HORST HASELSTEINER EMLÉKKÖNYVE
Europa Institut Budapest • Budapest 2012. 29–30. p.
KÁROLY B. SZABÓ
Geschichte hautnah erleben
Meine Begegnungen mit Professor Haselsteiner fanden meistens unter ungewöhnlichen Kulissen statt. Ich habe mehrmals den Auftrag erhalten, Professor Haselsteiner vom Bahnhof abzuholen, als er zu Konferenzen des Europa Institutes nach Budapest gekommen ist. Ich muss gestehen, es war für mich eine Aufgabe, auf die ich mich gefreut habe. Denn die Entfernung vom Ostbahnhof bis zur Haltestelle „Astoria” bot eine gute Gelegenheit für Professor Haselsteiner, eine Geschichtsstunde aus dem Stegreif zu veranstalten. Er erzählte Anekdoten, kleine Episoden aus der Zeit der Monarchie, die man vergebens in den Gesichtsbüchern suchen würde. Es sind wohl winzige Mosaiksteine, aus denen sich das große Bild der Geschichte zusammensetzt, und die wohl bestens geeignet sind, die Aufmerksamkeit für die historischen Ereignisse zu wecken bzw. die Zusammenhänge hinter den Geschehnissen der Großpolitik zu verstehen.
An den Konferenzen hat man dann erlebt, wie der Professor mit den erwähnten Mosaiksteinen seine Thesen untermauert, bzw. wie er begeistert seinen Vortrag hält. Für die Veranstaltungen des Europa Institutes war/ist charakteristisch, dass die Gespräche nach Abschluss des offiziellen Teiles der Konferenzen auch beim Abendessen fortgesetzt werden. Professor Ferenc Glatz hatte stets die Vorstellung, dass man über die Wissenschaft nicht nur in Konferenzräumen sprechen kann, denn oft entstehen Anregungen und Zukunftspläne durch ein Glas Wein. Das bedeutete jedoch keinesfalls, dass die Mitglieder der Leitung des Institutes ihre Aufgabe nicht ernst genommen hätten. Als stiller Beobachter und Zuhörer konnte man bei diesen Mittag- und Abendessen viel lernen. Im Europa Institut hat Professor Glatz als besonderes wissenschaftliches Genre bereits bei der Institutsgründung die Kaffeerunden – eine Art wissenschaftliche Werkstatt – eingeführt, in deren Rahmen die Professoren (Glatz, Nemeskürty, Hanák, Manherz, Suppan und Haselsteiner) und die damaligen Stipendiaten die Möglichkeit zu Vorträgen und zu den anschließenden Diskussionen hatten. An diesen Gesprächsrunden nahm Professor Haselsteiner auch eifrig teil und trug mit seinen Ergänzungen und Bemerkungen zur Fertigstellung mancher Dissertationen bei.
Nun, nach den Konferenzen hatte ich eine Haltestelle lang, als ich Professor Haselsteiner zum Bahnhof begleitete, wieder die Möglichkeit, mit ihm noch zu reden. Seine stets freundliche Art, seine Liebe zu Ungarn, seine Motivation zum Erfolg sowie zu der wissenschaftlichen Tätigkeit des Europa Institutes beizutragen, haben mich schon immer fasziniert. Wie im Titel des vorliegenden kurzen Beitrages angesprochen, hat man in der Anwesenheit von Professor Haselsteiner stets das Gefühl, dass man die Geschichte hautnah erleben kann.