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Begegnungen
Schriftenreihe des Europa Institutes Budapest, Band 21: 244–248.

JÓZSEF HIRNÖK

Der slowenische Sprachgebrauch in Ungarn

 

Die Slowenen haben sich im Gebiet zwischen den Flüssen Rába und Mur im 6. Jahrhundert mit den Awaren zusammen niedergelassen, sie stellen die einzige Nationalität dar, mit denen die Ungarn seit mehr als einem Jahrtausend kontinuierlich zusammenleben. Im Laufe der Geschichte bildete das „Jenseits der Mur” genannte Gebiet im heutigen Slowenien und das von den Slowenen besiedelte „Gebiet an der Rába” im heutigen Ungarn den bedeutendsten Schauplatz der seit einem Jahrtausend währenden interethnischen Beziehungen der zwei Völker. Die Wirkung war von Anfang an wechselseitig, aus der Natur der Dinge ergibt sich schon, dass der slowenische Einfluss in der ersten Zeit stärker war. Wir wissen, dass das zum Christentum übergegangene Ungartum die umgestaltenden Impulse in erster Linie durch die Vermittlung von jenen Völkern erhielt, mit welchen Völkern es im Karpatenbecken unmittelbare Kontakte hatte. In den späteren Jahrhunderten nimmt der Einfluss in der umgekehrten Richtung zu, infolge der zahlenmäßigen Überlegenheit der Ungarn, des Unterschieds in der Gesellschaftsstruktur, infolge der Entwicklung in der Machtstruktur und in der Kultur. Der Friedensvertrag von Trianon löste die Einheit der hier lebenden Völker auf. Der größte Teil der Slowenen gelangte zu Jugoslawien, ein kleinerer Teil zu Österreich, während die heute „Slowenisches Gebiet” genannte Region um die Stadt Szentgotthárd auch weiterhin zu Ungarn gehört. Dieses Gebiet umfasst sieben, mehrheitlich von Slowenen bewohnte Gemeinden. In bedeutender Zahl ließen sich Slowenen noch in Szentgotthárd nieder, doch leben Slowenen in größerer Zahl auch in Budapest, in Szombathely und in Mosonmagyaróvár.

Die relative Abgeschlossenheit des Gebiets an der Rába mehrere Jahrzehnte hindurch, die beinahe hermetische Abgeschlossenheit vom Mutterland hat auf dem wirtschaftlichen, sprachlichen und kulturellen Gebiet solche Vorgänge ausgelöst, hier denke ich natürlich an die Assimilation, deren Aufhalten bzw. Umkehren eine außerordentlich zeitintensive Aufgabe darstellt.

Die Fachliteratur stimmt mehr oder weniger darin überein, dass in der letzten Zeit im Erhaltenbleiben als Minderheit die Rolle der Umgestaltung der traditionellen Kraft, der Familie, der Dorfgemeinschaft, der ethnisch kompakten Region, das Abnehmen an Bedeutung der an der Weitergabe des sprachlichen Bewusstseins teilnehmenden, infolge der Industrialisierung und der Urbanisierung zunehmenden Mobilität die Rolle des Unterrichts zugenommen hat. Die Entfaltung der Muttersprache steht unzweifelhaft in der Wechselwirkung zwischen der Effizienz der unterschiedlichen Schauplätze der Sozialisierung der Minderheit und der Entwicklung des kulturellen Identitätsbewusstseins. Wie im neuen slowenischen Lehrplan in Ungarn festgehalten ist, spielt die Minderheitenschule eine entscheidende Rolle bei der Aneignung und Bewahrung der Muttersprache und der Nationalitätenkultur. Einer der bedeutendsten unterscheidenden Marker der Existenz als Minderheit ist die Sprachpflege, die Pflege der Überlieferungen, die Beibehaltung und Entwicklung der besonderen Kultur. Das Unterrichtswesen der Minderheiten ist die Grundlage der gesamten kulturellen Tätigkeit der Minderheit. Der gute Minderheitenunterricht ist einer der größten Garanten für die Erhaltung und das Fortleben der Nationalität. Jener erzieherische Prozess, in dem das Individuum sich die sozialen Erfahrungen und Erkenntnis aneignet und sich selbst definiert und identifiziert, wird von der Sozialpsychologie als Sozialisierung bezeichnet. Die zur Herausgestaltung des Selbstbewusstseins der Nation, der Nationalität unentbehrliche Sprache, das Brauchtum, die Überlieferung, die Besonderheiten in der Betrachtungsweise, d. h. die nationale, die Nationalitätenkultur wird im Laufe der Sozialisierung in die Struktur der Persönlichkeit eingebaut. Für die jüngsten Angehörigen der Nationalität, für die Kinder spielen die Familie, das unmittelbare Umfeld, die Gruppe der Gleichaltrigen, die Schule und die Mittel des modernen Massenverkehrs eine bedeutende Rolle bei der Herausgestaltung des Zugehörigkeitsbewusstseins zur Gemeinschaft und auch dabei, wie sie die das soziale Identitätsbewusstsein tragenden oder begleitenden Faktoren assimilieren. In der Hierarchie der erwähnten Schauplätze der Sozialisierung stehen unserer Auffassung nach das Zuhause und die Schule auf Platz eins. Keiner der beiden entscheidenden Faktoren kann auf die Unterstützung des anderen verzichten, und zwar im Interesse der perspektivischen Erhaltung der Ethnie.

Die ersten Schulen des slowenischen Gebiets wurden um die Wende des 16.-17. Jahrhunderts von der evangelisch-lutherischen Kirche gegründet. Zur Zeit der Gegenreformation wurde die Bevölkerung rekatholisiert, so wurde auch der Unterricht von katholischen Geistlichen übernommen. Die älteste Schule der Landschaft, die in der Gemeinde Felsőszölnök, wird zum ersten Mal im Jahre 1601 erwähnt. In den Volksschulen wurde bis zum Ende des 19. Jahrhunderts im Grunde genommen in der Muttersprache unterrichtet. In den fünfundzwanzig Jahren vor dem Ersten Weltkrieg wurde parallel zur Verstaatlichung der Schulen von der nationalen Intoleranz die Unterrichtssprache in das Ungarische verwandelt. Nach dem Friedensvertrag von Trianon wurde in den Schulen des Gebiets an der Rába der örtliche Dialekt als Unterrichtsfach gelehrt. Seit 1945 sind neben der allmählichen Entwicklung der Unterstufen- und Oberstufenlehrerausbildung auch Grundschulen vom Typ des Sprachunterrichts tätig, es wurde eine sprachlich-literarische Ausbildung in drei-vier Wochenstunden durchgeführt. Seit dem Schuljahr 1985/86 wird zum zweisprachigen Unterricht übergegangen.

Das Experiment erlebte jedoch innerhalb einiger Jahre ein Fiasko, so sind auch heute Sprachunterricht betreibende Grundschulen tätig. Das Gebiet an der Rába befindet sich von allen Gesichtspunkten aus in einer spezifischen Situation. Jahrzehnte hindurch hatte die slowenische Gemeinschaft keine direkte Beziehung zum Mutterland, zu Slowenien. Das Gebiet an der Rába stellte eine Insel dar im stürmischen Meer, war unerreichbar und beinahe vergessen. So begann auch die slowenische Sprache in Vergessenheit zu geraten und die tragenden Pfeiler der Slowenen begannen erschüttert zu werden. Danach kamen neue Zeiten, der Eiserne Vorhang wurde abgebaut, die Festungen des Sozialismus fielen wie Kartenburgen zusammen. Es wurde eine Möglichkeit zum Erwachen des slowenischen Selbstbewusstseins, zur Festigung der tragenden Pfeiler geschaffen.

Und wem könnte diese Aufgabe obliegen? Natürlich der Schule und den Lehrern, die die slowenische Sprache unterrichten.

Von den vier Grundschulen mit 8 Klassen des slowenischen Gebietes sind nur mehr 4 erhalten geblieben. Die Grundschule in Szakonyfő wurde im Juni des Vorjahres geschlossen. Diese negative Tendenz setzt sich trotz aller unserer Anstrengungen fort, dies hat zahlreiche Ursachen.

– Mit dem Rückgang des Bevölkerungszuwachses ist die Zahl der neugeborenen Kinder immer geringer.

– Die Unterhaltung der Schulen mit niedrigen Kinderzahlen bedeutet für die Gemeindeselbstverwaltungen immer mehr Probleme.

– Die Arbeit der Lehrer wurde mangels gesellschaftlicher Anerkennung immer mehr abgewertet.

Dies ist natürlich keine slowenische Besonderheit, doch lässt sich dies auf dem Gebiet der nationalen Minderheit besonders verspüren. Mit Rücksicht auf die vorstehend umrissene, nicht gerade rosige Situation muss der Unterricht der slowenischen Sprache auf neue Grundlagen gelegt werden, mit Einbeziehung der Eltern muss damit bereits im Kindergartenalter begonnen werden. Grundlegendes Ziel des Unterrichts ist die Entwicklung jener Fähigkeiten der Kinder, die ihnen die grundlegende schriftliche und mündliche Kommunikation ermöglicht. Wichtig ist außerdem auch, dass sie über ihre Muttersprache die Kultur des Mutterlandes, Sloweniens, kennen lernen und so ihre Nationalitätenzugehörigkeit festigen.

Aus Vorstehendem geht hervor, dass der Nationalitätenunterricht, zumindest im slowenischen Gebiet an der Rába, in eine Krise gelangt ist, bzw. unter den veränderten gesellschaftlichen und politischen Verhältnissen seine Stelle sucht. Deshalb ist ein wichtigeres Element der Sprachenpolitik in Ungarn der außerschulische Unterricht der Muttersprache. Diese Aktivitäten sind folgende:

1. Im Februar 1991 ist das erste Heft unserer Zeitschrift „Porabje” erschienen. Das Blatt erscheint zweiwöchentlich in 1200 Exemplaren und gelangt zu fast allen slowenischen Familien. Das Organ spielt eine unersetzliche politische, kulturelle, sprachliche und informative Rolle im Leben unserer Nationalität, zugleich ist es ein wichtiges Hilfsmittel in unseren Schulen. Unser Verband hat in den vergangenen zehn Jahren auch auf dem Gebiet des Buchverlags bedeutende Ergebnisse erzielt. Die Zahl der verlegten Bände liegt über zehn.

2. Im Juni 2000 nahm in Szentgotthárd der slowenische Rundfunk seine Sendungen auf. Gegenwärtig sendet er in acht Stunden wöchentlich und kommt seiner informativen, muttersprachlichen, kulturellen und identitätsbewahrenden Aufgabe nach. Unter unseren Zielsetzungen befindet sich das Erhalten einer selbständigen Frequenz und die Erweiterung der Sendezeit. Mit unseren Sendungen wollen wir auch die Bevölkerung der benachbarten Gemeinde Bricskó in Slowenien erreichen. Diese grenzüberschreitende Wirkung könnte die Zusammenarbeit unserer Region festigen.

3. Der Bewahrung unserer Muttersprache dient auch die Tätigkeit der Kulturgruppen im Gebiet an der Rába. Mehr als hundert Mitglieder dieser acht Kulturvereine gehören der jungen Generation an. Ihre aufopfernde Arbeit dient der Bewahrung der slowenischen Kultur, der Muttersprache und unserer Nationalität von geringer Zahl.

4. Im November 1998 wurde in Szentgotthárd das Slowenische Kultur- und Informationszentrum eröffnet. Die Arbeit und die Aufgaben des Zentrums, oder wie wir es sagen, des Slowenischen Hauses, sind sehr vielseitig. Unmittelbares Ziel der im Slowenischen Haus veranstalteten Programme ist die Bewahrung der slowenischen Sprache und Kultur, sowie die Darstellung der kulturellen Werte unseres Mutterlandes Sloweniens. Unser wichtigstes Ziel besteht darin, dass die slowenische Kultur nicht nur zu unserer engsten Gemeinschaft gelangt, sondern dass wir sie auch der ungarischen Mehrheitsbevölkerung vorstellen. 1992 wurde von den beiden Ländern, von Slowenien und Ungarn, das Abkommen zur Sicherstellung der Sonderrechte der in der Republik Ungarn lebenden slowenischen nationalen Minderheit und der in den Republik Slowenien lebenden ungarischen Gemeinschaft mit dem Ziel, der in der Republik Ungarn lebenden slowenischen nationalen Minderheit und der in der Republik Slowenien lebenden ungarischen Gemeinschaft einen juristischen Schutz auf je höherem Niveau zu sichern.

Im Sinne des Abkommens sichern die Vertragspartner den Minderheiten und den ihnen angehörenden Personen die Möglichkeit der Bewahrung und Entwicklung der Kultur, der Sprache, der Religion und der umfassenden slowenischen bzw. ungarischen Identität sowie der freien Äußerung. Außerdem erkennen die Vertragsparteien das Recht der beiden Minderheiten auf die Information in der Muttersprache über die Presse, den Rundfunk und das Fernsehen an. Und was am wichtigsten ist, sichern die Vertragspartner zur Realisierung der in diesem Abkommen vorgesehenen Verpflichtungen die entsprechende finanzielle und sonstige Unterstützung. Der Text des Abkommens bzw. sein Gehalt liegt über den europäischen Normen bzw. Standards. Und wir ungarische Slowenen haben viel von diesem Abkommen erwartet. Mit Recht, war doch die Unterzeichnung dieses Abkommens von der ungarischen Seite angeregt worden. Ich glaube, ich verrate auch kein Geheimnis, wenn ich es sage, dass jedes Abkommen so viel wert ist, was von ihm verwirklicht wird. Das Abkommen bedeutet also die entsprechende juristische Grundlage bzw. kann sie bedeuten zu unseren weiteren Tätigkeit, die Wirklichkeit ist aber viel prosaischer als diese:

– Leider erhält unsere seit 1991 erscheinende Zeitschrift „Porabje” relativ wenigere finanzielle Unterstützung im Vergleich zu den anderen Minderheitenblättern.

– Der seit Juni des Vorjahres tätige slowenische Rundfunk in Szentgotthárd hat bis heute kein Budget, gegenüber dem ungarischen Rundfunk in Lendava (Lendva), der von der slowenischen Regierung eine Förderung von 170 Millionen Forint im Jahre erhält.

– Die Gründung des 1998 eröffneten Slowenischen Kulturzentrums wurde von der ungarischen Regierung mit 8 Millionen Forint gefördert. Die Gesamtkosten der Investition beliefen sich auf 260 Millionen Forint.

Trotz aller dieser Mängel blicken wir dem dritten Jahrtausend optimistisch entgegen, und vertrauen darauf, dass sich nach dem EU-Beitritt Ungarns und Sloweniens für die Slowenen in Ungarn neue Möglichkeiten bieten. Wie wir diese werden ausnützen können, hängt leider nicht nur von uns ab.

 

Literatur

Székely, András Bertalan: A Rábától a Muráig [Von der Rába bis zur Mur]. Budapest, 1992.

Oktatás, kultúra, közművelődés és tömegkommunikáció a magyarországi szlovének körében [Unterricht, Kultur, öffentliche Bildung und Massenkommunikation im Bereich der Slowenen in Ungarn]. p. 44–45

Perger, Valerija: Ezek mind ti vagytok. Rába-vidéki szlovének. A Rába-vidéki tanár a szlovénség legfőbb támasza [Das alle seid ihr. Slowenen im Rába-Gebiet. Der Lehrer des Rába-Gebietes ist die wichtigste Stütze der Slowenen]. p. 35–36