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Begegnungen
Schriftenreihe des Europa Institutes Budapest, Band 11:315–336.

FERENC SZÁVAI

Probleme der Staatensukzession der Österreichisch-Ungarischen Monarchie1

 

In der jüngsten Vergangenheit konnten wir in der ehemaligen Sowjetunion, in Ex-Jugoslawien und in der Tschechoslowakei die Dismembration (Zerstückelung)2 des Typs der Staatensukzession erfahren. Es soll jetzt die historische Erscheinung „Staatensukzession” erläutert werden. Was aber bedeutet das?

 

1. Erklärung des Begriffs „Staatensukzession”

Im völkerrechtlichen Sinn definiert sich Staatensukzession als die Übernahme von völkerrechtlichen Rechten und Pflichten eines Staates durch einen anderen, was sich zumeist aus vertraglichen Regelungen ergibt.

Staatennachfolge ist dabei nicht ausschließlich die Nachfolge in die Stellung eines untergegangenen oder verkleinerten Staates, sondern umfasst alle Arten der Gebietsnachfolge (i. S. der territorialen Souveränität und Gebietshoheit), womit das Territorium eines Staates in den Mittelpunkt gestellt ist.

Schon früher gab es ein historisches Beispiel dafür, und zwar den Zerfall der Österreichisch-Ungarischen Monarchie.

 

2. Das Problem: Der Zerfall der Österreichisch-Ungarischen Monarchie

Militärische Niederlage und innere Auflösung führten im Oktober 1918 zu rasch aufeinanderfolgenden Absagen an die Österreichisch-Ungarische Monarchie, bzw. den Staat Österreich.

Im Gegensatz zur Intention des kaiserlichen Manifests vom 17. 10. 1918 kommt es jedoch zur Gründung neuer Staaten:

Tschechoslowakei (28. 10), Deutschösterreich (30. 10), Polen (11. 11), Kg. Ungarn (16. 11.: Ausrufung der Republik), der Serben-Kroaten-Slowenen (1. 12.: sogenannter „SHS-Staat”; ab 1929 „Jugoslawien” = Südslawien)3

Wie könnte man aber den Fall des Zerfalls der Österreichisch-Ungarischen Monarchie beschreiben?

 

3. Der Fall des Zerfalls der Österreichisch-Ungarischen Gesamtmonarchie

Das gegenwärtige Völkerrecht kennt drei Arten des Gebietserwerbs: Okkupation, Ersitzung (Präskription) und Zession.4

Die weitaus wichtigste Rechtsgrundlage des Gebietserwerbs ist die Zession, d. h. der Erwerb durch einen völkerrechtlichen Vertrag mit demjenigen Staat, von dem das Gebiet erworben wird. Der ganze Vorgang wird häufig auch als „Gebietsabtretung” bezeichnet. Am häufigsten aber finden sich Zessionsbestimmungen in Friedensverträgen.

Ein Fall der Staatensukzession ist bereits im vorstehenden erwähnt worden: die Gebietsabtretung. Wird nur ein Teil des Staatsgebietes an einen anderen Staat abgetreten, so findet eine Staatensukzession vom Zedenten zum Zessionar nur bezüglich des abgetretenen Gebietsteils statt.5

Der Fall der Staatensukzession nach einem Staatsuntergang ist scharf von dem Fall der rechtlichen Kontinuität eines Völkerrechtssubjektes zu unterscheiden. Bevor die Frage beantwortet werden kann, ob Staatensukzession oder rechtliche Kontinuität vorliegt, muss daher festgestellt werden, ob das alte Völkerrechtssubjekt untergegangen ist.6

Noch eine interessante Frage dieses Problems ist die Kontinuität und Diskontinuität der Staaten.

 

4. Diskontinuität der Staaten Österreich und Deutschösterreich

„Deutschösterreich ist ..... im Kreise der Staaten eine Neuerscheinung” (Merkl), es ist keine Fortsetzung des Staates Österreich, bzw. der Österreichisch-Ungarischen Monarchie. Für Deutschösterreich ist der Staat Österreich Ausland, wenngleich nicht im Sinne eines räumlichen Nebeneinanders, sondern einer zeitlichen Aufeinanderfolge.

Als ein somit erst 1918 neu entstandener Staat hat Deutschösterreich ebenso wie etwa der gleichfalls neue Staat Tschechoslowakei den Ersten Weltkrieg weder verschuldet noch verursacht und verstand sich daher, anders als die auf der Seite der Siegermächte in den Krieg eingetretene Tschechoslowakei, als neutraler Staat.

Anders Ungarn: Es betont bewusst die Kontinuität, versteht sich als – vorübergehend durch Siegerdiktat im Vertrag von Trianon – verkleinertes „Transleithanien” und kehrt 1920 wieder zur Staatsform der Monarchie zurück.7

Nur drei der sogenannten „Nachfolgestaaten” hatten vor 1918 in ihrem vollen Gebietsumfang Teil der Donaumonarchie ausgemacht: die Republik Österreich, die Tschechoslowakische Republik und Ungarn.

Sukzession- und Zedentstaaten des Staates Österreich waren: Österreich, Italien, Polen, Rumänien, der „SHS-Staat” und die Tschechoslowakei.

Sukzession- (Zessionar-) und Zedentstaaten des Staates Ungarn waren: Ungarn, Österreich, der Freistaat Fiume, Polen, Rumänien, Italien, der „SHS-Staat” und die Tschechoslowakei.

Bezüglich des zweiten Bereichs der Staatensukzession, der durch eine Konvention geregelt werden soll, hat die Völkerrechtskommission beschlossen, eine weitere Eingrenzung auf folgende Gegenstände vorzunehmen: Staatsvermögen,8 Staatsarchive und Staatsschulden.

Wenn ein Staat ein Gebiet erwirbt, so erwirbt er im Falle der Staatensukzession in der Regel gleichzeitig das Staatseigentum, welches auf diesem Gebiete gelegen ist. Aber welches Staatseigentum? Die Antwort: Das Eigentum jenes Staates, dem das Gebiet früher gehört hatte.9

Das wirtschaftliche Problem des Zerfalls und der Staatensukzession der Österreichisch-Ungarischen Monarchie waren die Verteilung der ehemaligen Aktiva und Passiva.

 

Tabelle 1.

DIE AUFTEILUNG VON ÖSTERREICH-UNGARNS TERRITORIUM
UND BEVÖLKERUNG AUF DIE SUKZESSIONSSTAATEN

Land

Fläche

%

Bevölkerung
in 1000

%

IM REICHSRAT VERTRETENE KÖNIGREICHE UND LÄNDER

300 004

 

28 572

 

  Republik Österreich

79 580

26,16

6 572

22,28

  Tschechoslowakei

77 834

25,91

9 843

34,30

  Rumänien

10 441

3,48

800

2,82

  Serbisch-Kroatisch-Slowenischer Staat

29 256

10,15

1 680

5,87

  Polen

80 390

26,77

8 352

29,30

  Italien

22 584

7,53

1 544

5,43

DIE LÄNDER DER HL. STEPHANSKRONE

324 411

 

20 886

 

  Trianonungarn

92 720

28,58

7 946

38,04

  Tschechoslowakei

62 937

19,40

3 576

17,12

  Rumänien

102 787

34,26

5 265

25,20

  Serbisch-Kroatisch-Slowenischer Staat

66 497

20,50

4 071

19,49

  Republik Österreich

5 055

1,56

392

1,87

  Freistaat Fiume

21

0,06

44

0,21

Quelle: Peter-Robert Berger: Der Donauraum im wirtschaftlichen Umbruch nach dem Ersten Weltkrieg. Währung und Finanzen in den Nachfolgestaaten Österreich, Ungarn und Tschecho-slowakei 1918–1929. Wien 1982. Bd. 1. S. 3.

 

Aber was passierte mit den ehemaligen Aktiva und Passiva der Österreichisch-Ungarischen Monarchie?

Beide Probleme sollten als Kardinalfrage der Staatensukzession untersucht werden.

Staatennachfolge bezieht sich einerseits auf das Territorium eines Staates, andererseits bildet auch – wie man sieht – die Verteilung des gemeinsamen Vermögens einen Schwerpunkt der Staatensukzession.

 

II. Aktiva

Fragen, die sich im Verlauf der Auflösung der früheren Österreichisch-Ungarischen Monarchie aus deren Gütergemeinschaft stellten:

I. Die wichtigsten Schwerpunkte bestehen auf dem Gebiet der Aktiva:

– Militärische bewegliche Geräte, während des Krieges errichtete Gebäuden, militärische Einrichtungen

– Militärische Mobilien

– Militärische Betriebe

– Mobilien und Immobilien der gemeinsamen Zivilbehörden

– Werte, die als Vermögen der Gesamtmonarchie galten.

II. Auf dem Gebiet der Passiva:

– Allgemeine Sätze der Staatsschulden

– Administrative Schulden des Staatshaushaltes im Inland und im Ausland

– Gebühren nach Urteilen, die beide Staaten belasteten.10

 

III. Weitere entscheidende Fragenkomplexe:

1. Liquidierung der gemeinsamen Vermögenswerte im Verhältnis zu den Zedentstaaten (Republik Österreich und Königreich Ungarn.)

2. Angelegenheiten der Durchsetzung der nach dem Allgemeinen Haager Abkommen gültig gebliebenen Verträge und sonstige Vereinbarungen;

3. Die Mitwirkung bei der Regelung privater Vorkriegs- und Altkronen schulden und Forderungen;

4. Sonstige zwischenstaatliche Liquidierungsangelegenheiten.11

5. Verschiedenes

 

1. Die Aufteilung des gemeinsamen Vermögens

A. Werte des österreichischen und ungarischen militärischen Besitzes in den Nachfolgestaaten

Die beiden Partner (Österreichische Republik und Königreich Ungarn) setzten sich zwischen dem 3. und 6. April 1923 in Budapest zusammen. An den Beratungen nahmen auch der ungarische Finanzminister Tibor Kállay bzw. Oberst Leo Berger teil. Berger bereitete auf den Kompensationsvorschlag des Finanzministers vom 26. April 1923 eine Schätzung über die früheren militärischen Werte vor. Aufgrund dieser Schätzung machte der österreichische Partner einen Vorschlag zur Gutschrift von etwa 400 Millionen Goldkronen zugunsten des Reparationskontos. Es ging dabei im Falle der Mobilien um Wertpapiere in der Höhe von 330 Millionen Goldkronen und der militärischen Immobilien im Wert von 68,3 Millionen Goldkronen (vgl. dazu die Tabellen 1 und 2).12

 

Tabelle 2.

WERT DES MOBILIARBESITZES DER EHEMALIGEN HEERES-ERWALTUNG
IN DEN NACHFOLGESTAATEN (in Goldkronen)

Land

auf ehemaligem

 

öst.

ung.

 

Staatsgebiet

Tschechoslowakei

1.367,572.804

547,507.762

Polen

1.767,492.776

Rumänien

30,267.920

800,608.227

Italien-Fiume

1.837,537.147

39,360.287

SHS-Staaten

928,126.891

1.488,636.663

insgesamt

auf ehemaliges österreichisches Staatsgebiet entfielen

5,931,033.538 GK

auf ehemaliges ungarisches Staatsgebiet entfielen

2,876.112.933 GK

zusammen

8,807.146.471 GK

Quelle: Österreichisches Staatsarchiv (Archiv der Republik) – Bundesministerium für Finanzen Dept. 17 Karton 98. Jahr(e) 1920–1925. Faszikel 79–II–A–I., Zl.: 43167 (40572)/1923.

 

Tabelle 3.

WERT DES IMMOBILIARBESITZES DER EHEMALIGEN HEERESVERWALTUNG
IN DEN NACHFOLGESTAATEN (in Goldkronen)

Land

auf ehemaligem Staatsgebiet

Kasernen, Kriegsbauten, Übungsplätze und sonstiger Grundbesitz

Festungen

Zusammen

Tschechoslowakei

öst.

174,400.361

174,400.361

 

ung.

31,964.543

32,974.851

64,939.394

Polen

öst.

108,572.901

184,196.261

292,769.162

 

ung

Rumänien

öst.

1,931.522

1,931.522

 

ung.

164,266.374

164,266.374

Italien

öst.

151,462.697

122,353.761

273,816.458

 

ung.

2,173.109

2,173.109

SHS-Staaten

öst.

45,603.106

52,871.314

98,474.420

 

ung.

51,412.135

26,628.920

78,041.055

insgesamt

auf ehemaliges österreichisches Staatsgebiet entfielen

841,391.923 GK

auf ehemaliges ungarisches Staatsgebiet entfielen

309,419.932 GK

zusammen

1,150,811.855 GK

Quelle: Ebenda.

B. Das gemeinsame Vermögen in den „neuen Staaten” (Republik Österreich und   Königreich Ungarn)

 

Hier ist neben einer Anzahl mehr oder weniger unbedeutender Angelegenheiten in Verhältnis zu den Zedent-Staaten vor allem das Schiedsgerichtsverfahren gegenüber Ungarn wegen seiner Ansprüche aus der früheren Gemeinsamkeit mit Österreich zu nennen.

Das österreichisch-ungarische Schiedsgericht mit dem Sitz in Lausanne wurde auf Grund des Artikels VI des sogenannten Burgenlandvergleiches vom 26. Februar 1923 (verlautbart im Bundesgesetzblatt Nr. 133 ex 1923) aufgestellt.

Der Burgenlandvergleich wurde zwischen Österreich und Ungarn vor einem internationalen Schiedsgerichte abgeschlossen, das sich auf Grund des Protokolls von Venedig vom 13. Oktober 1921 (verlautbart im Bundesgesetzblatt Nr. 138 ex 1922) konstituiert hatte.13

Am 15. September 1930 konstituierte sich in Lausanne auch formell das vollständige österreichisch-ungarische Schiedsgericht14, worüber neben den Schriften des Finanzministeriums auch die Dokumente des Militärliquidierungsamtes im Kriegsarchiv Zeugnis ablegen.15 Die wichtigsten Personalentscheidungen waren: Vorsitzender wurde Agostino Soldati,16 Mitglied des Schweizer Eidgenössischen Gerichtshofes. Neben ihm bekleidete Plinio Bolla die Funktion des Sekretärs. Dieser war gleichfalls Mitglied des Schweizerischen Eidgenössischen Gerichtshofes. Der Vertreter des österreichischen Partners war Viktor Kienböck,17 der des Ungarischen József Szterényi.18

Als Sitz des Schiedsgerichtes wurde Lausanne festgelegt. Der Vorsitzende konnte ihn aber – je nach Bedarf – auch anderswohin einberufen. Das Schiedsgericht war befugt, auch in allen Fragen Urteile zu fällen, die Artikel 6 des Burgenlandabkommens vom 26. Februar 1923 geregelt hatte. Die offiziellen Verhandlungssprachen waren Deutsch und Französisch. Eingaben in anderen Sprachen mussten beglaubigt werden.

Die ungarische Hauptklage konnte bis zum 31. Dezember 1930 eingereicht werden, der österreichische Partner musste darauf innerhalb von drei Monaten Antwort geben. Der Inhalt der Forderung wurde bestimmt. Gegen das Klagebegehren konnte Österreich innerhalb von zwei Monaten Einspruch erheben. Die Gerichtskosten hatten die beiden Parteien je zur Hälfte zu tragen.19

Insgesamt belaufen sich die Forderungen Ungarns auf ca. eine Milliarde Goldkronen.

Gegenüber diesen von Ungarn geltend gemachten Ansprüchen hat Österreich eine Widerklage überreicht.

Nach Konstituierung des Schiedsgerichts hat Ungarn eine Hauptklage20 und zwei Nebenklagen21 und Österreich eine Widerklage22 überreicht, über welche zahlreiche Schriftsätze mit vielen Hunderten Druckseiten gewechselt worden sind. Gegenstand der ungarischen Klagen war in der Hauptsache der von Ungarn behauptete, von Österreich bestrittene Miteigentumsanspruch23 Ungarns auf gewisse Vermögenschaften, insbesondere Hofvermögen,24 einschließlich der Museen, Hofbibliothek und sonstiger Sammlungen, Vermögenschaften des Auswärtigen Dienstes, bosnisch-herzegowinische Vermögenschaften und militärisches Vermögen. Während dieses eigentlichen Schiedsgerichtsverfahrens ist es mit Hilfe der Bemühungen des neutralen Präsidenten gelungen, zwischen den beiden Prozessparteien (Österreich und Ungarn) alle Klagepunkte bis auf einen in Form von Übereinkommen vergleichsweise zu regeln.

Nach der formellen Konstituierung reichte das Königreich Ungarn am 27. Dezember 1930 eine Hauptklage und zwei Nebenklagen beim österreichisch-ungarischen Schiedsgericht in Lausanne ein. In der Hauptklage wurden folgende Ansprüche auf Teile des früher gemeinsamen Vermögens gestellt:

1. aus den militärischen Immobilien ca. 71 Millionen Goldkronen,

2. a) aus den militärischen Mobilien 447 Millionen Kronen,

 b) aus den Werten der Briefmarken der Feldpost 90 Millionen Kronen,

3. aus den nichtmilitärischen Mobilien der gemeinsamen Administration mit einem Quotenanteil von 32,82 % 164.600 Goldkronen,

4. nach obiger Quote der entsprechende Anteil an dem Gebäude der Wiener Konsularakademie,

5. der quotenmäßige Anteil25 an dem ehemaligen Botschaftspalais in London (200.000 Goldkronen),

6. 50 % aus dem Hofvermögen (ca. 200 Millionen Goldkronen),

7. gleichfalls 50 % aus dem Fideikommiss-Vermögen des früheren Herrscherhauses im Wert von etwa 36 Millionen Goldkronen,

8. die Hälfte aus den Fideikommiss-Sammlungen als ungarischer Anteil des gemeinsamen geistigen Eigentums,

9. nach der genannten Quote der entsprechende Anteil an den Aktiva Bosnien-Herzegowinas in der Höhe von etwa 3,3 Millionen Dinar,

10. Quotenanteil von 36,4 % aus den Mobilien und Immobilien des Militärs und der Schadenersatzstiftungen auf dem Gebiet Österreichs und der Nachfolgestaaten.26

Gegen die ungarischen Klagen erhob die Republik Österreich am 18. April 1931 Einspruch und stellte Gegenforderungen. Die Punkte A, B, C beinhalteten den Schadenersatz betreffend das Burgenland, die Räterepublik und die rumänische Invasion. Unter Punkt D stand die Forderung nach dem Wert der von Ungarn entlehnten Landkarten samt 5 % Zinsen. In Punkt D b) forderte die österreichische Regierung eine Entscheidung in Sachen Kartenmaterial: Ungarn sollte dieses entweder bis zum 31. Dezember 1950 zurückerstatten oder dessen Wert Österreich bar auszahlen. Unter Punkt E wurde die Lieferung von Rohtabak mit 5 % Zinsen oder die Zahlung des Wertes gefordert. Unter Punkt F stand die Forderung auf eine Summe im Werte von 80 Millionen Goldgulden aus den Schulden der Österreichisch-Ungarischen Bank samt 5 % Zinsen. Unter Punkt G schließlich wurde die Forderung gestellt, Ungarn möge als Beitrag zu den gemeinsamen Renten 59,5 Millionen Kronen zahlen.27

Dieses Übereinkommen wurde teils unterfertigt und von den beiderseitigen Regierungen genehmigt, zum Teil nur paraphiert, während deren formelle Unterfertigung und Ratifizierung von Ungarn dem Zeitpunkte vorbehalten wurde, in dem über den letzten noch offenen Klagepunkt der ungarischen Regierung entweder durch gerichtliche Entscheidung oder Vergleich entschieden sein wird.

Dieser noch nicht bereinigte Klagepunkt betrifft die von Ungarn geforderte Abrechnung über das militärische Mobiliarvermögen. Aus diesem Titel hat Ungarn gegenüber Österreich einen Anspruch von rund 450 Millionen Goldkronen geltend gemacht.28

Die ungarischen Aufstellung (Einreichung29) war am 26. Juni 1935 fertig; in dieser veränderte die ungarische Seite ihre frühere Forderung (von ursprünglich 1 Mrd., dann von einer halben Mrd. Kronen) auf 447. 483. 817 Kronen. In der neuen Berechnung wurde Ungarn eine um 70 Millionen Kronen größere Summe, dem neuen Österreich dagegen eine um 35 Millionen geringere Summe zugeschrieben. Da der so entstandene Gesamtwert 3,619 Mrd. Kronen war, wurde Ungarn mit den 447. 483. 817 Kronen weniger zugesprochen, als wenn man den Quotenproportionen entsprechend vorgegangen wäre. Die Endbilanz der ungarischen Unterbreitung war folgende:30

 

Tabelle 4.

 

in Österreich

in Ungarn

Wert der Mobilien

2,660.557.894

851.255.717

Wert der Baracken

89,032.764

18,818.469

Summe

2,749.590.658

870,074.186

Gesamtsumme auf beiden Staatsgebieten

3,619,664.844

Quote (Ö. 63,6 %, U. 36,4 %)

2,302.106.841

1,317.558.003

Daher über dem Quotenanteil

+ 447,483.817

–447,483.817

Der Plussaldo Ungarns beträgt daher

447,483.817 Goldkronen

Quelle: ÖStA – AdR – BMfF – Dept. 17, Faszikel 79–II–A–2, Jahr(e) 1935 – Karton 105. Zl.: 74709/1935. Unterbreitung des Vertreters der königlich-ungarischen Regierung beim österreichisch-ungarischen Schiedsgericht, mit welcher er die im Beschlusse des hohen Schiedsgerichtes vom 16. April 1935 bezeichnete Detaillierung der militärischen Sachgüter vorlegt (Budapest, 26. Juni 1935.) S. 38.

 

Nach offizieller deutscher Auffassung war mit dem Anschluss der Staat Österreich als Völkerrechtssubjekt völlig untergegangen, und zwar überdies ohne Rechtsnachfolger. Das Deutsche Reich ist nicht kraft sogenannter Staatensukzession an die Stelle Österreichs getreten, es steht vielmehr zu dem untergegangenen Staat im Verhältnis der formellen Diskontinuität – sowie 1918 Deutschösterreich zum ehemaligen Staat Österreich.

Die ungarischen Gesandten in Berlin haben darum gebeten, die Vergleichsverhandlungen, bzw. das Schiedsgerichtsverfahren in Sachen der Auseinandersetzung über das früher gemeinsame österreichisch-ungarische Staatsvermögen fortzusetzen.

Ende Juli 1939 wurde von der ungarischen Regierung erklärt, da sie wegen des gemeinsamen Vermögens der früheren Österreichisch-Ungarischen Monarchie Ansprüche nicht mehr geltend machen wird und da auch die Ansprüche finanzieller Art als erloschen gelten, die auf Vereinbarungen der früheren österreichischen und der ungarischen Regierung beruhen, deren Erfüllung bis zur endgültigen Regelung aller Fragen des österreichisch-ungarischen Vermögens in der Schwebe gehalten wurde oder deren Erledigung bisher noch nicht erfolgt ist.31

Übereinkommen zwischen der Deutschen Reichsregierung und der königlich-ungarischen Regierung über die Erledigung aller sich auf die ehemalige österreichisch-ungarische Gemeinsamkeit beziehenden Fragen finanzieller Natur.

1. Das Königreich Ungarn verpflichtet sich, das in Wien am 15. IV. 1935 paraphierte Übereinkommen und das in Budapest am 1. X. 1935 paraphierte Übereinkommen in spätestens 4 Wochen zu ratifizieren.

2. Ungarn verzichtet auf Geltendmachung des Saldos aus der Abrechnung über die militärischen beweglichen Güter (unwiderruflich und endgültig).

3. Infolge der hier niedergelegten gegenseitigen Verzichte auf alle im Zuge der Liquidierung der ehemaligen österreichisch-ungarischen Gemeinsamkeit geltend gemachten finanziellen Ansprüche jeder Art erklären die beiden Regierungen einvernehmlich, dass alle Fragen finanzieller Natur aus diesem Titel als vollständig erledigt und bereinigt anzusehen sind, soweit eine Wiederholung derselben ausgeschlossen zu bleiben hat.32

Die originalen und unterschriebenen Dokumente habe ich bis heute noch nicht gefunden.

Am 9. Februar 1942 wurden die Akten und Druckschriften des ehemaligen österreichisch-ungarischen Schiedsgerichtes aus Berlin nach Wien übersendet, zur dauernden Aufbewahrung bestimmt mit der Auflage, sie der königlich-ungarischen Regierung auf Wunsch zugänglich zu machen.33

 

2. Angelegenheiten der Durchsetzung der nach dem Allgemeinen Haager Abkommen gültig gebliebenen Verträge und sonstigen Vereinbarungen

Hervorzuheben wären hier:

a. Wiedergutmachung der griechischen Neutralitätsschäden

Griechenland hatte auf Grund der Bestimmungen des § 4 der Anlage zu Artikel 249 und 250 des Staatsvertrages von Saint-Germain Ersatzansprüche gegenüber Österreich wegen der hellenischen Staatsangehörigen während der Zeit der Neutralität Griechenlands zugefügten Schäden geltend gemacht.

Mit dem zwischen Österreich und Griechenland am 27. Dezember 1929 abgeschlossenen Übereinkommen über die Erfüllung solcher Ansprüche hat sich die österreichische Regierung verpflichtet, in 7 Jahresraten 8 Millionen Goldfranken, zahlbar in US-Dollar zu zahlen.

Zu diesem Zwecke hat sie der griechischen Regierung 7 Schatzwechsel übergeben, deren Erster auf 385.900 Dollar (2 Millionen Goldfranken) lautete und am 15. I. 1931 fällig war, während die 6 anderen Schatzscheine zu je 192.950 Dollar (1 Millionen Goldfranken) jeweils am 15. I. der Jahre 1932 bis 1937 fällig waren.

b. Mitwirkung an der Durchsetzung der mit den Nachfolgestaaten abgeschlossenen Pensionsübereinkommen

Es handelt sich hierbei um das „Römische Pensions-Übereinkommen” von 6. April 1922, B. G. Bl. Nr. 170/1924, die Übereinkommen vom 30. November 1930 zwischen Österreich, Italien, Polen, Rumänien, Jugoslawien und der Tschechoslowakei über die im zuvor genannten Übereinkommen nicht geregelten Pensionen, die Pensionen der Länder, Gemeinden und Bezirke 3. G. Bl. Nr. 157/1930, und schließlich das Übereinkommen mit der Tschechoslowakei vom 3. Februar 1929 über die gegenseitige Ausgleichung von vorschussweise gezahlten Ruhe– und Versorgungsgenüssen und sonstigen Bezügen.34

c. Mitwirkung an der Durchsetzung der mit den Nachfolgestaaten abgeschlossenen Übereinkommen zur Durchsetzung der Artikel 266, letzter Absatz, und 273 des Staatsvertrages von Saint-Germain

Diese Übereinkommen betreffen die Aufteilung der altösterreichischen Stiftungen und Fonds sowie der altösterreichischen öffentlich-rechtlichen juristischen Personen und sonstigen Vereinigungen, die der Reichsstatthalterei im Einvernehmen mit dem Finanzministerium obliegen.

Es sind dies das Übereinkommen mit der Tschechoslowakei vom 7. Dezember 1925, das Übereinkommen mit Jugoslawien vom 26. November 1927, das Übereinkommen mit Italien vom 22. Dezember 1927 und das Übereinkommen mit Polen vom 24. Februar 1928.

d. Der Konflikt mit der tschechoslowakischen Regierung betreffend die Auslegung von Art. 208 über die Behandlung des Grundeigentums österreichischer Grenzgemeinden auf tschechoslowakischem Gebiet

Während nach der Rechtsprechung des österreichischen Obersten Gerichtshofes die tschechoslowakischen Grenzgemeinden ihr Grundeigentum auf österreichischem Gebiet behalten, enteignet die tschechoslowakische Regierung unter Hinweis auf die Bestimmungen des Art. 208, Abs. 7 des Staatsvertrages von Saint-Germain das Grundeigentum österreichischer Grenzgemeinden auf tschechoslowakischem Gebiet unentgeltlich. Die Angelegenheit, die bisher vom ehemaligen Bundeskanzleramt im Einvernehmen mit dem Finanzministerium ausgeführt worden ist, ist bis zur Verfassung des Entwurfes eines Retorsionsgesetzes gediehen.

 

3. Die Regelung privater Vorkriegs- und Altkronenschulden sowie Forderungen und die Liquidation österreichischen Vermögens im ehemals „feindlichen Ausland”

A. Österreichische Forderungen gegenüber Staaten, die dem Clearingverfahren nach dem Friedensvertrag beigetreten sind

1. Das Clearingverfahren, das sowohl die Vorkriegsschulden-Abrechnung nach Artikel 248 des Friedensvertrages als auch die Liquidation österreichischen Eigentums in England sozusagen abgeschlossen hatte, nach dem Großbritannien mit dem in Durchsetzung des Allgemeinen Haager Abkommens abgeschlossenen Übereinkommen vom 15. März 1930, B.G.Bl. Nr.320, erklärt hat, die noch nicht liquidierten österreichischen Aktiven freizugeben. Diese Freigaben sind bereits erfolgt und beliefen sich auf ca. 160.000 L; gegenwärtig beschränkt sich der Verkehr mit dem britischen Clearing Office auf allfällige Richtigstellungen und vereinzelte nachträgliche Abrechnungsfälle. Zu erwähnen ist, dass der bedeutende Aktivsaldo Österreichs aus der österreichisch-britischen Abrechnung (1,8 Millionen L), der sich vornehmlich daraus ergeben hatte, dass von der mit der britischen Note vom 27. August 1920, St. G. Bl. Nr. 478, gewährten Möglichkeit, direkte Vergleiche zwischen Gläubigern und Schuldner abzuschließen, reichlich Gebrauch gemacht worden war, von der britischen Regierung einbehalten worden ist.

2. Anders steht die Sache bei Frankreich. Dieses hat schon in dem österreichisch-französischen Übereinkommen vom 3. August 1920 B. G. Bl. Nr. 334 ex 1921, erklärt, einen allfälligen österreichischen Aktivsaldo aus dem Abrechnungs- und Liquidationsverfahren nicht auf dem Reparationskonto zurückzubehalten. Tatsächlich ergab sich gegenüber Frankreich ein bedeutender Aktivsaldo, allerdings hauptsächlich dadurch, dass gemäß dem zuvor erwähnten Übereinkommen die österreichischen Schulden zum großen Teile direkt bezahlt worden sind. Der größte Teil dieses Aktivsaldos ist Österreich im Laufe der Jahre in Form von Akontozahlungen freigegeben worden, doch ist noch ein Rest vorhanden, dessen Höhe vor Aufstellung der Schlussabrechnung nicht beziffert werden kann. Diese Schlussabrechnung und die darauffolgende Auszahlung des Schlusssaldos an Österreich setzt insbesondere die noch immer ausstehende Erledigung zahlreicher einzelner Sequesterabrechnungen seitens Frankreichs (nach Angabe des französischen Office noch 2–3 Tausend Fälle) voraus, deren beschleunigte Erledigung auf Grund eines zu erlassenden französischen Gesetzes vom französischen Office des biens et intérêts privés zuletzt im Herbste 1937 zugesagt worden ist. Die Korrespondenz mit dem französischen Office über Sequesterabrechnungen war bis in die letzte Zeit eine recht umfangreiche; doch stockt sie seitens des französischen Office seit dem Umbruch.

3. Als beendet kann das Clearingverfahren gegenüber Belgien bezeichnet werden; die belgische Regierung hat den österreichischen Aktivsaldo auf Grund des Abkommens vom 18. Jänner 1930, B.G.Bl. Nr. 200, Österreich aufgelöst. Immerhin ergibt sich auch hier in einzelnen Freigabeangelegenheiten mitunter die Notwendigkeit eines Briefwechsels mit dem belgischen Office.

4. Gleichfalls beendet ist das Clearingverfahren gegenüber Altitalien. Die Tätigkeit der gegenseitigen Prüfungs– und Ausgleichsämter ist durch das Abkommen vom 24. November 1930, B. G. Bl. Nr. 149 ex 1932, eingestellt worden. Der österreichische Aktivsaldo aus der österreichisch-italienischen Abrechnung ist von Italien einbehalten worden, doch hat es auf gewisse finanzielle Ansprüche aus anderen Rechtstiteln verzichtet. Die restliche Korrespondenz aus der Abrechnung mit dem italienischen Ufficio di Verifica e Compensazione ist von eher geringem Umfang.

5. Das Abrechnungs- und Liquidationsverfahren gegenüber Griechenland ist zu Ende; es wurde mit einem kleinen, bereits ausgezahlten Passivsaldo Österreichs abgeschlossen. Die Freigabe der nichtliquidierten österreichischen Aktiven durch die griechische Regierung stockt seit längerer Zeit; es handelt sich aber um keine großen Beträge.

 

B. Österreichische Forderungen gegenüber Staaten, die dem Clearingverfahren nicht beigetreten sind

1. Die Freigabe der österreichischen Aktiven durch Amerika ist noch im Gange; der weitaus größere Teil des Gegenwertes der österreichischen Vermögen (ca. 9 Millionen Dollar) ist schon freigegeben. Amerika führt diese Freigaben durch, weil die österreichischen Schulden durch die beschlagnahmten Gelder der österreichischen Regierung weitaus gedeckt waren. Wie viel noch freizugeben wäre, ist unbekannt, da nicht alle Parteien durch die österreichischen Behörden vertreten waren; unter den noch nicht freigegebenen Werten befinden sich die recht bedeutenden Aktiven der ehemaligen österreichisch-ungarischen Bank in Liquidation, von denen ein Teil dem österreichischen Bundesschatz zuzukommen hatte. Der schriftliche Verkehr mit dem Alien Property Bureau in Freigabesachen war bis zum Umbruch noch sehr rege. Ob die Freigaben nunmehr nach der Vereinigung mit dem Deutschen Reich fortgesetzt werden, ist zweifelhaft; jedenfalls ist seither seitens der Vereinigten Staaten keine Korrespondenz eingelangt.

2. Bei den übrigen Nichtclearingstaaten ist die Liquidation des österreichischen Eigentumes mit der später erwähnten Ausnahme hinsichtlich Rumäniens beendet; Canada und Siam haben den Erlös nach Befriedigung der Ansprüche ihrer Staatsangehörigen gegen Österreicher freigegeben, Südafrika hat die österreichischen Staatsangehörigen für die beschlagnahmten Vermögenschaften mit Staatbonds befriedigt, Serbien, Portugal und Rumänien haben den Liquidationsrest einbehalten.

Gegen Rumänien besteht noch eine finanziell nicht unbedeutende Meinungsverschiedenheit über die Auslegung des Art. V des Allgemeinen Haager Abkommens, wonach am Tage der Unterzeichnung dieses Abkommens noch nicht liquide oder liquidierte österreichische Güter, Rechte und Interessen nicht mehr einbehalten werden dürfen. Rumänien sieht nämlich alle gemäß Artikel 249 des Friedensvertrages sequestrierten Forderungen für liquid an und verweigert daher die Freigabe der zwar sequestrierten, aber am 20. I. 1930 noch nicht eingezogenen Bankguthaben und Forderungen, sowie auch den Erlös der vor diesem Tage fälligen Wertpapierkupons.35

 

C. Regelung der Altkronenverbindlichkeiten zwischen Österreichern und Neuitalienern

Zur Regelung der zwischen Angehörigen Österreichs und Angehörigen der Italien übertragenen Gebiete des alten Kaiserreichs Österreich bestehenden privaten Altkronenforderungen und Schulden wurde zwischen Österreich und Italien am 6. IV. 1922 in Rom ein Übereinkommen geschlossen, das im Bundesgesetzblatt 160 vom Jahre 1924 kundgemacht wurde.

Der Abschluss und die Durchführung dieses Übereinkommens lag insbesondere im Interesse Österreichs, da es Österreich durch dieses Übereinkommen ermöglicht wurde, den Umrechnungsschlüssel für die Schulden seiner Angehörigen an Gläubiger in den an Italien abgetretenen Gebieten statt wie im Friedensvertrag vorgesehen, mit Lire 56,8 für 100 Altkronen, nach eigenem Ermessen festzusetzen; die Festsetzung dieses Umrechnungsschlüssels erfolgte durch Bundesgesetz vom 17. III. 1926, B. G. Bl. Nr. 66, mit 1 Groschen für 1 Altkrone, bzw. mit 2 Groschen, wenn die Zahlung nach dem 30. VI. 1926 geleistet wurde. Hervorzuheben ist, dass die Zahlung eines Saldos in diesem Clearing entfällt; die österreichischen Gläubiger werden nur aus den von den österreichischen Schuldnern geleisteten Zahlungen befriedigt. Dasselbe geschieht in Italien. Eine Geldbewegung über die Grenze findet nicht statt. Die Durchführung des Übereinkommens oblag den beiderseitigen Abrechnungsämtern: in Italien dem Ufficio Italiano de Verifica e Compensazione in Triest, jetzt in Rom, und in Österreich dem Abrechnungsamt in Wien, welches im Februar 1935 abgeschafft wurde und als Liquidationsstelle ins Finanzministerium eingegangen ist.

 

D. Regelung der Altkronenverbindlichkeiten zwischen Österreichern und der Tschechoslowakei

Eine ähnliche Regelung wie jene der österreichisch-neuitalienischen Altkronenverbindlichkeiten wurde auch für die österreichisch-tschechoslowakischen Altkronenverbindlichkeiten getroffen und zwar durch das österreichisch- tschechoslowakische Übereinkommen vom 18. Juni 1924, B.G. Bl. Nr. 92 ex 1926, dessen Bestimmungen durch ein Zusatzprotokoll vom gleichen Tage und zwei weitere Zusatzprotokolle vom 17. September 1926, B. G. Bl. Nr. 49 ex 1927, und vom 27. November 1928, B. G. Bl. Nr. 285 ex 1929 ergänzt worden sind. Die österreichische Abrechnungsstelle, gegenwärtig das Ministerium für Finanzen, Liquidierung des Abrechnungsamtes, stellt im Einvernehmen mit der tschechoslowakischen Abrechnungsstelle den Bestand der Verbindlichkeit und die Anwendbarkeit des genannten Übereinkommens allenfalls nach Durchführung des Prozessverfahrens vor dem österreichisch-tschechoslowakischen Schiedsgericht für Altkronenverbindlichkeiten fest, worauf der österreichische Schuldner die Schuld auf ein Konto der tschechoslowakischen Abrechnungsanstalt beim Österreichischen Postsparkassenamt, der tschechoslowakische Schuldner seine Schuld an die Prager Abrechnungsstelle einzahlt.

 

4. Sonstige Liquidierungsangelegenheiten

a. Enteignung von Konopischt und Chlumec

Die beiden Söhne des Erzherzogs Franz Ferdinand aus seiner morganatischen Ehe mit der Herzogin von Hohenberg, Max und Ernst Hohenberg, hatten die in der Tschechoslowakei gelegenen Güter Konopischt und Clumec als freies Privateigentum besessen. Durch das tschechoslowakische Gesetz vom 12. August 1921 (Sammlung Nr. 354), betreffend die Übernahme des nach den Friedensverträgen dem tschechoslowakischen Staate zugefallenen Gutes und Eigentums, wurde dieser Besitz entschädigungslos enteignet.

b. Ansprüche aus der tschechoslowakischen Agrarreform

Eine Anzahl von Großgrundbesitzern österreichischer Staatsangehörigkeit ist in der Tschechoslowakei von der Agrarreform betroffen worden, die bekanntlich den Eigentümern nur einen geringen Teil des Wertes als Entschädigung bot. Eine Klage vor dem gemischten Schiedsgerichtshof ist nicht erhoben worden, weil ein solcher Schiedsgerichtshof im Verhältnis zwischen Österreich und der Tschechoslowakei mangels Zuständigkeit überhaupt nicht geschaffen worden ist. Insbesondere fehlt im Artikel 267 des Staatsvertrages von Saint-Germain eine Zuständigkeitsbestimmung, wie sie für dergleichen Ansprüche beispielsweise im Artikel 250, Absatz 3, des Friedensvertrages von Trianon enthalten ist. Zwischenstaatlich sind demnach sogenannte Agrarfälle zwischen Österreich und der Tschechoslowakei nicht anhängig.

c. Nachkriegsforderungen

Anlässlich der Unterzeichnung des Haager Abkommens im Jänner 1930 hat Außenminister Beneš den mündlichen Vorbehalt gemacht, dass gegenseitige Forderungen zwischen Österreich und der Tschechoslowakei, die sich nicht auf den Friedensvertrag gründen, sondern in den ersten Jahren nach dem Zusammenbruch entstanden sind, nicht unter den Verzicht des Haager Abkommens fallen. Dieser Vorbehalt, der eigentlich nur etwas Selbstverständliches enthält, wurde seitens des damaligen Bundeskanzlers Schober gleichfalls mündlich zur Kenntnis genommen. In der darauf folgenden Zeit hat die tschechoslowakische Regierung den Versuch, diese sogenannten Nachkriegsforderungen, unter welche sie aber fälschlicherweise hauptsächlich Forderungen aus den Friedensverträgen aufgenommen hatte, geltend zu machen, rundweg abgelehnt und ihrerseits gleichfalls die Geltendmachung von Nachkriegsforderungen angekündigt. Die Angelegenheit ruht bereits seit einigen Jahren, wohl hauptsächlich aus dem Grunde, dass keiner der beiden Teile weiß, ob nicht die gegnerischen Forderungen seine eigenen Ansprüche übersteigen.36

 

5. Verschiedenes

A. Belgien stellte die Forderung an Österreich in Bezug auf das Triptychon von St. Adalbert (berühmtes Werk von Rubens), das im Jahr 1777 nach Wien gebracht wurde. Belgien machte außerdem eine andere Forderung bezüglich des Eigentums am Schatz des Ordens des goldenen Vlieses geltend. Die Sammlung wurde im Jahr 1794 nach Wien geliefert. 1. Einführung. 2. Statut des Ordens. 3. Geschichte des Ordens. 4. Charakter des Ordens. 5. Besitz des Ordens. 6. Konklusion des Komitees.37

B. Die Tschechoslowakei beanspruchte von Österreich verschiedene Kunstgegenstände in Wien. Die beiden Dokumente wurden als juristische Unterlagen bei den Verhandlungen zwischen Ungarn und Österreich vom 10. bis 15. Mai 1928 in Lugano benutzt. Die Dokumente wurden am 2. Mai 1928 von der österreichischen Botschaft in Paris nach Wien gesandt. Einführung. Schwerpunkt, Gegenstände der Forderung und Historisches Resümee. Entwicklung der Sammlung in Wien. Diskussion. Argumente. Das dreiköpfige juristische Komitee hat keinen national – und verfassungsrechtlichen Beweis auf dem tschechischen Gebiet und in den Texten der Friedensverträge gefunden, der den tschechoslowakischen Anspruch in Bezug auf das Eigentum der Kunstgegenstände in Wien gerechtfertigt hätte.38

C. Auflösung und Verteilung des Vermögens der Österreichisch-Ungarischen Bank

Die Regelung der gemeinsamen Angelegenheiten erhielt durch die Liquidation der Österreichisch-Ungarischen Bank aus der Zeit der Staatengemeinschaft (Finanzgemeinschaft) eine eigene Nuance. Der grundsätzliche Unterschied zu den anderen österreichisch-ungarischen Vermögensverhandlungen bestand darin, dass diesbezügliche Verhandlungen auch mit den Nachfolgestaaten geführt wurden, d.h. Österreich und Ungarn waren nicht die einzigen Verhandlungspartner, sondern auch die neuen Staaten beteiligten sich daran. Vielfach wurde diese Bank gar nicht als staatliche Institution betrachtet.

Dennoch legten die zwei Partner in der Schätzung und Aufteilung der Schulden aus der Vorkriegszeit ähnliche Auffassungen an den Tag, doch mussten auch die neuen Staaten ihren Anteil an der Rückzahlung der gedeckten und ungedeckten Schulden Österreichs und Ungarns auf sich nehmen. Die neuen Staaten strebten die möglichst baldige Errichtung von unabhängigen Nationalbanken an, wozu sie von den Aktivaanteilen aus der früheren Österreichisch-Ungarischen Bank beanspruchten, von den Passiva jedoch nicht unbedingt belastet werden wollten.

In den Liquidationsverhandlungen beharrte die österreichische Seite auf dem Territorialitätsprinzip, d. h. die Bank wurde nicht als staatliche Institution, sondern als Aktiengesellschaft betrachtet. Betreffend die Liquidation des Vermögens der Österreichisch-Ungarischen Bank begannen die Verhandlungen zwischen den Nachfolgestaaten im August 1920 und konnten am 14. August 1922 mit dem Wiener Abkommen zum Abschluss gebracht werden. Die wichtigste Frage bestand in der Vereinbarung über den Schlüssel, der nach der Bevölkerungszahl und der Anzahl der vor dem 27. Oktober 1918 eingezogenen bzw. eingetauschten Banknoten errechnet wurde.39

 

III. Passiva

Die zweite große Kardinalfrage war die Verteilung der ehemaligen Passiva der Österreichisch-Ungarischen Monarchie.

Der Ausbau einer entsprechenden Infrastruktur, welche die moderne wirtschaftliche und industrielle Entwicklung bedingte, verschlang immense Summen, die zum bedeutenden Teil aus Auslandskrediten beschafft werden mussten. Die Schulden der Österreichisch-Ungarischen Monarchie ergaben sich einerseits aus den wachsenden Ausgaben für die Infrastruktur, anderseits aus der Finanzierung des Weltkrieges.

Artikel 186 des Friedensvertrages von Trianon, bzw. Artikel 203 des Friedensvertrages von Saint-Germain betrafen Verfügungen über die anteilsmäßige Übernahme der Schulden der Vorkriegszeit durch die Nachfolgestaaten (diese bezogen sich auch auf das neue Österreich und Ungarn). Nach diesen Bestimmungen hatte jeder Staat jenen Anteil der früheren Staatsschulden zu übernehmen, den die Reparationskommission mit Berücksichtigung der Kapazität bestimmter Erwerbszweige bzw. der finanziellen Mittelwerte der Jahre 1910, 1912 und 1913 festlegte. Die obigen Verfügungen fanden sowohl auf die gedeckten, als auch auf die ungedeckten Schulden Anwendung, wobei der Stand vom 28. Juni 1914 bei der Feststellung der Schuldenhöhe als ausschlaggebend angenommen wurde.40

Aufgrund dieser Richtlinien setzte die Reparationskommission die Höhe der gedeckten österreichischen Schulden mit 2,250 Millionen Kronen (der jährliche Mittelwert war 36 Millionen Kronen) fest. Im Falle Ungarns belief sich diese Summe auf 400 Millionen Kronen (jährlicher Mittelwert 2,6 Millionen Kronen).41

Die ungedeckten Schulden Österreichs wurden mit 7,767,835.764, jene Ungarns mit 6,741,322.674 Kronen festgesetzt. Die hauptsächlich nach Steuerkriterien der Kapazität einzelner Erwerbszweige bestimmten österreichischen und ungarischen Anteile zeigen folgendes Bild:42

 

Tabelle 5

PROZENTUELLE VERTEILUNG DER STAATSSCHULDEN AN DIE NACHFOLGESTAATEN DER ÖSTERREICHISCH-UNGARISCHEN MONARCHIE

Österreich

%

Ungarn

%

Österreich

36,827

Ungarn

49,629

Italien

4,087

Rumänien

23,659

Polen

13,733

Österreich

1,716

Rumänien

1,610

Tschechoslowakei

17,384

Südslawisches Königreich

2,043

Südslawisches Königreich

6,800

Tschechoslowakei

41,700

Stadt Fiume/Rijeka

0,812

Zusammen

100,000

Zusammen

100,000

Quelle: Reparation Commission VII Distribution of the pre-war Austrian and Hungarian debt. 17–19.

 

Zu den gemeinsamen Schulden Österreichs und Ungarns wurden die schon früher entstandenen Schulden zweier Eisenbahnlinien, nämlich der Ungarisch-Galizischen, bzw. der Österreichisch-Ungarischen Staatsbahnen, gerechnet. Der ungarische Anteil an den Schulden der Ungarisch-Galizischen Eisenbahn betrug lediglich 0,0439 %; die Hauptlast entfiel auf Polen, während Österreich daran überhaupt nicht beteiligt war. Der Anteil Ungarns an den Schulden der Österreichisch-Ungarischen Staatsbahnen lag bei 11,602 %, jener Österreichs bei 10,539 %; den größten Anteil hatte mit 62,808 % die Tschechoslowakei zu tragen.43

Die Liquidation der früheren Zentralbehörden wurde von drei Organisationen durchgeführt: 1. von der Botschafterkonferenz, 2. vom Internationalen Liquidationsausschuss, 3. von einem Kollegium, das mit der Liquidation der Zentralbehörden beauftragt wurde. Im letztgenannten Gremium waren die Nachfolgestaaten vertreten. Dieses Kollegium befasste sich mit der Liquidation des früheren Ministeriums des Äußern, des Kriegsministeriums sowie des gemeinsamen Finanzministeriums, bzw. des Obersten Rechnungshofes.44

In der Botschafterkonferenz ließen sich Deutsch-Österreich, Italien, Polen, Rumänien, der südslawische Staat, die Tschechoslowakei, die Ukraine und Ungarn vertreten. Das Amt des Vorsitzenden wurde in der Reihenfolge des französischen Alphabetes ausgeübt.

Das international beauftragte Kollegium war eine Organisation des Internationalen Liquidationsausschusses und hatte eine internationale Rechtsstellung. Sein Ziel war die Realisierung der Liquidation, seine Aufgabe die Feststellung der gemeinsamen Aktiva und Passiva, zugleich die Rechtsberatung in damals noch offenen Fragen.45

Der internationale Liquidationsausschuss verabschiedete in seiner dritten Sitzung am 30. Jänner 1919 ein Reskript, in welchem die Richtlinien für die Feststellung der früheren Aktiva und Passiva festgesetzt waren.46

Vom 5.–11. September 1922 wurden die Verhandlungen über die Schulden der früheren Österreichisch-Ungarischen Eisenbahnen (STEG) geführt. Hier waren das Königreich Ungarn, die Tschechoslowakei, das Südslawische Königreich und Österreich vertreten, Rumänien nicht. Es wurde zwischen zwei Schuldengruppen unterschieden: Österreich, dessen Nachfolgestaaten bzw. die Tschechoslowakei einerseits, das Königreich Ungarn und dessen Nachfolgestaaten andererseits. Erstere hatten Schulden in der Höhe von 19,392.000 Franc und 3,763.000 Mark, letztere von 14,042.700 Franc. Der Oberkommissar berechnete die Aufteilung der Verschuldung zwischen Österreich und seinen Nachfolgestaaten nach Kilometervolumen; anteilsmäßig entfielen auf Österreich 20,023 %, auf die Tschechoslowakei 70,977 %. Die Verteilung zwischen Ungarn und den Nachfolgestaaten zeigt folgendes Bild:47

 

Tabelle 6

DIE VERTEILUNG DER SCHULDEN DER NACHFOLGESTAATEN
DER FRÜHEREN ÖSTERREICHISCH-UNGARISCHEN EISENBAHNEN (STEG) %

Königreich Ungarn

23,168

Tschechoslowakei

43,731

Südslawisches Königreich

8,000

Rumänien

25,101

Quelle: Reparation Commission VII Distribution of the pre-war Austrian and Hungarian debt. 48.

 

Zweifelsohne ist die Lösung des Problems der Staatensukzession (der Aufteilung des Staatsvermögens) der Österreichisch-Ungarischen Monarchie beispielhaft und einzigartig in der Geschichte.

Ich bin nicht nur überzeugt, dass meine zukünftigen Forschungen weitere umfangreiche Details zu diesem Themenbereich zu Tage bringen werden, sondern es steht für mich auch die brisante Aktualität dieser Fragestellungen außer Zweifel.

 

Anmerkungen

1

Die Forschungsarbeiten zur Fertigstellung des vorliegenden Aufsatzes wurden im Rahmen des János Bolyai-Stipendiums von der Ungarischen Akademie der Wissenschaften, von dem Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung, Wien, Programm Nr. P 13699-OEK, vom Collegium Hungaricum, Wien und vom OTKA, Budapest, Programm Nr. 29062 unterstützt.

2

Das Recht der Staatensukzession kann eine Typisierung in Dismembration (Aufteilung in mehrere Staaten bei Untergang des alten Staates), Fusion (Aufnahme in einen anderen oder neu entstehenden Staat bei Untergang des alten Staates), Sezession (Abtrennung eines Teils des alten Staates), Zession (Abtretung eines Teils des alten Staates) sowie alle Konstellationen, in denen in irgendeiner Weise eine „Inkorporation” von Staatsgebiet stattfindet.

3

Brauneder, Wilhelm: Österreichische Verfassungsgeschichte. 7. Auflage. Wien, 1998. S. 168–169.

4

Kimminich, Otto: Einführung in das Völkerrecht. 6. Auflage. Tübingen und Basel, 1997. S. 135.

5

Ebda S. 145.

6

Ebda S. 146.

7

Vgl. Brauneder: S. 189–190

8

Staatsvermögen = öffentliches Vermögen

Staatsvermögen kann unterteilt werden in hoheitliches Vermögen (domaine public; z.B. öffentliche Straßen und Gebäude) und in Fiskalvermögen (domaine privé; z.B. Staatsforste, Kulturgüter).

9

Vgl. Haselsteiner, Horst–Szávai, Ferenc: Dokumente des Österreichisch-Ungarischen Schiedsgerichtes von Lausanne. Frankfurt am Main, 2001. Einleitung.

10

Österreichisches Staatsarchiv – Archiv der Republik – Bundesministerium für Finanzen (im weiteren ÖStA-AdR-BMfF, Dept. 17, Karton 98. Allgemeines Jahr(e) 1920–1925 Faszikel 79–V–A–1, Zl.: 43993–19/25. ÖStA-AdR-BMfF, Dept. 17, Karton 98. Allgemeines Jahr(e) 1920–1925 Faszikel 79-V-A-1 Zl.: 43993–1925.

11

ÖStA-AdR-BMfF, Dept. 17, Jahr(e) 1933-1944. Karton 96. Zl.: 12431/1939.

12

ÖStA-AdR-BMfF, Dept. 17, Karton 98. Jahr(e) 1920–1925. Faszikel 79–II–A–I., Zl.: 43167 (40572)/1923.

13

Szávai, Ferenc: Az Osztrák–Magyar Monarchia közös vagyona. [Das gemeinsame Vermögen der Österreichisch-Ungarischen Monarchie], Pécs 1999.

14

Schiedsgericht, im Privatrecht ein kraft Vereinbarung anstelle der staatlichen Gerichte zur Entscheidung eines Rechtsstreits berufenes privates Gericht, das im schiedsrichterlichen Verfahren durch Schiedsspruch entscheidet. Es besteht in der Regel aus einem oder drei von den Parteien gewählten bzw. ernannten Schiedsrichtern.

Aus mehreren Personen bestehendes Gremium, das einen Streit entscheidet. Zwischen Österreich und Ungarn wurde im Jahr 1907 zum ersten Mal ein Schiedsgericht geschaffen, das die Meinungsverschiedenheiten über die Auslegung oder Anwendung des Zoll– und Handelsbündnisses durch Schiedsspruch erledigen sollte.

15

Kriegsarchiv, Liquidierendes Kriegsministerium (im weiteren KA – LKM), Militärliquidierungsamt (im weiteren MLA), – 1930, Präs., Zl. 1230, Zl. 1426, Zl. 1558. Österreichisch-Ungarisches Schiedsgericht – Konstituierung.

16

Agostino Soldati (1857–1938), war 1882–1883 Lyzeumsrektor des Kantons Lugano; 1883–1891 Großrat (bzw. dessen Präsident 1884, 1889); 1891–1892 Verfassungsrat; 1889–1892 Ständerat; 1890–1892 Staatsrat (1891 dessen Präsident), ab 1892 Mitglied, 1906 Präsident des Bundesgerichtes, 1923 Präsident der internationalen Schiedsgerichtshöfe für die Liquidierung der Kriegsschäden zwischen Italien und den Zentralmächten; 1923 Mitglied des belgischen Instituts für vergleichendes Recht 1923. Von 1930 bis zu seinem Tod Präsident des internationalen Österreichisch-Ungarischen Schiedsgerichtes.

17

Viktor Kienböck (Wien, 1873–1956), sein Vater stammte aus einer Bauernfamilie in Stockerau, er studierte später Jus. Seine wichtigeren Funktionen: Finanzminister und Sanierungskommissar des österreichischen Staatshaushaltes (1922–1924), Abgeordneter zum Nationalrat (1924–1926; 1929–1932), Finanzminister (1926–1929), Präsident der Österreichischen Nationalbank (1932–1938), zugleich Mitglied des Ständerates, ab 25. Juni 1945 Konsulent, dann ab 10. März 1952 bis zu seinem Tod Vizepräsident der Österreichischen Nationalbank.

18

József Szterényi (Lengyeltóti, Komitat Somogy, 6. November 1861–1941), sein Vater, Albert Stein, war Rabbiner in seinem Geburtsort, später in Újpest. Sein Großvater mütterlicherseits war der berühmte Oberrabbiner Fassel Hirsch. Sein Vater ließ seinen Namen später auf Szterényi magyarisieren. In der Regierungszeit Mihály Károlyis war er interniert. Tätigkeitsfeld: Sozialpolitik (Gesetze, Verordnungen), Kinderarbeit, Frauenarbeit, Probleme der landwirtschaftlichen Arbeiter und der Bergarbeiter, Industrieinspektoren, Industrieförderung, Unterricht auf dem Gebiet von Gewerbe und Handel; fünf Jahre hindurch Delegierter im Völkerbund.

19

ÖStA-AdR-BMfF, Dep.17, Faszikel 79–I–A, Karton 92, Zl. 66104/1930. Prozessordnung des österreichisch-ungarischen Schiedsgerichtes.

20

Als Hauptklagen werden diejenigen bereits anhängigen Klagen bezeichnet, die in unmittelbarem prozessualem Zusammenhang mit später eingebrachten Klagen stehen. Wegen der zeitlichen Priorität der Hauptklage wird diese manchmal auch als Vorklage bezeichnet. Als Beispiele gelten die Widerklage des Beklagten im Zivilprozess sowie die Ergänzungsklage des Klägers nach dem Ehegesetz.

21

Die Nebenklage ermöglicht bei bestimmten Straftaten dem Verletzten, sein Interesse an der Ahndung der Tat neben (aber unabhängig von) der Staatsanwaltschaft zu verfolgen, wobei nur einer als besonders schutzwürdig anerkannten Gruppe von Verletzen diese eigenständige Beteiligung am Verfahren erlangen (Genugtuungsfunktion der Nebenklage). Im heutigen österreichischen Strafprozess ist dies in best. Fällen der Ehrenbeleidigung (gegen Beamte und Seelsorger während Ausübung ihres Amtes/Dienstes bzw. bei Misshandlung oder Drohung oder die Menschenwürde verletzende Beschimpfung div. Staatsorgane und Behörden) vorgesehen. Der Beleidigte erlangt durch die Nebenklage bloß die Stellung eines Privatanklägers, jedoch ohne dessen Kostenrisiko. Allein hat der Beleidigte jedenfalls keine Befugnis, die Angelegenheit vor Gericht zu bringen. Sie ist somit keine Privatanklage.

22

Widerklage = die selbständige Klage des Beklagten als Widerkläger gegen den Kläger (Widerbeklagten) eines bereits anhängigen Rechtsstreits, dessen Verhandlung noch nicht geschlossen ist, zur Durchsetzung eines im engen Sachzusammenhang mit der anhängigen Klage stehenden Streitgegenstandes.

Es kommt damit zur Parteienumkehr. Der enge Sachzusammenhang kann entweder aus dem gleichen Tatsachenkomplex oder aus der gleichen Rechtsnorm abgeleitet werden (Konnexität), oder aber zur Aufrechnung geeignet sein (Kompensabilität) oder auf Feststellung eines im Lauf des Verfahrens streitig gewordenen Rechtsverhältnisses oder Rechts gerichtet sein, von dem die Klage abhängt (Präjudizalität) [§ 96 Jurisdiktionsnorm].

23

Miteigentum = gemeinsames Eigentum mehrerer Personen an einer (ungeteilten) Sache. Das Eigentum ist nach heutiger Auffassung zwischen den einzelnen Miteigentümern nach Bruchteilen bzw. Quoten geteilt. Dem einzelnen Miteigentümer gehört kein realer Teil der Sache, der Miteigentumsanteil bezieht sich immer auf die ganze Sache. Grundsatz: Geteilt ist das Recht, nicht die Sache.

24

Szávai, Ferenc: A Habsburg-Lotharingiai Ház vagyona az első világháború után. [Vermögen des Hauses Habsburg-Lothringen nach dem Ersten Weltkrieg.]. In.: Magyarország a nagyhatalmak erőterében. Tanulmányok Ormos Mária 70. születésnapjára. Pécs, 2000.S. 581–595.

25

Unter der Quote wird jener in Prozenten ausgedrückte Beitrag verstanden, welchen die im Reichsrate vertretenen Königreiche und Länder und die Länder der ungarischen Krone zur Deckung des Aufwandes für die beiden Staatsgebiete der Monarchie gemeinsamen Angelegenheiten zu leisten haben. Das Verhältnis, in welchem diese Beiträge zueinander stehen, heißt Quote oder Beitragsverhältnis.

Der quotenmäßige Anteil Ungarns an den erwähnten gemeinsamen Ausgaben war vom Zeitpunkte des Ausgleiches bis zum Zusammenbruch:

 

1868–1871                       30,00 %

1872                                 30,28 %

1873–1899                      31,40 %

1900–1907                      34,4 %

1907–1918                      36,4 %.

 

Zwecks Feststellung des Ausmaßes der Quote hatten die Parlamente beider Staaten, im Sinne der Bestimmungen des Ausgleiches, von Zeit zu Zeit gesonderte Ausschüsse zu beschicken, welche ihre Anträge ihren eigenen Parlamenten vorlegten.

26

ÖStA-AdR-BMfF, Dept. 17, Faszikel 79-I-A, Karton 96, Zl. 548656/1938, S. 3–4.

27

Ebda., S. 4–6.

28

Szávai, Ferenc: Das Schicksal des militärischen Vermögens der Österreichisch-Ungarischen Monarchie. Unter Veröffentlichung im Jahr 2001. Im Jahrbuch des Historischen Instituts in Wien.

29

Unterbreitung steht im völkerrechtlichen Sprachgebrauch hauptsächlich für Vorlage bzw. Einreichung eines Schriftstückes, einer Klage oder eines Ansuchens (o.ä.). Beispiel: Die „Unterbreitung” einer Streitigkeit an den Internationalen Gerichtshof nach dem Berner Übereinkommen zum Schutz von Werken der Literatur und Kunst vom 9. September 1886 idgF.

30

ÖStA– AdR-BMfF, Dept. 17, Frieden. Faszikel. 79-II-A-2 Jahr(e) 1935, Karton 105, Zl.: 74709/1935. Unterbreitung des Vertreters der königlich-ungarischen Regierung beim österreichisch-ungarischen Schiedsgericht mit welcher er die im Beschlusse des hohen Schiedsgerichtes vom 16. April 1935 bezeichnete Detaillierung der militärischen Sachgüter vorlegt. S. 38.

31

Szávai, Ferenc: A lausanne-i osztrák–magyar döntõbíróság mûködése. [Die Tätigkeit des österreichisch-ungarischen Schiedsgerichtes in Lausanne]. In: A hosszú tizenkilencedik és a rövid huszadik század. Tanulmányok Pölöskei Ferenc köszöntésére. Budapest, 2000. S. 531–546.

32

Vgl. Szávai, Ferenc: Az Osztrák–Magyar Monarchia közös vagyona. [Das gemeinsame Vermögen der Österreichisch-Ungarischen Monarchie]. Pécs, 1996.

33

ÖStA-AdR-BMfF – Dept 17, 426/1942, ÖStA-AdR-NPA (Neues Politisches Archiv). 443/1942. Politisches Archiv des Auswärtigen Amtes – Bonn – Rechtsabteilung (R VII), Rechtsakten 8, Band 2. Zl.: 53584/1942.

34

Vgl. Anmerkung 11.

35

Ebda

36

Ebda

37

Commission des Réparations, Annexe No. 1141 Revendications de la Belgique

concernant le Triptique de Saint Ildephonse et le Trésor de l’ Ordre de la Toison d’ Or, Rapport du Comité des Trois Juristes Annex 1141, Belgian claims to the Triptych of Saint Ildephonse and the Treasure of the Order of the Golden Fleece, Raport of the Committee of Three Jurists (21. Oktober 1921).

38

Commission des Réparations, Annexe No. 1151 Article 195 du Traité de Saint-Germain, Revendications Tchéco-Slovaque, Rapport du Comité des Trois Juristes (23. August 1922).

39

Pogány, Ágnes: Az Osztrák–Magyar Bank felszámolása [Die Liquidation der Österreichisch-Ungarischen Bank]. In: Aetas 4/1992, S. 19–31.

40

Halmosy, Dénes: Nemzetközi szerződések 1918–1945 [Internationale Verträge 1918– 1945]. Budapest 1966, S. 18–119.

41

ÖStA-AdR–BMfF, Dept. 17, Karton 142 Reparation Zl. 85134/1929. Reparation Commission VII Distribution of the pre-war Austrian and Hungarian debt. S. 11–12.

42

Ebda., S. 19–20.

43

Ebda., S. 12–14; 39.

44

Matsch, Erwin: Der auswärtige Dienst von Österreich (-Ungarn) 1720–1920. Wien–Köln– Graz 1986, S. 165–166.

45

ÖStA-AdR-Bundesministerium für Äußeres – Handelspolitik (BMfA 14 HP) Karton 736 Protokoll zur Sitzung am 24. Januar 1919. 4. Sitzung (Geschäftsordnung).

46

ÖStA-AdR-BMfF, Dept. 17, Karton 101, Zl. 47102/1919.

47

ÖStA-AdR-BMfF, Dept. 17, Karton 142, Reparation, Zl. 85134/1929. Reparation Commission VII Distribution of the pre-war Austrian and Hungarian debt. Appendix G. S. 46–50.