1088 Budapest, Rákóczi út 5.; Tel: (36 1) 381 23 47; E-mail: Ez az e-mail-cím a szpemrobotok elleni védelem alatt áll. Megtekintéséhez engedélyeznie kell a JavaScript használatát.
Begegnungen
Schriftenreihe des Europa Institutes Budapest, Band 11:267–281.

ULRICH LANGANKE

Defizite im einsprachigen Lernerwörterbuch

Hypermediale Lösungsansätze

 

1. Das Print-Lernerwörterbuch, Stiefkind der deutschen Lexikographie

Die deutsche Lernerlexikographie kann mit Langenscheidts Großwörterbuch Deutsch als Fremdsprache (LGDaF), 19921/19942 und Pons Basiswörterbuch Deutsch als Fremdsprache (PWBDaF) von 1999 nur auf zwei, im internationalen Vergleich noch dazu stark verspätete Werke verweisen. Zumindest was LGDaF betrifft zwangen ausführliche Analysen schon bald zu der Einsicht, dass diesem Wörterbuch der große und heterogene Markt der Deutschlerner nicht alleine überlassen werden darf (Langanke 1996/Wiegand 1998). Hinzu kommt, dass die Fachliteratur auch für Englisch und Französisch mit ihrem sehr viel mannigfaltigeren Angebot an Lernerwörterbüchern eigentlich nur an dem mittlerweile rund 20 Jahre alten Konzept der beiden Printwörterbücher Dictionnaire Du Français Langue Étrangère Niveau 1/2 (DFLE 1/2) keine nennenswerte Kritik übt und ihnen noch immer eine Leitfunktion einräumt (Zöfgen 1994). Es besteht Handlungsbedarf.

Dabei kommt einer Wesensart des einsprachigen Wörterbuches besondere Bedeutung für den Wortschatzerwerb im Fremdsprachenlernprozess zu: Die Fähigkeit, außersprachliches Wissen abhängig vom System einer neuen Sprache zu vermitteln, ist eine der wesentlichen Existenzberechtigungen und vielleicht der einzige, aber entscheidende und unanfechtbare Vorteil gegenüber dem zweisprachigen Wörterbuch. Die Überlegungen dieser Arbeit gehen dahin, dass die Stärke des Lernerwörterbuches genau darin liegen könnte, den Fremdsprachenlerner zur Klärung von Bedeutungsfragen auf bereits erworbenes Wissen in dieser Fremdsprache zurückgreifen zu lassen und so, unter kognitivem Gesichtspunkt, einen entscheidenden Beitrag zu leisten zu einer Festigung und Erweiterung der fremdsprachlich aktivierten Assoziationsausbreitung (Anderson 1976/19962). Um diese Funktion übernehmen zu können, muss die Monopolstellung des Printmediums für die Umsetzung metalexikographischer Paradigmen angesichts neuer, hypermedialer Darbietungsoptionen ebenfalls diskutiert werden.

Die folgenden Abschnitte stellen den Versuch dar, die Benutzerpsychologie der wesentlichen, bisher im Deutscherwerb im Ausland bekannten und ein- gesetzten einsprachigen Print-Wörterbücher kurz darzustellen. Diese Vorgehensweise bietet zwei Vorteile: Indem man sich, erstens, an bereits vorhandenem Material orientiert, lassen sich mögliche Vorteile eines medialen Wechsels für den Bereich Lernerwörterbuch anhand der bisherigen Wörterbuchbenutzungspraxis und Wörterbuchkultur aufzeigen und müssen sich nicht ausschließlich auf Aussagen über vermutete oder nachgewiesene Leistungen von Multimedia selbst stützen. Zweitens: In Kenntnis der Eigenschaften bisher verwendeter einsprachiger Wörterbücher werden empirisch ermittelte Erwartungen der Lerner hinsichtlich eines lernerfreundlichen Wörterbuches verständlicher und nachvollziehbarer und erlauben somit den gezielten Einsatz moderner Medientechnologie.

 

2. Der Lerner und das einsprachige Gesamtwörterbuch

Gerade die großen und bekannten Namen in der aktuellen monolingualen Wörterbuchlandschaft nimmt Kempcke (1992) aufs Korn, wenn er ihnen „diffuse Adressatenspezifik ... und die damit verbundene unscharfe Differenzierung nutzerspezifischer Nachschlagebedürfnisse und Nachschlagesituationen“ (Kempcke 1992: 166) vorwirft. Schon durch ihre Typologisierung als „Gesamtwörterbücher“ scheinen Werke wie WDG (1964–1977) oder DUDEN GWB (1976–1981) bereits rein begrifflich etwas anderes darzustellen, als man für ein Lernerwörterbuch erwarten möchte. Beide, WDG und GWB, verstehen sich als „grundlegendes Nachschlagewerk“ und möchten „breiten Kreisen der an der deutschen Sprache Interessierten“ oder der „Allgemeinheit“ dienen – und beziehen aber trotzdem nicht-muttersprachliche Benutzer immer ausdrücklich mit ein (Kempcke 1992: 166ff). Als „Gebrauchswörterbuch“ weist sich DUDEN UW aus und lässt sich somit typologisch ebenfalls eindeutig in die Gruppe der Gesamtwörterbücher einordnen. Auch DUDEN UW möchte „den Bedürfnissen breiter Benutzerkreise, vor allem auch der ausländischen Benutzer, entsprechen“ Mit 120.000 verzeichneten Stichwörtern geht es über den nach eigener Definition 70.000 Einheiten umfassenden zentralen Wortschatz (Grundwortschatz1) der deutschen Sprache deutlich hinaus. Ähnlich verhält es sich mit WAHRIG DW. Für alle vier Standardwerke der einsprachigen Lexikographie des Deutschen gilt gleichermaßen, dass die Herausgeber gesteigerten Wert auf „Ausführlichkeit“, „vollständige Erfassung“, die Funktion als „umfassendes Nachschlagewerk“ oder die Darstellung der „ganzen Vielschichtigkeit der Sprache“ legen. Es ist mir ein Ziel dieser Arbeit nachzuweisen, dass es gerade diese Totalität, quantitativ wie qualitativ, ist, die dem Deutschlerner das Leben mit dem einsprachigen Wörterbuch bisher so schwer macht – und damit dem Konzept für ein Lernerwörterbuch zu widersprechen scheint. Ein für alle Mal sollten denn auch „solche Angaben ... als Benutzertopoi angesehen werden: sie fungieren entweder als Berufungsinstanzen oder als Verkaufsanreiz, denn die Wörterbuchschreiber nehmen ... keine erkennbare Rücksicht auf die Bedürfnisse, Kenntnisse oder Wünsche der verschiedenen Benutzer.“ (Kühn 1989a: 114)

 

3. Der Lerner und das Schulwörterbuch

Auf der Suche nach möglichen Klassifizierungsmerkmalen einsprachiger (Lerner)Wörterbücher findet sich bei Kühn (1978) unter dem Oberbegriff „Grundwortschatzwörterbücher“ eine Liste mit 23 „muttersprachlichen Grundwortschatzwörterbüchern“, von denen allerdings nicht eines sich an ausländische Deutschlerner wendet – das einsprachige Lernerwörterbuch als Schulwörterbuch also für den Muttersprachler? Zumindest scheinen sich für das Lernerwörterbuch hiermit zwei Kriterien bereits abzuzeichnen: die Selektion nach Inhalt (Grundwortschatz2) und Zielgruppe (Schüler/Lerner). Ein Lerner-/ Schulwörterbuch wendet sich also bewusst an einen eingeschränkten Benutzerkreis, der, und das ist die wesentliche Gemeinsamkeit, eine reduzierte Sprachkompetenz aufweist. Doch schon in der soziologischen Zusammensetzung wie auch in der Art der Kompetenzschwächen dieser potentiellen Benutzer zeigen sich dann die Differenzen. Dass eine begriffliche Trennung von Wörterbüchern für muttersprachliche und ausländische Lerner nötig wurde, hat die Wissenschaft längst erkannt und realisiert (Hausmann 1974: 97–129). Es sollte also nicht verwundern, wenn der begrifflichen Unterscheidung auch eine inhaltliche zugrunde läge.

Die Erkenntnis, dass sich Schulwörterbücher an Schüler wenden, dürfte nicht überraschen. Auch Lernerwörterbücher für den Ausländer sind prinzipiell für den Fremdsprachenschüler gemacht. Doch was ein Schüler ist, schon rein altersmäßig, wird für beide Wörterbuchtypen unterschiedlich definiert. Meist wird der Begriff Schulwörterbuch gleich zu „Grundschulwörterbuch“ (Kühn 1989b: 113ff) kondensiert. Demnach gilt das Kind von fünf bis elf Jahren, im klassischen Grundschulalter, als potentieller Benutzer, der noch Probleme mit der Orthographie, dem Alphabet und dem Lesen/Schreiben ganz allgemein hat. Ganz anders der Fremdsprachenlerner: Er muss mit der Fremdsprache nicht auch das Alphabet lernen und begreifen, wobei es hier um das Alphabet als System und nicht um das Dazulernen einiger neuer Grapheme geht. Ähnliches gilt für das Lesen, denn es ist wiederum nicht das Lesen als eine Fertigkeit, die dem Fremdsprachenlerner Schwierigkeiten bereitet, sondern das synchrone Zuordnen von Inhalten aus der außersprachlichen Wirklichkeit zu bekannten oder unbekannten Graphemfolgen.

Ein wesentlicher Einwand gegen die Gleichbehandlung und -bewertung von Schul- und Lernerwörterbuch ergibt sich aus der Spracherwerbsmotivation. Es bedarf keiner Motivation, seine Muttersprache zu erlernen, von „Bonussternchen“ für Schönschreibübungen und ähnlichen Sanktionierungen im Unterricht einmal abgesehen. Die Entscheidungsfindungsprozesse und Rahmenbedingungen aber, warum ein Mensch Deutsch und nicht eine andere Fremdsprache erlernt, bilden einen Faktorenkomplex, der im Endeffekt nahezu ebenso einmalig ist wie die Persönlichkeit des Lerners selbst. Er stellt dabei in der Regel eine Kombination aus Eigen- und Fremdentscheidungen dar. Oft muss das persönliche Interesse des Lerners an der Fremdsprache überhaupt erst einmal geweckt werden, denn für den erfolgreichen Spracherwerb reicht es nicht aus, dass Instanzen diese oder jene Sprachen allgemein als wichtig, sinnvoll, ökonomisch nützlich etc. einstufen oder empfehlen: man muss es als Lerner persönlich so empfinden und nachvollziehen können (vgl. den gescheiterten Versuch, Russisch in den Ländern Osteuropas als eingewurzelte Erstfremdsprache zu etablieren). In Abhängigkeit von der Spracherwerbsmotivation sieht es dabei um die Motivation zur Benutzung eines Wörterbuches noch schlechter aus. Der Griff zum Wörterbuch – und hier spielen typologische Unterschiede so gut wie keine Rolle mehr – ist noch immer verbunden mit dem Gefühl, etwas (noch) nicht zu können. Die Psychologie des Wörterbuches ist die des Eingeständnisses einer Schwäche, einer Wissenslücke. Für die angestrebte freiwillige Benutzung eines Lernerwörterbuches lässt sich kaum eine ungünstigere Motivationsgrundlage denken. Hinzu kommt, dass das einsprachige Wörterbuch ständig mit zweisprachigen Lexika, welche noch dazu als die vermeintlich schnelleren und effektiveren Hilfen angesehen werden, um die Gunst des Lerners konkurriert. Sieht man allerdings in der Einsprachigkeit des Lernerwörterbuches nicht nur eine Gegebenheit, sondern sein „Wesen“, wird schnell klar, was dem Lerner entgeht, wenn er die Fremdsprache lediglich als irgendwie herzustellende Entsprechung zu seiner Erstsprache begreifen würde. Kühn bringt es auf den Punkt, warum der ausländische Lerner ein Recht auf „sein“ Wörterbuch hat und nicht länger mit konventionell konzipierten monolingualen Werken abgespeist werden darf: „Bisherige Grundwortschatzbücher oder Mindestwortschätze sind zu Lernzwecken ebensowenig geeignet wie die existierenden muttersprachlichen Schulwörterbücher, denn diese werden in erster Linie als Kontrollbücher für Rechtschreibfragen und nicht zur gleichsam geforderten Erweiterung und Vertiefung des Sprachgebrauchs und der Sprachreflexion benutzt.“ (Kühn 1989a: 120)

 

4. Das lexikographische Ideal und die Lernerintentionen

4.1 Wer ist der Lerner und was will er?

Ist nicht der Anreiz entscheidend und notwendig, mit dem Erlernen einer Fremdsprache als System auch neue Erlebniswelten, zusätzliches Wissen und ein erweitertes Weltbild erwerben zu können? Was sonst könnten Wissenschaftler wie Lehrer dem passiven Widerstand vieler Lerner gegen die Fremdsprache entgegensetzen, der sich eben auf das Argument gründet, dass es Zeitverschwendung sei, eine neue Fremdsprache zu lernen – ausgenommen vielleicht Englisch als Welthilfssprache – wo doch die eigene Muttersprache das gleiche auszudrücken und zu beschreiben vermag, und das natürlich logischer, einfacher und präziser?

Die Frage nach den Kriterien eines gelungenen Lernerwörterbuches steht und fällt mit der Definition „des Lerners“ und der seiner Grundbedürfnisse seitens der Wörterbuchmacher. An dieser Stelle scheinen einige Bemerkungen zur empirischen Wörterbuchbenutzungsforschung und deren Ergebnisse angebracht (Ripfel/Wiegand 1988: 491–520), die ein bezeichnendes Licht auf die Vorstellungen der Metalexikographen hierzu werfen. Denn die Auswahl der Informanten, anhand deren Urteil Lexikographen die Bedürfnisse und Ansprüche des potentiellen Käufer-Lerners feststellen oder überprüfen wollen, gibt eindeutiger als alles andere Auskunft darüber, was bisher unter einem Wörterbuch für „den“ Lerner verstanden wurde. Zwei der bedeutendsten Lernerbefragungen, Béjoint (1981: 207–222), dezidiert auf die Benutzung einsprachiger Wörterbücher und ihres Wertes für „Lerner“ gerichtet, und Greenbaum/ Meyer/Taylor (1984: 31–52) wandten sich jedenfalls an diejenige Gruppe von Lernern, die die lexikographische Forschung schon immer schwerpunktmäßig interessierte: Studenten. Dabei ist interessant, dass selbst solche Befragungen, die sich an Gewährspersonen mit unterstellbaren, umfragetechnisch noch dazu leicht herauszukristallisierenden, möglichen Kompetenzunterschieden wandten (Greenbaum/Meyer/Taylor), in der Auswertung gerade auf diese Ausdifferenzierung verzichteten. Zwar gibt es Umfragen, die versuchen, unterschiedliche Anforderungen von Fremdsprachenlernern mit verschiedenen Muttersprachen aufzudecken, doch auf Interlanguagestadien wird auch hier nicht näher eingegangen. Schon mit der Wahl der Gewährspersonen ist oftmals bereits eine Vorauswahl zugunsten des qualitativen Begriffs vom Lerner getroffen. Dass die ausschließliche Beschränkung auf fortgeschrittene Gewährspersonen mit überdurchschnittlichem Interesse an der Sprache (Teilnehmer an Sprachkursen, Studenten etc.) für die Konzipierung eines Lernerwörterbuches – schon erst recht nicht mit dem Anspruch auf Allgemeinverwendbarkeit für alle Lerner – nicht ausreicht und auch den realen Spracherwerbsumständen in keinster Weise gerecht wird, dürfte eigentlich verständlich erscheinen.

Im Mittelpunkt des Interesses muss der ausländische Deutschlerner unter den Spracherwerbsbedingungen im Ausland stehen. Er soll als Hauptadressat eines Lernerwörterbuches angesehen werden. Wo aber liegen die Grenzen, bis zu denen man als Lerner eingestuft wird, und kann man sie überhaupt festlegen? Daran schließt sich eine zweite, nicht minder entscheidende Überlegung an: Gibt es überhaupt „den“ Lerner oder ist eine derart starke Diversifizierung feststellbar, dass man gar nicht mehr von einer einheitlichen Zielgruppe „Lerner“ sprechen dürfte – mit der weitreichenden Konsequenz, dass es auch kein allgemeines Lernerwörterbuch geben könnte.

Vorweg gilt: Natürlicher Spracherwerb orientiert sich an Bewährungsproben des täglichen Lebens. Der Lerner sichert seine Sprachkenntnisse gewissermaßen autodidaktisch am Erfolgswert der sprachlichen Äußerung in der Kommunikation ab. Konkret: Führt die getane Äußerung zum beabsichtigten, meist außersprachlichen Ergebnis oder nicht? Diese entscheidende Kontrollmöglichkeit fehlt dem FSU im Ausland oft völlig. Der gesteuerte Spracherwerb ist jedoch der normale Einsatzort für ein Lernerwörterbuch. Demnach entspräche der ausländische Deutschlerner, der in seinem Heimatland lebt und dort am Sprachunterricht teilnimmt, dem prototypischen Benutzer eines einsprachigen Lernerwörterbuches.

Bereits erwähnt wurde, dass Deutschlerner hierbei jedes Alter zwischen fünf und fünfzig einnehmen können. Das entscheidende Kriterium ist jedoch nicht das Alter selbst, sondern die soziokulturelle, psychologische Uneinheitlichkeit der Spracherwerbsumstände und die damit verbundenen, gravierenden Unterschiede im Lernerfolg. Natürlich gibt es Anfänger, Fortschreitende und Fortgeschrittene, doch darf gerade für die Konzipierung eines Lernerwörterbuches nicht der Fehler gemacht werden, hier eine automatische Entwicklung gewissermaßen vom „Schlechten zum Guten“ zu implizieren. Auch muss berücksichtigt werden, dass – wie übrigens in Deutschland auch – obige Einstufung der Lernerkompetenz systemimmanent bzgl. des FSU zu sehen ist: Ein fortgeschrittener Hauptschüler wird selbst bei kompletter Ausschöpfung des Lernangebotes, ohne wesentliche außerschulische Sprachvertiefung, die Fremdsprache nicht in der gleichen Intensität beherrschen, wie ein fortgeschrittener Gymnasiast das im Rahmen seines Unterrichtsangebotes könnte. Bereits an dieser Stelle deutet sich an: „Den Lerner“ gibt es nicht, zu heterogen erweisen sich die Kontaktsituationen mit der Fremdsprache im Einzelnen.

4.2 Qualitative und quantitative Lerner

Die Heterogenität des Benutzerpotentials wie der Benutzungssituationen erfordert detaillierte Lösungen. Im Interesse einer selektiven Adressatenpolitik wird in dieser Arbeit ein, zugegeben grobmaschiges, Raster vorgeschlagen, das es dennoch ermöglicht, lernerspezifisch unterschiedliche Erwartungen an die Fremdsprache zu bündeln, den unterrichtsgesteuerten Spracherwerb nicht mehr als einheitliches System zu betrachten und damit unter den potentiellen Adressaten eines Lernerwörterbuches hinsichtlich des Spracherwerbsumfeldes zu differenzieren. Zu diesem Zweck schlage ich eine Trennung in ein qualitatives und ein quantitatives Lernerpotential vor.

Dieser Ansatz, das Lernerpotential nicht mehr ausschließlich linear in Anfänger/Fortschreitende/Fortgeschrittene, sondern hinsichtlich gewisser spracherwerbsbegleitender Prädeterminationen zu klassifizieren, ermöglicht Korrekturen an den bislang nicht hinreichend konkretisierten Vorstellungen über Lernerbedürfnisse. Mit der Zugrundelegung des Begriffspaares qualitatives/quantitatives Lernerpotential wird es den Herausgebern eines Lernerwörterbuches in Zukunft nicht mehr möglich sein, ihr Werk pauschal als für sämtliche Lerner geeignet zu präsentieren.

Ausgangspunkt bleibt die Differenzierung hinsichtlich des Niveaus der Lernerinterlanguage. Dabei bezeichnet „qualitativ“ jenes Lernerpotential, das unter gegebenen sozialen, psychologischen und individuellen Faktoren (Studium, Schultyp, Lehrplan, Erziehung, Elternhaus, Allgemeinbildung, individueller Ehrgeiz, Motivation, Berufsziel, etc.) von vornherein auf eine vertiefte Kenntnis der Fremdsprache ausgerichtet ist/wird. Der kurze Überblick über Umfragen und Erhebungen zu Lernerwörterbüchern hat gezeigt, dass Lexikographen klassischerweise ihr Betätigungsfeld in der Befriedigung der Ansprüche dieser Klientel sehen. Doch: Wie selbstverständlich unterscheiden sich beispielsweise an bayerischen Gymnasien sogar schulintern die verwendeten Sprachlehrwerke für Schüler des sprachintensiven neusprachlichen Zweiges und des eher sprachbegleiteten mathematisch-naturwissenschaftlichen Zweiges. Es ist nicht nachvollziehbar, warum diese Einsicht dann beim Wörterbuch enden soll, warum ausgerechnet bei der Wortschatzvertiefung durch ein einsprachiges Wörterbuch ein Standardexemplar für alle Lerner einer Fremdsprache genügen soll? Auf diese Diskrepanz muss hingewiesen werden, am Status quo gerüttelt werden. Ein einsprachiges Wörterbuch für dieses „quantitative“ Potential tut Not.

Bisher, mit Ausnahme der beiden DFLE, ging man unter Rückgriff auf das Paradigma Anfänger/Fortschreitender/Fortgeschrittener zu selbstverständlich davon aus, dass der Einbau aller oder zumindest zahlreicher für den anspruchsvollen Benutzer notwendigen Informationen in den Stichwortartikel kein Hindernis darstellen würde für die Verwendung desselben auch durch weniger kompetente Lerner – nach dem Motto: Selektiere, was du noch nicht verstehst und du bekommst die gewünschte Information. Diese Arbeit stellt ein Plädoyer dar, den Realitäten der Mehrheit der Fremdsprachenlerner gesondert Rechnung zu tragen, auch um den Preis, dass das so entstandene Lernerwörterbuch nicht allzu viel neue Kenntnisse für Fortgeschrittene enthält. Wenn wir das Lernerwörterbuch in den Gesamtkontext des gesteuerten Spracherwerbs stellen, so muss der spezifische Aspekt der Quantität des Lernerpotentials in eben dem Maße Geltung besitzen wie der der Qualität. Es bedarf keines empirischen Nachweises, dass die Mehrzahl der Fremdsprachenlerner in Deutschland wie im Ausland Grund-, Haupt- oder Mittelschulen besucht. Die Fremdsprache ist meist fakultativ verpflichtend und wird gemeinhin nicht Grundlage oder auch nur unwesentlicher Faktor des späteren Berufslebens sein. Dementsprechend wenige Unterrichtsstunden sind im Lehrplan dann für das Erlernen der Fremdsprache reserviert. Auch kann nicht von jedem Lerner erwartet werden, dass er von vornherein die notwendige, positive Einstellung zur Fremdsprache mitbringt. Es gilt, Berührungsängste und Vorurteile abzubauen. Gerade dieser Lernertyp bedarf aber der besonderen Unterstützung. Nicht dass das einsprachige Lernerwörterbuch den Motivationsersatz für schlechte Unterrichtsbedingungen abgeben sollte und könnte, aber die Konsequenzen, die sich aus der relativen Bedeutungslosigkeit der Fremdsprachen in vielen Schultypen ergeben, machen es diesen Lernern besonders schwer, die vermeintlich mühevollere Arbeit mit dem einsprachigen Wörterbuch den plakativen, weil oftmals glossarhaften, zweisprachigen Alternativen3 vorzuziehen. Will das einsprachige Lernerwörterbuch wirklich „die ideale Ergänzung zum zweisprachigen Wörterbuch“ (LGDaF 19942: VII) sein und nicht gänzlich in dessen Windschatten verkümmern, so muss es diese Klientel der weniger ambitionierten Lerner für sich gewinnen und deren spezifischen Bedürfnissen Rechnung tragen.

Impliziert „Fremdsprache“ nicht auch gleichzeitig Neugier (oder Angst!), jedenfalls eine Emotion, einen Reiz auf etwas Anderes, Unbekanntes, Fremdes eben? Dabei hieße es aber, einen Großteil der Lerner gehörig zu überfordern und falsch einzuschätzen, wenn die Wissenschaft ihm automatisch auch ein gleichartiges Interesse an der Fremdsprache als neuem sprachlichen Regelsystem unterstellte. Reichen schon die Rahmenbedingungen des FSU – Lehrer, Lehrmaterial, Intensität der Beschäftigung in und mit der Fremdsprache etc. – in Deutschland wie im Ausland meist sowieso nicht aus, Sprache lebendig darzustellen, um wieviel größer ist diese Gefahr erst für ein Wörterbuch. Konkret: Zu viel Dativ, zu viel Plural, Konjugieren und Deklinieren, Regeln und Ausnahmen von den Regeln etc. töten das Interesse an der Sprache als etwas Lebendigem. Das Schlagwort Kühns vom Schulwörterbuch als „lexikographischem Langweil- Bestseller“ (1989b: 113ff) sollte jedem Lexikographen eine Warnung sein, denn die Gefahren, vor denen er warnt, gelten trotz aller typologischen Unterschiede auch für das einsprachige Lernerwörterbuch. Wenn es nicht gelingt, die zweifelsohne notwendige grammato-syntaktische Information unterschwellig und semantisch anregend verpackt zu vermitteln, bleibt auch ein neukonzipiertes Lernerwörterbuch für den Normallerner das, was das konventionelle einsprachige Wörterbuch im Deutschunterricht des Auslandes schon immer war: Laden- und Schrankhüter.

Und gerade in der Einsprachigkeit liegt der Ansatz, dieses latent stärkere Interesse an Land und Leuten als Zugang vielleicht zu einer erweiterten Weltsicht auszunutzen, wachzuhalten und für den Erwerb der Sprache zu aktivieren. Halten wir uns einfach an das, was Humboldt als primäre Leistung der Sprache überhaupt begriffen hat, nämlich das Umschaffen der Welt in das Eigentum des Geistes. An ein Lernerwörterbuch muss der Anspruch gestellt werden dürfen, auch hierzu einen Beitrag zu leisten. Wenn es sich beim einsprachigen Lernerwörterbuch tatsächlich um ein Nachschlagewerk handeln soll, um „bestimmte Informationen über die Sprache oder die nichtsprachliche Welt zu gewinnen“ (Wiegand 1987: 200), dann impliziert das die Forderung, dass das einsprachige Lernerwörterbuch auch ein textuelles Erlebnis sein muss. Hier liegt seine besondere Chance.

Dabei macht aber die einsprachige Bedeutungsvermittlung und Grammatikbeschreibung allein aus einem Wörterbuch noch lange kein Lernerwörterbuch! Überspitzt formuliert: Auch wenn, wie beispielsweise in LGDaF, Stichwörter wie Molkereibutter zu finden sind und der Artikel zu einem Stichwort selbst die allerletzte grammatische Finesse enthält, der „quantitative“ Lerner wird auch weiterhin auf die Bereicherung durch das einsprachige Lernerwörterbuch verzichten, wenn er den Eindruck hat, dass schon die Lektüre eines ausländischen Telefonbuches ein authentischeres Spracherlebnis darstellt, weil in seinem Wörterbuch alle Information einfach nur noch erdrückt, zu stark komprimiert ist und abstrahiert durch entsprechende Abkürzungen und Zeichen. Eine recht bildhafte Feststellung zu den Konsequenzen einer Unterschätzung der Bedeutung von Fremdsprache als einer Einheit von erweitertem Weltwissen und sprachlich-deklarativem Wissen findet sich bei Butzkamm (19932: 282): „Wenn man sich nicht ausreichend mit Fremdsprache beschäftigt, kann sie nicht einwurzeln. Der Unterricht treibt dann nur öde Sandbänke vor sich her, auf denen nichts wächst, weil sie immer wieder von den Wellen der Muttersprache überspült werden.“

Um wieviel größer noch ist die Gefahr der „öden Sandbänke“ in einem Wörterbuch? Diese Erkenntnis ist noch in anderer Hinsicht für die Lexikographie hilfreich, liegt doch hierin eine mögliche Lösung für die oft geforderte Verständlichkeit eines Wortartikels. Verständlichkeit heißt demnach, dass der Lerner-Leser der Beschreibung des gesuchten Wortes Informationen über seinen kreativen Gebrauch in der Zielsprache entnehmen kann, schon damit dieses Wort und seine Bedeutung(en) nicht zu sehr nur als Pflichtvokabular zu einer bestimmten Lehrbuchlektion und ihren Themen gespeichert werden.

 

5. DMM – ein hypermediales Lernerwörterbuch

Auf der Basis der auto-didaktischer Hypermediakonstruktionen (Hasebrook 1995) möchte ich einen Ausblick geben auf die Möglichkeiten, wie sich für die Konzeption eines Lernerwörterbuches schon durch den Medienwechsel entscheidende Vorteile erzielen lassen., auf welchen Gebieten ein Hypermedia-Lernerwörterbuch für den quantitativen Lerner entscheidende Verbesserungen gegenüber herkömmlichen Konzepten erzielen könnte. Die nachfolgenden Punkte verstehen sich als Ergänzung des lexikographischen Zwölf-Punkte- Katalogs von Zöfgen (1994: 327–333) um diejenigen Komponenten, die sich durch die Einbeziehung empirisch ermittelter, adressatenspezifischer Bedürfnisse sowie kognitionspsychologischer Lerngrundlagen neu ergaben. Diejenigen meta-lexikographischen Kriterien, die davon unberührt bleiben, sollen hier nicht mehr wiederholt werden.

1) sichere Beherrschung von Aussprache und Rechtschreibung mit Möglichkeiten des Selbst-Übens und Überprüfens, d.h. Verzicht auf eine nur selten ausreichend beherrschte phonetische Umschrift, stattdessen zwei bis drei verschiedene Stimmbeispiele (Kind – Erwachsener/Mann – Frau, etc.).

2) Vermittlung einer klaren Vorstellung von der bei vielen L2-Lernern noch nicht internalisierten Trennung zwischen Wort als Formativ und Bedeutung(en) im Sinne von Homonymie und Polysemie. Dabei spielen linguistisch-theoretische Absicherung und unbedingte Konsequenz eine untergeordnete Rolle, wenn diese nicht zu durchsichtigen Entscheidungskriterien für den quantitativen Lerner führen. Vielmehr geht es darum, ein generelles Gefühl für Mehrdeutigkeit in der (Fremd)sprache zu entwickeln.

3) Bereitstellung von Möglichkeiten, das Verstehen über das Abrufen audio- visuellen Materials zu sichern/zu intensivieren/zu kontrollieren. Dabei sollte allerdings v.a. das Bildmaterial prinzipiell erst im Anschluss an die Versuche des Benutzers angeboten werden, das gesuchte Wort über die sprachliche Beschreibung zu verstehen und zu verarbeiten. Die zu rasche, optisch-akustische Verstehenserleichterung würde die Verbindung der Inhalte mit fremdsprachlichen Formativen und Kontexten behindern. Der Bedeutung der syntagmatischen und textlinguistischen Einbettung des Stichwortes für die richtige, fremdsprachlich geprägte assoziative Verarbeitung entsprechend, kann der Lerner solche kontextuellen Komponenten (Beispielsätze, Kurztexte etc.) über Buttonklick auch anhören.

4) Klare und saubere Trennung zwischen impliziter = virtuell-echter = „kognitiv-plausibler“ Informationsvermittlung und explizit-formaler Darbietung. Das beinhaltet auch die eindeutige, einheitliche und wiedererkennbare Markierung von metasprachlichen Informationen in virtuell-echten und damit objektsprachlichen Teilen des Stichwortartikels. Wörterbuchtechnisch heißt das, dass das Komplettparadigma grammatischer (morphosyntaktischer) Informationen (die eigentliche Wörterbuchgrammatik) zu einem Lemma zwar jederzeit und von jeder Benutzeroberfläche des hypermedialen Wortartikels als lemmaspezifisch abrufbar sein sollte (das ist ein Lernerwunsch!), als explizit metasprachliches Informationsangebot jedoch verdeckt (anklickbarer Button), so dass der durch implizite Information gewährleistete, virtuell-echte Verstehensprozess nicht unterbrochen wird.

5) Abwechslungsreiche, lebendige Darstellung mit ausreichend Raum für die Entfaltung eigener assoziativer Phantasie, der muttersprachlich geprägten Assoziationreserve also, über die dann durch die Präsentation von Sprach-, Ton- und Bildmaterial zu fremdsprachlich-typischen Kontexten eine bewusste Trennung/Steuerung des Assoziationsverhaltens in muttersprachlich bzw. fremdsprachlich geprägt erfolgen kann.

6) Anreicherung des hypermedialen Stichwortartikels mit textuellen, komplett-syntaktischen Elementen zur Verstehensintensivierung. Dabei sollte weitgehend auf Abkürzungen u.ä. verzichtet werden. Syntaktische, textuelle Elemente sollten zu jedem Bauteil des Stichwortartikels geliefert werden, also bspw. syntaktische Einkleidung von Kollokationen, Synonymen/Antonymen oder Komposita. Dabei können zu den einzelnen Kurztexten zusätzlich multimediale Verstehenshilfen angeboten werden bzw. soll über eine hypertextuelle Verweisstruktur zum geleiteten, zielgerichteten „Surfen“ in anderen Wortartikeln angeregt werden.

7) Sowohl im Zusammenhang mit Auswahlkriterien für die Bedeutungsdifferenzierung als auch mit der Vermittlung und Darstellung ihrer syntaktischen Kombinierbarkeit muss gelten: Entscheidend für den quantitativen Lerner ist, dass er zuerst einige wenige Basisbedeutungen (Valenzrealisierung, korpusgestütztes Bedeutungsranking) und deren korrekte Verwendung im Satzkontext sicher und souverän beherrscht. Dieser Aspekt, unter ausdrücklicher Miteinbeziehung der Interlanguage-Merkmale des potentiellen Adressatenkreises, muss Vorrang haben vor der Darstellung sprachlicher „Komplettheit“.

8) Wünschenswert, auch in obigem Sinn, sind Redundanzen jedweder Art, sprachlich und audiovisuell, um so die Verbindung zwischen lexikalischem Material und relevanten außersprachlichen Zusammenhängen zu intensivieren und um eigene Interlanguage-Fehler (auch assoziative) eventuell selbst bemerken und korrigieren zu können. Dies ist ein wesentlicher konzeptioneller Unterschied zu den unter starkem Zwang zur Platzökonomie stehenden Print-Wörterbuchartikeln. Zur Verarbeitungsintensivierung über Redundanz zählen auch Abbildungen und Bilder, die den vermuteten Interessen und der Neugierde des Benutzers entgegenkommen, ohne dass sie immer den entscheidenden Beitrag zur Verständnissicherung liefern müssten (Bild eines Autos zum Lemma Auto). Dies wäre auch ein entscheidender Beitrag, dem Wörterbuch jene unsympathische Ernsthaftigkeit und kategoriale Strenge zu nehmen, würde so die Lernsituation vergessen machen.

9) Möglichkeiten des passiven wie aktiven Übens von gelernten Informationseinheiten in Textaufgaben, Quizaufgaben (mit Antwortparadigma) oder Aufgaben zur kreativen Bearbeitung (mit autodidaktischer Lernkontrolle oder Lösungsparadigma). Bei Rückmeldungen durch das Programm sollten stets einfache Erklärungen oder Begründungen gegeben werden (z.B. zur Erklärung einer falschen Antwort in Multiple-Choice-Aufgaben). Dieses Element stellt gleichzeitig den internen Übergang vom rezeptiven zum produktiven Wörterbuch dar, eine Option, die so bisher nicht zu realisieren war.

10) Intensive Darstellung von fremdsprachlich-typischen sprachlichen wie außersprachlichen Zusammenhängen, die über das konkret bearbeitete Lemma hinausweisen, mittels einer aktiven Verweisstruktur, einer „link-Semantik“, die weit umfangreicher als die im klassischen Print-Wortartikel realisierbare Verweistechnik sein müsste (onomasiologische Strukturen, Wortfeld, Wortfamilie, vielfältige, doch geleitete Übergänge von Stichwortartikel zu Stichwortartikel).

11) Das Wörterbuch als Buch der Wörter! Die Chance, durch die Umstellung vom Buch auf das Computerprogramm im wesentlichen von dem Zwang zu absoluter Ökonomie bei der Gestaltung und Strukturierung des Stichwortartikels wie der anderen Bauteile befreit zu sein, sollte reichlich genutzt werden. Der hypermediale Stichwortartikel (betrifft in erster Linie Autosemantika) soll den Charakter einer eigenen, abgeschlossenen, Realität formulierenden, erzählerischen Einheit bekommen, soll Einleitung, Höhepunkt(e) und Schluss haben, soll nicht nur intern um zahlreiche textuelle Elemente erweitert sein, sondern als Ganzes ein kleines Gesamterlebnis bieten. Das Informationspaket zum gesuchten Lemma wird demnach wie ein Buch im Buch präsentiert, mit gravierenden Unterschieden zu bisher gewohntem Material:

– die Unterschiede zum klassischen Print-Artikel sind evident, dieser stellt kein Leseerlebnis dar (dennoch lobenswerte Versuche in der französischen Lerner-Lexikographie!), die Informationen werden auf einen Blick angeboten, was didaktischen Aufbau und assoziative Steuerung des Verstehensprozesses verhindert,

– auch viele marktfähige Wörterbuchprogramme weisen unnötigerweise Parallelen mit dem Print-Stichwortartikel auf, indem sie oftmals nur eine zentrale Bedieneroberfläche haben, die vollkommen überfrachtet ist mit unterschiedlichen Symbolen, Optionen, Feldern und Buttons. Problem auch hier: Der Lerner-Benutzer hat wieder das gesamte Informationsparadigma auf einen Blick vor sich, kann also beliebig unter den verschiedenen Angeboten selektieren, eine didaktisch begründete, empfohlene Reihenfolge fehlt meistens. Im Gegensatz dazu soll der für DMM konzipierte hypermediale Stichwortartikel bereits optisch an ein Buch erinnern, eine didaktisch motivierte – und hoffentlich auch motivierende – Sequenz von rund zehn Seiten (= Bedieneroberflächen), die zwar überflogen werden, jedoch nicht gänzlich unbeachtet bleiben können, wenn man zu einem erfolgreichen Abschluss kommen will (autodidaktische Verstehensüberprüfung, Quiz, Grammatiktests etc.).

12) Mediendidaktische Rücksichtnahme auf ermittelte Lernerbedürfnisse, als da sind: weitgehender Verzicht auf verschlüsselte Angaben (Abkürzungen, Siglen etc.), Möglichkeiten zur einfachen, schnellen Bedeutungsabklärung zu Anfang des Bearbeitungsprozesses (Synonyme/Antonyme), einfache, dem Adressatenkreis angemessene Beschreibungssprache unter Berücksichtigung der in Anfangsstadien des Spracherwerbs immer vorhandenen und – ganz besonders beim quantitativen Lerner – vergröberten Bedeutungsdifferenzierung der Interlanguage.

13) Ansprechendes Design, das wegführt vom typischen Windows-Einheitsgrau vieler käuflicher Sprachlernprogramme, die, oftmals funktionell überfrachtet und unübersichtlich, bereits ähnlich ernsthaft und unattraktiv wirken wie der klassische Print-Stichwortartikel. Das Design soll dabei funktionalelegant sein, ohne allzu viel Speicherkapazität zu beanspruchen. Wichtig für die Akzeptanz ist dabei, dass für die im allgemeinen etwas jüngeren quantitativen Lerner (10 – 20 Jahre) ein nicht zu verspieltes und nicht zu altmodisches Design gewählt wird, da gerade diese Altersgruppe bereits mit professionellen Anwendungen (Computerspiele, CAD, Autorenprogramme, Photosoftware, Homepages) bestens vertraut ist und nur solche auch ernst zu nehmen bereit ist.

 

Anmerkungen

1

Der Begriff Grundwortschatz zählt zu den umstrittenen Termini technici der Lexikographie. Sowohl was die quantitative Festlegung angeht (bspw. ab 8000 Einheiten (Kosaras 1980)) als auch was die qualitative Bestimmung angeht – ein Blick in die zugrunde gelegten Korpora genügt – herrscht weiterhin Uneinigkeit. Die Definition eines Grundwortschatzes erfuhr zudem über den Terninus Kernwortschatz eine Erweiterung (ca. 50.000 Einheiten) und Präzisierung (Kalverkämper 1990: 88–133). Der für LGDaF angelegte Rahmen von über 60.000 Einheiten wird allerdings für ein Lernerwörterbuch als prinzipiell zu groß erachtet (Kempcke 1992: 169). Der Begriff „Grundwortschatz“, wie er in dieser Arbeit verstanden werden soll, ist jedoch keine Konstante, vor allem nicht hinsichtlich des Umfanges, sondern ist ganz in Abhängigkeit vom jeweils anvisierten Benutzerkreis zu sehen. Eine Bewertung des aufgenommenen Wortschatzes erfolgt nicht aus metalexikographischen Perspektiven heraus, sondern ganz pragmatisch anhand der Frage, ob es gelingt, die aufgenommenen Lemmata für alle Anwender des Adressatenkreises gleichermaßen verständlich zu erklären. Gelingt es dem Print-Wörterbuch, die in dieser Arbeit als wesentlich für ein einsprachiges Lernerwörterbuch erachteten Funktionen zu erfüllen und die nötigen Informationen unterzubringen, so geht die Konzipierung eines zentralen Wortschatzes von rund 60.000 Einheiten in Ordnung. Zu theoretischen Ansätzen vgl. Kühn 1979, ebenso: Kühn 1990: 1353–1364

2

Unter Berücksichtigung der Spezifikationen aus Anmerkung 1, die allesamt nicht ausdrücklich nur das Lernerwörterbuch betreffen, sollen die nun folgenden Überlegungen als Rahmen für einen zentralen Wortschatz/Grundwortschatz im einsprachigen Lernerwörterbuch gelten und erste klare Unterschiede herausstellen: 15.000 passiv beherrschte Wörter ermöglichen „ein annähernd muttersprachliches Verständnis authentischer Texte. [...] Mit etwa 6.000 aktiv beherrschten Wörtern [...] ist man den meisten Kommunikationssituationen des täglichen Lebens in produktiver Weise, schriftlich wie mündlich, recht gut gewachsen.“ (Zöfgen 1994: 78). Auch über den Erwartungshorizont für das Ende der realen Fremdsprachenausbildung, beispielsweise für die im internationalen Vergleich sehr lange dauernden Magisterstudiengänge einer Fremdsprache an einer deutschen Universität, gibt es Orientierungswerte. So wird vom Sprachenzentrum der Universität Augsburg zum Ablegen der sprachpraktischen Prüfung für Französisch die Beherrschung der 17.000 Lemmata des DHj (1988) erwartet. In diesen Lemmarahmen fallen in vorbildlicher Weise die beiden DFLE, Niveau 1 mit ca. 7.700 (inkl. Sublemmata) und Niveau 2 mit ca. 10.000 Einheiten, Sublemmata ebenfalls eingerechnet. Konkret lemmatisiert sind jeweils aber nur rund 2600 bzw. 5000 Einheiten.

3

vgl. HALÁSZ, das in der ungarischen Wörterbuchlandschaft meistverbreitete zweisprachige Wörterbuch Deutsch-Ungarisch/Ungarisch-Deutsch.

Wörterbücher

(DFLE 1), Dictionnaire du français langue étrangère. Niveau 1, 1978, Paris, dt. Ausgabe mit einem Vorwort von Hausmann, F.J., Frankfurt/M., 1983

(DFLE 2), Dictionnaire du français langue étrangère. Niveau 2, 1979, Paris, dt. Ausgabe mit einem Vorwort von Hausmann, F.J., Frankfurt/M., 1983

(DHj), Dictionnaire Hachette juniors, 1988, hrsg. von Bonnvie, P./Amiel, P., Paris

(DUDEN GWB), Duden Großes Wörterbuch der deutschen Sprache, 1976–1981, hrsg. von Drosdowski, G., Mannheim/Wien/Zürich

(DUDEN UW), Duden Universalwörterbuch, 1989(2), hrsg. von Dodrowski, G., Mannheim, Wien, Zürich

(HALÁSZ), Halász, E., 1985/92, Német–Magyar Szótár, Budapest 1988/92, Magyar–Német Szótár, Budapest

Kosaras, I., 1980, Grundwortschatz der deutschen Sprache. Einsprachiges Wörterbuch, Budapest/Berlin

(LGDaF), Langenscheidts Großwörterbuch Deutsch als Fremdsprache, 1994(2), hrsg. von Götz, D./Haensch, G./Wellmann, H., Berlin/München

(PBWDaF), Pons Basiswörterbuch Deutsch als Fremdsprache. Das einsprachige Wörterbuch, 1999, hrsg. von Hecht, D./Schmollinger, A., Stuttgart

(WAHRIG DW), Wahrig, G., 1986/89, Deutsches Wörterbuch, hrsg. in Zusammenarbeit mit zahlreichen Wissenschaftlern und anderen Fachleuten, München

(WDG), Wörterbuch der deutschen Gegenwartssprache, 1964–1977, hrsg. von Klappenbach, R./Steinitz, W., Berlin

Sekundärliteratur

Anderson, J. R., 1976, Language, memory and thought, Hillsdale/NJ

Anderson, J. R., 1996(2), Kognitive Psychologie, Heidelberg/Berlin/Oxford

Béjoint, H., 1981, The foreign student’s use of monolingual English dictionaries. A study of language needs and reference skills, in: Applied Lingustics 2/3, S. 207–222

Butzkamm, W., 1993(2), Psycholinguistik des Fremdsprachenerwerbs, Tübingen/Basel

Greenbaum, S./Meyer, Ch./Taylor, J., 1984, The image of the Dictionary for American College Students, in: Dictionaries 6, S. 31–52

Hasebrook, J., 1995, Multimedia-Psychologie. Eine neue Perspektive menschlicher Kommunikation, Heidelberg/Berlin/Oxford

(HSK 5.1), Wörterbücher: ein internationales Handbuch zur Lexikographie, 1989, hrsg. von Hausmann, F.J., (Handbücher zur Sprach- und Kommunikationswissenschaft), Bd. 5, Teilbd. 1, Berlin/New York

(HSK 5.2), Wörterbücher: ein internationales Handbuch zur Lexikographie, 1990, hrsg. von Hausmann, F.J., (Handbücher zur Sprach- und Kommunikationswissenschaft), Bd. 5, Teilbd. 2, Berlin/New York

Hausmann, F. J., 1974, Trois paysages dictionnairiques: la Grand-Bretagne, la France et l’Allemagne. Comparaisons et connexions, in: Lexicographica 1, S. 24–50

Kalverkämper, H., 1990, Gemeinsprache und Fachsprachen – Plädoyer für eine integrierende Sichtweise, in: Stickel, G. (Hrsg.), Deutsche Gegenwartssprache. Tendenzen und Perspektiven, Institut für deutsche Sprache, Jahrbuch 1989, Berlin/New York, S. 88–133

Kempcke, G., 1992, Organisationsprinzipien und Informationsangebote in einem Lernerwörterbuch, in: Brauße, U./Viehweger, D. (Hrsg.), Lexikontheorie und Wörterbuch. Wege der Verbindung von lexikologischer Forschung und lexikographischer Praxis, (Lexikographica Series Maior 44), Tübingen, S. 165–243

Kühn, P., 1978, Deutsche Wörterbücher. Eine systematische Bibliographie, (Reihe Germanistische Linguistik: 15), Tübingen,

Kühn, P., 1979, Der Grundwortschatz. Bestimmung und Systematisierung, Tübingen

Kühn, P., 1989a, Typologie der Wörterbücher nach Benutzungsmöglichkeiten, in: HSK 5.1., a.a.O., S. 111–127

Kühn, P., 1989b, Schulwörterbücher sind lexikographische Langweil-Bestseller oder warum eine Wörterbuchkultur in Deutschland nicht in Gang kommt, in: Wiegand, H.E. (Hrsg.), Wörterbücher in der Diskussion. Vorträge aus dem Heidelberger Lexikographischen Kolloquium, (Lexicographica: Series major 27), Tübingen, S. 75–109

Kühn, P., 1990, Das Grundwortschatzwörterbuch, in: HSK. 5.2, a.a.O., S. 1353–1364

Langanke, U., 1996, Psychologie der Einsprachigkeit im Lernerwörterbuch (am Beispiel von Langenscheidts Großwörterbuch Deutsch als Fremdsprache), unveröffentlichte Diplomarbeit, Budapest/Augsburg

Ripfel, M./Wiegand, H. E., 1988, Wörterbuchbenutzungsforschung. Ein kritischer Bericht, in: Wiegand, H.E. (Hrsg.), Studien zur neuhochdeutschen Lexikographie VI.2, (Germanistische Linguistik 87–90/1988), Hildesheim/New York, S. 491–520

Wiegand, H. E., 1987, Zur handlungstheoretischen Grundlegung der Wörterbuchbenutzungsforschung, in: Lexicographica 3, Tübingen, S. 172–227

Wiegand, H. E. (Hrsg.), 1998, Perspektiven der pädagogischen Lexikographie des Deutschen. Untersuchungen anhand von Langenscheidts ‘Großwörterbuch Deutsch als Fremdsprache’, Tübingen

Zöfgen, E., 1994, Lernerwörterbücher in Theorie und Praxis. Ein Beitrag zur Metalexikographie mit besonderer Berücksichtigung des Französischen, Tübingen