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I.
Ungarn in der Europäischen Union
Das Europa Institut Budapest vor neuen Herausforderungen

 

Bericht
über die Tätigkeit des Europa Institutes Budapest
2002–2003

 

1. Sehnsucht nach Europa und Passivität Europa gegenüber

 

Am 16. April 2003 unterzeichnete der ungarische Ministerpräsident in Athen den Beitrittsvertrag Ungarns zur Europäischen Union. Ungarn wird nun schon mit Sicherheit von 2004 an Mitglied der Europäischen Union sein. Wenn es einen einheitlichen „nationalen Willen” zur Zeit der Beschleunigung des politischen Systemwandels, im Jahre 1989–90, gegeben hatte, dann war dies der Wille, sich an Westeuropa anzuschließen. Zuerst wollte Ungarn Mitglied der NATO werden (der Vorschlag war in Ungarn schon im Frühjahr 1990 aufgetaucht), sich der Europäischen Gemeinschaft, bzw. nach 1992 der Europäischen Union anschließen. Dieses Bestreben war nach 1990 in Ungarn der Beginn eines natürlichen Prozesses: nach den 45 Jahren der sowjetischen Besatzung wollte sich die ungarische Gesellschaft je rascher in die europäischen politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Gemeinschaften eingliedern, sich zurückintegrieren.

 

„Europhorie” und „Europa-skepsis” in Ungarn

Die Begeisterung der gesamten Gesellschaft für „Europa” beruhte zum Teil auf politischen, zum Teil auf kulturellen und zum Teil auf wirtschaftlichen Grundlagen.

Die politische Grundlage: Der Wunsch, uns von der sowjetischen Besatzung zu befreien und uns an die Demokratien des Mehrparteiensystems anzuschließen.

Die kulturelle Grundlage: Die 1000-jährige Bindung der ungarischen Kultur an die Kultur Westeuropas. In Wirklichkeit waren die ungarischen führenden Schichten seit dem Jahre 1000 n. Chr. an westlichen intellektuellen Strömungen erzogen worden, der ungarische Staat war einer der östlichen Endpunkte der westlichen kulturellen Tendenzen. Sowohl das Christentum – mit seinen unterschiedlichen Kirchen – als auch die modernen Schulinstitutionen waren den westeuropäischen Mustern nach organisiert worden; sowohl die literarisch-philosophischen Schulen, doch auch die politische Kultur war eng mit westeuropäischen Werkstätten (in Paris, London, Berlin und Wien) verbunden. Sowohl das konservative als auch das liberale, das sozialistische politische Denken wollte nach 1990 aufs Neue seine Beziehungen nur mit der westeuropäischen (in geringerem Maße mit der amerikanischen) Kultur verbinden.

Auch die wirtschaftliche Grundlage der westlichen Integration lag nach 1990 auf der Hand: Investitionen und Kapital konnten Ungarn nur vom Westen erwarten. Die Umgestaltung der Besitzstruktur der Wirtschaft, die Privatisierung und die Modernisierung konnte man nur in Zusammenarbeit mit den „Multis” erhoffen. (Die Multis kamen natürlich von den verschiedenen Punkten der Welt, aus den USA, aus Japan, aus Deutschland und aus Frankreich.) Und aus dem Westen konnten auch kleine Investoren kommen: Diese kamen in erster Linie vom deutsch-österreichischen Gebiet, zum Teil aus Frankreich und aus Italien.

Nach alldem wirkte wie eine kalte Dusche folgender Fakt: Am 12. April 2003 nahmen am entscheidenden Referendum über den Beitritt zur EU nur 45,56 % der ungarischen Bevölkerung teil. (Von den Politikern, ja sogar von den Meinungsforschern wurde eine Beteiligung von 73 – 75 % und ein Ja von 80 % prophezeit.) Es war klar geworden: Ein großer Teil der ungarischen Bevölkerung war, was die Beurteilung der EU-Mitgliedschaft anbelangt, unsicher geworden. Es war klar geworden: Die Politiker (und die Meinungsforscher) kennen die „seelische Beschaffenheit” der Bürger unzutreffend. (Charakteristisch für die „Menschenkenntnis” der Politiker ist, dass sowohl im Jahre 1998, als auch im Jahre 2002 die regierenden Parteien sogar noch am Nachmittag vor dem Wahltag ehrlich an einen 5- bis 10-prozentigen überlegenen Sieg glaubten, am Tag darauf erlitten sie dann eine Niederlage.)

 

Erklärungen für die Europa-skepsis

Das Referendum vom 12. April 2003 deckte zweifelsohne einen der größten Widersprüche der Epoche der ungarischen Geschichte zwischen 1990 und 2003 auf. Die Historiker werden offensichtlich Erklärungen für das „politische Unglück” finden. Als Grund für die Passivität werden sie darüber berichten, dass es ein Fehler war, den Zeitpunkt der Wahl auf den Sonnabend zu legen, sie werden gewiss sagen, dass die Abstimmung von der Bevölkerung für erledigt gehalten wurde – war doch die Regierungskoalition so selbstsicher. Wahrscheinlich werden sie bekannt geben, dass von der Regierungskoalition und von der Opposition die EU-Diskussion zum Thema von parteipolitischen Streitigkeiten gemacht worden war, obzwar das Ansehen der Parteipolitiker vor der öffentlichen Meinung sehr gesunken war. Und so richtete sich die Passivität der Menschen nicht gegen die EU, sondern gegen die parteipolitische Elite. Und die Historiker werden auch sagen: Die Regierungskoalition hat im Kreis der Bevölkerung keine aufklärende Tätigkeit, sondern eine Erfolgspropaganda, eine Agitation alten Typs durchgeführt. Dies hat sich dann wie ein Bumerang nach hinten ausgewirkt.

Die gründlicheren Historiker werden dann auch die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Prozesse der Zeit nach 1990 untersuchen, damit sie eine Erklärung für die Europaskepsis des Jahres 2003 in Ungarn finden.

Die politische Grundlage für die Anziehung hin zu Westeuropa ist verblasst.

 

Die politischen Grundlagen

1. Der bedeutende Teil der Menschen fasste den Beitritt zur Europäischen Union als eine Art von Hilfsprogramm auf, und als sich herausstellte, dass die lokalen gesellschaftlich-ethnisch-sozialen Konflikte auch von Westeuropa aus nicht gelöst werden können, waren sie enttäuscht. Das heißt: Sie wurden von ihren Illusionen enttäuscht.

2. Andererseits haben die letzten Wahlen (des Jahres 2002) sehr viele Defizite der westlichen politischen Normen, vor allem die der Einführung des aus mehreren Parteien bestehenden Parlaments ans Licht gebracht.

3. Der Europäischen Union ist es nicht gelungen, im ungarischen Fernsehen, in der ungarischen Presse nahe bei dem Menschen zu erscheinen. Die Beamten der Europäischen Union haben in Ungarn keinen guten Eindruck erweckt. In Ungarn schiebt ein bedeutender Teil der Bevölkerung der Union die Angelegenheit der nationalen Frage, der jenseits der Landesgrenzen lebenden Ungarn, in die Schuhe. Die Deklarationen der EU-Politiker haben ebenfalls keine Antwort auf die die lokale Bevölkerung beschäftigenden alltäglichen Fragen gegeben (Migration, Produktionsvergünstigungen und -beschränkungen, Schulbildung der Kinder usw.)

4. Vermutlich werden die Historiker der Nachwelt mitteilen, dass die „Furcht der kleinen Nationen” wieder aktiviert wurde: Die Menschen fürchten sich davor, dass in der Europäischen Union – wie zwischen 1949 und 1989 auch im COMECOM – die spezifischen Interessen der kleinen Nationen sich nicht durchsetzen werden, wie hierüber viele kleine Nachrichten im Zusammenhang mit Dänemark, der Schweiz, Liechtenstein, ja sogar auch mit Österreich zu uns gelangt sind.

5. Wahrscheinlich wird den Historikern der Nachwelt auch auffallen, dass der ungarische Wähler die Vorteile der Unionsmitgliedschaft nicht einmal im Denken, im Argumentensystem seiner eigenen Politiker gesehen hat. Das bedeutet, dass nicht einmal die lokalen Politiker und die Politiker im Landesmaßstab die sich aus der EU-Mitgliedschaft ergebenden Folgen bearbeitet haben, und vielleicht kann man es riskieren, dass auch sie selbst nicht ausreichend die Normen der Union in den konkreten Fragenkomplexen der fachlichen Politik (im Finanzwesen, in der Agrarwirtschaft, im Unternehmertum usw.) gekannt haben. Auch die am entschlossensten für die EU Partei ergreifenden Politiker haben häufig in untereinander geführten Gesprächen gesagt: „Es ist besser, wenn wir uns nicht darum kümmern, wer was für Vorteile und Nachteile aus der EU-Mitgliedschaft haben wird, denn kurzfristig wird die Bilanz sowieso negativ sein, und das fühlen die Menschen.”

Wie die Sympathie der Menschen für die EU vermutlich von dem politischen Widerspruch innerhalb der EU nach dem Irakkrieg in Unordnung gebracht wurde. Vom ungarischen Ministerpräsidenten wurde das Schreiben der Acht unterzeichnet, zugleich wurde vom Fernsehen und von den Zeitungen die Möglichkeit des Zerfalls der Union detailliert und es wurden die inneren, ungeklärten Gegensätze in der Union behandelt.

 

Das Verblassen der wirtschaftlichen Grundlagen

Auch auf dem Gebiet des wirtschaftlichen Lebens sind die mit Westeuropa verbundenen Sehnsüchte verblasst.

Die westlichen Multis haben sich gerade in den vergangenen zwei Jahren Auffallen erweckend aus zahlreichen Zweigen zurückgezogen (z. B. aus der Schwerindustrie), nachdem die für 10 Jahre gewährten Steuervergünstigen abgelaufen waren. Die plötzlich entstandene neue Arbeitslosigkeit hat auch eine auffallende Großkapital-Feindlichkeit ausgelöst, die weder von den Politikern noch von den Medien ausgeglichen werden konnte.

Ein lautstarker Kampf begann um den Grundbesitz. Im politischen Systemwandel war das ein sowjetfeindliches Argument, dass die Kommunisten nach dem Jahr 1949 den Kleinproduzenten den Grundbesitz weggenommen hatten. Im Jahre 1990 wurde deshalb eine – fügen wir hinzu, irrationale – Bodenverteilung durchgeführt. Ein bedeutender Teil der kleinen Leute sitzt auch heute noch auf diesem kleinen Grundbesitz und fürchtet, dass dann im Falle der Unionsmitgliedschaft der „ungarische Grund und Boden” von den Ausländern aufgekauft wird.

Nachgelassen hat die Sympathie für die Union auch deshalb, weil in den letzten 3–4 Jahren zahlreiche Fälle bekannt geworden sind, dass die großen Agrarproduzenten der EU (Frankreich, Italien, die Niederlande) den Import der ungarischen Produkte beschränken, während im Zeichen des Prinzips des Freihandels die ungarischen Produkte dem stärkeren westeuropäischen Agrarmarkt ausgeliefert werden.

 

Kulturelle Grundlagen

Im ungarischen öffentlichen Denken wird der Historiker der Nachwelt die kulturellen Grundlagen noch für die stabilsten halten. Auf dem kulturellen Gebiet ist eine einzige integrationsfeindliche Überlegung aufgetaucht: Die Sorge um die Besonderheiten der kleinen Nationalkultur im Lichte der europäischen Integration. Doch ist diese nur in einer dünnen Schicht der Intellektuellen vorhanden. Diese wählte dann nicht die passive Resistenz, sondern ging zur Wahl und stimmte mit „Nein”. Die „antiwestliche” Stimmung nach 1990 hatte wegen der das Fernsehen überströmenden wertlosen Literatur (die gerade im vergangenen Winter mit Big Brother und ähnlichen Serien den Höhepunkt erreichte) eher eine Amerikafeindlichkeit als eine Europafeindlichkeit geboren.

Wie die Historiker auch die Vergangenheit beurteilen mögen, interessiert uns der Fakt der Europa-skepsis vom Gesichtspunkt der Zukunft aus.

 

Das Europa Institut Budapest für den Dialog

Eines der Ziele der Gründung des Europa Instituts Budapest war die Förderung der europäischen Integration. Seit 1990 befassten sich unsere Veranstaltungen und Publikationen mit der europäischen Kultur, mit den Beziehungen zwischen Ungarn und Europa, vor allem mit der Gegenwart und Vergangenheit Mitteleuropas. Die Aufgabe des Instituts war und ist das Managen der Forschung, der Zusammenarbeit der Intellektuellen. Seiner Aufgabe hat es – dem Kuratorium, dem Wissenschaftlichen Beirat nach, doch auch der öffentlichen allgemeinen Meinung nach – entsprochen. In Ungarn wird anerkannt, das Institut ist die stabilste wissenschaftliche Basis der europäischen Angelegenheiten in Ungarn. Von Anfang an hat sich das Institut auch den Politikern genähert: An unseren Veranstaltungen nehmen regelmäßig der jeweilige Präsident der Republik, die Minister und auch Parlamentsabgeordnete teil. Zwar haben unsere Politiker-Freunde es nicht immer gern zur Kenntnis genommen, dass wir auf den Veranstaltungen des Instituts seit 1998 (seit dem Beginn des Monitorings von Ungarn für die EU) immer wieder kritisch wiederholten: Mit der Bevölkerung muss ein Dialog aufgenommen werden, die einzelnen gesellschaftlichen Gruppen müssen vorbereitet werden auf die in der Union zu erwartenden Herausforderungen. Den Individuen muss es ermöglicht werden, dass sie sich neue, individuelle Lebensstrategien ausarbeiten, dass sie ihre Pläne für die Produktion und Beschäftigung, für die Schulbildung ihrer Kinder den Bedingungen der Europäischen Union entsprechend machen sollen. Wir haben es betont: Man muss ehrlich der breiten Öffentlichkeit gegenüber über jene erzwungene Modernisierung sprechen, die die EU-Mitgliedschaft für die ungarische Gesellschaft mit sich bringt, und die kurzfristig Defizite haben wird, die langfristig aber für uns nur von Vorteil sein wird.

Im Sommer 2002 machte das Institut die Regierungsfaktoren darauf aufmerksam: Mindestens jetzt, im letzten halben Jahr, müsse man die Intelligenz mobilisieren, die authentischen Fachleute, vor der Öffentlichkeit des Fernsehens über die zu erwartenden Auswirkungen der EU zu sprechen.

Die wissenschaftlichen und kulturellen Institutionen in Ungarn, unter ihnen

auch das Europa Institut Budapest, haben sich aufgrund ihrer individuellen Vorstellungen und Initiativen mit der Osterweiterung der Europäischen Union beschäftigt. Ihre Wirkung – natürlich auch die Wirkung des Europa Instituts Budapest – hat sich auf die Gruppen der engeren Intelligenz (der Eliteintelligenz), auf die politische Elite beschränkt. Diese Veranstaltungen und Publikationen der Intellektuellen enthielten wichtige Analysen, erfüllten auch die Funktion der Verbreitung von Kenntnissen, doch hin zum breiten Publikum gelangte eine eher von den Journalisten und Politikern geführte und verbreitete Europa-Propaganda.

Das Europa Institut Budapest hat natürlich im vergangenen akademischen Jahr seine Konferenzen, Vorträge und Publikationstätigkeit über die EU-Thematik fortgesetzt. (Der Überblick hierüber folgt später.) Jetzt, an der Schwelle der Europäischen Union, ist es zu sehen: Erst jetzt nimmt die Gesellschaft die Union ernst, jetzt beginnen die auf den einzelnen Gebieten der Wirtschaft, in der Verwaltung tätigen darüber nachzudenken: Was wird die europäische Integration für den alltäglichen Menschen in Ungarn, für die einfachen Produzenten, für die Unternehmer, die Juristen, die Verwaltungsfachleute, für die Kaufleute und die Lehrer bringen. Deshalb haben wir im November 2002 eine Vortragsserie über die alltäglichen und prinzipiellen Fragen der Osterweiterung der EU aufgenommen.

Die bisherige Tätigkeit des Instituts von 12 Jahren war ein kleiner, aber organischer Teil der mitteleuropäischen bzw. ungarischen Europa-Bewegungen. Jetzt, nach der Unterzeichnung des EU-Beitrittsvertrages, beginnt für die ungarische Gesellschaft die „schwere Aufgabe” des europäischen Projekts. Dem Beitritt zur Union wird ein langer, von gesellschaftlichen Erschütterungen beladener Prozess von ein bis zwei Jahrzehnten folgen, in dessen Verlauf die verschiedenen Schichten der Gesellschaft, die unterschiedlichen Sektoren der Produktion, der Verwaltung gezwungen sein werden, sich an die westeuropäischen Normen anzupassen, und ihre neuen Lebensstrategien zu gestalten. Im Leben des Europa Instituts Budapest beginnt also eine neue Phase: In den Details des Alltagslebens muss die Anerkennung der westlichen Normen in Ungarn durchgeführt werden, zugleich muss die Stelle der ungarischen Gesellschaft, der ungarischen Wirtschaft auf dem europäischen Markt gesucht werden.

 

2.
Wissenschaftliche Programme des Institutes 2002–2003

 

Vom Wissenschaftlichen Beirat und von dem Kuratorium des Europa Instituts Budapest wurde auf der Sitzung des Jahres 2002 das vom Direktor vorgelegte wissenschaftliche Programm für die Jahre 2002–2006 bestätigt (das Programm wurde im Band 19 der Begegnungen abgedruckt). Das Programm stellte fest: Die wissenschaftliche Tätigkeit des Instituts wird auch weiterhin von der Organisation von Konferenzen und Vorträgen, von wissenschaftlichen Publikationen und von der Aufnahme von Stipendiaten erfüllt. Zugleich wurden im Programm drei größere Themenbereiche festgelegt: 1. Die Erweiterung der Europäischen Union; 2. Die Geschichte Europas; 3. Mitteleuropa und Ungarn. Die wissenschaftlichen Programme des Instituts werden im Grunde genommen um diese hervorgehobenen Themen gruppiert.

 

Konferenzen, Vorträge

Seit seiner Gründung veranstaltet das Europa Institut Budapest jährlich fünf bis sechs Konferenzen und genauso viele Vorträge. Das bedeutet, dass das nachstehende Prinzip realisiert wird: 1. Im akademischen Jahre wird in jedem Monat eine größere Veranstaltung organisiert (entweder eine Konferenz oder ein großer Vortrag mit 50 bis 100 Teilnehmern), 2. außerdem werden jährlich sechs bis acht kleine Vorträge, Werkstattgespräche für Fachleute (15–30 Personen) abgehalten, 3. außerdem werden wöchentlich die Kaffeerunden der Studenten und Professoren des Instituts veranstaltet, in deren Rahmen die im Institut tätigen Studenten, Gastprofessoren und eingeladene Professoren Vorträge mit Konsultationen halten (10–15 Personen). Das bedeutet, dass die Professoren und Studenten des Instituts monatlich 3- bis 4-mal an wissenschaftlichen Veranstaltungen teilnehmen. (Die Liste der Veranstaltungen und Konferenzen s. gesondert.)

Wir waren bemüht, die Themen so zusammenzustellen, dass sich für diese verschiedene Schichten der Intelligenz interessieren. Infolgedessen haben wir erreicht, dass ein breiter Kreis von Ökonomen, Juristen, Umweltschützern und Agrarfachleuten die Vorträge besuchte.

Einen besonderen Rang verleiht den Veranstaltungen des Europa Instituts Budapest, dass die umfangreicheren Konferenzen und Vorträge im Zentralgebäude der Ungarischen Akademie der Wissenschaften stattfinden.

 

Erster Themenschwerpunkt: Osterweiterung der EU

Der Fakt, dass Ungarn der EU nahe gerät, bedeutet auch für die ungarische Intelligenz, dass jetzt auf der Ebene der Detailfragen über die EU und über die Interessen Ungarns verhandelt werden muss. Auf der Kuratoriumssitzung im Juli 2002 wurde von Erhard Busek vorgeschlagen, dass das Institut nach einem im Vorhinein festgelegten und bekannt gegebenen Programm Vorträge über die „problematischen Punkte” des Beitritts Ungarns zur EU veranstalten soll. Im Geiste dessen wurde im November 2002 eine Vortragsserie begonnen. Umweltschutz auf der Erde, in Europa und in Ungarn – das war das Thema der am 26. November abgehaltenen Konferenz, die die Lehren des Weltgipfels von Johannesburg vom Gesichtspunkt Europas und Ungarns aus analysierte. (An der Konferenz hielten mehrere Mitglieder der ungarischen Regierungsadministration, sowie Mitglieder der Ungarischen Akademie der Wissenschaften Vorträge.) Über die Tendenzen der ungarischen und der europäischen Wirtschaft hielt der Wirtschaftsminister, István Csillag, einen erfolgreichen Vortrag (4. März 2003), der beinahe die Fortsetzung des Vortrages von Iván T. Berend, Professor an der Universität Los Angeles, ehemaliger Präsident der Ungarischen Akademie der Wissenschaften, über die Aussichten des europäischen Wohlfahrtsstaates war (17. März). Ebenfalls mit der Zukunft der EU befasste sich Iván T. Berend in seinem anderen erfolgreichen Vortrag unter dem Titel „Osterweiterung der EU mit den Augen des Amerikaners” (20. März), sowie der Vortrag der bekannten Persönlichkeit des öffentlichen Lebens, des Politologen und des ehemaligen Präsidenten des Ungarischen Fernsehens, Elemér Hankiss, unter dem Titel „Mögliche und unmögliche Zukunftsbilder für Europa” (28. April). Damit hängt der am 25. Juni abzuhaltende, das Semester abschließende Vortrag unter dem Titel „Die neue Weltordnung und Europa. Umwelt, Energie und Weltordnung” zusammen. Ein nicht erwartetes, großes Interesse löste die Konferenz unter dem Titel „Genetisch manipulierte Lebensmittel in Europa und in Ungarn” aus, die die ganze wissenschaftliche Agrarelite Ungarns mobilisierte (17. April 2003).

Diese Reihe des Europa Instituts Budapest wurde in der wissenschaftlichen Welt Budapests zu den angesehensten Vorträgen über das Thema Europa gezählt.

Vom Erfolg unserer sich mit der Erweiterung der EU beschäftigenden Konferenz zeugt, dass das Institut vom Ungarischen Fernsehen ersucht wurde, vom Januar 2004 an eine Fernsehkonferenzserie zu organisieren. Dem ausgearbeiteten Plan zufolge werden vom Direktor des Instituts einmal monatlich (sechs Monate lang) in der Hauptsendezeit mit Mitgliedern der Ungarischen Akademie und den besten Fachleuten Fernsehgespräche über folgende Fragenkreise gehalten: Agrarwirtschaft, Sicherheitspolitik, Rechtsharmonisierung, Wasserwirtschaft, nationale Minderheiten, Verkehrswesen, Unterricht und Kultur.

Mit dem Themenkreis „Erweiterung der EU” hängt die Arbeitsbeziehung im Themenkreis Rechtsharmonisierung, innerhalb dieser des Wirtschaftsrechts mit der Universität Wien und dem Institut des CLC (Center of Legal Competence), Sitz in Wien, ausgebaute Arbeitsbeziehung zusammen. (Der hervorgehobene Umgang mit dem Wirtschaftsrecht wurde von Senator Herbert Batliner auf der Sitzung des Kuratoriums im Jahre 2000 vorgeschlagen.) Das Europa Institut Budapest arbeitete mit dem CLC einen gemeinsamen Arbeitsplan aus, in dem jene Themen des Wirtschaftsrechts hervorgehoben werden, die im Laufe der EU-Erweiterung die Investitionen in Ungarn unterstützen können. Im akademischen Jahr 2002–2003 wurden zwei Konferenzen abgehalten. Die eine behandelte die Fragen der Regelung des Insolvenzrechts, bis zur Konferenz wurde der Entwurf des Europa-kompatiblen ungarischen Insolvenzrechts ausgearbeitet, das von den Vertretern von 17 Banken und von österreichischen Experten behandelt wurde (Aktuelle Fragen des Insolvenzrechtes, 4. Dezember 2002). Das zweite Thema waren die Fragen des Grundschuldrechts in Ungarn (18. März 2003). Als besonders erfolgreich kann die Konferenz über das Insolvenzrecht bezeichnet werden, deren Unterlagen in der Reihe Begegnungen des Instituts in deutscher und ungarischer Sprache aufgelegt wurden (Begegnungen Band 17/1–2). Der Erfolg der Konferenzen sorgte dafür, dass die Mannschaft der mit dem Institut zusammenarbeitenden Wirtschaftsjuristen mit dem CLC auch für das Jahr 2004 eine Vereinbarung abgeschlossen hat, in deren Rahmen im Jahre 2004 die Arbeit „Ausgewählte Rechtsfragen unternehmerischer Betätigung in Ungarn” fertig gestellt wird. Das Projekt untersucht in tschechischer, österreichischer und ungarischer Kooperation die juristische Regelung der ausländischen Investitionen in Ungarn und deren Mängel.

Der Umweltschutz wurde auf der Sitzung des Kuratoriums des Jahres 2002 auf die Tagesordnung gesetzt. Dort wurde von Erhard Busek, bzw. vom Institutsdirektor, Ferenc Glatz, vorgeschlagen, jedes Jahr eine Konferenz abzuhalten, auf der die Kompatibilität des europäischen und des ungarischen Umweltschutzes auf der Tagesordnung steht. (Erschienen im Band 20 der Begegnungen.) Außer der vorstehend erwähnten Konferenz (26. November 2002) nahm das „Umweltschutzteam” des Instituts im September 2002 mit dem Österreichischen Ost- und Südosteuropainstitut Wien an der Konferenz in den USA teil (Umweltschutz in Ostmitteleuropa).

 

Zweiter Themenschwerpunkt: Die Geschichte Europas

Das zweite hervorgehobene Thema des wissenschaftlichen Programms der Jahre 2002–2006 ist die Geschichte Europas. Auf der Sitzung des Wissenschaftlichen Beirats im Juli 2002 wurden detailliert die seit den 1930er Jahren herausgegebenen Europa-Geschichten behandelt, und der Wissenschaftliche Beirat war damit einverstanden, dass das Institut die Ausarbeitung einer neuen Synthese zur Geschichte Europas auf sich nehmen soll. Zwei Pläne wurden angenommen: Die Zusammenstellung einer „Chronik Europas” in einem Band, und die Redaktion einer in ungarischer Sprache herauszugebenden mit Abbildungen illustrierten Geschichte Europas in drei Bänden. Beide Arbeiten sollen bis zum Jahr 2006 abgeschlossen werden.

„Das Institut solle übrigens auch die Werkstatt der Geschichte Europas in Ungarn sein”, – lautete der Vorschlag von Professor Arnold Suppan, der die Mitwirkung des ÖOSI Wien bei der Herausgestaltung der Budapester Werkstatt für die Geschichte Europas anbot. Folgende Schritte voran wurden im Laufe des vergangenen Jahres gemacht:

a) Es wurde eine Bibliothek zur Geschichte Europas zusammengestellt, die die bedeutendsten Serien über die Geschichte Europas oder die Monographien über Europa der vergangenen fünfzig Jahre enthält. Kontinuierlich werden die neuesten Chronologien und Bearbeitungen zur Geschichte Europas gesammelt.

b) Im November 2002 haben wir die „Brainstormings” zur Geschichte Europas begonnen: Am letzten Donnerstag eines jeden Monats nimmt die Redaktion des zukünftigen Handbuches zur Geschichte Europas zusammen das Mittagessen ein und hält eine Kaffeerunde über einzelne Fragen der Geschichte Europas ab. Das Ergebnis dieser wird vermutlich bis zum Ende 2003 die Fertigstellung der Studie „Grundzüge einer Europa-Geschichte” [„Egy Európa-történet alapvonalai”] sein.

c) In Zusammenarbeit mit dem Institut für Geschichtswissenschaften der Ungarischen Akademie der Wissenschaften haben wir Vorträge zur Geschichte Europas veranstaltet. Unsere Referenten waren: G. Iggers (Professor an der amerikanischen Universität Buffalo) Die neue vergleichende Geschichtsschreibung und die Möglichkeiten der Europa-Geschichte (25. Juni 2002), Anton Schindling (Professor an der Universität Tübingen) Kriege und die Gesellschaft in der Geschichte des neuzeitlichen Europas (20. September 2002), Heinz Duchhardt (Mainz, Institut für Europäische Geschichte) Über die Probleme des Verfassens der Europageschichte (24. März 2003).

d) Unsere Mitarbeiter bzw. Stipendiaten nahmen an Konferenzen über die Europa-Geschichte teil.

e) In der Reihe Begegnungen wurde in englischer Sprache ein Band mit dem Titel „Geschichte der europäischen Integration 1945–2000” aufgelegt (Band 18).

 

Dritter Themenschwerpunkt: Mitteleuropa und Ungarn

Mittel- bzw. Ostmitteleuropa gehört sowohl in seiner Geschichte, als auch in seinen gegenwärtigen Problemen seit der Gründung des Instituts zu unseren Themen. In den letzten Jahren, seit der Annahme der EU-Erweiterung, beginnen sich die Intellektuellen Ostmitteleuropas dessen bewusst zu werden, dass die regionalen Probleme nicht im Westen gelöst werden, weder in Paris, noch in Berlin, noch in London und in New York. Die regionalen Konflikte müssen von den in der Region lebenden Gesellschaften gelöst werden. Bereits auf der Sitzung des Wissenschaftliches Beirats und des Kuratoriums im Juli 1999 wurde darauf verwiesen: Kosovo hat bewiesen, dass der Erfolg der westlichen Einmischungen diskutabel ist. Auch damals hielten wir es für ein Unglück, und auch jetzt halten wir es dafür, dass es keine bedeutenderen regionalen Kooperationen auf der höchsten Ebene gibt. (Wie ich es auch als persönliches Fiasko in den vergangenen drei Jahren erlebte, als Präsident der Akademie der Ungarischen Wissenschaften, dass es nicht gelungen ist, eine Kooperation zwischen den Akademien der mitteleuropäischen Länder zu erarbeiten. Die von mir im Jahre 1999 begonnene mitteleuropäische Zusammenarbeit der Akademien beschränkt sich auf die polnische, slowakische und ungarische Kooperation, auch innerhalb dieser beschränkt diese sich nur auf die Zusammenarbeit in den Union-Rahmenprogrammen.) Desto erfolgreicher war jedoch in den vergangenen Jahren die Serie der fachlichen Kooperationen, die sich mit der mitteleuropäischen Minderheitenfrage beschäftigte, sich auf die gemeinsame Geschichte bezog, die von den in diesem Raum tätigen Instituten, so zum Beispiel vom ÖOSI, Wien und vom Europa Institut Budapest organisiert wurde.

Der Wissenschaftliche Beirat des Europa Instituts Budapest gab für die Jahre 2002–2006 drei Subthemen innerhalb des Themenbereichs „Mitteleuropa und Ungarn” an.

a) Kleine Nationen und Minderheiten in Ostmitteleuropa.

b) Der Prozess des Systemwandels in den ehemaligen sozialistischen Ländern Ostmitteleuropas.

c) Die Probleme von Ostmitteleuropa und Ungarn von heute in historischer Perspektive.

a) Mit dem Thema „Die Zukunft der kleinen Nationen und der Minderheiten in Ostmitteleuropa” haben wir im Jahre 2002 in dem von der Regierung proklamierten Széchenyi-Programm eine Ausschreibungsförderung erhalten. Im vergangenen Jahr wurden zwei größere und eine Expertenkonferenz in diesem Themenkreis veranstaltet über die mitteleuropäischen nationalen Muttersprachen, bzw. über die Regelung der Minderheitenexistenz.

a/1 „Nationale Minderheiten und die Gesetze über die Sprache in Ostmitteleuropa” (Juli 2002). Die Konferenz überschaute zum ersten Mal die in den Staaten dieses Raumes in den vergangenen zehn Jahren verabschiedeten Gesetze über die Sprache, und untersucht welches Gesetz fähig ist, die Identität der auf dem Territorium des Staates lebenden nationalen Minderheiten zu bewahren. Unseren Plänen nach wird diese Konferenz im November 2003 eine Fortsetzung über die neue Ausgabe und Bearbeitung des ostmitteleuropäischen Kodexes des Minderheitenverhaltens haben. (Ich möchte die Mitglieder des Wissenschaftlichen Beirats und des Kuratoriums nur daran erinnern, dass das Europa Institut Budapest den Kodex des Minderheitenverhaltens der ostmitteleuropäischen Minderheiten ausgearbeitet hat und ihn im Jahre 1992 in deutscher, englischer, rumänischer, slowakischer und ungarischer Sprache herausgegeben hat. In diesem Raum sind bis heute die Grundprinzipien, bzw. die Terminologie dieses Minderheitenkodexes maßgeblich.) Die über die Konferenz vom Juli 2002 verfassten Studien erschienen in deutscher Sprache im Band 21 der Begegnungen.

Das Schicksal der Sprachen der kleinen ostmitteleuropäischen Nationen hängt auch davon ab, wie sich im 21. Jahrhundert der Unterricht und der Gebrauch der unterschiedlichen „Linguae francae” (der „Linguae franca” im Weltmaßstab, des Englischen, bzw. der regionalen „Linguae francae”, unter ihnen des Deutschen) entwickeln werden. Unter dem Titel „Das Englische in Ostmitteleuropa” wurde am 10. Dezember eine Expertenkonferenz veranstaltet, deren einführende Studie im Band 19 der Begegnungen veröffentlicht wird (Tibor Frank, Professor der Eötvös-Loránd-Universität Budapest).

Über die Rolle der deutschen Sprache in Europa wurde im Jahre 2001 eine Konferenz veranstaltet, deren Material im Band 14 der Begegnungen erschienen ist („Die deutsche Sprache und die EU”). Es ist geplant, dass wir im Dezember 2003 eine Konferenz über die mitteleuropäische Rolle der russischen Sprache abhalten.

a/2 Die vergleichende Konferenz unter dem Titel „Südtirol und die Lage der mitteleuropäischen Minderheiten” wurde am 16. Mai 2003 veranstaltet. (Der Vorschlag zu dieser Konferenz wurde auf der Sitzung des Kuratoriums im Jahre 2001 von Senator Herbert Batliner eingebracht.) Auf der Konferenz, die von großem Interesse verfolgt wurde, wurde der mit der Europa-Akademie Bozen gemeinsam zusammengestellte Studienband behandelt, dessen Material, unseren Plänen nach, im nächsten Jahr veröffentlicht wird. An der Konferenz waren übrigens einige führende Vertreter der Regierung, die Vorsitzenden der Minderheitenverbände in Ungarn erschienen und in einer bis spät am Abend dauernden Diskussion wurde geklärt, inwieweit die Südtiroler Lösungen in Ungarn angewendet werden können.

b) Im Themenbereich „Systemwandel in Ostmitteleuropa” wurde am 4. Dezember 2002 die vergleichende Analyse der juristischen Institutionen der Marktwirtschaft auf die Tagesordnung gestellt. Tamás Sárközy, der Vorsitzende des Ungarischen Juristenverbandes, wies in seiner vergleichenden Studie nach Ländern gegliedert nach, dass das Wirtschaftsrecht im Prozess des Systemwandels im Allgemeinen der Politik folgte. Das heißt, zuerst wurden die politischen Institutionen des Mehrparteiensystems und der Demokratie eingeführt, und erst danach folgte die Reform des Eigentums und des Wirtschaftsrechts. Allein in Ungarn kam das Wirtschaftsrecht der Politik zuvor. Im Jahre 1988 wurde das Gesetz über die Gleichberechtigung des Privateigentums verabschiedet, dem noch vor dem politischen Systemwandel die Privatisierung folgte. (Das Thema wird in den Jahren 2003–2004 fortgesetzt. Inzwischen ist die Monographie von Tamás Sárközy unter dem Titel „Die Privatisierung in den ostmitteleuropäischen Ländern” fertig geworden, die 2004 in deutscher Sprache in der Serie Begegnungen publiziert wird.)

Der Studienband „Systemwandel in den ostmitteleuropäischen Ländern” wurde zum Teil bereits im Frühjahr 2002 fertiggestellt. Von den Autoren wird im Umfang von je einem Druckbogen der Systemwandel in Polen, in der Tschechoslowakei, in Ungarn, Rumänien, Jugoslawien und Bulgarien zusammengefasst. Im Sommer 2003 wird das Redigieren der Manuskripte abgeschlossen sein, im Herbst beginnt der Übersetzer mit der Übersetzung (ins Englische) und wie geplant wird der englische Band in der Reihe Begegnungen im Mai 2004 erscheinen. Unseren Plänen nach wird dies der erste Band mit Sechsfarbendruck der Begegnungen, reich mit Landkarten illustriert, sein. (Band 23 der Begegnungen)

c) „Die Probleme Ostmitteleuropas und Ungarns aus historischer Perspektive”. Mehrere Vorträge und mehrere fachliche Konferenzen wurden abgehalten.

Der mittelosteuropäische Holocaust, die bedeutende Rolle des Judentums in Ostmitteleuropa, beschäftigt das politische öffentliche Denken bis heute. Über den berüchtigten Fall von Jedwabne (in Polen) und die heutige Beurteilung des Antisemitismus hielt István Deák, Professor der Columbia University, einen Vortrag (am 17. Juni 2002), gefolgt von einer langen Diskussion über die Beziehungen zwischen den Judenverfolgungen in Mitteleuropa und dem heutigen mitteleuropäischen jüdischen Schicksal. Die Aussiedlung der Deutschen und im Allgemeinen das ostmitteleuropäische Deutschtum war das Thema des Vortrages von Arnold Suppan (Universität Wien) (über die Beneš-Dekrete, „Zwischen Revanche und Endlösung?”, 18. Oktober 2002), dem – dies ist in erster Linie den anwesenden Politikern zu verdanken – eine lange und lebhafte, eine große Anerkennung auslösende Diskussion folgte. Einen ostmitteleuropäischen Vergleich der deutschen Aussiedlung gab der Vortrag von Gerhard Seewan (Südost-Institut, München) (29. April 2003). „Kirche und Nation in Mitteleuropa und in Polen” war das Thema des Vortrags von Daniel Tollet (Paris) (7. Oktober 2002). Über die Rolle der naturgeschichtlichen Faktoren hielt Joseph Held, der Gastprofessor des Instituts, (Rutgers University, USA) einen Vortrag (9. Dezember 2002).

 

Umweltschutz und Wirtschaft

Bei der Gründung des Europa Instituts Budapest bestand von Seiten der Stipendiaten und der ausländischen Professoren das größte Interesse für die historischen Themen. Dies kann in erster Linie damit erklärt werden, dass in den heutigen aktuellen Konfliktsituationen Ostmitteleuropas die historischen Wurzeln eine außerordentlich große Bedeutung haben. Auf mehreren Sitzungen des Kuratoriums wurde der Wunsch geäußert, dass innerhalb der thematischen Präferenzen eine größere Rolle die Aktualität, und innerhalb dieser das Recht, die Wirtschaft und der Umweltschutz, erhalten sollen. (Die Leitung des Instituts kam diesen Wünschen auch nach.) Entsprechend dem Beschluss des Jahres 2001 werden in jedem akademischen Jahr eine wirtschaftswissenschaftliche und eine Umweltschutzkonferenz abgehalten, beziehungsweise wurde zum Thema der Harmonisierung des Wirtschaftsrechts die bereits vorstehend erwähnte regionale Kooperation mit dem CLC in Wien entwickelt. Und im Allgemeinen erhielten im vergangenen Jahr innerhalb der einzelnen Themenkreise die Wirtschaft, das Recht und der Umweltschutz einen großen Akzent: Sowohl in dem Themenkreis der Erweiterung der Europäischen Union als auch der Geschichte Europas. Die Festigung dieser Tendenz ist auch innerhalb der Themen des folgenden Jahres zu bemerken.

 

Kaffeerunde-Vorträge; Stipendiaten

Auch im vergangenen Jahr wurden vom Institut die Kaffeerunde-Vorträge fortgesetzt. An der Kaffeerunde jeden Dienstag nehmen die Professoren, die anwesenden Studenten und eventuell geladene Gäste teil. Es werden Kaffeerunde-Veranstaltungen von drei Typen gehalten: 1. Stipendiatsreferate, bei denen die Stipendiaten des Instituts Vorträge über ihr Forschungsgebiet halten (in denen sie sich vorstellen und berichten). 2. Arbeitsgespräche, wenn eine Beratung über einen mit den Stipendiaten festgelegten aktuellen wissenschaftlichen Themenbereich abgehalten wird, unter Beteiligung von externen Teilnehmern. 3. Gastvorträge, wenn Professoren aus Ungarn oder aus dem Ausland (eventuell ein Gastprofessor des Instituts) zur Abhaltung eines Vortrages eingeladen werden. Die Kaffeerunde-Vorträge sind für einen engen Kreis bestimmt, im Allgemeinen sind 10–16 Teilnehmer anwesend.

Aus den Stipendiatsreferaten entstehen meistens jene Arbeiten, die in der Sparte Mitteilungen der Begegnungen – das heißt auf dem Forum der Institutsstipendiaten – abgedruckt werden. Die Vorträge der Kaffeerunden richten sich ausgesprochen nach dem Interesse der Stipendiaten und sind meistens unabhängig von den großen Vorträgen und Konferenzen des Instituts.

Die Veranstaltung der Programme der Kaffeerunde wird von den beiden Professoren des Instituts, von Zoltán Szász und Attila Pók, bzw. von der „Seele der Programme”, von Lilla Krász (Stipendiatin des Instituts) vorgenommen. (Lilla Krász ist übrigens Vertreterin der Stipendiaten auf den Vorstandssitzungen und den wöchentlichen Institutsmittagessen.) Mit den alltäglichen Sorgen der Stipendiaten beschäftigt sich Tibor Dömötörfi (Tutor- Stipendiat, der im Kollegium wohnt), und Bea Kiltz, die Leiterin der Verwaltung.

 

Publikationen

Im Sinne des vom Kuratorium und vom Wissenschaftlichen Beirat im Jahre 2002 angenommenen vierjährigen Programms spielt in der Tätigkeit des Instituts der Verlag von Büchern in Fremdsprachen eine immer größere Rolle. Diese Bände (unter dem Titel Begegnungen) umfassen jene Themen, die unter den Präferenzen des Instituts enthalten sind. Systematisch werden die Studien von im Institut lehrenden Professoren und von ehemaligen Studenten des Instituts gedruckt. Diese Publikationen sind die besten Propagandisten der wissenschaftlichen Tätigkeit des Instituts.

Bereits mehrfach war davon die Rede, dass in Ungarn im Jahre 1990 das fremdsprachige Publikationssystem der gesellschaftswissenschaftlichen Publikationstätigkeit zusammengebrochen war und bis heute nicht wiederbelebt wurde. Die Serie Begegnungen mit ihren früheren zwei und von jetzt an mit vier Bänden im Jahr ist das bedeutendste systematische Publikationsforum der Sozialwissenschaften in Ungarn.

Die Serie der Publikationen wird übrigens in einer Ko-Finanzierung mit jenen Institutionen aufgelegt, mit denen zusammen wir unsere wissenschaftlichen Konferenzen veranstalten. So können wir z. B. durch Banken, durch große externe Projekte die hohen Kosten der Übersetzung und des fremdsprachigen Buchverlags finanzieren lassen.

Es hat sich eine gut funktionierende Redaktion der Begegnungen herausgebildet. Ihre Redakteure sind unter der Leitung des Instituts die Stipendiaten bzw. die Mitarbeiter des Sozialwissenschaftlichen Forschungszentrums der Ungarischen Akademie der Wissenschaften (Kornélia Burucs, Tibor Dömötörfi, Andrea Antal, Krisztina Kaltenecker, Károly Szabó), bzw. früher Gudrun Horváth, und vom Februar dieses Jahres an Bea Kiltz. In der sprachlichen Redaktion führt die Korrektur, zum Teil die Übersetzung der englischsprachigen Texte Joseph Held durch (der im Jahre 2002 Gastprofessor des Instituts, früher Geschichtsprofessor und Dekan der amerikanischen Rutgers University war.)

Vom Institut wurden im vergangenen Jahr vier Bände der Begegnungen aufgelegt.

Band 17 befasst sich mit der Regelung des Insolvenzrechts und enthält – wie vorstehend im Bericht darauf verwiesen wurde – die zu der in österreichisch-ungarischer Kooperation abgehaltenen Konferenz ausgearbeiteten Vorträge. Der im Dezember 2002 erschienene zweisprachige Band ist innerhalb von wenigen Wochen vergriffen, da dieser Band zur Vorbereitung des ungarischen Gesetzes über die Insolvenz verwendet wird, und der Band auch in ungarischer Sprache die europäischen Lehren, sowie den konzeptionellen und Textentwurf des neuen ungarischen Insolvenzgesetzes enthält. Es war wichtig, dass zur Ausarbeitung des Themas die Unterstützung des Ungarischen Bankverbands und 17 ungarische Geldinstitute gewonnen werden konnte.

Band 18 bringt die Chronologie der europäischen Integration in englischer Sprache. Wie zu erwarten ist, ist dieser eine der erfolgreichsten fremdsprachigen Publikationen des Instituts, da zum ersten Mal auf dem internationalen Buchmarkt der Versuch unternommen wurde, die Geschichte der europäischen Integration in der Form einer so ausführlichen Chronologie zusammenzufassen.

Band 19, unter dem Titel „Europa, Ungarn, heute und morgen” erschienen, enthält die Texte von im Europa Institut erschienen Vorträgen. Besonders hervorzuheben ist, dass sich im vergangen Jahr in großer Zahl unsere ehemaligen Stipendiaten mit selbständigen Studien gemeldet haben. (In dem Band in der Sparte „Mitteilungen”.) Diese Studien sind häufig umfangreicher als die Texte der Professoren, doch verleiht das Erscheinen in den Begegnungen den jungen Wissenschaftlern ein Prestige, die Sonderdrucke werden als eine Art von intellektuellen Visitenkarten verwendet. (Und es ist schon bei den Vorarbeiten zur Zusammenstellung des nächsten Bandes zu sehen, dass von Seiten der jungen Fachleute der Bedarf an einem Publikationsforum immer größer wird.)

Band 20 („Before and after Johannesburg”) druckt die Studien der Referenten der beiden Umweltschutzkonferenzen des Instituts ab. Dies ist die erste Gelegenheit, dass über das Vorhandensein der europäischen Normen im ungarischen Umweltschutz ein derartiger fremdsprachiger Überblick erscheint. (Erschienen im Mai 2003.)

 

3.
Institutsleben

 

2002 wurde der Wissenschaftliche Beirat neu gewählt. Entsprechend dem Statut des Instituts unterbreitete der Wissenschaftliche Beirat dem Kuratorium einen Vorschlag in Bezug auf die Neubesetzung (für die Jahre 2002 bis 2006). Das Kuratorium berief mit dem Ausdruck des Dankes Alois Riklin, den berühmten Professor für Politologie, der sich große Verdienste erworben hat bei der Ausarbeitung des Statuts des Instituts, von seiner Mitgliedschaft im Beirat ab, und wählte an seiner Stelle zum neuen Mitglied Joseph Jung, den bekannten Bankhistoriker. Zum Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats wurde Dušan Kováč, der wissenschaftliche Sekretär der Slowakischen Akademie der Wissenschaften, der berühmte Historiker und Sozialwissenschaftler, gewählt. Das Kuratorium berief aufs Neue Ferenc Glatz zum Direktor des Instituts.

Ein trauriges Ereignis im Leben des Instituts war die lange Krankheit und der Tod von Gudrun Horváth. Gudrun Horváth führte seit der Gründung des Instituts die Administration, organisierte die verschiedensten Angelegenheiten der Stipendiaten, außerdem korrigierte sie die Publikationen des Instituts, übersetzte die offiziellen Bekanntmachungen und die Korrespondenz des Instituts. Sie war in Deutschland geboren und aufgewachsen, hatte nach Ungarn geheiratet, und ihre doppelte Bindung unterstützte auf glückliche Art und Weise die doppelte Bindung an das Europa Institut Budapest: Wie auch Gudrun Horváth in Ungarn eine Europäerin war, so will auch das Institut ein Stück Europa in Ungarn sein. Die Leitung des Instituts hat während der langen Krankheit neben der treuen Mitarbeiterin gestanden, wir haben ihr die beste ärztliche Behandlung gesichert, und Gudrun kam bis zum Verlust ihrer Kraft regelmäßig ins Institut. Auch ihre Beisetzung wurde vom Institut veranstaltet.

Unsere neue Mitarbeiterin Bea Kiltz hat den Posten als Programmmanagerin übernommen. Bea Kiltz war als kleines Mädchen in Deutschland aufgewachsen, absolvierte ihre Schulen in Ungarn, studierte an der Universität Budapest Deutsch-Englisch. Seit Februar dieses Jahres arbeitet sie bei uns, sie nimmt schon an jeder Arbeitsphase teil. Ein besonderes Talent zeigt sie in der wissenschaftlichen organisatorischen Tätigkeit und in der redaktionellen Tätigkeit, wo es auf System und Intellektualität ankommt.

Im alltäglichen Leben des Instituts haben wir im vergangenen Jahr eine große Veränderung vorgenommen. Die Veränderung des Schwergewichts in der Funktion des Instituts brachte mit sich die Veränderung der Administration. Einen Teil unserer Räume im VII. Stockwerk des Gebäudes in der Ajtósi-Dürer-Straße haben wir aufgegeben, hier ist nur jener Teil des Sekretariats geblieben, der sich mit den alltäglichen Angelegenheiten der Stipendiaten und mit den Auszahlungen beschäftigt. (Die Stipendiaten sind auch weiterhin im Kollegium in der Abonyi-Gasse geblieben, das 2000 erneuert und modernisiert wurde.) Der andere Teil des Sekretariats aber ist in das Burgviertel verlegt worden.

Die Vorträge für ein großes Publikum werden im Zentralgebäude der Ungarischen Akademie der Wissenschaften oder im Sozialwissenschaftlichen Forschungszentrum der Ungarischen Akademie der Wissenschaften in der Burg veranstaltet. (Hier befindet sich übrigens auch das neue Sekretariat.)

Schauplatz der Kaffeerunden und der Werkstatt-Konferenzen ist der kleine Saal des Kollegiums in der Abonyi-Gasse. Unter häuslichen Umständen, in einem der schönsten Villenviertel von Budapest.

Die Sitzungen des Vorstands des Instituts werden ebenfalls im Sekretariat im Burgviertel abgehalten.

Die Tätigkeitsordnung des Instituts hat sich übrigens seit 1990 nicht verändert: Jeden Dienstag findet das gemeinsame Mittagessen der Professoren und des Vertreters der Stipendiaten sowie der Tutoren statt (mit den Gastprofessoren des Instituts zusammen); nachmittags um 15 Uhr folgt die Vorstandssitzung, wo die Veranstaltungen, die Publikationen besprochen werden und über die Aufnahme der Stipendiaten entschieden wird. An der Kaffeerunde um 16 Uhr nehmen die Stipendiaten sowie die Professoren teil.

Budapest, 15. Juni 2003

Ferenc Glatz

Direktor