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Begegnungen
Schriftenreihe des Europa Institutes Budapest, Band 15:191–208.

ALEXANDER V. NAZARENKO

Ungarn und Rus’ um das Jahr 1000

 

Eine ausführlichere monographische Untersuchung russisch-ungarischer Beziehungen des Mittelalters fehlt uns bis heute.1 Deswegen sind vorliegende Ausführungen keinesfalls als eine Forschungsbilanz, sondern vielmehr als eine Präliminarübersicht von einschlägigen Quellendata für die ungefähr hundertjährige Periode von der Mitte des 10. bis etwa zur Mitte des 11. Jahrhunderts aufzufassen. Die späteren Zeugnisse werden nur berücksichtigt, insofern sie auf diese Achsenzeit, in die Grundlagenbildung des ungarischen Staates sowie dessen Verwurzelung im internationalen Beziehungsgeflecht der Christenheit fallen, Licht werfen können. Außer Acht bleibt auch die frühere und nur schwer rekonstruierbare Geschichte von ungarisch-ostslawischen Wechselverbindungen vor der Landnahme, während des Aufenthalts der Madjaren auf dem Gebiet der sog. „Lebedien” und in Etelköz.

Die zweite Hälfte des 10. Jahrhunderts war sowohl in Ungarn, als auch in der Rus’ Periode aktiver staatlicher Konsolidierung. In Ungarn lief die kriegerische Phase intensiver Raubzüge gegen seine westlichen Nachbarn aus; es kam zur Festigung territorial gebundener Herrschaft der Fürsten aus der Árpádendynastie sowie der mächtigsten Stammesfürsten, der Kampf mit denen für die Árpáden noch bevorstand, und die politisch mehr oder weniger Anlehnung an Nachbarreiche (das Reich der Sachsenkönige, Byzanz, Bulgarien) suchten. Unter Großfürst Géza (970/2–997) setzte eine aktive politische Missionierung vom Westen her ein, die im Laufe der nächsten Jahrzehnte bescheidene Ansätze der byzantinischen Mission im Süden und Osten überlagern sollte, obwohl politisch engagierte Schritte von Seiten ungarischer Machthaber der byzantinisch-orthodoxen Kirche entgegen auch später im 11.–12. Jahrhundert keine Seltenheit war.2 Das Kiewer Reich hatte einen anstrengenden Krieg gegen Byzanz unter Swjatoslaw (um 960–972) (der nebenbei auch ungarische Hilfstruppen in seinem Heer hatte3) und langwierige Thronwirren nach Swjatoslaws Tod endlich hinter sich; bereits die ersten fünfzehn Jahre ständiger Stabilität unter der Herrschaft von Swjatoslaws Sohn Wladimir (978–1015) verursachten eine territoriale Abrundung des Reiches und eine offizielle Christianisierung samt Anfängen der Kirchenorganisation mit sich (eine Metropole in Kiew mit mindestens zwei bis drei Suffraganbistümern in Nowgorod, Belgorod und Polozk). Das bedeutete nicht nur eine einmalige dynastische Bindung an das Mazedonische Kaiserhaus in Konstantinopel (Wladimir heiratete die purpurgeborene Schwester der Kaiser Basileios II. und Konstantinos VIII.), sondern auch eine Eingliederung der Kiewer Rus’ in die byzantinische „Staatenfamilie”, die Russland auf Jahrhunderte hin zu einem festen Bestandteil des byzantinisch-griechischen Kulturkreises, der Slavia Orthodoxa machte.

Die endgültige Formierung der russischen Westgrenze mit dem Krakauer Land (das damals noch unter böhmischer Oberherrschaft stand) und mit Ungarn fällt in die 980er Jahre, als die so genannten „Tscherwenischen Burgen” („Červenskie grady”, westlich vom Oberlauf des Westlichen Bug) und das Gebiet um Peremyšl’ (Przemyšl), d. h. das spätere Galizien, das zukünftig seit Ende des 12. Jahrhunderts mehrmals unter zeitweilige Herrschaft der ungarischen Krone geraten wird, einen engeren Anschluss an das Kiewer Reich gefunden hatten. Die Nord-Ost-Karpaten bildeten die ungarisch-russische Kontaktzone, so dass diese Bergkette in der altrussischen Tradition stets als „die Ungarischen Berge” („gory Ugor’stii”) auftritt.4 Die Quellen über diese Zeit fließen sehr karg, allerdings dürfte feststehen, dass die gegenseitige Anerkennung des entstandenen status quo durch dynastische Verbindungen des Kiewer Hofes mit den Árpáden und den Piasten befestigt wurde. Der im 14. Jahrhundert im „Chronicon Budense” und im „Chronicon Vindobonense pictum” zusammengefassten älteren ungarischen Überlieferung nach ist zu entnehmen, dass der ungarische Árpádenherzog Ladislaus der Kahlköpfige (Szár László), Vetter König Stephans I., eine Russin zur Frau nahm;5 an der Glaubwürdigkeit dieser kurzen Bemerkung zu zweifeln, gibt es keine Gründe. In der zeitgenössischen Chronik des Merseburger Bischofs, Thietmar ist eine Nachricht über eine weitere Ehe zu lesen, nämlich hat einer der älteren Söhne Wladimirs Swjatopolk eine Tochter des polnischen Fürsten Bolesław Chrobry geheiratet.6 In der altrussischen Chronik („Povest’ vremennych let”, in dem deutschsprachigen Schrifttum oft ungenau „Nestor-Chronik” genannt) wird dieses Ereignis um das Jahr 1000 kurzgefasst in folgenden Worten dargestellt: „Und so begann Wladimir mit den Nachbarfürsten in Frieden zu leben, mit dem polnischen Bolesław und dem ungarischen Stephan und dem böhmischen Andrich.”7 (Unter ihm ist wahrscheinlich anachronistischer Weise Herzog Udalrich [Oldřich 1012–1034] gemeint.)

Es ist mit einer gewissen Sicherheit anzunehmen, dass das gegenseitige Interesse nicht nur politisch bedingt wurde. Anfang des 12. Jahrhunderts war der Verfasser der Endredaktion der altrussischen Chronik auffallend bemüht, alle Informationen zur Frühgeschichte der Ungarn als Verbündete Kaiser Leons VI. in dem byzantinisch-bulgarischen Krieg 894–896 bzw. über den ungarischen Feldzug gegen Konstantinopel unter Kaiser Romanos I. 933–934 aus seiner griechischen Hauptquelle, d. h. aus der Fortsetzung der Chronik des Georgios Hamartolos, zu sammeln und in seinen Text einzuarbeiten.8 Auch eine Quelle böhmisch-mährischer Provenienz, die in der kyrillo-methodianischen Tradition verwurzelte und nur dank der Rezeption in die altrussische Annalistik rekonstruierbare sog. „Erzählung über die Übersetzung der Bücher [d. h. der Heiligen Schrift und des liturgischen Kanons] in die slawische Sprache” („Skazanie o preloenii knig na slovenskij jazyk”)9 wird in dieser Richtung tüchtig ausgebeutet. So ist in die altrussische Chronik ein langatmiger Bericht über die ungarische Landnahme aufgenommen: „Es zogen die Ungarn vom Osten her an Kiew vorbei über den Berg, der heute der Ungarische heißt, und gelangten an den Dnjepr und lagerten sich in ihren Zelten, denn sie wanderten [damals] wie die Polowzer [heute]. Dann strömten sie über die großen Berge hin, die deswegen die Ungarischen Berge benannt wurden, und begannen die da beheimateten Wlachen und Slaven zu bekriegen, denn früher hatten da Slaven gewohnt und dann waren die Wlachen10 gekommen und das slawische Land genommen. Und die Ungarn jagten die Wlachen weg und erbten nach ihnen das Land und siedelten mit den Slaven zusammen, indem sie diese unterwarfen. Und seitdem hieß das Land das Ungarische Land. Und die Ungarn begannen gegen die Griechen zu kriegen, und überzogen mit Krieg das thrakische und mazedonische Land bis an die Thessalonike, und gegen die Mähren und die Böhmen.”11

Zwar kann das augenfällige Interesse des Kiewer Chronisten für die Frühgeschichte der Ungarn daraus erklärt werden, dass er um 1100 unter Fürst Swjatopolk Izjaslavič (1093–1113) schrieb und somit der offenkundigen Tatsache Rechnung trug, dass Swjatopolks Verhältnis zu Ungarn, zuerst zu Ladislaus I. dem Heiligen (1077–1095), dann zu Kolomann (1095–1116), sich durch eine stabile Freundschaft auszeichnete; zu nennen wären nur zwei Ehen, die von Jaroslaw, dem Sohne Swjatopolks, mit einer Tochter König Ladislaus (um 1089)12 und die des jüngeren Bruders König Kolomanns, Herzog Álmos, mit Swjatopolks Tochter Peredslava im Jahre 1104.13 Allerdings bezeugt die zitierte Passage der Chronik unverkennbar auch das, dass der gelehrte Mönch des Kiewer Höhlenklosters nicht nur schriftliche Quellen, sondern auch lokale mündliche Tradition verwertet haben soll, namentlich eine toponymische Sage, die um den „ungarischen” Namen eines der Kiewer Hügel rankte und diesen mit der im Volksmunde um die Wende zum 12. Jahrhundert immer noch lebendigen Erinnerung an die Westwanderung der Ungarn in Verbindung brachte.

Hinzu kommt ein in seiner Authentizität charakteristisches Detail. Der alt russische Chronist macht einen klaren Unterschied zwischen den „Weißen” („Ugri bĕlii”) und den „Schwarzen” Ungarn („Ugri černii”),14 was er aus seinen Quellen auf keine Weise auslesen konnte. Eine ähnliche Unterscheidung ist meines Wissens lediglich in drei weiteren Texten belegt: in der „Vita quinque fratrum” und in dem Brief an König Heinrich II. (1002–1024), die von dem berühmten Missionserzbischof Brun von Querfurt geschrieben wurden15 (er unternahm zwei Missionsreisen, 1003 und 1007, zu den „Ungri Nigri”), sowie in stark verworrener Form in der Chronik Adémars von Chabannes aus den 30er Jahren des 11. Jahrhunderts, bezeichnenderweise ebenfalls innerhalb einer Erzählung über die Tätigkeit Brunos von Querfurt.16 Dieser Quellenbefund lässt vermuten, dass die Information über die „Schwarzen” Ungarn in der Kiewer Chronik letzten Endes auch auf Brun von Querfurt zurückgehen dürfte, der ja, wie aus dem erwähnten Brief an König Heinrich hervorgeht, 1008 im Zusammenhang mit seiner Predigt bei den Petschenegen längere Zeit in Kiew am Hofe von Wladimir verbrachte und sogar ein ephemeres petschenegisches Missionsbistum der Kiewer Metropole organisiert haben will (vor der Kirchentrennung 1054 war das noch möglich). Wie dem auch sei, diese Information ist historisch vom Chronisten falsch interpretiert, denn die „Weißen” Ungarn werden von ihm mit jenem Volkseiner byzantinischen Quellen (Theophanes Homologetes, „Breviarium” des Patriarchen Nikephoros I., Georgios Hamartolos) identifiziert, die noch im Jahre 626 unter Kaiser Herakleios als byzantinische Verbündete gegen die Perser zogen, also mit den Chazaren17. So eine Fehlinterpretation (das Problem der „Schwarzen” Ungarn bereitet auch den Historikern von heute Schwierigkeiten18) hat der Chronist mit anderen altrussischen Texten gemeinsam, zum Beispiel mit der sogenannten „Großen Chronographie” („Chronograf po velikomu izloeniju”) aus der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts, wo die Chazaren aus dem Jahre 626 ebenfalls als „Ungarn” („Ugri”) erscheinen.19

Parallel der altrussischen sagenhaften Überlieferung über den Aufenthalt der Ungarn in der nordpontischen Steppe und ihre Landnahme im Mitteldonauraum läuft die ungarische Tradition über Urheimat der Ungarn jenseits der Wolga und Wanderung durch Südrussland; es ist bekannt, dass sie erst spät, Ende des 12. bzw. Anfang des 13. Jahrhunderts, in literarisch ausgeschmückter Form eines quasi-ritterlichen Epos schriftlich fixiert wird.20 Es war gerade diese zähe Erinnerung an die ehemalige ungarische Heimat weit im Osten, irgendwo in der Nähe vom russischen Land Wladimir-Susdal („Ruscia quae Susudal vocatur”, „Magna Laudameria”), die noch in den 30er Jahren des 13. Jahrhunderts dominikanische Missionare aus Ungarn bis an den Kama-Fluss führte.21

Bevor wir hier auf unmittelbare politische Verbindungen, die oben schon gestreift worden sind, zu sprechen zurückkommen, müsste die Situation auf dem Gebiet des Fernhandels kurz skizziert werden. Peremyšl’ und die Tscherwenischen Burgen zu beherrschen, war für die Kiewer Fürsten nicht zuletzt deswegen wichtig, weil dieses Karpatenvorland ein Schlüsselgebiet auf dem großen Transithandelsweg zwischen Westeuropa und dem Khalifat war.22 Nach orientalischen Quellen (Ibn Hurdadbeh) bestand diese strategische Route bereits im 9. Jahrhundert.23 Ein Jahrhundert später, um 960, wird sie in einem Brief des Ministers Rabbi Hisdai von Cordoba an den chazarischen Chakan Joseph folgendermaßen beschrieben: Deutschland – Böhmen – Ungarn (HNKR) – Rus’ – Wolgabulgarien – Chazarien.24 Da die Strecke Böhmen – Ungarn für die 60er Jahre des 10. Jahrhunderts auch durch den ausdrücklichen Bericht Ibrahim Ibn Jakubs über die ungarischen Kaufleute in Prag gesichert wird,25 wäre die Information von Rabbi Hisdai so zu verstehen, dass der Fernhandelsweg, der im 9. Jahrhundert das Mitteldnjeprgebiet um Kiew durch die Karpatenpässe und Nordungarn mit der bayerischen Ostmark verbunden26 und um 900 wegen der ungarischen Gefahr sich weiter nördlich bis an den Nordrand der Karpaten verlagert hatte,27 in der zweiten Hälfte des 10. Jahrhunderts im Großen und Ganzen schon wiederhergestellt war. Davon dürften auch mehrere Dirhamschatzfunde aus dem Gebiet am Oberlauf des Südlichen Bug, d. h. aus dem späteren Land Galič (Halitsch), und von der oberen Theiß zeugen, die hier nur für die erste Hälfte des 10. Jahrhunderts charakteristisch sind.28 Es fehlen vergleichbare europäische Quellen für das 10. Jahrhundert zu diesem Thema, aber sobald seit Ende des 12. Jahrhunderts in der Steiermark und Österreich herzogliche Zoll- und Handelsordnungen in Erscheinung treten, werden in den meisten dieser Urkunden (denen von Herzog Ottokar IV. von Steiermark aus dem Jahre 1191–1192, Herzog Leopold V. von Österreich aus dem Jahre 1192 und Herzog Leopold VI. aus dem ersten Drittel des 13. Jahrhunderts) Fernkaufleute erwähnt, die von Regensburg aus mit Russland Handel trieben.29 D. h. die Verbindung verlief nicht bzw. nicht nur über Prag, sondern auch über Ungarn, was durch ein ungarisches Privileg wahrscheinlich aus der Zeit König Emmerichs (1196–1204) für das Kapitel und Kloster zu Gran bestätigt wird, in dem von russischen Kaufleuten in Pest, Gran und in anderen Orten („sive in Pest, sive Strigonii, sive alibi”) die Rede ist.30 Die Stabilisierung des west-östlichen Fernhandelsverkehrs durch die Karpatenpässe und Ungarn seit der zweiten Hälfte des 10. Jahrhunderts war ein Hauptgrund dafür, dass die Kiewer Fürsten, zuerst Jaropolk Swjatoslavič und dann sein Bruder Vladimir der Heilige im Karpatenvorland um Peremyšl’ in den 970er Jahren wiederholt Krieg führen, um das Land aus einer Abhängigkeit von Prag zu lösen und an das Rus’-Reich zu bringen, was auch in der Tat geschah.31

Soweit wir aus dürftigen Quellenzeugnissen schließen können, blieb die ungarische Hilfe (500 milites) während des Feldzugs des polnischen Fürsten Bolesław Chrobry gegen Kiew im Jahre 1018, wovon Thietmar von Merseburg berichtet,32 eine Episode. Um 1025 waren die inneren Kämpfe in der Rus’ nach dem Tode Wladimirs des Heiligen 1015 ausgekämpft, und die politische Lage stabilisierte sich unter der Doppelherrschaft von zwei Söhnen Wladimirs, Jaroslaw von Kiev (Jaroslaw dem Weisen) und Mstislav von Tschernigow, soweit, dass 1030–1031 die Tscherwenischen Burgen, die 1018 von Bolesław besetzt worden waren, zurückerobert werden konnten.33 Die Lage des ungarischen Königs Stephan des Heiligen (997–1038) in diesem Konflikt wird daraus ersichtlich, dass die vor Stephan flüchtigen ungarischen Prinzen (duces), Stephans Neffen Andreas, Béla und Levente, um 1033 gerade am polnischen Hofe Mieszkos II. Asyl fanden;34 einige Jahre später geriet (wenn wir uns auf Gallus Anonymus verlassen wollen) der junge polnische Fürst Kasimir bei Stephan in eine Art Ehrengefangenschaft, die bis Stephans Tod 1038 andauerte.35

Hinzu kommt noch eine interessante Einzelheit. Der 1031 einem Jagdunfall zum Opfer gefallene ungarische Thronfolger, Stephans Sohn Emmerich, führte nach einer einzelnen Nachricht der Hildesheimer Annalen den seltsamen Titel „Herzog der Russen” („dux Ruizorum”)36; die wahrscheinlichste Deutung dieser crux interpretum bestehe darin, dass unter Führung Emmerichs ein Korps von russischen Söldnern, etwa wie in Byzanz, gestanden hätte. Ein mehrfach angenommener Zusammenhang mit der „Russischen Mark” in Ungarn scheint kaum plausibel. Die Mark ist quellenmäßig erst um 1125 durch die „Vita des Salzburger Erzbischofs Konrad” belegt37 (die Lokalisierung schwankt von der ungarisch-russischen Grenzregion im Nordosten bis in das Land zwischen der Donau bzw. der Drau und der Save im Süden);38 darüber hinaus wäre eine lokale Präfektur in einer entlegenen Mark mit dem Thronfolgerstatus Emmerichs nur schwierig zu vereinbaren. Die Existenz eines russischen Gardetrupps am ungarischen Hof ist selbstverständlich nur unter Voraussetzung vertraulicher Beziehungen zwischen Stephan und Jaroslaw in den 20er Jahren des 11. Jahrhunderts denkbar.

Hingewiesen sei auch auf Ungarn im Dienste der russischen Fürsten zu dieser Zeit. Am bekanntesten ist Georgij „der Ungar” („Ugrin”, „syn Ugoresk”), Lieblingsotrok (otrok hieß Mitglied der „jüngeren” Fürstengefolgschaft, der alt- russischen druina) des Fürsten Boris Wladimirovitsch, eines der jüngsten Söhne Wladimirs; Georgij teilte das Schicksal seines Herrn und wurde 1015 mit Boris während der Fehde nach dem Tod Wladimirs ermordet39. Georgij war nicht alleine; sein Bruder Moisej (Moses), der ebenfalls den Beinamen „Ungar” führte, befand sich 1018 unter Vertrauensleuten (familiares) Peredslavas, einer der Töchter Wladimirs. Nach seiner Rückkehr aus der polnischen Gefangenschaft wurde Moisej Mönch im Kiewer Höhlenkloster; seine Vita, in der er wegen eines radikalen Asketismus hochgepriesen wird, lag bereits in den 80er Jahren des 11. Jahrhunderts vor und fand anderthalb Jahrhunderte später Eingang in das Klosterpaterikon.40 Einer späteren, seit dem 13. Jahrhundert fassbaren hagiographischen Überlieferung zufolge, sollen Boris und Moisej noch einen dritten Bruder, namentlich Efrem (Ephraim), konjuij (Stallmeister) des Fürsten Boris Wladimirovitsch, gehabt haben, dem durch die „Vita Efrems” die Gründung eines Klosters zu Ehren der heiligen Brüder Boris und Gleb in Torok, im Grenzgebiet zwischen Nowgorod und Rostow-Susdal, im Nordosten der Rus’, zugeschrieben wird.41 Es ging also um eine ganze Familie fürstlicher Dienstmannen, deren ungarischer Stammvater bereits unter Wladimir in der Rus’ geweilt haben muss. Die augenfällige Tatsache, dass die Angaben über die drei ungarischen Brüder sich um die Person Boris Wladimirovitsch’s konzentrieren, legt die Vermutung nahe, sie wären mit seinem Vater in den Dienst des Fürsten Boris eingetreten, als dieser Anfang des 11. Jahrhunderts kurze Zeit in Wolhynien, d. h. an der ungarischen Grenze, residierte.42

Die ungarische Politik Jaroslaws, seit 1036 Alleinherrscher in der Rus’, wechselte in den 40er Jahren. Die Gründe dafür werden nur verständlich, wenn wir die gleichzeitige Wendung in den russisch-deutschen Beziehungen mitberücksichtigen. Die Zusammenarbeit Jaroslaws und Kaiser Konrads II. (1024– 1039), nach 1039 auch König Heinrichs III. (1039–1056) bei der Stabilisierung der Verhältnisse in Polen und der Restituierung Kasimirs des Erneuerers (1038/9– 1058) auf dem polnischen Fürstenthron43 ließ Jaroslaw mit eventueller politischer Unterstützung des Salierreiches im anrückenden Konflikt Kiews mit Konstantinopel rechnen, der 1043 zu dem letzten russisch-byzantinischen Krieg führte. Die Weihnachten 1042 von Heinrich III. empfangene russische Gesandtschaft, die dem inzwischen verwitweten deutschen König die Hand einer der Töchter Jaroslaws anbot, schlug jedoch fehl,44 denn angesichts burgundischer Angelegenheiten musste Heinrich die Aquitanierin Agnes von Poitiers bevorzugen. Ergebnis dessen war das, dass der Kiewer Fürst den ungarischen Thronprätendenten den Arpaden Andreas gegen den von Heinrich 1044 zum zweiten Mal mit Waffengewalt auf den Thron erhobenen König Peter von Orseolo (1038– 1041, 1044–1046) tatkräftig unterstützte. Es gibt Anhaltspunkte zu ahnen, dass die Wende noch früher, unter König Samuel Aba (1041–1044), d. h. gleich nach der Ablehnung des russischen Heiratsangebots durch Heinrich, eingetreten sein muss.

In der „Regensburger Kaiserchronik” ist zu lesen, dass Samuel Aba nach der Niederlage durch die Deutschen bei Ménfõ 1044 mit seiner Familie nach der Rus’ zu fliehen versuchte („Ottô huob sich enzît, // er nam chint unde włp, // ze den Riuzen er entran”)45. Die „Kaiserchronik” wurde ein Jahrhundert später um 1140–1150 verfasst und ihre Quellen bleiben manchmal recht dunkel;46 dennoch wäre dieser Hinweis eines anonymen Regensburger Geistlichen ernst zu nehmen, da er auch sonst Einzigartiges über Samuel zu berichten weiß: etwa dass Samuel einen Beinamen „der Schielende” gehabt (”der hiez der scilhende Ottó”) oder dass er den Thron mit der böhmischen Hilfe ergriffen haben soll47 (das letztere ist durchaus wahrscheinlich). Dass Samuel 1044 in der Rus’ Hilfe zu finden hoffte, ist sehr bemerkenswert, da Jaroslaw kurz zuvor, um 1040, in einer ähnlichen Situation sich weigerte, den bereits erwähnten ungarischen Prinzen Andreas und Levente Asyl zu geben, um das Einvernehmen mit König Peter nicht zu stören; Andreas und sein Bruder mussten weiter zu den Petschenegen fliehen.48 Samuel musste also über das deutsch-russische Zerwürfnis informiert werden. Es sind wahrscheinlich seine Gesandten bei Heinrich III. im Mai 1043 gewesen,49 die ihm diese Information brachten.

Der Tod Samuel Abas konnte an der schroffen Ablehnung König Peters und der ungarischen Politik Heinrichs III. durch Jaroslaw nichts ändern, nur dass Andreas jetzt an die Stelle Samuels trat. Um 1045 wurde Andreas aus seinem petschenegischen Asyl nach Kiew geholt50 und mit einer Tochter Jaroslaws verheiratet,51 möglicherweise derselben, die ehemals für Heinrich bestimmt worden war und jetzt Mutter des künftigen ungarischen Königs Salomon werden musste. Es ist kaum nur ein chronologischer Zufall, dass Andreas aus der Rus’ gerade 1046 auf den ungarischen Thron geleitet wird, d. h. in dem nächsten Jahr, nachdem es schließlich zu einem russisch-byzantinischen Frieden kam,52 den die Ehe Wsewolod Jaroslawitsch, eines der Söhne Jaroslaws, mit einer Tochter Kaiser Konstantinos’ IX. Monomachos (1042–1055) gefestigt hat.53 Jetzt konnte sich der Kiewer Fürst schließlich den ungarischen Angelegenheiten zuwenden und Andreas Geld und Heer bereitstellen,54 um den Kampf mit König Peter aufzunehmen. Anhaltende Auseinandersetzungen mit Böhmen, Polen und besonders mit dem Reich Heinrichs III. machten Andreas auch später an eventueller russischer Unterstützung sehr interessiert.55 Dieses Interesse scheint sogar einen kirchenpolitischen Aspekt gehabt zu haben. So fanden die böhmischen Anhänger der slawischsprachigen Liturgie aus dem Kloster Sázava, die um 1056 unter Herzog Spytihnĕv II. (1055–1061) aus Böhmen verjagt worden waren, eine freundliche Aufnahme in Ungarn.56 Um dieselbe Zeit siedelten orthodoxe Mönche (russischer Herkunft?) in Felsengrotten in der Nähe der 1055 von König Andreas gestifteten Benediktinerabtei Tihany; sie dürften Zuzügler aus der Rus’ gewesen sein, die unter Obhut der Königin stünden, wie es der später belegte Name des Ortes Oroszkő (der „russische Stein”) nahelegt.

Nachdem 1058 endlich ein ungarisch-deutscher Frieden zustande gekommen ist und der ungarische Thronfolger Salomon mit Judith, der Schwester des jungen Heinrich IV. (1056–1106) vermählt worden war, wiederholte sich die Situation noch einmal. Ende des Jahres 1060 riss Andreas’ Bruder Béla I. (1060– 1063), der sich auf Polen stützte, den Thron an sich, Salomon flieh mit seiner russischen Mutter nach Deutschland57 und während des Kampfes der Söhne Bélas Géza und Ladislaus gegen König Salomon (1063–1074) suchten die rebellierenden Prinzen wiederum Hilfe in der Rus’58. Dass sie keine solche bekamen,59 erklärt sich aus der komplizierten innenpolitischen Lage, die sich in der Rus’ nach dem Tod Jaroslaws im Jahre 1054 ergeben hatte. Es etablierte sich eine Art Triarchie von drei Söhnen Jaroslaws, namentlich von Izjaslaw von Kiew, Swjatoslaw von Tschernigow und Wsewolod von Perejaslawl’ und Rostow. Der mit Polen fest verbundene Izjaslaw, der eine Schwester von Kasimir I. zur Frau hatte, hätte gern die Söhne Bélas unterstützt, konnte sich aber gegen die jüngeren Brüder nicht durchsetzen. Es lassen sich somit feste Konturen eines Bündnisses zwischen Béla I., Izjaslaw Jaroslavitsch von Kiew und Bolesław II. von Polen (1058–1079) erkennen. Es spricht vieles dafür, dass Izjaslaw seinem Neffen Rostislaw, dem Sohn seines verstorbenen älteren Bruders Wladimir von Nowgorod, eine Residenz im Westen der Rus’, in Wolhynien, zugewiesen hat und eine Tochter Bélas heiraten ließ.60 Wie scharf diese außenpolitischen Gegensätze innerhalb des russischen Fürstenhauses waren, ist daraus ersichtlich, dass bereits 1064, d. h. sofort nach dem Tod Bélas Ende 1063 und dem Thronantritt Salamons, Rostislaw seinen wolhynischen Sitz verlassen musste.61

Zum Schluss möchten wir das Gesagte kurz zusammenfassen. Über die ungarisch-russischen Beziehungen in der zweiten Hälfte des 10. Jahrhunderts lässt sich nur einiges bestimmt sagen. Die Ost-West-Fernhandelsstrecke über Nordungarn scheint zu dieser Zeit bereits wieder funktioniert zu haben. Seit Anfang des 11. Jahrhunderts sind stabile und im Ganzen freundschaftliche politische Verbindungen zwischen Ungarn und der Rus’ zu verfolgen, die nicht nur rein dynastischer Natur waren, sondern Kontakte zwischen verschiedenen sozialen Gruppen der beiden Staaten zur Folge hatten, z. B. die Migration von Dienstmannen in den beiden Richtungen. Zumindest seit den 40er Jahren wird Ungarn ein bedeutsamer Faktor in der russischen Außenpolitik, und umgekehrt: die Beziehungen zu der Rus’ werden zum festen Bestandteil der internationalen Politik der ungarischen Könige, was angesichts der Lage Ungarns an der Grenze zwischen Mittel-, Südost- und Osteuropa anders auch kaum sein könnte. Das Bündnis mit der Rus’ hat Ungarn unter König Andreas I. aufgrund der politischen Rückschläge zur Zeit Peters seine politische Souveränität gegen das Reich wiederherzustellen und zu sichern geholfen.

 

Anmerkungen

1

Die politischen Verhältnisse sind informativ, wenn auch nicht ganz fehlerlos in den „ungarischen” Kapiteln des Standardwerkes über die Außenpolitik der vormongolischen Rus’ skizziert von V. T. PAŠUTO, Vnešnjaja politika Drevnej Rusi, Moskwa 1968, S. 49–54., 167–182.

2

Gyula MORAVCSIK, Die byzantinische Kultur und das mittelalterliche Ungarn, Berlin 1956, (Sitzungsberichte der Deutschen Akademie der Wissenschaften Berlin, Klasse für Philologie, Geschichte, Jg. 1955, Nr. 4.); DERS., Byzantium and the Magyars, Budapest 1970.; György SZÉKELY, La Hongrie et Byzance aux XIe–XIIe siècles, in: Acta Historica Academiae Scientiarum Hungaricae, Tomus 13 (1967).

3

Nach Leo Diaconus (Leonis Diaconi Caloënsis Historiae libri decem, e rec. C. B. HASII, Bonnae, 1828, cap. VI, 12, S. 108.) nahm eine „große Menge von Hunnen” an der Seite Swjatoslaws in der Schlacht bei Arkadiopolis 970 teil.) (Hunnen = Ungarn nach Gyula MORAVCSIK, Byzantinoturcica, Band II. Die Sprachreste der Turkvölker in den byzantinischen Quellen, Berlin 1958, S. 235. [Berliner Byzantinische Arbeiten, Band 10.]); Skylitzes nennt in einem ähnlichen Bericht als „Verbündete” des Kiewer Fürsten unzweideutig die „Petschenegen und im Westen in Pannonien siedelnden Turkoi" (Ioannis Scylitcae Synopsis historiarumed, ed. princeps rec. I. THURN, Beroloni-Novi Eboraci 1973, S. 288. (Corpus Fontium Historiae Byzantinae, vol. 5.).

4

Vgl. in der altrussischen Chronik vom Anfang des 12. Jahrhunderts: Polnoe sobranie russkich letopisej (im Folgenden PSRL), Band I., Leningrad, 1928, Sp. 3., 25., 139.; Band II., Sankt-Petersburg, 1908, Sp. 3., 18., 126.); weiterhin in dem sog. „Igorlied” aus den 1180er Jahren (Slovo o polku Igoreve, [Hrsg. Von O. V. TVOROGOV], in: Biblioteka literatury Drevnej Rusi, Band IV., Sankt-Petersburg, 1997, S. 262.), u. a. m.

5

Calvus Ladizlaus, qui uxorem de Ruthenia dicitur accepisse. Das Zitat s. in: Chronici Hungarici compositio saeculi XIV, praefatus est, textum rececensuit, annotavit, instruxit Alexander DOMANOVSZKY, in SRA), Tomus I., Budapestini 1937, S. 344. – Aus chronologischen Gründen ist anzunehmen, dass es hier um eine Tochter Wladimirs handelte; N. Baumgarten will sogar ihren Namen Premislava wissen (N. BAUMGARTEN, Généalogies et mariages occidentaux des Rurikides russes du Xe au XIIIe siècle, Rome,1927, S. 7., table I, nr. 17 [Orientalia Christiana, vol. IX, nr. 35]), doch entbehrt diese Angabe jede ernsthafte Grundlage.

6

Die Chronik des Bischofs Thietmar von Merseburg und ihre Korveier Überarbeitung, (Hrsg. von. R. HOLTZMANN), Berlin, 1935, cap. IV, 58.; VII, 72–73.; VIII, 33., S. 196., 486., 488., 530. (MGH SRG ns.], t. 9); A. V. NAZARENKO, Nemeckie latinojazyčnye istočniki IX–XI vekov: teksty, perevod, kommentarij, Moskwa 1993, S. 150., Anm. 21.; S. 167–170., Anm. 52.; S. 202–203., Anm. 112.

7

Diese Notiz befindet sich anachronistischerweise unter dem konstantinopolitanischen Weltjahr 6504, d. h. unter dem Märzjahr 996/7 n. Chr. (PSRL, Band I, Sp. 126.; Band II, Sp. 111.). Die in der Forschung mehrfach postulierte ungarische Ehe Svjatoslavs, eines der Söhne Vladimirs (V. P. ŠUŠARIN, Russko-vengerskie otnoenija IX veka, in: Meždunarodnye svjazi Rossii do XVII veka, Moskwa 1961, S. 155.; V. T. PAŠUTO, Vnešnjaja politika [wie oben Anm. 1.], S. 51.; u. a. m.), ist nur eine vage Vermutung, die darin ihren Grund hat, dass 1015 während der Thronstreitigkeiten nach dem Thode Wladimirs Swjatoslaw, der im Land der Drevljanen, westlich von Kiev, seinen Sitz hatte, nach Ungarn («v Ugry») zu flüchten versuchte (PSRL, Band I., Sp. 139.; Band II., Sp. 129.).

8

PSRL, Band I., Sp. 29., 43.; Band II., Sp. 20., 33.

9

A. A. ŠACHMATOV, Povest’ vremennych let i jejo istoèniki, in: Trudy Otdela drevnerusskoj literatury Instituta russkoj literatury AN (Puškinskogo doma), Band IV., Leningrad, 1940, S. 80–92.; V. M. ISTRIN, Moravskaja istorija slavjan i istorija poljano-rusi kak predpolagaemye istočniki načal’noj russkoj letopisi, in: Byzantinoslavica, Tom 3., Praha 1931, S. 308–332.; B. N. FLORJA, Skazanie o preloenii knig na slavjanskij jazyk: istočniki, vremja i mesto napisanija, in: ebda. Tom 46., Praha 1985, S. 121–130.

10

Die Beurteilung dieser «Wlachen» („Volochy”) des „Skazanie” bleibt kontrovers (Römer?, italienische Franken?), vgl. die informative Übersicht von V. D. KOROLJUK, Volochi i slavjane russkoj letopisi, in: Slavjane i vostočnye romanci v epochu rannego srednevekovja, Moskwa 1985, S. 168–186. (zuerst erschien 1971).

11

PSRL, Band I., Sp. 25.; Band II., Sp. 17–18.

12

Mór WERTNER, Az Árpádok családi története [Die Familiengeschichte der Arpaden], Nagybecskerek 1892, S. 205–210.; N. BAUMGARTEN, Généalogies et mariages (wie oben Anm. 5.), S. 10., table II., Nr. 11. Gerasclavus filius regis Rutenorum wird in der Gründungsurkunde des monasterium s. Aegidii de Simigio als Schwiegersohn („gener”) von Ladislaus I. im Jahre 1091 erwähnt. S. das in: György GYÖRFFY et al. (Hrsg.), Diplomata Hungariae antiquissima. Accedunt epistolae et acta ad historiam Hungariae pertinentia, Vol. I., Budapest 1992, Nr. 88., S. 268). Über den politischen Hintergrund dieses Heiratsbündnisses vgl. N. V. NAZARENKO, Drevnjaja Rus’ na meždunarodnych putjach: meždisciplinarnye očerki kul’turnych, torgovych, političeskich svjazej IX–XI vekov, Moskwa 2001, S. 548–553.

13

PSRL, Band I., Sp. 280.; Band II., Sp. 256.; M. WERTNER, Az Árpádok (wie oben Anm. 12.), S. 251.; N. BAUMGARTEN, Généalogies et amriages (wie oben Anm. 5.), S. 10, table II., Nr. 14.

14

PSRL, Band I., Sp. 11–12.; Band II., Sp. 9.

15

J. KARWASIŃSKA (Hrsg.), Żywot pięciu braci pustelników albo Żywot i męczeństwo Benedykta, Jana i ich towarzyszy napisany przez Brunona z Kwerfurtu, Tomus IV/III., Warszawa 1973, cap. 10., S. 52. (MPH ns.); s. noch den Brief Bruns zu König Heinrich, ebda. S. 100.

16

J. CHAVANON (Hrsg.), Adémar de Chabannes. Chronique, Paris 1897, cap. III., 37., S. 152–153., not. f. (Collection des textes, t. 20). – Die Erzählung über Bruno-Bonifatius von Querfurt gibt es lediglich in der Redaktion C der Chronik Adémars; sie wurde deswegen allgemein für eine Interpolation aus dem 12. Jahrhundert gehalten (in der Edition von J. Chavanon nur als eine Fußnote abgedruckt); K. F. Werner hat mit guten Gründen darauf hingewiesen, dass es sich hier um eine von Adémar selbst Anfang der 1030er Jahre vorgenommene letzte Bearbeitung der Chronik gehandelt werden muss. (K. F. WERNER, Adémar von Chabannes und die Historia pontificum et comitum Engolismensium, in: Deutsches Archiv für Erforschung des Mittelalters, Jg. 19, Köln-Wien 1963, S. 287–326.)

17

Theophanis Chronographia, rec. C. de BOOR, Tomus I., Lipsiae 1883, S. 315–317.; Nicephori archiepiscopi Constantinopolitani Opuscula historica, ed. C. de BOOR, Lipsiae 1880, S. 15.

18

Die Identität der „Schwarzen” Ungarn mit dem Volk von Kabaren ( Gyula KRISTÓ, A fekete magyarok és pécsi püspökség alapítása [Die schwarzen Ungarn und die Gründung des Bistums in Fünfkirchen], in: Acta Universitatis Szegediensis de Attila József nominatae. Acta Historica, Tomus 82, Szeged 1985, S. 15–16.; u. a. m.) bleibt hypothetisch (Vgl. noch: V. P. ŠUŠARIN, Rannij etap etničeskoj istorii vengrov: problemy etničeskogo samosoznanija, Moskwa 1997, S. 172–173.)

19

Die in selbständiger Form nicht erhaltene „Große Chronographie” fußte auf der slawischen (altrussischen) Übersetzung (Mitte des 11. Jahrhunderts) der Chronik des Georgios Hamartolos, in der Verbündete Kaiser Herakleios’ ebenfalls als „Ungarn” auftreten (V. M. ISTRIN, Chronika Georgija Amartola v drevnem slavjano-russkom perevode, Tom I.: Tekst, Petrograd 1920, S. 434–436.); vgl. auch: I. V. TVOROGOV, Drevnerusskie chronografy, Leningrad 1975, S. 256., Art. 364.; O. V. TVOROGOV-S. A. DAVIDOVA (Hrsg.), Letopisec Ellinskij i Rimskij, Tom I.: Tekst, Sankt-Petersburg 1999, S. 391. – Der von uns hier nur angedeutete textologische Befund blieb leider ganz unberücksichtigt im Aufsatz von J. Perényi über die Ungarn in der altrussischen Chronik: József PERÉNYI, Ugry v „Povesti vremennych let”, in: Letopisi i chroniki. Sbornik statej 1973 g. Festschrift für A. N. Nasonov, Moskwa 1974, S. 92–102.

20

P. magistri, qui Anonymus dicitur, Gesta Hungarorum, praefatus est textumque recensuit Aemilius JAKUBOVICH, Tomus I., Budapest 193?, S. 33–117. (SRH)

21

H. DÖRRIE, Drei Texte zur Geschichte der Ungarn und Mongolen: Die Missionsreisen des fr. Julianus O. P. ins Uralgebiet (1234/5) und nach Rußland (1237) und der Bericht des Erzbischofs Peter über die Tataren, Göttingen 1956, (Nachrichten der Akademie der Wissenschaften in Göttingen 1956, Nr. 6.) Als „Magna Hungaria” ist das Gebiet am Niederlauf der Kama und an dem Belaja-Fluß archäologisch am besten gesichert von E. A. CHALIKOVA, Bol’še-Tiganskij mogil’nik, in: Sovetskaja archeologija, Nr. 2., Moskwa 1976, S. 158–178.; DIES. Rannevengerskie pamjatniki Nižnego Prikamja i Priuralja, ebda., Nr. 3. Moskwa 1976, S. 143–152.; V. V. SEDOV, Vengry v Vostočnoj Evrope, in: Finno-ugry i balty v epochu srednevekovja, Moskwa 1987, S. 237–239.

22

A. V. NAZARENKO, Drevnjaja Rus’ (wie oben Anm. 12.), S. 71–112.

23

Kitab al-Massalik wa’l-Mamalik auctore Abu’l-Kasim Obaidallah Ibn Khordadbeh (...), ed. M. J. de GOEJE, Lugduni Batavorum 1889, S. 155. (Bibliotheca geographorum arabicorum, Tomus 6.); T. LEWICKI, Żródła arabskie do dziejów Słowiańszczyzny, Tom I., Wrocław-Kraków 1956, S. 77.; Ibn Chordadbech, Kniga putej i stran, Übersetzt, kommentiert und untersucht von N. VELICHANOVA, Baku 1986, S. 124.

24

P. CASSEL, Der Chazarische Königsbrief aus dem 10. Jahrhundert, Berlin 1877, S. 69. (deutsche Übersetzung); P. K. KOKOVCOV, Evrejsko-chasarskaja perepiska v X veke, Leningrad 1932, S. 16. (hebräischer Originaltext), S. 65–66. (russische Übersetzung).

25

T. KOWALSKI (Hrsg.), Relacja Ibrahima ibn Ja’kuba z podróªy do krajów słowia¤skich w przekazie al-Bekriego, Kraków 1946, S. 49., 146. (MPH NS, Tom I.) (arabischer Originaltext mit lateinischer Übersetzung); die deutsche Übersetzung s. bei F. WESTBERG, Ibrâhîm’s-ibn-Ja’kûb’s Reisebericht über die Slawenlande aus dem Jahre 965, Sankt-Petersburg 1898, S. 53. (Zapiski imperatorskoj Akademii nauk, istoriko-filologičeskoe otdelenie, Tom III., Nr. 4.)

26

A. V: NAZARENKO, Die frühesten bayerisch-russischen Kontakte in historischer und sprachwissenschaftlicher Sicht, in: H. BEYER-THOMA (Hrsg.), Bayern und Osteuropa. Aus der Geschichte der Beziehungen Bayerns und Schwabens mit Russland, der Ukraine und Weißrussland, München, 2000, S. 25–56.

27

Das Raffelstettener Zollweistum aus dem Jahre 904/6 lässt vermuten, dass die russischen Kaufleute zur Zeit der ungarischen Landnahme nicht über Nordungarn, sondern bereits über Krakau und Prag an der Seite der böhmischen Händler nach der bayerischen Ostmark kamen: Sclavi, qui de Rugis vel de Boemanis mercandi causa exeunt. S. das: A. BORETIUS, V. KRAUSE (Hrsg.), Capitularia regum Francorum, Tomus II., Hannover 1897, Nr. 253., S. 251. (MGH LL); V. A. NAZARENKO, Nemeckie latinojazyčnye istočniki (wie oben Anm. 6.), S. 59–100. (ein ausführlicher Kommentar [hier: S. 83–88., Anm. 38.] wird u. a. die Unhaltbarkeit der in der letzten Zeit viel erörterten These, nämlich die Rugi seien autochthone Donauslawen, demonstriert; vgl. auch die oben in den Anm. 11. und 25. genannten Werken).

28

V. V. KROPOTKIN, Vremja i puti proniknovenija kufičeskich monet v Srednee Podunavje, in: Problemy archeologii i drevnej istorii ugrov, Moskwa 1972, S. 197–202.; A. V. FOMIN-I. KOVÁCS, The tenth century Máramaros („Huszt”) dirham hoard, Budapest 1987.

29

J. WIDEMANN (Hrsg.), Regensburger Urkundenbuch, Band I., München 1912, Nr. 43., S. 13.; H. FICHTENAU-E. ZÖLLNER, Urkundenbuch zur Geschichte der Babenberger in Österreich, Band I., Wien, Nr. 86., S. 118.; H. KNITTLER, Eine Markt- und Zollordnung Herzog Leopolds VI., in: Mitteilungen des Instituts für österreichische Geschichtsforschung, 85 (1977), (Wien 1977), S. 350. – In der letzten dieser drei Urkunden werden die Wagen aus der Rus’ in einem Atemzug mit denen aus Ungarn genannt: () de curru, qui dicitur ringwagen, qui ducitur de Vngaria vel de Ruchia (bei Ruchia geht es offensichtlich um einen Kopistenfehler anstatt Ruczia oder Ruthia des verlorengegangenen Originals).

30

Monumenta ecclesiae Strigoniensis, Tomus II., ordine chronologico disposuit, dissertationibus et notis illustravit F. KNAUZ, Strigonii 1882, Nr. 215., S. 238–241.

31

Vladimir (...) nahm die Burgen Peremyśl’, Červen und andere Burgen ein, die bis heute unter der russischen Herrschaft sind. (PSRL, Band I., Sp. 81.; Band II., Sp. 69.); in der Chronik wird dieser Zug Wladimirs kaum richtig in das Märzjahr 981/2 datiert, es muss eher um die Ereignisse des Jahres 979 gegangen sein (T. WASILEWSKI, Przemyl w X–XI wieku w świetle latopisów ruskich, in: Rocznik Przemyślki, Tom 24/25, Kraków 1989, S. 307–314.; A. V. NAZARENKO, Drevnjaja Rus’ [wie oben Anm. 12., S. 393–411.]). Es gibt Gründe anzunehmen, dass bereits Jaropolk 977 Versuch machte, hier Fuß zu fassen, indem er in die deutsch-böhmischen Auseinandersetzungen als Verbündeter Kaiser Ottos II. eingegriffen hat (A. V. NAZARENKO, Rus’ i Germanija v 70-e gody X weka, in: Russia Mediaevalis, Tomus VI/1., München 1987, S. 38–89.; DERS., Drevnjaja Rus’ (wie oben Anm. 12.), S. 339–390.

32

R. HOLTZMANN (Hrsg.), Thietmar von Merseburg (wie oben Anm. 6.), Cap. VIII., 32., S. 530.

33

PSRL, Band I., Sp. 149–150.; Band II., Sp. 137.

34

Simonis de Kéza Gesta Hungarorum, praefatus est, textum recensuit, annotationibus instruxit Alexander DOMANOVSZKY, Tomus I., Budapest 193?, S. 177.; Chronica Hungarorum compos. (wie oben Anm. 5.), cap. 78–80., S. 334–336.

35

K. MALECZYNSKI (Hrsg.), Anonymi Galli Chronicae et gesta ducum sive principum Polonorum, Kraków 1952, cap. I., 18. (MPH ns., Tom II.).

36

Georg WAITZ (Hrsg.), Annales Hildesheimenses, Hannoverae 1878, S. 36. (erwähnt anno 1031.)

37

G. H. PERTZ (Hrsg.),Vita Chonradi archiepiscopi Salisburgensis, cap. 18., Hannoverae 1854, S. 74. (MGH SS, Tomus XI.)

38

A. V. NAZARENKO, O „Russkoj marke” v srednevekovoj Vengrii, in: Vostočnaja Evropa v drevnosti i srednevekovje. Festschrift für V. T. Pašuto, Moskwa 1978, S. 302–306. – Die von O. Pritsak (O. PRITSAK, The Origin of the Name Rus/Rus’, in: Passé turco-tatar, présent soviétique: Études offertes à Alexandre Bennigsen, Louvain-Paris 1986, S. 50–51.) postulierte Gleichsetzung der „Russischen Mark” in Ungarn mit Ruzaramarcha in der Urkunde König Ludwig des Deutschen aus dem Jahre 862/3 (MGH DD regum Germaniae ex stirpe Karolinorum, Tomus I., ed. P. KEHR, Hannover 1934, Nr. 109.), dass es bei Ruzaramarcha etymologisch ebenfalls um eine „russische Mark” handelt, vgl. A. V. NAZARENKO, Ob imeni Rus’ v nemeckich latinojazyčnych istočnikach IX–XI vv., in: Voprosy jazykoznanija, (1980) Nr. 5., S. 47–50.; DERS., Drevnjaja Rus’ (wie oben Anm. 12.), S. 15–20. (hier, S. 15–17.; zur Lokalisierung dieser Ruzaramarcha zwischen der Donau und der Ybbs in der bayerischen Ostmartk) verbietet sich wegen allzu großer chronologischer und territorialer Distanz.

39

RL, Band I., Sp. 134.; Band II., Sp. 120.; D. I. ABRAMOVIC (Hrsg.), ºitija svjatych mučenikov Borisa i Gleba i sluãby im, Petrograd 1916, S. 35., 37.

40

D. I. ABRAMOVIČ (Hrsg.), Paterik Kievskago Pečerskago monastyrja, Sankt-Petersburg 1911. (Erzählung 30.)

41

Die älteste Redaktion der Vita, die im 14. und möglicherweise auch noch im 15. Jahrhundert existiert zu haben scheint, ging später verloren, so dass in den 70-er Jahren des 16. Jahrhunderts eine neue Variante verfasst werden musste, die dann mehrmals überarbeitet wurde; eine kritische Edition dieser ziemlich verworrenen Erzählung fehlt (V. O. KLJUČEVSKIJ, Drevnerusskie žitija svjatych kak istoričeskij istočnik, Moskau 1871, S. 335–336. [Nachdruck mit Kommentar: Moskau 1988.]; N. F. DBROBLENKOVA, Žitie Efrema Novotoržskogo, in: Slovar’ knižnikov i knižnosti Drevnej Rusi, Lief. 1: XI - pervaja polovina XIV veka, Leningrad 1987, S. 148–150.).

42

Vladimir sandte Boris als seinen Statthalter in das Land Vladimir (na oblast’ Vladimer: žitija svjatych mučenikov Borisa i Gleba [], S. 6.). Später wurde Boris vom Westen der Rus’ weit nach dem Nordosten, nach Rostov umgesetzt.

43

M. HELLMANN, Die Heiratspolitik Jaroslavs des Weisen. – Forschungen zur osteuropäischen Geschichte, Band 8, Berlin-Wiesbaden 1962, S. 16–19. (Nachdruck: M. HELLMANN, Beiträge zur Geschichte des östlichen Europa im Mittelalter. Gesammelte Aufsätze, Amsterdam 1988, No. 8.)

44

Lamperti monachi Hersfeldensis Opera, recensuit O. HOLDER-EGGER, Hannover-Leipzig 1894, S. 58. (sub anno 1043); vgl. auch: Annales Altahenses maiores, edidit, recensuit W. de GIESEBRECHT et E. L. B. ab OEFELE, recognovit E. L. B. ab OEFELE, Hannover 1891, S. 42. (anno 1043). – Es ist durchaus nicht ausgeschlossen, dass dieses Heiratsangebot bereits 1040 zum Thema deutsch-russischer Verhandlungen wurde (Annalista Saxo, edidit G. WAITZ, Hannover 1844, S. 684 [MGH SS, T. 6.]; E. STEINDORFF, Jahrbücher des Deutschen Reiches unter Heinrich III, Band 1, Leipzig 1874, S. 98., 164.).

45

Die Kaiserchronik eines Regensburger Geistlichen, (Hrsg.) E. SCHRÖDER, Vers 16 438–16 440., Hannover 1892, S. 378. [MGH Scriptores qui vernacula lingua usi sunt, T. 1/1.] – Diese Nachricht ist mit der Version der ungarischen Quellen, dass Samuel Aba sich in Richtung Mittel-Theiß flüchtete (fugit versus Tysciam), in: Chronici Hungarici compositio (wie oben Anm. 5.), cap. 76., S. 332; Simonis de Kéza (wie oben Anm. 34.), cap. 50., S. 176–177.), gut vereinbar, denn Karpatenpässe am Theißoberlauf boten die beste Möglichkeit dar, aus Ungarn in das Peremyšler Land zu gelangen. Sein Ziel erreichte Samuel nicht, da er unweit von Eger verhaftet und hingerichtet wurde (Lamperti monachi Herfeldensis [wie oben Anm. 44., S. 59.; Annales Altahenses [wie oben Anm. 44.], S. 37.). Hier in der Umgegend von Eger befanden sich Familienländereien Samuels sowie sein Eigenkloster in Sar (proprium monasterium in Sarus), wo er auch begraben wurde; daraus wird sich der Fluchtweg des geschlagenen Schwagers König Stephans genug gut erklären.

46

E. NELLMANN, Kaiserchronik, in: Lexikon des Mittelalters, Band V, München-Zürich 1992, Sp. 856–857.

47

Kaiserchronik [wie oben Anm. 45.), Vers 16 392–16 393., S. 377.

48

Andreas und Levente begaben sich von Polen ad regem Lodomerie [Vladimir in Volhynien – A. V. N.], qui ipsos non recepit. Cumque non haberent, ubi caput suum reclinarent, abinde ad Cumanos perrexerunt. (Chronici Hungarici compositio [wie oben Anm. 5.), cap. 80., S. 336.); Simonis de Kéza [wie oben Anm. 34.], cap. 52., S. 177.) will wissen, dass die Unterkunft in der Rus’ den Brüdern „propter Petrum regem” verweigert wurde. Dieser Bericht der ungarischen Quellen leidet an chronologischen Widersprüchen: die Brüder des in Polen gebliebenen Bélas sollen ihn noch unter Mieszko II, also vor Mai 1034, verlassen, doch kommen sie in die Rus’ seltsamerweise erst unter Peter (nach August 1038). Da der Fürstensitz Wladimir in Volhynien erst um 1038/42 von einem der Söhne Jaroslaws (Izjaslaw? Swjatoslaw?) besetzt werden konnte, hat die spätere Chronologie viel mehr für sich. Da der ältere Isjaslaw, der seit 1038/39 das mit Polen angegrenzte Teilfürstentum Turow und Berestje (heute Brest am Westlichen Bug) innehatte, um diese Zeit eine polnische Gattin bekam, wäre es in diesem Zusammenhang wohl nicht allzu wagemütig, die Frage zu stellen, ob die als Kilikia (d. h. Kikilia) im Synodikon von Ljubeč belegte erste Frau Swjatoslaws (R. V. ZOTOV, O černigovskich knjazjach po Ljubeckomu sinodiku i Černigovskom knjažestve v tatarskoe vremja, Sankt-Petersburg 1892, S. 24.) eine Ungarin und Verwandte Samuel Abas gewesen sein dürfte? Kikilia ist eine griechisch-slawische Namensform, welcher dem lateinischen Caecilia entspricht, aber der Name blieb in dem griechisch-orthodoxen Kulturbereich eine durchaus seltene Ausnahme (im russischen Fürstenhaus ist er nicht mehr anzutreffen), während er im lateinischen Westen ganz im Gegenteil sehr populär war (Näheres vgl. darüber A. V. NAZERENKO, Ob odnom epizode vengerskoj politiki Jaroslava Mudrogo, in: Afmælisbók, Festschrift für E. A. MEL’NIKOWA, Moskau 2001, [unter Druck]).

49

Annales Altahenses (wie oben Anm. 44.), (anno 1043), S. 33.; die Gesandtschaft versuchte vergebens, den im letzten Jahr ausgebrochenen Krieg mit einem akzeptablen Frieden zu beenden.

50

Abhinc (d. h. von der Petschenegien. – A. V. N.) postea in Rusciam sunt profecti. (Chronici Hungarici compositio [wie oben Anm. 5.), cap. 80, S. 366.)

51

Andreas duxit () sibi uxorem filiam ducis Ruthenorum, de qua genuit Salomonem et David. (Chronici Hungarici compositio [wie oben Anm. 5.], cap. 88., S. 345.; vgl. auch: P. magistri, qui Anonymus discitur, Gesta Hungarorum [wie oben Anm. 20.), cap. 15., S. 56.); dass es eine Tochter Jaroslavs war (filia regis Ruziae Gerzlef), berichtet ausdrücklich Adam von Bremen (Adam von Bremen, Hamburgische Kirchengeschichte, [Hrsg.] B. SCHMEIDLER, cap. III., 13., schol. 62., Hannover-Leipzig 1917, S. 153.) Ob sie wirklich Anastasia hieß, wie es Jan Długosz wissen will (Ioannis Dlugossii Annales seu cronicae incliti regni Poloniae, rec. D. TURKOWSKA, [T. 2.] Libri 3–4., Warszawa, 1970,) (anno 1049), muss dahingestellt bleiben. In der modernen Historiographie (W. L. JANIN, Russkaja knjaginja Olisava-Gertruda i ejo syn Jaropolk, in: Numizmatika i epigrafika, Band, 4., Moskau, 1963, S. 150., Anm. 25.; W. T. PAŠUTO, Vnešnjaja politika (wie oben Anm. 1.), S. 52.; u. a. m.) tritt die russische Gemahlin König Andreas’ öfters unter ihrem angeblichen zweiten Namen Agmund(a) auf, den sie in Ungarn angenommen haben soll (die Zweinamigkeit war beim Wechsel des Kulturmilieus eine gewöhnliche Norm: G. THOMA, Namensänderungen in Herrscherfamilien des mittelalterlichen Europa, München 1985, besonders S. 169–190.). Offensichtlich handelt es sich um ein Missverständnis; der Name, der nur aus der Geschichte Ungarns von Antonio Bonfini (Antonio de Bonfinis, Rerum Ungaricarum Decades, edidit Josephus FÓGEL, Bela IVÁNYI, Ladislaus JUHÁSZ, T. II/2., Leipzig 1936, S. 227., und nach dem Index: T. IV/2., edidit M. KULCSÁR, Péter KULCSÁR, Budapest 1976, S 128–129) aus der zweiten Hälfte des XV. Jahrhunderts bekannt ist, entstand wohl als Missdeutung einer lateinischen Namensvariante des Klosters Admont monasterium Agmundense, die als vom Personennamen abgeleitete Form aufgefasst wurde (die Mutter Salamons verbrachte ihre letzten Lebensjahre in Admont, wo sie auch starb und begraben wurde: Ioannes de Thurocz, Chronica Hungarorum, T. 1: Textus; edidit. Elisabeth GALÁNTAI, Iulius KRISTÓ, Budapest 1985, S. 111.). Der Personenname Agmund(a) ist sonst nicht belegt. Die mehrfach angenommene frühere Datierung der Ehe um 1038 (vgl. z. B.: Gyula KRISTÓ–Ferenc MAKK, Az Árpád-házi uralkodók [Die Herrscher der Arpaden- Dynastie], Budapest 1980, S. 70–78.) scheint uns angesichts in der Anm. 49 dargelegten Überlegungen weniger wahrscheinlich. Sie gründet sich auf einem chronologischen Kalkül: Andreas’ Tochter Adleyta-Adelheid heiratete um 1055/58 den böhmischen Herzog Wratislaw II. (Die Chronik der Böhmen des Kosmas von Prag, unter Mitarbeit von W. WEINBERGER. Hrsg. von B. BRETHOLZ, cap. II., 16., Berlin 1923, S. 107. [MGH SRG NS, T. 2.]) und müsste somit um 1040 geboren sein. So triftig diese Erwägungen auch sind, wird ihre Beweiskraft dadurch zunichte, dass Adleyta kaum Tochter aus Andreas’ russischer Ehe sein konnte, wie es eine allzu große Zeitspanne zwischen ihrer Geburt und der Salomos (1053) vermuten lässt.

52

Der russische Kriegszug gegen Konstantinopel fand 1043 statt, der Frieden wurde nach drei Jahren (po trech letech) geschlossen (PSRL, Band I. [wie oben Anm. 4.), Sp. 154.; Band II., Sp. 142.), was der altrussischen Rechnungsweise gemäß auf das Jahr 1045 hinweist.

53

PSRL (wie oben Anm. 4.), Band I., Sp. 160.; Band II., Sp. 149. (anno 1053).

54

Andreas kam nach Ungarn an der Spitze eines riesengroßen Söldnerheeres (inmensam multitudinem conducticii exercitus secum advexisset): Annales Altahenses (wie oben Anm. 44.), (anno 1046), S 42.). Die ungarischen Quellen stellen die Berufung Andreas’ lediglich als Initiative des oppositionellen ungarischen Adels dar (Tunc nobiles Hungarie [] totius Hungarie nuncios miserunt sollempnes in Rusciam ad Andream et Leuentam dicentes eis, quod tota Hungaria eos fideliter expectaret: Chronici Hungarici compositio [wie oben Anm. 5.], cap. 81., S. 337.; vgl. auch: Chronicon Posoniense, praefatus est, textum recensuit, annotationibus instruxit Alexander DOMANOVSZKY, cap. 51., [SRA, T. II.], Budapest 1938, S. 38.), aber kaum mit Recht.

55

Die nervöse Atmosphäre jener Zeit wird in einem Bericht des ungarischen Anonymus sehr deutlich widergeben: König Andreas soll sehr viel Zeit in der Burg Komárom verbracht haben, denn seine russische Gattin bevorzugte diesen Wohnort, der ja am nächsten zu ihrer Heimat gelegen war, aus dem Grunde, dass sie in ständiger Angst vor einem Angriff der Deutschen lebte ([] quia diligebat partes illas habitare uxor sua eo, quod propius ad natale solum esset, quia erat filia ducis Ruthenorum et timebat adventum imperatoris Theotonicorum, ut ne ulterius [sic! anstatt ulturus. – A. W. N.] sanguinem Petri regis Hungariam intraret. – P. magistri, qui Anonymus dicitur, Gesta Hungarorum [wie oben Anm. 20.], cap. 15., S. 56.). Eine schlechte Geographie (die deutsche Grenze lag von Komárom viel näher, als die russische), aber eine eindrucksvolle psychologische Skizze.

56

Kosmas von Prag (wie oben Anm. 51.), Anhang I. (Die Erzählung über die Gründung des Klosters Sázava), S. 247.

57

Annales Altahenses (wie oben Anm. 44.), S. 57. (sub anno 1061): vidua regis Ungarici cum filio nuruque kam zu Heinrich IV. und Kaiserin Agnes nach Regensburg; ihr wurde ein Herkunftsort in der Bayerischen Ostmark zugewiesen, während Salamon und seine deutsche Frau mit der kiflichen Familie „in Franciam” weiterreisten.

58

Chronici Hungarici compositio (wie oben Anm. 5.), cap. 111., S. 377.: Laudizlaus autem consilio fratris sui de civitate Byhor ivit in Rusciam, querere auxilium amicorum suorum, ut contra machinamenta regis sese premunirent.

59

Ibidem, cap. 115., S. 381.: Ladislaus iam tunc reversus erat de Ruscia sine subsidio.

60

N. BAUMGARTEN, Pervaja vetv’ knjazej Galickich: Potomstvo Vladimira Jaroslaviča, in: Letopis’ Istoriko-rodoslovnago obščestva, 8 (1908), Liefrung 4 (16), S. 1–30.; DERS., Généalogies et mariages (wie oben Anm. 5.) S .15., table III., No. 1.

61

PSRL (wie oben Anm. 5.), Band, I., Sp. 163; Band II., Sp. 152. – Der hier notwendigerweise nur flüchtig skizzierte Tatbestand lässt eine vernünftige Konjektur für eine korrupte Stelle im „Chronicon Vindobonense” vorschlagen. 1099 unternahm König Kolomann auf Veranlassung des Kiewer Fürsten Swjatopolk Izjaslavič einen Feldzug gegen Galizien, wo damals die Söhne Rostislavs residierten. Der umfangreiche Bericht darüber im „Chronicon Vindobonense” weist eine offensichtliche Lakune auf: Post hec autem rex invasit Rusciam, et ducissa Rutenorum nomine Lanca eiusdem regis akune, venit obviam regi, pedibus provoluta obsecrabat regem cum lacrimis, ne disperderet gentem illam. Nach eiusdem regis fehlt ohne Zweifel ein Wort, das das Verwandtschaftsverhältnis der russischen Fürstin zu Kolomann bestimmte. Das von dem Herausgeber des Chronicon A. Domanovszky vermutete vidua ergibt keinen Sinn. Hier muss vielmehr amita bzw. agnata vom Schreiber übersehen worden sein, denn die Frau Rostislaws war für Kolomann eine Vatersschwester.