Begegnungen
Schriftenreihe des Europa Institutes Budapest, Band 10:163–183.
GYULA VARGA
Wie sollte die ungarische Landwirtschaft vor und nach dem Unionsbeitritt den EU-Erfordernissen angepasst werden?
Diese Fragestellung ist in erster Linie, neben den immer drängenderen Obliegenheiten hinsichtlich des EU-Beitritts, im kläglichen Zustand unserer Landwirtschaft und in der Ratlosigkeit begründet, die das Herauswaten aus diesem Zustand umgibt. Wir stehen also vor einer zweifachen Aufgabe: wir brauchen strategische Entscheidungen, das heißt, wir müssen die grundlegenden Zielsetzungen des Wachstums, der Produktions- und Betriebsstruktur, sowie der Agrarwirtschaft festlegen, und gleichzeitig haben wir die dringende Aufgabe, den großen Umbruchsverlierern des letzten Jahrzehnts, den landwirtschaftlichen Produzenten, die noch immer den Großteil der Landbevölkerung darstellen, „einen Rettungsring zuzuwerfen”. Es ist ganz klar zu sehen, dass diese doppelte Aufgabe seit Mitte der 1980-er Jahre die Kraft und die Fähigkeiten jeder einzelnen Regierung überschritten hat. Besonders hervorzuheben sind die stets verspäteten Schritte der Reformen des alten Regimes, sowie die verpassten Möglichkeiten am Anfang der 1990-er Jahre. Auch die, besonders viele negative Konsequenzen nach sich ziehende Entschädigung, mit ihren Irrgängen, und die auch heute noch nicht verstummten Aktionen gegen die Großbetriebe, deren „Früchte” erst in unseren Tagen so richtig gereift sind, verlangen an dieser Stelle einer besonderen Erwähnung. Gerade deswegen, weil heute zumeist die Tatsache gerne verschwiegen wird, dass für die heutige Krise größtenteils die Entscheidungen und Entscheidungsträger – auch die Initiatoren nicht vergessend – des Jahres 1992 verantwortlich sind.
Die Jahre vor der Wende sind durch verspätetes Handeln, die Jahre des Umbruchs dagegen durch die völlige Ratlosigkeit, die Renaissance der überholten Ideen gekennzeichnet, als nämlich die Landwirtschaft, anstelle der Heilung der Marktkrise äußeren und inneren Ursprungs, zum Kriegsschauplatz ideologischer Kämpfe geworden ist. Im Hintergrund der Entscheidungen stehen die unprofessionelle und romantische Hinwendung zur Vergangenheit, die Idealisierung der Kleinbetriebe, wodurch eine Bewegung in der Betriebs- und Firmenwelt hervorgerufen wurde, deren Ende auch heute noch nicht abzusehen ist.1
Die Jahre zwischen 1993 und 1996 vergingen – ähnlich wie unsere heutige Zeit – im Zeichen der kurzfristigen Maßnahmen der Schadensabwendung. Über die schnellen Eingriffe kann eindeutig ausgesagt werden, dass diese recht teuer und, aus dem Gesichtspunkt der Lösung grundlegender Probleme, vollkommen wirkungslos geblieben sind. Die Regierung eilt stets nachträglich den in Schwierigkeiten Geratenen, und von diesen hauptsächlich den, sich am effektivsten Beklagenden, oder den, ihre eigenen Interessen am erfolgreichsten Vertretenden zu Hilfe. Dann erstattet sie zum Teil die Schäden, die meistens vermeidbar gewesen wären, hätte man die Vorbeugemaßnahmen zum richtigen Zeitpunkt durchgeführt. Ein weiteres Charakteristikum dieser Eingriffe ist, dass jeder Person und jedem Produkt, unabhängig davon, ob es zu verkaufen ist und welche Qualität es hat, etwas zu Gute kommt, und diese allgemeine Hilfeleistung keinerlei Hinweis oder Signal für das, von den Produzenten zu befolgende Benehmen und für die Entscheidung enthält. Infolge dessen wurde das Leben von heute auf Morgen, das Denken in lediglich kurzfristigen Entscheidungen und das sich Zurückhalten bei Investitionen zum Allgemeinen und Grundprinzip: das wohl charakteristischste Beispiel dafür wird in der dramatischen Verschlechterung der Bodenfruchtbarkeit, der Abhängigkeit vom Wetter und dem erneuten Anstieg der Ertragsschwankungen sichtbar, wodurch – natürlich neben anderen Faktoren und nicht fachkundigen Eingriffen – die Störungen des Marktes natürlich, oder zumindest regelmäßig geworden sind.2 Das Fehlen des Austauschs der veralteten Mittel, ja sogar das Vernachlässigen ihrer Instandhaltung, ist nicht nur mit der Knappheit des Geldes zu erklären, sondern hängt auch mit der Agrarpolitik ohne Zukunftsbild zusammen, die zum Aufbrauchen des vorhandenen Vermögens anspornt.
Um die Herausbildung einer Agrarstrategie, die der neuen Situation entspricht, hat sich die Agrarregierung – meines Erachtens in heute kaum mehr gewürdigtem Maße – 1997 bemüht. Das Agrargesetz, das mit dem Einverständnis sämtlicher Parteien und Interessensvertretungen zustande gekommen war, ließ die Hoffnung auf eine konsolidiertere Ära aufflackern, aber die Durchführung des im Gesetz Festgelegten ist mit dem Regierungswechsel mehr als fraglich geworden. Aber auch trotz des in den Vordergrund rückenden strategischen Denkens kann man die Tatsache nicht übersehen, dass die Verschiebung des Registrierens landwirtschaftlicher Produzenten und des elementaren statistischen Abschätzens der Betriebs- und Firmenwelt, sowie die völlige Kapitulation vor der mit retrograder Absicht durchgeführten Demonstrationswelle und die Einführung eines chaotischen Steuersystems, die falsche Vorbereitung, später das Scheitern der Entscheidungen bezüglich des Bodenbesitzes in den gleichen Zeitraum fällt. Mit den fast schon nicht wiedergutzumachenden Konsequenzen dieser Tatsachen werden wir erst in den nächsten Jahren konfrontiert werden müssen.
Den Platz der langfristigen Denkweise haben heute bereits erneut das Feuerlöschen und zum Teil ein neues Wertsystem eingenommen, dessen Berechtigung wegen den aufgestauten Problemen und unerwarteten Naturkatastrophen scheinbar und zum Teil auch wirklich begründet ist. Wer würde es nämlich nicht erkennen, dass die landwirtschaftliche Produktion in ihren Gründen erschüttert wurde, dass der Export nicht nur wegen dem Mangel an äußeren Märkten, sondern auch wegen der Knappheit an Warenfonds schrumpft, dass die nationalen Betriebsunkosten infolge der abnehmenden Effektivität der Produktion immer weniger in den Weltmarktpreis „hineinpassen”, und dass für den Großteil der Landbevölkerung einzig und allein die Landwirtschaft zur Linderung ihrer sozialen Probleme ein wenig Halt gibt. Dies engt – durch die Abschließung eines bedeutenden Teils der Quellen – die Rekonstruktionschancen der konkurrierenden Landwirtschaft weiter ein.
Während dieser Zeit rückt die Möglichkeit des Beitritts in die Europäische Union immer näher und die Vorbereitung darauf erfordert von uns positive Schritte. Wir müssen unsere Integrationsbereitschaft ohne Voreingenommenheit abwägen und unsere Aufgaben in Betracht ziehen. Über diese müssen wir dann mit der Gesellschaft, vor allem aber mit den landwirtschaftlichen Produzenten, deren heutige Uninformiertheit das Schicksal der Volksabstimmung über den Beitritt und den Erfolg der Anpassung nach dem Beitritt in gleichem Maße gefährdet, mit offener und unverhüllter Aufrichtigkeit Gespräche führen.
Die Agrarpolitik der EU ist hierzulande noch ziemlich unklar. Wir können oft uninformierte, oder mit schlechter Absicht vorgetragene Berichte darüber hören oder lesen, dass das ungarische Betriebssystem nicht EU-konform sei. Aber auch verantwortungslose Aussagen über das erzwungene Ausschalten von einer Million Hektar Boden aus der Produktion kommen vor. Wir kennen jedoch diejenigen Grundprinzipien kaum, die von der Freiheit der Märkte, der freien Bewegung der Arbeitskräfte und des freien Geldtransfers, von der Solidarität unter den Mitgliedsländern, der Hilfe für ärmere Länder und Regionen und dem Schutz gegenüber den Auslandsmärkten handeln, und welche – egal, ob sie für uns von Vorteil sind, oder nicht, während den Beitrittsverhandlungen und Vereinbarungen – in gar keiner Weise Grund für Diskussionen und Unterhandlungen sein dürfen. Auch die Berichte über die Betriebswelt der EU-Landwirtschaft, über den Bodenmarkt und das Pachtsystem, und auch darüber, wo, in was und auf welche Weise der Staat mit seinem komplizierten System von Mitteln der Agrarpolitik eingreift, sind oberflächlich (zumal auch mit Absicht verstellt). Die Entscheidungen, die im Frühling 1999 auf dem „Berliner Gipfel” getroffen worden waren, und als Beschlüsse der „Agenda 2000” zum Vorschein kamen, sind der Öffentlichkeit auch viel zu wenig bekannt. In dieser Studie werden die wichtigsten Entscheidungspunkte und die – für uns als Richtlinie geltenden – Veränderungen der Agrarwelt der EU in Betracht gezogen.
Das Betriebssystem der EU-Landwirtschaft
Wenn wir die Agrarstatistik der EU studieren, fallen uns hauptsächlich folgende Verhältnisse und Hauptveränderungsrichtungen auf:
– die stetige Abnahme der von der Landwirtschaft Lebenden, der laufende Rückgang der Beschäftigungskraft des Agrarsektors,
– der schnelle Rückgang der Zahl landwirtschaftlicher Betriebe,
– der jede Erwartung übertreffende, und in immer schnellerem Tempo voranschreitende Anstieg sämtlicher Kennziffer der Produktion, die in Richtung Konzentration wirken,
– die ziemlich großen, und trotz der gemeinsamen Agrarpolitik nicht abnehmenden Differenzen – unter den Ländern und Regionen – der Daten, die die Durchschnittsgröße eines Betriebs kennzeichnen,
– die ständig anhaltenden, teilweise sogar zunehmenden Unterschiede zwischen der Agrarwirtschaftsleistung einzelner Länder,
– die trotz des Subventionssystems immer noch eher ansteigende, als sich mildernde, ziemlich große Differenziertheit unter den Betriebseinkommen einzelner Länder.
Diese Entwicklungstendenzen können wir – wenn wir unseren Kopf nicht in den Sand stecken wollen – nicht aus den Augen verlieren. Wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass die Agrarpolitik der EU, die möglicherweise die zielbewussteste und mit den größten materiellen Opfern subventionierte, traditionsbewahrende Agrarstrategie der Welt ist, in Wirklichkeit in immer schnellerem Tempo, und in, von den proklamierten Prinzipien abweichender Richtung, unaufhaltsam voranschreitet, und zwar – das bringt dies alles mit sich – auf dem Wege der Konzentration. Das traditionelle familiäre Wirtschaftsmodell ist im Begriff, sich aufzulösen, oder zumindest sich stark zu verändern. Der Großteil der hauptberuflichen Familienbetriebe ist kein Kleinbetrieb mehr, sondern immer mehr ein kapitalstarkes Unternehmen mit Branchengrößen, die zahlreiche ungarische Großbetriebe nur beneiden könnten. Suchen wir nach der ungarischen Entfaltung in der richtigen Richtung, haben wir überhaupt – einige Jahre vor dem geplanten Beitrittstermin – ein Zukunftsbild, das mit den Prozessen innerhalb der EU und den heutigen Gegebenheiten reell rechnet? Auf diese Frage kann der Verfasser der folgenden, die bloße Auflistung der Tatsachen und ihrer deutenden Erklärungen enthaltenden Sätze – leider – nur mit einem „Nein” antworten.
Im Durchschnitt der 15 EU-Mitgliedsstaaten betrug der Anteil landwirtschaftlicher Beschäftigter von allen Verdienern im Jahre 1995 lediglich 5,3 %. Der Durchschnitt verdeckt einen recht großen Unterschied, von den 2,1 % des Vereinigten Königreichs bis zum Teilanteil von 20,4 % Griechenlands. Mit Ungarn verglichen, können wir anhand dieser Daten erkennen, dass unser Anteil von 7 bis 8 % etwas mehr als das anderthalbfache des EU-Durchschnitts ist. Während aber bei uns auf 1 % der in der Landwirtschaft Beschäftigten 0,93 % des GDP entfallen, beträgt dieser Anteil in der EU nur 0,45 %. Das heißt, dass im Agrarsektor, der sich im Abbau befindet, ein hiesiger Hauptberuflicher noch immer in mehr, als zweimal so hohem Anteil von der Produktion des nationalen Einkommens profitiert, als in der EU.3 Aus dem Gesichtspunkt des Vergleichs mit der EU bekommen wir ein realeres Bild, wenn wir statt oder zumindest neben der vorherigen Kennziffer (dem prozentualen Anteil der Beschäftigung), die von der Bevölkerungsdichte unabhängig ist, als Vergleichsgrundlage die Zahl der Beschäftigten hernehmen, die auf die landwirtschaftliche Fläche von 100 Hektar entfallen. Betrachten wir diese Daten, sehen wir, dass gegenüber der EU-Angabe, wo 5,7 Personen auf 100 Hektar entfallen, die ungarischen Daten „günstiger” sind, weil lediglich 5,0 Beschäftigte auf 100 Hektar entfallen. Würden wir aber versuchen, auch die Teilzeitbeschäftigten auf die in der EU gebräuchliche Einheit der Arbeitskraft (AK) umzurechnen, würde die Kennzahl deutlich, jedoch kaum um mehr als 40–50 % ansteigen. Mit dem so gewonnenen Wert von 7 Personen/100 Hektar würden wir auf der Liste der Mitgliedsländer genau in der Mitte liegen, etwa in einer Gruppe mit Österreich, Belgien und Finnland. Die Zahl der landwirtschaftlichen Beschäftigten geht in jedem Land der EU in schnellem Tempo zurück, und die Landwirtschaft bietet trotz zahlreicher Subventionsmaßnahmen immer weniger Menschen einen direkten Unterhalt.
In den Mitgliedsländern der EU ist die Durchschnittsfläche der Betriebe recht klein, aber doch zunehmend. Der „Durchschnitt des Durchschnitts” jedoch – die so oft zitierte landwirtschaftliche Fläche von 17,5 Hektar pro Landwirtschaftsbetrieb –, sagt tatsächlich kaum etwas über die wirklichen Größen und die Entwicklung der größenmäßigen Zusammensetzung aus. Der Hauptgrund ist darin zu suchen, dass in der Teilzahl auch die zahlreichen Teilzeitbetriebe enthalten sind, während die Leistung dieser in Wirklichkeit ziemlich klein ist.4
Deshalb ist es also unabdingbar, dass wir hinter die alles verdeckenden Durchschnittszahlen blicken (Tabelle 1). Die wichtigste Erscheinung neben dem Rückgang der Betriebszahlen ist, dass im Zeitraum zwischen 1980 und 1995 – im Durchschnitt der 12 untersuchten EU-Mitgliedsländer – der Grund und Boden derjenigen, die eine Fläche kleiner als 20 Hektar bewirtschafteten, um etwa 30 % kleiner geworden ist. Dieser Betriebskreis mit durchschnittlicher Größe verfügt lediglich über 20 % der bearbeiteten Fläche. Demgegenüber nahm die Bodenfläche der zwischen 50 und 100 Hektar Besitzenden um mehr als 20 %, die der mehr als 100 Hektar Besitzenden um mehr als 50 % zu. Das heißt – ob es uns nun gefällt, oder nicht –, dass nur die Größeren wachsen können. Die Wachstumsschwelle, also die Grenze zwischen den Betrieben mit abnehmender und steigender Zahl, liegt nur in den Ländern mit einer übergrossen Agrarbevölkerung noch niedriger. Die „Scheidelinie” liegt jedoch überall, – mit Ausnahme Portugals – sogar in den anderen Mittelmehrländern bei höher als 20 Hektar.
Die Betriebe können die Fläche in der EU – aufgrund des nur begrenzt zur Verfügung stehenden Bodens – nur auf Kosten des anderen Mitgliedsstaates erweitern.5 Demgegenüber kann der Viehbestand verhältnismäßig frei erhöht werden, zumindest bis zu der Grenze, die von der EU zwangsmäßig aus Erwägungen des Umweltschutzes eingeführt wurde. Heutzutage sind die Unterschiede, die größtenteils in negativer Korrelation mit der Bodenversorgung stehen, in den Kennziffern der Viehdichte unter den Ländern recht groß. Die Viehhaltung zeigt in den Ländern der EU ebenfalls eine markante Konzentration. Besondere Aufmerksamkeit verdient die fast schon unglaublich schnelle Steigerung des Bestandes in den schweinehaltenden Betrieben, und die Tatsache, dass es kein Land gibt, das von diesem beschleunigten Prozess eine Ausnahme bilden würde.6
Tabelle 1
Die Veränderung der Betriebskonzentration in den 12 EU-Mitgliedsländern zwischen 1980 und 1995 |
||||||
Land |
5 |
5–20 |
20–50 |
50–100 |
100 |
ins- |
Hektar landwirtschaftliche Fläche |
||||||
Veränderung der Anzahl landwirtschaftlicher Betriebe |
71,4 |
68,2 |
75,6 |
118,3 |
150,8 |
73,7 |
Veränderung der Größe der bearbeiteten Fläche |
72,7 |
66,8 |
78,0 |
121,1 |
150,1 |
103,1 |
* Über Spanien sind nur die Daten des Jahres 1993 verfügbar. |
Zur gleichen Zeit sind die Unterschiede unter den Ländern von erstaunlichem Maße und nehmen viel eher zu, als ab. Die mehr zeitgemäßen Produzenten legen ein Konzentrationstempo vor, mit dem die über ein zergliedertes Betriebssystem und eine rückständige Landwirtschaft verfügenden Länder, die viel eher mit den sozialen Lasten der Beschäftigung der Agrarbevölkerung, als mit einem Selbstbehauptungszwang zu kämpfen haben, nicht mithalten können. Angesichts dieser Tatsachen können wir sagen, dass die heutige ungarische Praxis, die die Betriebe von kleinerer Größe bevorzugt, nicht nur schlecht mit den sowieso schon knappen Haushaltsmitteln des Landes wirtschaftet, sondern auch eine irreführende und falsche Botschaft an die später einmal der EU beitretenden ungarischen Privatproduzenten vermittelt.
Tabelle 2
Die errechneten Werte der, den in der EU gültigen Betriebskategorien entsprechenden, ungarischen Branchengröße |
|||||
BRANCHE |
Kleine = 4 EME |
Untere mittlere |
obere mittlere |
große = 40 EME |
sehr große |
|
große Wirtschaftsbetriebe |
||||
Herbstweizen (Hektar) |
41,6 |
83,2 |
166,4 |
416,0 |
1040,0 |
Körnermais (Hektar) |
42,7 |
85,4 |
170,8 |
427,0 |
1027,5 |
Apfel (Hektar) |
7,5 |
15,0 |
30,0 |
75,0 |
187,5 |
Weintrauben (Hektar) |
15,5 |
31,0 |
62,0 |
155,0 |
387,5 |
Milchproduktion (Kühe) |
15,1 |
30,2 |
60,4 |
151,0 |
377,5 |
Schweinezucht |
179,0 |
358,0 |
716,0 |
1790,0 |
4475,0 |
* EME = Die errechneten Werte der in der EU gültigen Betriebskategorien entsprechenden ungarischen Branchengröße |
In der Europäischen Union wird die Wirtschaftsgröße neben der ungenauen und schwer zu vergleichenden territorialen Kategorisierung anhand der normativen Kennziffer der einkommensproduktiven Fähigkeit, des Wertes des Standarddeckungsbeitrags (StDB), eines einheitlichen Maßsystems und einer, zum Messen dieses verwendeten, sogenannten „Europäischen Maßeinheit” (EME) gebildet. Eine EME entspricht 1200 ECU, also um die 300 Tausend Forint. Unter den Mitgliedsländern der EU finden wir recht bedeutende Unterschiede auch in der einkommensproduktiven Fähigkeit der Betriebe. Herausragend hoch ist sie in den Niederlanden, dann folgen die anderen beiden Benelux-Staaten und das Vereinte Königreich in der Rangliste. In diesen Ländern realisiert etwa ein Drittel der Betriebe an „Europäischen Maßeinheiten” ein Einkommen mehr als 40,7 das heißt also einen Deckungsbeitrag, was ungefähr einer Summengrenze von etwa 13 Millionen Forint entspricht. Als Gegenpol sind Italien, Portugal, Spanien und Griechenland zu erwähnen, da in diesen Ländern die Hälfte der Betriebe, oder sogar noch mehr, die Einnahmegrenze von jährlich 4 EME nicht erreichen, also das Einkommen unter 1,3 Millionen Forint bleibt. Aufgrund der stark differenzierten Verteilung der verschiedenen Betriebe mit einkommensproduktiver Fähigkeit ist es nicht überraschend, dass die Unterschiede auch bei den tatsächlichen Betriebseinkommen, und der sich daraus ergebenden Höhe der bäuerlichen Einkommen unter den Ländern bedeutend sind. Die ungenügende Betriebsgröße hat einen entscheidenden Einfluss auf die Entwicklung des Betriebseinkommens, das auf eine hauptberufliche Arbeitskraft entfällt.
Die folgende Berechnung, die von Gábor Kovács, dem Abteilungsleiter des AKII durchgeführt wurde, versuchte die Frage, wie man, – aufgrund der Durchschnittsdaten der wichtigeren Branchen mehrerer Jahre – die Methode auf die ungarischen Verhältnisse angewandt8, zu beantworten, unter welchen natürlichen Größen man die unteren Grenzen der in der EU verwendeten Größenkategorien erreichen könnte (Tabelle 2. Bei den Betrieben mit gemischter Struktur müssen diese Werte natürlich addiert werden.). Die Daten sind mehr als eine Warnung: im Maßsystem der EU ist der Großteil unserer heutigen Privatbetriebe, die von der offiziellen Agrarpropaganda nicht nur bevorzugt, sondern auch popularisiert werden, nicht einmal zum Erreichen der unteren Schwelle fähig. Es bedarf keiner großen Prophetengabe um vorauszusagen, dass sich diese Betriebe nach dem Beitritt wohl kaum im Konkurrenzkampf behaupten können, und deren Schicksal die Auflassung, der Konkurs sein wird.
Das Betriebssystem unserer Landwirtschaft im Spiegel der EU
Während der Vorbereitung des EU-Beitritts, der Unterstützung oder eventuell der Steuerzahlung der landwirtschaftlichen Produzenten werden wir stets mit dem Mangel an Informationen, die das betrieblich-unternehmerische System vorstellen, ja sogar mit der Unklarheit des Begriffs „Betrieb” konfrontiert. Die Statistik berichtet uns von etwa 1,2 Millionen Privatbetrieben, in die 14 Tausend hauptberufliche Einzelunternehmen und 11 Tausend Partnerunternehmen gehören. Dies hat den Erfahrungen zufolge sogar auf die EU-Experten erschreckend gewirkt, und die Situation konnte nur mit entsprechenden Rechtfertigungen mehr oder minder bereinigt werden. Gleichzeitig wissen aber die ungarischen Experten, die sich mit der Frage beschäftigen, auch, dass die Landwirtschaft in Wirklichkeit nicht so viele „richtige” Wirtschaftsakteure hat. Darauf lassen auch die ausgefertigten „Agrarausweise” und diejenigen schließen, die sich registrieren ließen. Es ist also an der Zeit, dass die landwirtschaftliche Registrierung erfolgt, was aber die vorausgehende Klärung der Begriffe nötig macht.
Die Studie, die im AKII vor kurzem fertiggestellt wurde, gelangt zu aller erst – nach Durchsicht der Praxis in der EU, und auch im Inland – zum Schluss, dass man zwischen den warenproduzierenden und konkurrierenden, mit französischem Wortgebrauch den „professionellen” Betrieben und den aushelfenden, ein Aushilfseinkommen gebenden, sogenannten sozialen Landwirtschaften unterscheiden, und diese auch unterschiedlich behandeln muss. In Verbindung damit wäre es auch in Ungarn angebracht, die untere, minimale Grenze des Betriebs strenger, nämlich in 1 Hektar Ackerfläche, oder in einer, diesem Wert entsprechenden Pflanzungsfläche, beziehungsweise in einem Bestand von Großvieh festzulegen. Dies alles würde auch bedeuten, dass
– die mit einer kleineren landwirtschaftlichen Produktionskapazität Verfügenden nicht als Betriebe sondern nur als Hauswirtschaften angesehen würden,
– diese dem entsprechend nicht mit jährlicher Regelmäßigkeit und in vollem Umfang durch die Statistik beobachtet werden müssten,
– sie nicht jedes Jahr eine Erklärung machen und Steuern zahlen müssten, jedoch nicht berechtigt wären, landwirtschaftliche Subventionen zu erhalten.
Das Auslassen der vielen zwergähnlichen Produktionseinheiten aus dem Betriebskreis lässt ein Weglassen der sich nie lohnenden administrativen steuerbehördlichen Arbeiten zu, und legalisiert gleichzeitig die Steuerfreiheit derjenigen unbedeutenden Einkommen, über deren Erklärung die Betroffenen als eine Art „Gewissensangelegenheit” entscheiden müssten. Wenn wir die Praxis der EU und die ungarische Wirklichkeit als Grundlage nehmen, und wir die Produzenten mit 1 Hektar landwirtschaftlicher Fläche (beziehungsweise einer dieser entsprechenden Kapazität) auch nicht als Betriebe betrachten, dann „spalten” wir etwa 4 % der ganzen landwirtschaftlichen Bodenfläche, aber mehr als 80 % der heute als Kleinwirtschaftsbetriebe bezeichneten ab, beziehungsweise trennen diese vom Ganzen (aufgrund der wirtschaftssystematischen Registrierung des Jahres 1994). Wenn wir die hiesige wirtschaftliche und soziale Umgebung abwägen, ist zu beweisen, dass die Gruppe der Kleinbetriebe zwischen 1 und 5 Hektar ebenfalls keine Möglichkeit zur selbständigen Bewirtschaftung auf gesellschaftlich akzeptablem Niveau bietet. Besitzt die Familie des Inhabers keine anderen Einnahmen, die das Betriebseinkommen überschreiten, dann ist auch in dieser Gruppe der Wirtschaftsbetriebe die soziale Funktion ausschlaggebend, und der Inhaber setzt seine offenkundig nicht wettbewerbsfähige Warenproduktion dementsprechend fort. Diese im heutigen Begriff zweitdichtest bevölkerte Gruppe mit einem etwa 15 % Anteil besitzt – den Daten von 1994 zufolge – weitere etwa 6–8 % der landwirtschaftlichen Fläche des Landes. Dies alles zusammen bedeutet keinen großen Anteil im Verhältnis zur Bodenfläche, die der Wettbewerbssphäre zur Verfügung steht.
Der Begriff des Betriebs verlangt, dass die Produktionseinheit klare und eindeutige Grenzen besitzt. Die Grundeinheit kann deshalb nur die Familie, beziehungsweise der „Betrieb” selbst bilden. Die Produktionseinheit kann, genauso wie im Kleingewerbe die Werkstatt, im Kleinhandel das Geschäft sein usw. Unserer Meinung nach ist diejenige heutige Praxis deshalb immer unhaltbarer, dass innerhalb eines gemeinsamen Haushaltes so viele kleine landwirtschaftliche „Betriebe” existieren, auf wie viele erwachsene Familienmitglieder das Einkommen aus der Landwirtschaft aufgeteilt wird.
Betrachten wir auch die Partnerunternehmen, können wir die betrieblich-unternehmerischen Rahmen wie in der Tabelle 3 abbilden.
Aufgrund dieses Schemas ist das Wesen unserer Empfehlung kurz und bündig das folgende:
Tabelle 3
Landwirtschaftliche Produktion |
Nicht betriebsgerechte Hauswirtschaft, aus purem Vergnügen betriebene Landwirtschaft |
Davon: Soziale Landwirtschaft” mit dem Ziel des Lebensunterhalts, des Aushilfseinkommens |
||
|
Privatproduzenten |
Einzelwirtsch |
Teilzeitliche und nebenerwerbliche Aushilfsbetriebe |
|
|
|
|
Hauptberufliche Familienbetriebe |
|
|
|
|
Landwirtschaftliche Privatunternehmen |
|
|
|
|
|
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|
Partner- |
Einlagegesellschaften, Partnerunternehmen nicht rechtlicher Art |
|
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|
Landwirtschaftliche Genossenschaft |
|
|
Landwirtschaftliche Unternehmen |
|
Gesellschaften mit beschränkter Haftung |
|
|
|
|
Aktiengesellschaften |
|
|
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Gemeinnützige Gesellschaften, Stiftungen, Experimental- und Lehrwirtschaftsbetriebe |
1. Die Hauswirtschaften (deren Größe kleiner, als 1 Hektar Acker, oder eine andere, dieser entsprechende Produktionskapazität, zum Beispiel 0,2 Hektar Pflanzung, oder 400 m2 Fläche unter Glas oder Folie, beziehungsweise 2 Herdentier-Einheiten) sollten in Zukunft nicht als Betriebe betrachtet werden. Nach dieser Produktion müssten keine Steuern mehr gezahlt werden, aber die Produktion würde auch keinerlei agrarfördernde Subventionen mehr genießen. Der Anteil an der sozialen Subvention würde anhand der Einkommen aus den anderen Quellen bestimmt werden. In diese Kategorie würde die Familie aufgrund der physischen Größe der Produktionskraftquellen eingereiht werden, und zwar aufgrund der Registrierung und Bestätigung durch die Selbstverwaltungen.9
2. Die zweite Kategorie ist die der Teilzeit- oder nebenbeschäftigten Aushilfswirtschaftsbetriebe, die zwar die vorhin erwähnten oberen Grenzen überschreiten, aber weniger Produktionskraftquellen besitzen, als 5 Hektar Acker oder 1 Hektar Pflanzung oder 1000 m2 Fläche unter Glas oder Folie und 10 Herdentier-Einheiten.10 Dieser Betrieb würde ebenfalls auf familiärer Grundlage besteuert werden, und zwar entweder mit der Pauschale, die aufgrund des Produktionsmaßes ausgerechnet werden würde, oder durch die, mittels einer Rechnung bestätigte Verrechnung von 20 % der Einnahmen und Ausgaben – aufgrund der heutigen Gesetze der Einkommenssteuer. Der Teilzeit- oder nebenbeschäftigte Aushilfswirtschaftsbetrieb bedeutet auch in jedem solchen Fall gleichzeitig die Kategorie des sozialen Wirtschaftsbetriebes, in dem das gesamte Einkommen der Familie zusammen mit dem landwirtschaftlichen Einkommen nicht mehr beträgt11, als die Summe des Mindestlohns multipliziert mit der Zahl der Erwerbstätigen.
In der heutigen Situation kann es auch vorkommen, dass eine Familie gar kein bedeutenderes Einkommen aus einer anderen Quelle besitzt. Deshalb ist es angemessen, einer Familie zusätzliche soziale Unterstützung zukommen zu lassen, wenn das Verhältnis des landwirtschaftlichen Einkommens über 75 %, und wenn des weiteren das ganze pro Kopf-Jahreseinkommen unter dem Niveau des Mindestlohns liegt.12 Es ist aber ganz wichtig zu betonen, dass die Quelle der Subventionen nicht die Agrarförderungsfonds, sondern die gesellschaftlichen Sozialrahmen sind.
3. Die dritte Kategorie bildet der Familienwirtschaftsbetrieb, der – die vorigen Grenzen überschreitend – über höchstens 30 Hektar Acker oder einer anderen, diesem entsprechenden Kapazität verfügt, beziehungsweise eine Einnahme der verkauften Waren von 15 Millionen Forint erreicht. Die Steuer, die aufgrund familiärer Grundlage, aber streng nur im Falle einer Hauptbeschäftigung mit einer bedeutenden Mehrbetragsvergünstigung zu bezahlen ist, könnte auch in dieser Kategorie in Form von Pauschale oder nach Postenverrechnung bezahlt werden. Der Familienwirtschaftsbetrieb gehört nicht mehr zum Feld der dauerhaft mit sozialen Subventionen Unterstützten.
Die Realität verlangt aber trotzdem von uns, dass wir anerkennen: eine Familie kann heute in Ungarn im Falle einer, die untere Größengrenze nur knapp überschreitenden Produktionskapazität nicht anständig leben. Deshalb ist ihre soziale Unterstützung begründet, wenn das ganze (landwirtschaftliche und aus äußeren Quellen stammende) Einkommen eines arbeitsfähigen Familienmitglieds die Grenze des Mindestlohns nicht erreicht. Die Rolle des Staates muss sich in ihrem Fall in erster Linie und besonders in der Modernisierung der Produktion und der Begünstigung dieser, sowie in den Entwicklungssubventionen widerspiegeln, die der Herausarbeitung konkurrenzfähiger Größen dienen. Als Quelle dieser dienen aber bereits eindeutig die Agrarsubventionsrahmen.
4. Die vierte Kategorie ist das landwirtschaftliche Privatunternehmen, das entweder größer ist, als der Familienwirtschaftsbetrieb, oder sein Besitzer wählt, trotz der kleineren Größe, aus anderen Gründen (zum Beispiel wegen der Verrechnung der Mehrwertsteuer) freiwillig diese Form anstelle der vorhin aufgelisteten. Er zahlt nach Postenverrechnung, jedoch nur im Falle einer Hauptbeschäftigung13, ebenfalls mit landwirtschaftlichen Vergünstigungen Steuern. Auf diese Gruppe würde sich die Möglichkeit der Pauschalzahlung nicht beziehen – das würde ja dem System der Mehrwertsteuer-Rückerstattung, die eine Postenverrechnung benötigt, widersprechen –, aber die Agrarvergünstigungen zur Entwicklung und Modernisierung, die sich, auf der Grundlage der gesellschaftlichen Werte, an die Erhöhung der Produktionskonkurrenzfähigkeit knüpfen, würden sich in erster Linie auf sie beziehen.
Diese Strukturierung, aber hauptsächlich die Größengrenzen, benötigen eine gründliche fachgerechte Überprüfung. Darüber hinaus muss sie von Zeit zu Zeit auch auf eine höhere Stufe gehoben werden. Wir haben uns deshalb auf den klärenden begrifflichen Versuch eingelassen, damit wir auch mit diesem bei der fachlichen Debatte, der möglichst raschen Lösung der Frage, und bei dem erfolgreichen Ablauf der allgemeinen landwirtschaftlichen Zusammenschreibung helfen, die 1999 beginnt. Wir können auf jeden Fall eindeutig feststellen, dass es in der ungarischen Landwirtschaft keinerlei Fremdkörper, keine nicht „EU-konformen” Elemente gibt, auch wenn manche die, konkurrenzfähigere Produktionsbedingungen bietenden Großindustrien auf der heimischen Palette nicht gerne sehen. Dies ist aber ein subjektiver, und nur Nachteile mit sich bringender Standpunkt. Unhaltbar ist hingegen, dass wir nicht wissen, wer und mit welcher Produktionskapazität am Markt eine Rolle spielt, dass wir die Nutzer der Böden nicht kennen, und dass ein schlecht erarbeitetes Steuer- und Registrierungssystem nur deshalb weiter existieren kann, weil es bei der Durchführung der aktuellen Bemühungen – die die Großindustrien in eine benachteiligende Situation versetzt – Hilfe leistet.
Bodenmarkt und Bodenpachtung in der EU: Was wartet auf uns?
Das bei uns in erster Linie in den Kreis der Politik gehörende Themengebiet ist zwar auch in den Mitgliedsländern der EU nicht ganz frei von politischen Tönen; grundsätzlich ist es aber doch ein wirtschaftliches Problem. Seine rechtliche und marktmäßige Regelung wird in erster Linie auch von wirtschaftlichen Überlegungen geleitet. Darüber hinaus enthält auch die Annäherung wirtschaftlichen Charakters ziemlich viele soziale Komponenten und Überlegungen. Ein wichtiger motivierender Faktor der Regelung ist die Bestrebung, dass die Frage des Bodenbesitzes in die Dienste der rationalen Bewirtschaftung gestellt wird, und dementsprechend auch die Rechte des Besitzers eingeschränkt werden, beziehungsweise, dass eher die Nutzung des Bodens im Auge behalten wird.
Hierzulande geraten, nicht nur von der wirtschaftlichen, sondern vielleicht sogar von der politischen Absicht abweichend, – wegen der Durchpolitisierung – die sozialen Zusammenhänge des Bodenbesitzes in den Hintergrund. Dies wird eindeutig durch die, mit dem Besitz zusammenhängenden Gesetze, dem sich Hinziehen der Machtentscheidungen und der Verzerrung der bereits getroffenen Entscheidungen angezeigt. Deshalb sind die wirklichen Fachfragen, die die Regelung der vernünftigen Bewirtschaftung des Bodens betreffen, noch nicht behandelt worden. Deshalb gibt es auch heute noch keine Bestrebung zur Herausbildung der Mindest- oder lebensfähigen Betriebsgröße – nicht einmal der Begriff hat bisher Bürgerrecht erhalten. Infolge des Übergewichtes der Ideologie konnte es passieren, dass im Moment der völligen Entscheidungsfreiheit nach der Wende, im Laufe der Zuteilung von Grund und Boden, der Kreis der von der Landwirtschaft Lebenden nicht nur keinen Vorzug erhielt, sondern zum Gegenstand grenzenloser, ja fast schon kostenloser Verteilung und verhängnisvoller Aufteilung von Boden geworden ist.
Da auch wir in absehbarer Zeit Mitglieder der Europäischen Union werden, können all die heute verteidigend genannten Gesetze, die größtenteils seit 1994 mit dem „Teufel an die Wand malen” geschaffen worden sind, sich umkehrend, tatsächlich katastrophale Folgen für den heimischen Bodenmarkt haben. Es muss gleich hier festgestellt werden, dass die Praxis der Europäischen Union eine Fundgrube möglicher, zu verfolgender Gleichnisse, aber keinesfalls irgendein einheitliches, sich in allen Ländern gleichermaßen Geltung machendes System bietet. Dies illustriert auch die bisher reichhaltigste, Fakten vorstellende Studie von Frau Burger die in diesem Themenkreis Mitte 1998 erschienen ist. Es ist offensichtlich, dass der Boden als eigentümliches Produktionsmittel – aus dem Gesichtspunkt des Besitzes und des Marktumsatzes – in den meisten Ländern vom allgemeinen mehr oder weniger abweichend geregelt wird. Der Boden wird zwar mit zahlreichen Abschließungen aus dem Wirkungskreis der vollkommenen Freiheit des Marktes, einem Eckpfeiler der „Errungenschaften der EU” hinausbefördert, dies geschieht aber nur teilweise, nicht durch totale Verbote, sondern in Wirklichkeit mit der Einfügung diverser Einschränkungen und Abschließungen, beziehungsweise dem Einbau von Vorzügen. Aus den Einschränkungen ragen die Gesetze, beziehungsweise Vorschriften heraus, die die Zerstückelung der Fläche hemmen, die lebensfähige Feld- und Betriebsgröße bevorzugen, den Besitzerwerb bei bestimmtem Maße an Berufsqualifikation binden und den Ortsansässigen, beziehungsweise den Staatsbürger des gegebenen Landes Vorzug gewähren.
Trotz der administrativen, rechtlichen Regelung, oder eher neben ihr, bahnt sich der durch den wirtschaftlichen und marktmäßigen Wettbewerb diktierte Zwang den Weg. Dies drückt sich in der immer schneller werdenden Betriebskonzentration, im Werteverlust der landwirtschaftlichen Rolle des Bodenbesitzes, in der Zunahme der – mit diesem vielfach zusammenhängenden – Pacht, und in dem, für die Landwirtschaft charakteristisch hohen Anteil des Fremdkapitals (Leihkapital) aus. Diese Vorgänge sind umso stärker, je entwickelter die Wirtschaft eines Landes ist, also je weiter sie sich von der archaischen Landwirtschaft entfernt hat. Die Veränderungen der letzten Jahre zeigen hierzulande eher in die Richtung der überschrittenen Vergangenheit, als in die der vielversprechenden Zukunft.
Was den Bodenmarkt in engerem Sinne betrifft, können wir auch innerhalb der EU große Unterschiede als charakteristisch feststellen. Dies trifft in erster Linie auf den Bodenpreis zu, weil die „EU-Bodenpreise”,14 trotz dessen, was man hierzulande hört und liest, eine ziemlich große, und teilweise kaum erklärbare Streuung zeigen. Den Daten zufolge herrscht zwischen den westlichen Bundesländern der beiden benachbarten Länder, Frankreich und Deutschland ein fünffacher Preisunterschied. In Dänemark ist der Preis nur halb so hoch, wie im benachbarten Belgien oder in Westdeutschland, und nur ein Drittel des holländischen Preises. Den größten Unterschied finden wir zwischen dem, offensichtlich mit großem Landmangel kämpfenden Luxemburg (11–15 Millionen Forint/Hektar) und dem als billigstes Land geltenden Schweden (275–350 Tausend Forint/Hektar), das wirklich zeitgemäß ausgerüstet ist und innerhalb der EU wohl am ehesten nach den Prinzipien der Marktwirtschaft funktioniert. In Schweden (wo man aber trotzdem keinen Überschuss an Land von guter Qualität hat) sind die Bodenflächen nicht viel teurer, als in Ungarn, „höchstens” zwei-dreimal. Dieser Unterschied wirkt in Wirklichkeit im Verhältnis zu dem zu uns mehr als 40mal so hohen Preisniveau der vorhin genannten zwei EU-Ländern (Belgien und dem westlichen Teil der BRD) ziemlich klein.
Aufgrund zahlreicher mündlicher Aussagen – und im Besitz konkreter deutscher Daten – können wir auch feststellen, dass die Existenz des Bodenmarktes überhaupt keinen voluminösen Bodenhandel bedeutet, weil das Kaufen und Verkaufen nur ein marginaler Teil der ganzen Bodenfläche ist. In der Veränderung des Bodenbesitzes spielt gegenüber dem Markthandel das Vererben eine viel größere Rolle, das jedoch von zahlreichen Rechtsnormen eingeschränkt wird. Diese helfen einerseits bei der Konzentration (beziehungsweise der Verhinderung der Zerstückelung) des Besitzes, und andererseits bei der Verbreitung der fachkundigen Bauern. Sowohl im Falle des Kaufens als auch in dem des Pachtens ist in den meisten Mitgliedsländern die lokale Sesshaftigkeit ein Kriterium. Häufig kommt es auch vor, dass das Gesetz durch die Kontrolle der Verträge, der Überprüfung des Realitätsgehalts des Preises, der Verweigerung der Eintragung im Falle ungesetzlicher Verträge, der Geltendmachung des Vorkaufsrechtes des Staates, alles daran setzt, die Spekulation zu verhindern. Dies ist auch für uns ein zu befolgendes Exempel, da es offensichtlich ist, dass heutzutage zum Beispiel in der Stadt wohnende Personen (die oft sogar ein Arbeitsverhältnis und ein Einkommen haben) in einer Entfernung von 100–200 Kilometer nicht mit der Absicht der Bodenbewirtschaftung, höchstens mit dem Wunsch, den Neuerwerb kultivieren zu lassen, aber in Wirklichkeit meist nur auf den absehbaren Anstieg des Bodenpreises spekulieren. Die heutige einschlägige Gesetzgebung schützt viel eher die Interessen der hierzulande lebenden Spekulanten, als die der Kleinbesitzer; egal, ob wir nun an die Käufer denken, die den Boden bearbeiten, oder an die, die ihren Grund verkaufen möchten (deren Interessen bezüglich des realeren Bodenpreises – seltsamerweise – bisher in den Debatten gar nicht aufkamen!).
Neben dem begrenzten Maßes des Bodentransfers spielt in den Mitgliedsländern der EU die Pacht eine immer größere Rolle. Die Produzenten legen ihr Kapital in rasch rentablen Investitionen an und verwenden es nicht zum Kauf von Grund und Boden. Die Unternehmer in der landwirtschaftlichen Produktion versuchen ihr Vermögen durch Anlage zu vermehren, und sie haben nicht die Absicht, es in Ruhe beizubehalten. Zu diesem Zweck ist in der Marktwirtschaft das Pachten ein vorteilhafteres und hauptsächlich flexibleres Mittel. Es ist kein Zufall, dass in der EU 40 % der bearbeiteten Fläche gepachtet sind, und dass dieser Anteil in den meisten Ländern minimal, aber dauerhaft ansteigend ist.
Die Änderung der Pachtgebühren ist deshalb eine fast so spannende Frage, wie die des Bodenpreises. Bei den Pachtgebühren können wir aber von 10–20fachen, der Streuung des Bodenpreises folgenden Unterschieden nicht sprechen. Viel eher finden wir eine überraschende Nivellierung und gleichzeitig klar ansteigende Preise. Die günstigste Pachtgebühr (10–12 Tausend Forint/ Hektar) liegt ganz nah am ungarischen Niveau. Aber auch im führenden Agrarland, Frankreich, pendelt er lediglich um die 15 Tausend Forint/Hektar, und ist nur halb so hoch, wie in den benachbarten deutschen, belgischen, holländischen und dänischen Gebieten. Die ungarischen Bodenpachtgebühren haben sich also – auf schwer begründbare Art und Weise – dem Niveau der EU angepasst, was die zur Schaffung von stabilen Pachtverhältnissen dienende gesetzliche Regelung nicht nur enorm vereinfachen, sondern gleichzeitig auch ankurbeln würde.
Die Pachtgebühr ergibt sich nicht in erster Linie – wie das viele behaupten – und besonders nicht ausschließlich aus dem Bodenpreis.15 Das Verhältnis des Bodenpreises und der jährlichen Pachtgebühr pendelt zwischen 0,33 % und 6,94 %; das heißt, der Unterschied liegt beim mehr als 20fachen. Folglich ist der Zusammenhang zwischen Bodenpreis und Pachtgebühr ziemlich locker. Darauf deutet auch die Tatsache hin, dass die Pachtgebühren zwischen 1979 und 1996, trotz der geringen Abnahme des Bodenpreises in den letzten Jahren, im Grunde unverändert geblieben sind.
Nicht nur zwischen den einzelnen Ländern, auch innerhalb dieser herrschen große Unterschiede. Im für uns in vielen Gesichtspunkten richtungsweisenden Deutschland sehen wir zum Beispiel sogar unter den westlichen Bundesländern dreifache, und unter den östlichen auch mehr als zweifach so hohe Abweichungen. In erster Linie sollte man aber nicht auf diese achten, sondern viel mehr auf die eindeutig beständig scheinenden, mehr als zehnfachen Unterschiede, die sich zwischen dem östlichen und dem westlichen Teil des Landes herausgebildet haben. Wir müssen aus dieser Tatsache die auch für uns lehrreichen Schlussfolgerungen ziehen. Trotz des hohen Bodenpreises und der wirklich völlig grenzenlosen Möglichkeiten des Bodenerwerbs innerhalb des Landes, hat der „Westen” die östlichen Gebiete, wo trotz der großen Besitzerveränderungen der jährliche Bodenverkehr um 0,6 % der ganzen Fläche gelegen und in den westlichen Bundesländern unter 0,5 % geblieben ist, nicht aufgekauft. Diese Unterschiede gelten sogar nur innerhalb eines Landes!
Schließlich lohnt es sich, einige lehrreiche Tatsachen festzuhalten. Eine wäre, dass die Unterschiede unter den einzelnen Ländern in jeder Hinsicht des Bodenmarktes groß sind, und deshalb gibt es auch bezüglich dieser Frage keine einzige Norm, an die wir uns anpassen müssten. Die andere Folgerung ist, dass der Bodenmarkt und die gleichwohl wichtige einschlägige Regelung der Pachtverhältnisse statt dem Verbot und der Prohibition auf Einschränkungen aufbaut, die reale Voraussetzungen als Grundlage haben. Das eine Ziel dieser Beschränkungen ist die Erhöhung der bäuerlichen Einkommen und der Existenzsicherheit, das andere die Förderung der Herausbildung von Betrieben wettbewerbsfähiger Größe. Die dritte Lehre wäre, dass die wirtschaftliche Rationalität die oft mit emotionalen Gründen erklärbaren, auf die Erwerbung des Bodenbesitzes ausgerichteten Anstrengungen, die sich nicht lohnenden Kapitalinvestitionen immer mehr ersetzt, und das Pachten dadurch zum wichtigsten Weg des Bodenerwerbs avanciert. Dazu ist aber eine entsprechende Regelung durch Gesetze unerlässlich. Deshalb ist diese Regelung unter unseren Aufgaben die allerbrennendste, und von dieser kann auch das schnellste Ergebnis erwartet werden.
Zur Agenda 2000
Wollen wir die Entscheidungen der Agenda 2000 kurz und bündig bewerten, dann gelangen wir auf alle Fälle zur Schlussfolgerung, dass das Dokument zahlreiche, nicht beschlossene und verschobene Entscheidungen, schwierige – ja, wir können auch sagen, an manchen Stellen ganz prinzipienlose – Kompromisse enthält. Gleichzeitig ist auch ganz eindeutig festzustellen, dass jeder wichtige Schritt der Agenda 2000 (auch) mit der bevorstehenden und als Tatsache anerkannten Osterweiterung rechnet. Die Agenda 2000 ist also ein zweifellos wichtiger, aber mutloser Schritt in der – nunmehr schon jahrzehntelangen – Reihe der Reformen. Sie enthält bedeutende und eigentlich in die notwendige Richtung weisende, aber viel weniger und weniger Neues bringende Veränderungen als dies wünschenswert wäre.
Weder in ihren ausgesagten Worten, noch in ihren hinter der Fassade verborgenen Bestrebungen, weicht sie von den grundlegenden Zielsetzungen der EU-Agrarpolitik ab, die heute nunmehr eigentlich die einzig wirkliche gemeinsame Wirtschaftspolitik der Europäischen Union bedeutet. Sie strebt also auch weiterhin nach der Sicherheit der Versorgung, der Stabilisierung der Agrarmärkte, der Schaffung des ausgeglichenen Produktions- und Konsumpreisniveaus und des, für den Bauernstand gerechten Einkommens- und Lebensstandards, und schließlich nach der Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit, welche durch ihre ansteigende Teilnahme am Welthandel begründet ist (sein sollte).
Am meisten kennzeichnend ist für die kontroversen Zielsetzungen der Agenda 2000, dass neben der Betonung der Wettbewerbsfähigkeit die Beibehaltung des „europäischen Agrarmodells”, der Schutz des Familienbetriebs gegenüber der rasch voranschreitenden Konzentration als Ziel genannt wird. Wir wären aber ungerecht, wenn wir nicht auf die Veränderungen im Bedeutungswandel des Begriffs hinweisen würden. Es gibt heute kaum mehr einen Agrarökonomen aus der Europäischen Union, der den Familienbetrieb nicht als ein landwirtschaftliches Unternehmen verstehen würde, das kraft seiner rasch vorwärtsschreitenden Maße zur Integration der modernen Technik beiträgt, das mittels seiner zahlreichen kooperativen und genossenschaftlichen Verbindungen in die Marktwirtschaft integriert wird, und das gleichzeitig einer Familie Unterhalt bietet. Die Mehrheit der Familienbetriebe in den führenden Ländern der EU sind also richtige Kapitalunternehmen mit einer Kapitalkonzentration und einem Produktionsmaß, für die hierzulande am ehesten nur die Partnerunternehmen Beispiele darstellen.
Die „gerechtere” Verteilung der Subventionen und Einzahlungen unter den Ländern steht auch ganz vorne unter den Zielsetzungen der Agenda 2000. Dies können wir – mit einer kleinen Vereinfachung – getrost einen deutsch-französischen Streit nennen, der natürlich seinen Schluss in einem Kompromiss fand. Die Zielsetzung, die um die Notwendigkeit einer einfacheren, weniger bürokratischen Agrarpolitik wirbt, erfreut sich überall großer Beliebtheit. Wir müssen aber die jetzigen Reformen nicht allzu lange studieren, um festzustellen, dass die Agrarpolitik der EU, trotz der Verlautbarungen der Ziele, jetzt noch komplizierter wird.
Aus der Sicht des ungarischen Beitritts ist die Teilnahme an den Kompensations-, oder einkommensersetzenden Subventionen eine Kernfrage. Die EU zeigt nicht allzu viel Bereitschaft an dieser Teilnahme. Die Agenda 2000 selbst enthält die Quellen dieser unter den geplanten Budgetausgaben ebenfalls nicht, obwohl sie es wortwörtlich nicht ausschließt, sondern die für uns beruhigende Lösung der Streitfrage ganz einfach verschweigt. Unseren Berechnungen, und auch den Ergebnissen von Analysen anderer (zum Beispiel J. Köckler, Universität Bonn) zufolge, würde unser eventueller Ausschluss aus den Kompensationsauszahlungen fatale negative Folgen haben, und einen Einkommensverlust, beziehungsweise Einkommensrückstand hervorrufen, den die ungarischen Produzenten auf keine andere Art und Weise ersetzen könnten. Während den Verhandlungen muss also diese Tatsache aus dem Gesichtspunkt der ungarischen Agrarinteressen als Kernproblem vor Augen gehalten werden, weil die anderen in Frage kommenden Angelegenheiten und Probleme neben der Bedeutung dieses zwergenhaft und unbedeutend erscheinen.
In der Agenda 2000 stehen ziemlich viele künftig zu fällende Entscheidungen. Dies zeigt die Unfähigkeit der EU, die zahlreichen verschiedenen Sonderinteressen, Gegensätze; aber dies weitet auch den Spielraum der Verhandlungen und Abmachungen, und das auf beiden Seiten! Vieles, oder gar alles, kann auf unsere fachliche Vorbereitung, unsere politische Entschlossenheit und den im Lande herzustellenden Konsens ankommen.
Einige Schlussfolgerungen
Der Beitritt zur EU enthält keinerlei Vorschriften, die sich auf das Leistungsniveau, oder auf das Erreichen eines bestimmten Effektivitätsgrades der Agrarwirtschaft beziehen. Es wäre sowieso vergeblich, weil wir unter unseren jetzigen Umständen, als Außenstehende, noch dazu mit den Verbindlichkeiten des Erwerbs von Bodenbesitz und inmitten ungeregelter Pachtverhältnisse nicht einmal auf Kapitalanlagen hoffen können. Deshalb existieren die oft angesprochenen, realen Voraussetzungen der wirtschaftlichen Aufschließung – für uns als Außenstehende – nicht. Eine Veränderung in dieser Frage könnte nur die Überprüfung der Gesetze bezüglich des Bodenbesitzes bringen, infolge welcher die Diskriminierung der rechtlichen Personen ein Ende findet, und wir im Falle der Ausländer vom Verbot auf die strenge Einschränkung überwechseln. Dies sind nämlich die wichtigsten Voraussetzungen der äußeren Kapitalzuziehung.
Eine wichtige und erreichbare, sowie ziemlich drängende Aufgabe unsererseits ist die Herstellung des Unternehmens- und Institutionssystems der ungarischen Landwirtschaft. Im Interesse derer müssen wir – unsere Kräfte und die von der EU angebotenen Subventionsquellen vereinend – das zu dieser notwendige rechtliche und administrative Institutionssystem ausbauen, und das Betreiben dieses Systems erlernen. Auf diesem Gebiet liegen wir bereits zurück; ja wenn wir im Jahre 2002 schon Mitglieder wären, dann hätten wir – infolge des Mangels an geeigneten Betriebsregistrationen – zu zahlreichen Subventionen nicht einmal „Zugang”.
Für die Agrarwirtschaft Ungarns ist die Teilnahme am Wettbewerb, die Schaffung der konkurrenzfähigen und exportorientierten Landwirtschaft die langfristige und reale Zielsetzung. Dazu ist in der Betriebs- und Unternehmenswelt so schnell wie nur möglich eine klare und eindeutige Differenzierung zwischen den Unternehmen (Betrieben) lebensfähiger Größe, die über die Maßvoraussetzungen der Wettbewerbsfähigkeit verfügen und den sozialen Zwecken dienenden Aushilfsbetrieben notwendig. Unsere Großbetriebe, die existierenden Genossenschaften stellen schließlich keinesfalls „Fremdkörper” in der EU dar; ihre Aufrechterhaltung und Förderung ist aus ihrer Wettbewerbsfähigkeit heraus gleichzeitig eine wichtige Voraussetzung eines erfolgreichen Beitritts.
Anmerkungen
1
Die ungarische Fachliteratur, die mit dieser heiklen Frage ziemlich vorsichtig umgeht, beziehungsweise einige, die apologetische, sich auf die Familienbetriebe der EU, als angeblich nachzueifernde Beispiele beziehend, das Thema angehen, nehmen im allgemeinen die Besitzverhältnisse unter die Lupe. Das ist aber längst nicht die Hauptfrage, viel eher ist es die Sache des Betriebssystems. Wie in der gewalttätigen Praxis der Kollektivierung in den 50er und 60er Jahren, so wurden auch in der gewalttätigen De-Kollektivierung der 90er Jahre an den Besitz, in erster Linie an den Bodenbesitz Hoffnungen geknüpft, die auf die Verbesserung der Effizienz entscheidend wirken würden und die Qualität des Umgangs mit dem Vermögen, darunter auch mit dem Boden verbessern könnten. Nun, heute jedoch, als etwa 90 % des Bodens und des anderen Vermögens in Privatbesitz sind, und darüber hinaus möglicherweise sogar mehr, als die Hälfte dieser im Rahmen der Landwirtschaft verwendet wird, sehen wir eine eindeutig ins Auge stechende Widerlegung dieses naiven Glaubens. Es spielen also auch andere Faktoren dabei eine – sogar entscheidende – Rolle, dass wir in Ungarn, und den anderen mittel- und osteuropäischen Staaten, trotz der neuesten Besitzreform, anstelle des erhofften Aufschwungs eine Masse an Konkurs zu Gesicht bekommen. Noch nicht einmal nach einem Jahrzehnt sind die Umrisse einer Entfaltung zu erkennen. Es ist also offensichtlich, dass wir mit der „revolutionären” Lösung, die wir anstelle der – nunmehr bereits ohne ideologische Schranken existierende – Fortsetzung der Reformen gewählt haben, einen falschen Weg eingeschlagen haben, aus dem wir auf keine Art und Weise den Ausgang finden.
2
Wenn wir die 80-er und 90-er Jahrzehnte der zwei wichtigsten Ackerbaukulturen, die des Weizens und des Maises vergleichen, sehen wir nicht nur, dass die in der Welt vor sich gegangene Entwicklung die Landwirtschaft unseres Landes unberührt gelassen hat, sondern wir müssen auch einen absoluten Rückgang der Erträge um 13–17 % verbuchen. Der Wert der Streuung um den Durchschnitt von 10 Jahren herum hat sich in den 90er Jahren beim Weizen um 40 % und beim Mais sogar um mehr, als 170 % im Verhältnis zu den vorigen Werten erhöht.
3
Es ist gleich hinzuzufügen, dass die in der Höhe von Millionen liegende Zahl der Teilzeitbeschäftigten, die nicht als Arbeitskräfte gerechnet werden, die ungarischen Daten in eine positive Richtung verzerrt!
4
In Deutschland und Frankreich zählen gleichermaßen etwa zwei Fünftel der landwirtschaftlichen Betriebe in den Kreis der Teilzeitbeschäftigten; und ihre Leistung erreicht etwa 10, beziehungsweise 5 % des Ganzen.
5
Dies ist einer der Gründe für die Entwicklung der Bodenpreise, über die wir in einem eigenen Punkt einen detaillierteren Überblick geben werden.
6
Zum Beispiel werden in sechs der 12 alten Mitgliedsländer der EU mehr, als 90 % des Schweinebestandes in Betrieben aufgezogen, in denen die durchschnittliche Tierzahl mehr, als 200 Stück beträgt; darüber hinaus gibt es sieben Mitgliedsländer, in denen 80 % der Schweine in einem Bestand von mehr, als 400 sind, und in acht Ländern werden mehr, als die Hälfte des Bestandes (darunter in dreien mehr, als zwei Drittel) in einem Betrieb von einer Durchschnittszahl über 1000 Stück gemästet.
Situationsbericht 1996. Deutscher Bauernverband, Bonn 1996.
7
Die ungarische Abkürzung: EME
8
Die Berechnung ist auch deshalb begründet, weil auch wir nach unserem Beitritt diese Methode anwenden müssen.
9
Die in diese Kategorie Gehörigen könnten wir auch bestimmen, indem wir vom jetzigen Steuersystem ausgehen und sagen, dass die Familie, in der die landwirtschaftlichen Einnahmen unter der Preiseinnahmegrenze von 250 000 Forint bleiben, über keinen landwirtschaftlichen Betrieb verfügt, der zur Steuerbasis beitragen würde. Angesichts der Tatsache, dass in der Europäischen Union – aus vereinfachenden Überlegungen heraus – meistens die Größe von 1 Hektar (beziehungsweise eine, diesem Wert entsprechende Pflanzungsfläche oder ein Tierbestand, usw.) als Schwellenwert festgeschrieben wird, wäre unserer Meinung nach auch für uns diese Methode die zu befolgende. Über die Aktivitäten dieser Familien müssten wir natürlich auch weiterhin Informationen besitzen, diese könnten wir jedoch auch mit Hilfe von repräsentativen Datenerhebungen bekommen.
10
Dem vorigen Beispiel folgend, können wir auch hier vom bestehenden Steuersystem ausgehen. Dem zufolge gehört derjenige Betrieb, beziehungsweise diejenige, den Betrieb besitzende Familie in diese Gruppe, deren Jahreseinkommen 1,5 Millionen Forint nicht überschreitet.
11
Diese einkommensproduzierende Kapazität des Einkommens, oder der Produktionskraftquellen (Bodenfläche, Tierbestand, usw.), könnte entweder aufgrund des sogenannten „Standarddeckungsbeitrags” (StDB) oder aufgrund des bestimmten Anteils der Preiseinnahme, ähnlich der heutigen Praxis, bestimmt werden.
12
In erster Linie ist es eindeutig diese Gruppe, die besonders nachteilig von der Auflösung der sicheren landwirtschaftlichen Arbeitsplätze betroffen war. Also in dem Fall, wenn sie hauptsächlich von dieser ungenügend großen Produktion leben müssen, und die Familie kein anderes, bedeutendes Einkommen hat, müssen höhere Ermäßigungen, vollkommene Steuerfreiheit und Sonderunterstützungen für sie gelten.
13
Wir meinen, dass für Personen mit einem entsprechenden Verdienst, die sich mit landwirtschaftlicher Produktion nur nebenbei, als „Nebenjob” beschäftigen, Sonderermäßigungen unangebracht sind.
14
Mit einer kleinen Vereinfachung können wir sagen, dass derjenige, der von „EU-Bodenpreisen” spricht, sofort seine Unwissenheit kundtut, weil es innerhalb der EU keinen einheitlichen Bodenmarkt gibt. Weder aus der Sicht der Gesetze, noch – und besonders nicht – aus der Sicht der Preise.
15
In den hierzulande geführten Streitigkeiten der letzten Jahre ist mehrmals verlautbart worden, wie schädlich es wäre, wenn die Bodenpreise anstiegen, weil dies zur Explosion der Pachtgebühren führen würde.
Quellenverzeichnis
1. Agrarbericht der Bundesregierung 1999. Hrsg. BMELF, Bonner Universitätsdruckerei, Bonn 1999
2. Brack, Günther: Bruchlandung einer Agrarreform. Ländlicher Raum. Nr. 2, 1999
3. Anna Gimes, Burgerné: Földhasználati és földbirtokpolitika az Európai Unió országaiban. [Bodennutzungs- und Bodenbesitzpolitik in den Ländern der Europäischen Union.] I. és II. Statisztikai Szemle [Statistische Rundschau I. und II.], Nr. 4–5 und 6, 1998
4. Dorgai – Kovács – Stauder – Tóth – Varga: Mezőgazdaságunk üzemi rendszere az EU tapasztalataink tükrében. [Das Betriebssystem unserer Landwirtschaft im Spiegel der EU-Erfahrung.] AKII, Budapest, Agrárgazdasági Tanulmányok [Agrarwirtschaftliche Studien], Nr. 8, 1999
5. Jahresbericht des Ausschusses der Europäischen Union über das Voranschreiten Ungarns zur Mitgliedschaft. [Az Európai Unió Bizottságának éves jelentése Magyarország előre haladásáról a tagság felé.] Külpolitika [Außenpolitik], Nr. 1–2, 1999
6. Köckler, Jochen: Aufbau eines Informationssystems zur Diagnose und Bewertung agrarsektoraler Entwicklungsprozesse in den Transformationsländern. R-F-W-Universität, Bonn, 1999
7. Popp, József: Az Agenda 2000 mezőgazdasági fejezete. [Das landwirtschaftliche Kapitel der Agenda 2000.] Handschriftenstudie im AKII. 8. April 1999