Begegnungen...
Einführung
Begegnungen...
Mit diesem Titel haben wir das Periodikum des Europa Institutes Budapest vorbereitet. Damit soll der Prozess der Vereinheitlichung Europas auf dem Gebiet von Kultur, Wissenschaft und politischem Denken unterstützt werden! Sowohl hinsichtlich der Wirtschaft als auch menschlicher Beziehungen ist im Laufe dieses Prozesses all das zu fördern, was dazu beiträgt, dass Ungarn und die Länder der Region Mittel-Osteuropas ihren Platz in dieser Einheit finden. Es dass dazu beigetragen werden, dass die Intelligenz der ost-mitteleuropäischen Region jene politischen Institutionen findet, welche die Rahmen des alltäglichen gesellschaftlichen und politischen Lebens kompatibel zu den gesamteuropäischen politisch–gesellschaftlichen Institutionen gestalten.
Dieses Ziel schwebte den Stiftern vor Augen, als man die Gründung des Institutes beschloss und die Zielsetzungen der neuen Institution festlegte. Im Oktober 1989 wurde der Vorschlag zur Gründung eines Europainstitutes seitens des Autors dieser Zeilen gegenüber Prof. Dr. Dr. Herbert Batliner (Vaduz/Fürstentum Liechtenstein) geäußert. Herr Batliner griff den Vorschlag begeistert auf. Die von ihm präsidierte PeterKaiserStiftung beauftragte daraufhin Prof. Dr. Alois Riklin (Universität St. Gallen/Schweiz) mit der Abklärung der Idee. Innert zwei Monaten erarbeitete Herr Riklin zusammen mit Prof. Dr. Károly Manherz (Budapest) die rechtlichen, organisatorischen und finanziellen Grundlagen der Institutsgründung. Gestützt darauf sicherten der Stiftungsrat der Peter-Kaiser-Stiftung sowie Herr Batliner persönlich die Vergabe eines substantiellen Beitrags zum Stiftungskapital zu. So konnte die Stiftung Europainstitut Budapest am 13. März 1990 in Wien gegründet werden. Im Mai 1990 konstituierte sich zunächst der Stiftungsrat des Europa Institutes Budapest, im Juli dann der Wissenschaftliche Beirat. Und ab September folgten bereits die Veranstaltungen...
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In Budapest ein Forum gewähren – ungarischen und westeuropäischen Intellektuellen. Ein Forum all jenen zu sichern, die nach dem Zerfall des Sowjetsystems etwas für die europäische Integration der Region zu tun wünschen. Vorträge werden organisiert, an denen sich ausländische und heimische Wissenschaftler beteiligen. Konferenzen finden statt, anlässlich derer darüber debattiert wird, was im Zusammenhang mit dem vereinten Europa und der Integration Ungarns zu tun ist. Treffen der Intellektuellen untereinander sind zu veranstalten – sollen sie doch ihre Meinungen austauschen, sich gegenseitig persönlich kennenlernen. Sei doch das Institut eines der kleinen Rädchen im Getriebe der „europäischen Integration der Vernunft”...
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Beseitigen wir also jene Spannungen, die in den Gesellschaften Mittel-Osteuropas zu Explosionen führen können. Viele glaubten zum Ende des Sowjetsystems: wir führen die Marktwirtschaft und das Mehrparteiensystem ein – und das Ergebnis ist: „der Osten holt den Westen ein”. In Wirklichkeit ist alles anders – sagten wir im Herbst 1989. Auch in den Köpfen muss sich etwas ändern, an der Denkweise, am System der Gepflogenheiten, wenn wir in diesem Teil Europas eine kultivierte Zivilgesellschaft zu gestalten wünschen. Falls wir nicht dazu beitragen, soziale, nationale und sonstige jahrhundertealte Gegensätze zu überwinden, kann hier in Ost-Mitteleuropa der gesamte Prozess der Vereinigung Europas zum Stillstand kommen – sagten wir! Es folgten die Jahre 1991–1992, ethnische, konfessionelle und soziale Konflikte nach dem Zerfall der Sowjetunion, später dann die Trennung der Slowakei und Tschechiens sowie schließlich der Bürgerkrieg in Jugoslawien – und diese Ereignisse haben die Aufmerksamkeit der ganzen Welt auf unsere Region gelenkt.
Das Europa Institut Budapest hat also in seinen vier Wänden ein solches Forum zu bieten, das einen Treffpunkt für die führende Intelligenz der Völker der Region Ost-Mitteleuropas darstellt. Es sei ein solcher Ort, an dem sich die leitenden Intellektuellen selbst dann an einen Tisch setzen, wenn die Politiker gerade nicht einmal zu Verhandlungen miteinander bereit sind.
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Es ist der jüngsten, sich der Wissenschaft verschreibenden Generation in Budapest ein Treffpunkt zu bieten; eine solche Institution zu organisieren, in welcher man miteinander lebt (Wohnheim-Prinzip), in der man Vorlesungen zur Thematik Europa hört, wo man sich an Seminaren beteiligt und Wissenschaftler kennenlernt, die aus den verschiedensten Gegenden der Welt nach Budapest kommen.
Das Europa Institut Budapest möge den jungen Gesellschaftswissenschaftlern, den postgradualen Studenten Heimstatt und Treffpunkt gleichermaßen sein. Und das Institut möge die noch beeinflussbare Jugend formen, um sie geistig und human aufgeschlossen zu gestalten, sich gegenseitig achtend.
Nach dem Europa der Kriege sollte ein Europa der Toleranz vorbereitet werden. Ein bescheidener Beitrag dieser mühsamen Arbeit sollte von der Werkstatt” des Institutes geleistet werden.
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Diesen Titel gaben wir der Schriftenreihe unseres Institutes. Pläne und großzügige finanzielle Investitionen sind aber allein dann etwas wert, wenn zwecks Anstrebens der Ziele Menschen und menschliche Absichten mobilisiert werden können. Und bei unseren Zielen handelt es sich allein dann um reale, wenn sie von den Menschen selbst als ihrigen angesehen werden – wenn unsere Ziele und menschliche Interessen aufeinander treffen.
Das Europa Institut Budapest ist eine Institution der Begegnungen. Treffpunkt jener Intelligenz (Professoren, Studenten, Politiker, Forscher), die mit dem alltäglichen Meinungsaustausch, dem sich selbst und andere formenden Gedankenaustausch die moderne europäische Intelligenz gestaltet bzw. Zeuge ihrer Geburt ist...
Budapest, 30. April 1994
Ferenc Glatz