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I.
Übergangsjahre

Bericht
über die Tätigkeit des Europa Institutes Budapest
1998–1999

 

Im Jahre 1998 begann man mit der Untersuchung der Integrationsfähigkeit Ungarns in Bezug auf die Europäische Union. In unserem Bericht über die vorangegangene Vierjahresperiode (welchen der Stiftungsrat sowie der Wissenschaftlicher Beirat im Juni 1998 diskutierten) haben wir konstatiert: im Leben des Europa Institutes kam eine Periode zum Abschluss, so wie auch im Verhältnis Ungarns und der Europäischen Union. In der Zeit von 1990–1998 lautete für Ungarn die wichtigste Aufgabe, politische und wirtschaftliche Systemtransformation irreversibel zu gestalten, so weit wie möglich institutionelle Merkmale der Rückständigkeit der vergangenen 40 Jahre bzw. früherer Jahrhunderte zu beseitigen. Die dringlichsten Veränderungen im politischen Institutionssystem (Mehrparteiensystem, parlamentarische Demokratie, Voraussetzungen der Verfassungsmäßigkeit usw.) waren auszuführen, Institutionen der Marktwirtschaft mussten errichtet werden (Besitzwechsel, Börsen- sowie Bankverhältnisse usw.), mittels einer Reform von oben waren die bürgerlichen und kulturellen Freiheitsrechte zu sichern (Gewissensfreiheit, kultureller Pluralismus, Öffnung zur Welt allgemein, im geistigen Leben usw.). Darüber hinaus wird von uns seit 1990 kontinuierlich betont, dass der Anschluss an Europa auch einen allgemeinen gesellschaftlichen Wandel erfordert – einen Wandel hinsichtlich des Gewohnheitssystems, des Allgemeindenkens, der gesellschaftlichen Mentalität. Bei letzterem Anspruch kann es sich ausschließlich um den Beginn eines Prozesses über mehrere Jahrzehnte hinweg handeln, wobei diese Aufgabe nicht allein den gesellschaftlichen sondern ebenso zivilorganisatorischen Institutionen gestellt ist. Das Europa Institut möchte mit seinen eigenen bescheidenen Mitteln zur Lösung eben dieser Aufgaben beitragen. Anlässlich der Kuratoriumssitzung 1998 wurde die Tätigkeit der ersten 8 Jahre als erfolgreich bezeichnet und man stimmte der Empfehlung zu, ab 1998 eine Anpassung an die neuen Zielsetzungen des Landes und der Europäischen Union in Angriff zu nehmen. Diese neuen Ziele sind:

1) In erster Linie mittels unserer publikations- und veranstaltungsorganisatorischen Tätigkeit die spürbare Gegenwärtigkeit Ungarns im internationalen geistigen Leben zu gewährleisten;

2) Ein Wandel in der Stipendiatenpolitik: im Gegensatz zu früher sollten weniger kurz- und mehr langfristige Studienaufenthalte zugesprochen werden;

3) Es ist zu jenen Zivilorganen Ungarns eine gut organisierte Beziehung auszubauen, welche ebenfalls auf dem Gebiet der europäischen Integration wirken.

 

Verhandlungsbeginn und Tätigkeit des Institutes

 

Anfang 1998 setzte die Untersuchung der europäischen Integrationsbereitschaft Ungarns bezüglich Wissenschaft und Umweltschutz sowie später dann auch auf anderen Gebieten ein. Mit dem Einsetzen jener hat sich herausgestellt, dass das größte Defizit im ökonomischen Allgemeindenken zu verzeichnen ist, ebenso wie bezüglich der heimischen Kenntnisse über die Europäische Union. Unter anderem aus diesem Grunde haben wir den Eötvös-József-Memorial-Lecture 1998 einem wirtschaftlichen Themenbereich gewidmet. Wie bekannt, hat sich im August/September 1998 in Russland ein spezifischer Krisenherd der globalen Wirtschaftskrise herausgebildet, der selbst den ungarischen bzw. ostmitteleuropäischen Finanzmarkt nicht verschonte. Wir baten deshalb Sándor Lámfalussy, den in Belgien lebenden und in Fachkreisen weltweit bekannten Ökonomen (der über lange Zeit hinweg führender Beamter der Weltbank und später dann finanzieller Chefberater der Europäischen Union war), einen Vortrag über die Weltwirtschaft zu halten. Professor Lámfalussy hielt seinen mit großem Interesse begleiteten Vortrag im Rahmen des Eötvös-Memorial-Lecture.

Die europäische Einheit und deren historische Vorereignisse sind in Ungarn kaum bekannt. Die einseitige Konzentration auf die nationale Geschichte – zum einen auf die nationalen Unabhängigkeitskämpfe, zum anderen auf gesellschaftliche und Klassengegensätze – hatte in den vergangenen 70 Jahren zur Folge, dass die ungarische gesellschaftliche Weltanschauung stark eingeschränkt war. Ausgehend von dieser Erkenntnis veranstalteten wir gemeinsam mit dem Ungarischen Atlantikrat und dem Auswärtigen Institut die zweitägige internationale Konferenz „Wiedervereinigung Europas?”, auf der unter Einbeziehung ungarischer und ausländischer – schweizerischer, amerikanischer, tschechischer, österreichischer sowie französischer – Forscher die Auswirkungen des Erbes des Kalten Krieges auf das Allgemeindenken der europäischen Gesellschaften erörtert wurden.

Ebenfalls einer besseren Kenntnis der europäischen Integration dient jene Tatsache, dass u.a. dank der Unterstützung der Peter-Kaiser-Stiftung endlich das Lexikon „Die Europäische Union – Fakten und Daten zur Integration” in Druck ging. (Die Veröffentlichung hätte bereits 1998 erfolgen können, doch waren die inzwischen neueste Ausgabe des Lexikons und dessen Ergebnisse in den Text aufzunehmen.) Der Platz der mitteleuropäischen Region im Rahmen der europäischen Integration war auch das Thema jenes Vortrages, den László Péter anlässlich der Präsentation seines Buches „Östlich der Elbe” hielt. (László Péter war 1998 Professor am Institut.)

 

Unser Platz in der Welt

 

Der Stiftungsrat hat anlässlich seiner Sitzung 1998 den Vorschlag angenommen, dass das Institut mehr für die Bekanntgabe Ungarns und ungarischer Traditionen im internationalen Allgemeindenken tun sollte bzw. größere Betonung auf die Publikationstätigkeit legen müsste. Wir haben deshalb Professor Joseph Held (von der amerikanischen Rutgers Universität) zu einem dreimonatigen Aufenthalt nach Ungarn eingeladen, um mehrmals im Rahmen eines Brainstormings das Thema zu erörtern und einen Plan auszuarbeiten. Der erste Abschnitt der Aktion, die Planung ist gelungen. Nach langen Verhandlungen wurde ein dahingehendes Abkommen getroffen, dass das Europa Institut Budapest in den Vereinigten Staaten das Redigieren der beim Verlag der Columbia University erscheinenden Serie East European Monographs übernimmt. Bei dieser Serie handelt es sich gegenwärtig um die einzige derartige Publikation in der Welt, die in sämtlichen internationalen Bibliographien aufgeführt ist (wie u.a. auch in der sog. Weltbibliothek des Internet). Im Sinne der vorläufigen Übereinkunft werden unser jetzt als Gastprofessor nach Amerika reisender stellvertretender Direktor Attila Pók und der in den Vereinigten Staaten lebende Joseph Held gemeinsam unter Leitung des Direktors Ferenc Glatz die Serie redigieren, wofür das Europa Institut die finanzielle Basis gewährt. Diese finanziellen Fonds würden sich teilweise aus den Subventionen bedeutender Stiftungen ergeben, teilweise aus dem sogenannten Publikationsfonds des Institutes, den wir nach dem Verkauf der Immobilie unter Leitung des Direktors und Prof. Károly Manherz gesondert verwalten.

Wir wünschen unser heimisches fremdsprachiges Publikationssystem weiter auszubauen. Die Reihe der Begegnungen möchten wir gemeinsam mit East European Monographs realisieren und auch mit der Central European University kamen wir hinsichtlich regelmäßiger Co-Publikationstätigkeiten überein (erstes gemeinsames Produkt ist diesbezüglich die Herausgabe des Studienbandes „The Garden and the Workshop: Disseminating Cultural History in East-Central Europe”).

Gegenwärtig ist die Aufnahme von Vorträgen und Publikationen des Institutes im Internet im Gange. Hier können wir vorläufig nur von Vorbereitungen berichten. Diesbezügliche Personal- und Kostenauswirkungen haben wir ermittelt und hoffen, dass bis Ende 1999 das Europa Institut mit einer selbständigen Homepage und der darin vorzufindenden Informations- und Datenbasis sowie diesbezüglichen fremdsprachigen Fachpublikationen weltweit an die Öffentlichkeit tritt.

In den folgenden zwei Jahren, d.h. 1999/2000 wird sich entscheiden, inwiefern es uns gelingt, im umfassenden Wettbewerb unsere Gegenwart auf dem internationalen Publikationsmarkt zu sichern.

 

Neue Ziele

 

Der Balkankrieg ist ausgebrochen. Einige der von uns erwähnten Gefahren der europäischen Integration sind zur Realität geworden, so die Vertiefung des Minderheitenkonfliktes. Für uns hat sich eindeutig herausgestellt: weder die Mächte Westeuropas und noch weniger die euroatlantischen sind auf die Handhabung des Minderheitenproblems oder die Einschätzung seiner Auswirkungen vorbereitet. Nun wird im Angesicht der Balkankrise nicht immer jener „Minderheitenkodex” benutzt, den unser Institut 1992–1993 in englischer, deutscher, slowakischer und rumänischer Sprache herausgab. (Ferenc Glatz: Minderheiten in Ostmitteleuropa – Historische Analyse und ein politischer Verhaltenskodex)

Die Konflikte in Ostmitteleuropa können ausschließlich aufgrund der Analysen und Empfehlungen der lokalen Intelligenz gelöst werden. Deshalb schlagen wir vor, Traditionen unseres Institutes von 1990–1993 zu neuem Leben zu erwecken und wiederum die mitteleuropäischen Foren zur Nachbarschaft in Europa am Europa Institut zu organisieren. Wir müssen darum bemüht sein, in unseren fremdsprachigen Publikationssystemen den österreichischen, rumänischen, slowakischen, kroatischen und serbischen Themen verstärkt Aufmerksamkeit zu widmen. Im Verlaufe des Jahres sollte eine modernisierte Fassung der Minderheitenfrage angefertigt und Anfang 2000 dann publiziert werden.

 

Stipendiatenpolitik

 

Auf seiner Sitzung 1998 hat der Stiftungsrat die Stipendiatenpolitik 1990–1998 des Institutes positiv beurteilt. Das Ziel lautete derzeit: soviel Jugendliche wie möglich zu uns zu holen, die so einerseits Ungarn kennenlernen, zum anderen die ungarischen und europäischen Beziehungssysteme aufarbeiten. Die Stipendien wurden in diesem Sinne eher für kurze Zeit, d.h. 1–3 Monate erteilt. Das Kuratorium nahm auf der Sitzung von 1998 den Vorschlag an, den neuen Zielsetzungen entsprechend auch das Stipendiensystem zu ändern. Wir sollten darum bemüht sein, sich länger bei uns aufhaltende Stipendiaten zu empfangen, die über einen längeren Zeitraum hinweg – neben der Ausarbeitung ihres individuellen Themas – in die Institutstätigkeit neuen Typs einbezogen werden. (Hier soll kurz daran erinnert sein, dass auf der Kuratoriumssitzung 1998 erwähnt wurde, dass sich im Verlaufe der vergangenen Jahre die Anzahl der Stipendienmöglichkeiten in Ungarn rapide erhöht hat, so dass das Europa Institut mit der Vergabe kurzfristiger Stipendien nur eines zahlreicher kleiner Institutionen wäre.) Die ersten positiven Anzeichen der neuen Stipendiatenpolitik können bereits nachgewiesen werden. Jene Stipendiaten, die für ein Jahr oder länger am Institut weilen, beteiligen sich neben der Durchführung der Kaffeerunden auch an der Organisation von Veranstaltungen und der gleichzeitig erfolgenden Publikationsarbeit.

 

Das Europa Institut als Werkstatt

 

Im Laufe des vergangenen Jahres gab es drei „Werkstatt-Veranstaltungen”, die im geistigen Leben Budapests großes Interesse weckten.

Zunächst wäre der Vortrag von Professor Alois Riklin hervorzuheben, der gemeinsam mit der Ungarischen Akademie der Wissenschaften veranstaltet wurde. Bei diesem Vortrag ging es um eine wahre fachliche Delikatesse, die Tätigkeit eines der frühen englischen Verfechter der europäischen Verfassungsordnung. („Die Republik von James Harrington – 1656”)

Ebenfalls einem engeren Fachkreis gewidmet war die gemeinsam mit der Eötvös- Loránd-Universität und dem Österreichischen Kulturinstitut durchgeführte Veranstaltung „Thomas Bernhard als Europäer”.

In einem etwas weiteren Gelehrtenpublikum Budapests und vor allem in der Journalistengesellschaft fand der Vortrag von Andreas Oplatka („Weltblatt im globalen Dorf”) ein großes Echo. Am Beispiel der Neuen Zürcher Zeitung hat er nachgewiesen, wie ein traditionelles, über nun schon 150jährige Gepflogenheiten verfügendes Tagesblatt in der Epoche von Globalisierung und Integration Richtung und Geschäftspolitik ändert.

 

Betriebsordnung

 

Das Institutsleben verläuft praktisch nach einer eingespielten Betriebsordnung – mit dem wöchentlichen gemeinsamen Mittagessen, den Kaffeerunden und Seminaren sowie Konferenzen und Vorträgen.

Zur Wirtschaftsführung des Institutes wird ein gesonderter Beitrag vorgelegt. Hier soll erneut angemerkt sein, dass die einmaligen Einnahmen aus dem Verkauf der Immobilie als Fonds der fremdsprachlichen Publikation dienen können, und zwar im Sinne der 1998 beschlossenen Änderung im Tätigkeitsprofil.

Möglich ist weiterhin, dass gewisse Veränderungen auch hinsichtlich der Unterbringung des Institutes vonnöten sind. Erforderlich wird die Schaffung von amtlichen Redaktionsstellen, wofür unser gegenwärtiger Sitz, das Haus der Professoren, hervorragend geeignet ist. Da wir nun die Stipendiaten für längere Zeit empfangen, ändern sich auch deren Ansprüche. Wie bekannt, werden von uns im Haus der Professoren die Studenten in Appartements mit zwei Schlafzimmern, einem Gemeinschaftsraum, gemeinsamer Dusche und WC untergebracht. Es mangelt an einem Computer- und Telefonnetz. Wer sich für längere Zeit in Budapest aufhält, wünscht sich schon bessere Umstände: ein eigenes Zimmer mit Nebenräumen nur für sich, mit eigenem Computer und Telefon. Um diesen Ansprüchen gerecht werden zu können, müssten im Haus der Professoren Investitionen und Umbauten im Werte von mehreren 10 Millionen Forint vorgenommen werden. Vom Ministerium für Bildungswesen wurde unserem Institut der Vorschlag unterbreitet, von den uns im Haus der Professoren gegenwärtig zur Verfügung stehenden 3 Etagen eine für Redaktion, Verwaltung und Gästeprofessoren zu behalten und im 200 Meter weit entfernt gelegenen, vom Ministerium verwalteten Gebäude 11 selbständige Appartements – die den zuvor erwähnten Voraussetzungen besser entsprechen – im Tausch gegen die beiden anderen Etagen anzunehmen. Wir empfehlen, diesen Vorschlag gründlich zu diskutieren. Sollten sich die Bedingungen als vorteilhaft erweisen, wird der mit dem Kultusministerium 1990 abgeschlossene und seither zweimal bekräftigte Vertrag geändert. (Sollten die Vertragsbedingungen unverändert bleiben, d.h. uns würden nur die Funktionskosten belasten, dann könnten wir die Unterbringung des Instituts zwar auf weniger Quadratmetern jedoch zu günstigeren Voraussetzungen sichern. Diese Veränderung – so scheint es jedenfalls – würde eher dem Wandel der Zielstellungen des Institutes entsprechen.)

 

Schlussfolgerungen

 

Die Jahre 1998 und 1999 sind Jahre der Schwerpunktverlagerung. Die ersten Schritte in dieser Richtung sind getan, wenn auch mit unverändertem finanziellen Instrumentarium. Es besteht die Hoffnung, für den neuen Schwerpunktwandel den entsprechenden qualitativen Personalbestand zu gestalten, der dann das Stammpersonal des Institutes stärkt. Der dem Publikationssystem dienende separate Fond ist im Rahmen des Budgets getrennt zu handhaben und wir müssen darum bestrebt sein, dass das Europa Institut mit europäischen Zivilorganen ähnlicher Zielsetzungen organischer zusammenarbeitet.

Die neuesten Ereignisse in Mitteleuropa machen es erforderlich, dass unser Institut auf die bereits zwischen 1990 und 1993 erfolgreiche „Mitteleuropa-Werkstatt” zurückgreift und mit dieser Veranstaltungsreihe der Europa-orientierten Intelligenz der Region eine Heimstatt bietet.

*

All diese Anstrengungen sind selbstverständlich nur winzige Anzeichen dessen, dass die Leitung des Europa Institutes mit ihren bescheidenen Mitteln – den Gründungsabsichten gemäß – darum bemüht ist, den nun bereits außerordentlich komplizierten europäischen Integrationsprozess zu unterstützen.

Budapest, Mai 1999.

Ferenc Glatz

Direktor