession are the same for all acceding countries with the only difference that the resources of rural development are defined in inverse proportion to the countries’ development level.
Thus, the final conditions of the accession are much more advantageous for the Hungarian agriculture than remaining outside the Union or a later (uncertain) accession would have been. The lines on the present condition of the Hungarian agriculture may also illustrate how random and irresponsible the slogan „There is life outside the EU” was – especially at the time of negotiations. If we take the most important decisions into account, we could briefly formulate the following statements:
– 1. A very important element of the agricultural policy of the EU, the protection of the market and the internal market regulations, including interventions and related prices apply for each acceding country in equal measures to the old Member States.
– 2. Quotas are the most market-distant elements of the EU’s agricultural regulations and recall the planned economy. Quota-related debates were easy to solve in cultivation, since the use of land has not changed much in the past 10 or 20 years. The situation is completely different in the quota-related branches of livestock breeding, since a radical reduction has taken place in stock, milk and meat production in Hungary since 1990. As the EU was not willing to accept the more favourable agricultural situation of the 1980ies as a starting point in either of the acceding countries, we had to put up with a milk quota that foreshadows limited possibilities for the future11 and with a limited cattle and sheep stock that indicates low increase in resources. The only one to blame for this could be the governments of the past 12 years that were unable to take the future-determining negative effects of the production reduction into account, and did not spend their resources on the right aims.
– 3. Taking the year 2001 additionally into account, we could correct the Hungarian reference level that is closely connected to the quota of land-based direct subsidies to 4,73t/ha, which can be considered advantageous. Debates on quotas and reference levels were characterised by obscurity and ambiguity from the beginning of negotiations. All official statements of the EU proclaimed that new members are not automatically entitled to it. Still, they accepted, in fact they demanded the accession documents, in which we formulated these needs and lead negotiations about clearing technical issues! The EU suggested only in the last phase of negotiations that after the first year’s reduced 25%, new Member States should get the gradually increasing amount of direct subsidies within 10 years. Moreover, the EU agreed to allocate an additional 30% from national resources to this 25% in the last moment.12 This practice indicates that the transition period, i.e. the achievement of the total amount is reduced to 6 years from 10 years and Hungarian farmers can have 55% of the subsidies of their EU fellow-farmers already in the first year. The producers of new Member States certainly need this, since it is not only their income but also their expenditure that increases.
– 4. The subsidies of livestock breeding, supporting only cattle and sheep breeding directly, are different as far as their form is concerned but their effects are similar.13 A content-related difference is that the amount of allocated direct subsidies is not comprised of land and reference productivity but on the basis of the stock number .
It is worth to make the extension to what we have said so far about direct subsidies that they constitute the “the largest bit” (73%) of the 400 billion HUF that can be achieved in 10 years. This source, however, can only be exploited if, for example, the livestock reaches the upper limits of the determined quotas. In addition, EU sources for market support run to 11%, and 16% for modernisation as part of rural development, which means an agricultural subsidy of 105-110 billion HUF.
How did Hungary come off?
It is worth to devote some time to the facts and the potential economic and agricultural consequences, as well, not only because there have been sharp and unsubstantiated critical remarks, especially at the turn of 2002 and 2003, about the end results of the Hungarian negotiations, according to which “we came off worse than the Polish” or “we got much less than the old Member States”14, but primarily for being able to judge our future more objectively.
Firstly, we have to mention that the negotiations were based on the Hungarian recommendations submitted in the previous government period and even the person of the main negotiator remained the same. Secondly, we should point out that the EU’s system of agricultural subsidy standards, e.g. the crucial decision on the 25% base of direct subsidies, applies equally for all acceding countries. Thirdly, old and new Member States are paid equally on the basis of the reference output (e.g. 63 euro/t at GOF plants).
Agricultural subsidies are settled on the basis of the production’s volume and its earlier achieved level and not with respect to the country’s population or the number of people working in agriculture. The notion, according to which we receive much less than Poland, for example, proves either the lack of proper knowledge on the situation, or the intention of deception. Very eloquent are the figures comparing the level of agricultural subsidies of the four most significant acceding countries (Fig. 3.) It is clear from these figures that Hungary does not receive fewer subsidies than other “competing” countries – on the contrary!
A source of misunderstandings (and misinterpretations) is that the amounts intended for rural development are often compared individually, i.e. out of context. At this point, the proportions are indeed different from the final agricultural subsidies among acceding countries, but the sums are also different, much smaller. In this subsidy group smaller countries are favoured, which means that per capita they get almost 2.5 times more from this fund than the Czech Republic or Hungary. Figure 4. shows the proportion of rural development funds among countries.
The Hungarian subsidy level is far above that of some old Member States (preceding Portugal, Finland, Spain and Italy) and reaches the first two already in the first year. This, however, cannot be attributed to the “victory that Hungary achieved” in the negotiations but acceptable wheat yields, partly remaining from previous years.
Which consequences shall the producers reckon with?
After the accession the so-called simplified disbursement system of subsidies in the land utilisation and the relative profitability of the different branches will bring along significant changes. In addition, the territory-based subsidies are going to increase steadily for 10 years, product-based subsidies will remain the same for 6 years and will gradually seize to exist in four years.
– The secure wheat market (with its sale and price guarantees), the significant support and the deletion of obligations on fallow farming bring the branch into a very favourable position, which was already the most competitive part of the Hungarian agriculture.
– Plantation cultures and the actually utilised lawn lands benefit from the advantages of the before unexpected EU subsidies. The amount of subsidies quadruples in 10 years (from 16-17000 HUF to 65-70000 HUF/ha). Lawn farming gets a great chance for modernisation.
– Part of the direct subsidies of the so-called GOF plants (wheat and oil crops) “roams” to other areas, but those of livestock breeding branches come here, too. The 20-23000 HUF/ha subsidy that is to be paid from Hungarian resources, is added to the previous amount.
– Since the only condition of territory-based EU fund subsidies is keeping the land in culture condition more and more plough-land will be worth using as lawn, forest or fallow land.
– Cattle and sheep breeding “come to grief” with this system of re-distribution, by the allocation of the Brussels resources on agricultural territory and gets to the same level as pig and poultry breeding. At the same time the whole agricultural sector receives more support since the amounts deriving from all the quotas can be distributed irrespective of the actual number of animals.
– The subsequent disadvantages of livestock breeding can be compensated by the reduction of production costs or, even more preferably, the improvement of meat stock quality, which promises a serious increase in the price of meat products. Since the proportion of small-scale production units is significant at these products, the key and condition of the solution could be the alliance and collaboration so eagerly “contraindicated” in earlier agricultural policies, and the strict enforcement of contract discipline.
– We cannot deny the danger of the narrowing of livestock breeding, which is already at its nadir. This danger is reduced by the extra subsidies that cattle and sheep breeding receives from the so-called “national envelop” for 6 years. The question is whether there will be enough political strength and will to use the resources only for modernisation and transition and not for aiding those who lag behind and cannot hold on in the competition.
– The EU accession also sets the Hungarian land market in motion. Direct subsidies have already begun to impose their effect on this politics-stricken area, firstly and more intensively on rents, somewhat slower on the price of land.
How shall we go on?
Hungary’s whole economy, institutional systems and society are well prepared and getting ready for our accession to the EU with confidence. Within this positive image we must evaluate the situation, expectations and preparedness of the agriculture and people living in the countryside much more subtly. The country did not manage the values of reform measures taken in the 1980ies well, and most of its advantages were squandered by politics. People living from agriculture have lost the most, and won the least through the economic and social transformation. While the industry went through a fundamental structural transformation that resulted in closing up to the developed countries in many areas, primarily following the investments of foreign capital in Hungary, this change did not take place in agriculture. The changes and structural transformations were not driven by conscious actions but rather constraints due to the lack of resources, and by obsolescence instead of renewal. Foreign capital was completely ousted from the transformation process of agriculture – largely because of Hungarian intentions and ideological considerations based on the demagogic notion that the “homeland is not for sale”. We could still help a lot by modern rental constructions.
Accession is awaited by a Hungarian agriculture that sees a life-belt in the EU’S agricultural policy, but it is aware, rightly, that this will not be able to help the small-holders who would need it most desperately. The EU resources that aim to help the rural development and the closing-up of people living in a disadvantageous situation, together with the Hungarian budgetary resources, make the creation of a competitive, environment friendly agriculture and the improvement of equal chances for the countryside more realistic than ever. This is one of our most important economic and social tasks. For this, however, beside money and will we also need understanding, cooperation and social peace. Instead of fighting we need to have conciliation in the fundamental goals, and everybody can gloss over the details to taste and discretion.
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Notice
1
Source: Structural changes of agriculture in the 90ies. Central Statistics Office (CSO), 2003.
2
The criterion of individual farming is to have 1500 m2 agricultural land, 500 m2 plantation, one horse, cattle, pig or sheep, or 50 poultry, 5 bee families etc.
3
Source: István, Kapronczai (ed.): A magyar mezőgazdaság az adatok tükrében a rendszerváltás után. AKII Agrárgazdasági Információk 2002/5.
4
Hungarian economic literature tends to use the expression ”forced contractor” often, which indicates that somebody displays an own economic activity because he has no other choice. If a well-operating agricultural co-operative winds up in a village, in the lack of other possibilities the people working in it have no other choice but to start agricultural production on an individual, own or rented land.
5
This rather loose limit led to a number of misunderstandings in the Hungarian public opinion and among European experts, since hearing or listening about the „alarmingly high number” of agricultural producers, they conclude that there is a danger of latent migration.
6
Source: The regional timelines of the workforce survey 1992-2000. CSO, 2000.
7
Economic corporations cultivating on almost half of the agricultural land use organic dung only on 60-70 000 ha and the situation is not much better on private farms.
8
In 1990, 205000 ha of land were under irrigation; in 1998 this number was 119000.
9
The data are taken from the FOOD system of Kopint-Datorg processed in the Ministry of Agriculture and Rural Development.
10
This point is about the Copenhagen Agreement signed on 18th December 2002. Although the recited data were modified because of the later definition of the disbursement method, and the 25% EU and 30% Hungarian subsidies get to the producers on two channels, it is crucial to know them in order to be able to understand the concrete subsidising methods. The data are from various publications of the Ministry of Foreign Affairs and the Ministry of Agriculture and Rural Development.
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The cow-stock decreased from the 630000 in 1990 to 380000, the milk production from 2.8 billion litres to 2.1 billion, and the low level of milk consumption further decreased to 150 litres per capita, which raises serious public health concerns.
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The Poles did not choose this opportunity, because of liquidity problems, but asked for being able to redistribute money from the EU’s Structural Funds. We did not use the Structural Funds for this purpose, similarly to other acceding countries, and stipulated the system of added national resources in contrast with earlier EU regulations.
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Pig and poultry breeding follows only the trends of the market, though these branches may also get certain subsidies for primarily investments aiming at environment protection and veterinary welfare.
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The first notion is not true, but the latter is well-known and everybody took it into consideration in advance.