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Begegnungen
Schriftenreihe des Europa Institutes Budapest, Band 25:203–204.

MIHAI SORA

rumänischer Bildungsminister (1990-92)

 

In wie weit betrachteten, bzw. betrachten Sie die Bewahrung der Minderheiten als Aufgabe der staatlichen Kulturpolitik, und welche Mittel standen, bzw. stehen Ihnen zu diesem Zweck zur Verfügung?

Ich bin der Meinung, dass es die Pflicht aller Staaten ist, die eigenen nationalen Minderheiten (sie könnten auch kulturelle Minderheiten genannt werden) zu schützen. Die Methode, die zum Schutz der Minderheiten am meisten geeignet ist, ist die Ausbildung eines Bildungssystems (von Grundschulen und Mittelschulen), das den Minderheiten ermöglicht, ihre Muttersprachen und nationale Kulturen zu bewahren und zu entwickeln. In einem solchen System müssen selbstverständlich alle Fächer in der Muttersprache unterrichtet werden. Daneben ist es auch erforderlich, dass die Sprache des jeweiligen Landes in ein paar Stunden pro Woche unterrichtet wird, da die Schüler diese Sprachkenntnis später bei ihrer Arbeit brauchen werden.

 

Welche Verfügungen haben Sie während Ihrer kulturpolitischen Tätigkeit zur Aufrechterhaltung der nationalen Minderheiten gefördert? Welche kulturpolitischen Aktionen wurden während Ihrer Amtszeit durchgeführt mit dem Ziel die Kultur der kleinen Nationen oder das Identitätsbewusstsein der nationalen Minderheiten innerhalb der Staatsgrenzen zu stärken?

In meiner Amtszeit als Bildungsminister meines Heimatlandes war, hatte ich gerade diese Zielsetzung. Ich sorgte dafür, dass die ungarische Minderheit, die in Rumänien zahlgemäß am bedeutendsten ist, am Grundstufen- und Mittelstufenunterricht teilnehmen kann. Den anderen sprachlichen Minderheiten war nur der Grundstufenunterricht gesichert.

 

Gibt es Ihrer Meinung nach einen bedeutenden Unterschied zwischen der Anwendung von kulturpolitischen Strategien bei großen, bzw. kleinen Nationen?

In 1939-48, d.h. zur Zeit der deutschen Besetzung und nach der „Befreiung” lebte ich in Frankreich. In Frankreich gab es zu dieser Zeit gar kein System zur Bewahrung der kulturellen Identität der Minderheiten, aber in Rumänien schon. In Temeswar, zum Beispiel, wo ich die Grundschule und Mittelsschule besucht hatte, gab es zweisprachige Gymnasien, wo man sowohl in Deutsch, als auch in Ungarisch Stunden haben konnte. (Der deutschsprachige Unterricht fand in dem Banatia Gymnasium statt, der Ungarische in dem Piaristengymnasium.)

 

Hat die politische Wende aus strategischer Sicht positiv auf die Aufrechterhaltung der kleinen Nationen eingewirkt?

Alle Länder, die sich in die Europäische Union integrieren wollen, streben danach, ihre Allgemeinpolitik, einschließlich der Bildungspolitik, mit den Erwartungen der EU in Einstimmung zu bringen. Ob diese Harmonisierungstendenz wirklich grundlegende Veränderungen mit sich bringt, oder ob es bloß eine „oberflächliche Anstrich” ist, kann ich nicht beurteilen, da ich wegen meines Alters nicht mehr so aktiv an dem politischen Leben meines Landes teilnehmen kann.

 

Was halten Sie über die oben angesprochenen Themenbereiche hinaus wichtig für die Förderung der kleinen Nationen?

Offenheit. Die Bereitschaft dazu, das Anderssein wirklich akzeptieren zu können. Die Ehrlichkeit der Beziehung zwischen „ich und den Anderen”. Der Dialog. Und natürlich der darausfolgende Vertrag (und die gegenseitige Einhaltung der festgelegten Verpflichtungen).