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Begegnungen
Schriftenreihe des Europa Institutes Budapest, Band 7:27–32.

TIBOR HAJDU

Beziehungen zwischen der sowjetischen und der ungarischen Führungsspitze nach 1945

 

Die Lage Ungarns nach dem zweiten Weltkrieg wurde für mehr als vierzig Jahre dadurch vorbestimmt, dass das Land im Krieg auf die Seite der späteren Verlierer rückte, sein Gebiet durch die sowjetische Armee erobert wurde und es die faschistische Koalition selbst zu dem Zeitpunkt nicht zu verlassen vermochte, als die Rote Armee seine Grenzen überschritt. Es spielten dabei natürlich auch außen- wie innenpolitische Faktoren mit, doch gab es darunter keine solchen, die auf die Beziehungen der einen oder anderen Großmacht zu Ungarn einen bedeutenden Einfluss genommen hätten. Zu erheblichen Änderungen kam es erst in der zweiten Hälfte der 80er Jahre, infolge des Zusammenbruchs der Sowjetunion und der darauffolgenden Umstrukturierung der Machtverhältnisse. Ungarn wurde als Teil der sowjetischen Zone eingestuft, und daran änderten weder die linken Phrasen der „Brüderlichkeit” noch die „Befreiungsrhetorik” und das Mitgefühl der westlichen Presse und Regierungen etwas, wobei das letztere selten durch konkretes Handeln begleitet war. Demzufolge gelten die Kontakte und das Verhältnis zwischen den ungarischen und sowjetischen (vor allem politischen) Führungsschichten als entscheidende Faktoren für das Schicksal Ungarns in diesem Zeitraum. Damit ist natürlich nicht gemeint, dass die zahlreichen Unterschiede zwischen den einzelnen Abschnitten der untersuchten Zeit als bedeutungslos anzusehen wären; es muss lediglich betont werden, dass diese die wichtigsten Ereignisse nicht beeinflussten. Wenn der Ungarnaufenthalt der Roten Armee in politische (-chronologische) Phasen eingeordnet werden sollte, erweist sich meiner Meinung nach die folgende Periodisierung als sinnvoll:

Periode 1: Bis zur Unterzeichnung des Friedensvertrags (April 1947)

Periode 2: Von der Einführung der stalinistischen Diktatur bis zu ihrer Beseitigung (1947–1956)

Periode 3: Die Diktatur nach der Niederwerfung der Revolution von 1956 (von Ende 1956 bis Ende 1959)

Periode 4: Die liberale Diktatur des János Kádár (1960–1988)

 

Bis zur Unterzeichnung des Friedensvertrags

Die erste Periode ist sehr widersprüchlich, was auch durch die Paradoxa veranschaulicht werden kann, dass einerseits Ungarn bis zum Friedensvertrag seine Souveränität einbüßte und die Sowjetarmee rechtlich als Besatzungsmacht auf seinem Boden stand andererseits aber die Sowjetunion nur vage Vorstellungen über die Zukunft des Landes hatte (die Westmächte waren an der Frage noch weniger interessiert). Dementsprechend wurden in der zu dieser Zeit geschaffenen Mehrparteidemokratie verschiedene Zukunftsbilder entworfen, genährt durch die Illusion, als ob die ungarische Demokratie ihre eigene Zukunft mitgestalten könnte.

Eigentümlicher Weise bekannte sich keine der Parteien dazu, dass ein sozialistisches Lager geschaffen wird, dem sich auch Ungarn anschließt, noch dazu auf die Art und Weise, dass es auf die eigene Souveränität praktisch verzichtet. Die wenigen Quellen weisen darauf hin, dass die KP kein konkretes Zukunftsbild von der sowjetischen Führung vermittelt bekam, so nahm sie selbst eine abwartende Haltung ein. Mátyás Rákosi, der Generalsekretär der Partei, erkannte, dass die persönlichen Kontakte mit der Stalinschen Führung von entscheidender Bedeutung sind, und er war bemüht, diese zu seinen eigenen Zwecken zu nutzen, obwohl in der Führung der KP Agenten der MVD und auch Emigranten mit guten Beziehungen in Moskau gegenwärtig waren. Dieser Umstand war nur insoweit wichtig, dass demzufolge Rákosi vorsichtiger wurde. Von der Führungsspitze der KP traute sich keiner, sich zu Stalins Lebzeiten mit Rákosi als Rivale anzulegen. Unseres Wissens gab es bloß einen Oberst im Amt für Staatssicherheit (namens Szűcs), der 1945–50 in Moskau gegen Rákosi intrigierte; es erwischte ihn dann ähnlich wie das Eisen: er wurde „bearbeitet”, solange er „heiß” war. Potentiell konnten nur diejenigen in der Führung der KP eine Zukunft haben (Gerő, Nagy, Münnich), die auch in Moskau wohlbekannt waren. Vergeblich genossen Rajk oder Kádár große Popularität im Kreise der ungarischen Kommunisten, der Jugend und der Arbeiter, ohne Moskauer Kontakte (danach hat damals keiner von den beiden gestrebt) war das für sie eher gefährlich als nützlich. Die beiden Leiter der KP (Nagy und Révai), die Beziehungen zu Moskau pflegten und von der von Rákosi abweichende Konzeption hätten aufweisen können, wollten ihre „schlafenden” Kontakte nicht aktivieren.

Rákosi war sich über die Machtverhältnisse in Moskau im Klaren, so begnügte er sich nicht damit, sich irgendeinen „Vizepatron” aufzutreiben, wie zum Bespiel Marschall Woroschilow, anstatt dessen forcierte er einen persönlichen Kontakt mit Stalin, der ihn selten empfing, aber Rákosi war das genügend. Er folgte nämlich selbst zu seiner Amtszeit als Ministerpräsident der Methode, allein, ohne Begleitung nach Moskau zu reisen, so konnte nicht einmal die Botschaft erfahren, ob er von Stalin empfangen worden war, geschweige denn was dort zur Sprache kam. Er konnte also bluffen, und er tat das auch.

1944–47 war Marschall Woroschilow der Präsident des Alliierten Kontrollrats in Ungarn, mit großem äußerlichem Prestige, doch seit seinem Misserfolg von 1941 bei Leningrad ohne jeden wirklichen Einfluss. Dazu müsste er gut gewesen sein, die rohen Sowjetgeneräle zu zügeln; und dafür konnte man ihn, den großen Lebemann, mit Schmeicheleien und Geschenken auch gewinnen. Zu Kriegszeiten legte Woroschilow großen Wert darauf, zu den Generälen, die sich gegen die Deutschen wandten und 1944–45 Regierungsmitglieder waren, gute Beziehungen zu pflegen. Er mischte sich in ihre Positionskämpfe ein, er muss willig gewesen sein, ihre Anhänger zu unterstützen, ihre Gegner (Oberst Kéri, Stephan Graf von Bethlen) verhaften zu lassen. Nach dem Kriegsende jedoch wurden diese Generäle beiseitegeschoben. Die Zivilpolitiker interessierten Woroschilow und seine Berater nicht, umso mehr die Gesellschaft von Künstlern und Künstlerinnen.

Woroschilow wusste nicht, was nach dem Friedensschluss kommt. Darum flog Rákosi einige Tage zur Unterzeichnung des Friedensvertrags nach Moskau, wo er mit Suslows Hilfe – den er als wichtige Person betrachtete und mit ihm im Kontakt stand – Stalin um eine Audienz bat. Stalin, der weder Ungarn noch Rákosi besonders hochschätzte, nahm sich keine Zeit, um ihn davon zu informieren, was er (Rákosi) wissen wollte: ob die sowjetischen Streitkräfte nämlich, in Ungarn bleiben würden. Er wurde stattdessen zu Molotow bestellt. Molotow teilte ihm mit: „Solange unsere Truppen in Österreich stationiert sind, werden sie auch in Ungarn und Rumänien stationiert sein.” Rákosi hatte dagegen nichts einzuwenden, er erlaubte sich nur die Bemerkung, dass die Unterhaltung der sowjetischen Streitmacht unheimlich viel koste, worauf er von Molotow beruhigt wurde: Die sowjetischen Truppen gelten als keine Besatzungsmacht mehr und sie werden auch nicht als solche agieren.

 

Von der Einführung der stalinistischen Diktatur bis zu ihrer Beseitigung

Während 1947–48 die Fronten des Kalten Krieges erstarrten, baute Rákosi binnen einem Jahr das Einparteisystem und seine Alleinherrschaft aus. Er hielt es weiterhin für eminent wichtig, Stalins Vertrauen zu gewinnen, und andere aus diesem Privileg hinauszudrängen. Dies entsprach dem Geschmack Stalins und seiner Nachfolger, und die relevantesten Fragen konnten auch des Weiteren in keinem anderen Rahmen erörtert werden als bei dem persönlichen Treffen des ungarischen Parteichefs mit Chruschtschow, dann später mit Breschnew. Da es aber zu solchen Treffen selten kam, blieben enorm viele Fragen lange ungelöst. Das Land wurde von sowjetischen Beratern überschwemmt, die erhebliche Schäden verursachten, insbesondere in der Landwirtschaft. Man durfte sie nicht kritisieren, doch beanspruchte die Führungsspitze ihre Vermittlerrolle nicht, den sowjetischen Botschaftern musste sogar nach dem Friedensschluss eine Bedeutung zugekommen sein, die im Vergleich zur Mehrheit der Volksdemokratien eher formal war, von der DDR ganz zu schweigen; in Ungarn war es unvorstellbar, dass der sowjetische Botschafter oder Bevollmächtigte an den Sitzungen der Parteiführung teilnimmt. Darum fühlten sich die sowjetischen Botschafter auch beleidigt, allen voran Kiselew, der die Sowjetunion in der ersten Hälfte der 50er Jahre vertrat. In seinen Berichten sind zahlreiche kritische Elemente zu finden, denen schenkten jedoch weder Rákosi noch Molotow und Wischinsky eine besondere Aufmerksamkeit.

Als Beispiel sollte das Kontaktsystem von drei wichtigen Gebieten hervorgehoben werden. Der Staatssicherheitsdienst (ÁVH) und die Armee wurden im Ganzen einer sowjetischen Fachleitung unterstellt, ihre Führungskräfte wurden in der Sowjetunion ausgebildet. Der Staatssicherheitsdienst wurde nach der Entlassung von Rajk aus dem Zuständigkeitsbereich des Innenministeriums herausgehoben: An seiner Spitze standen sowjetische Agenten, obwohl die politische Führung in den Händen von Rákosi blieb. Er konsultierte häufig mit den sowjetischen Beratern und dem Osteuroparesidenten des MVD, General Belkin.

In die Armeeangelegenheiten mischte sich Rákosi jedoch nicht ein, und in diesem Punkt stimmte seine Praxis mit der von Kádár überein. Die beiden hielten die Armee für eine nutzlose, aber doch notwendige Institution; sie brachten den sowjetischen Besatzungstruppen mehr Vertrauen entgegen, und Rákosi fand die Möglichkeit eines europäischen Krieges unwahrscheinlich. Rákosi wie Kádár hielten eines für wichtig: Man brauchte ohnehin einen solchen Rüstungsminister, der zur Sowjetarmee und später zum Generalstab des Warschauer Paktes reibungslose und gute Kontakte pflegt. Als solcher erwies sich Mihály Farkas (1948–1953), der beinahe 20 Jahre in Moskau lebte, aber als Soldat diente er selbst zu Kriegszeiten nicht. Seine Inkompetenz erleichterte nur, die Reibungen zu vermeiden, und dies sah auch die sowjetische Militärführung, die sich über die Brauchbarkeit der ungarischen Volksarmee keine Illusionen machte. Das bestätigt auch, dass zum Nachfolger des Farkas ein nicht nur ungebildeter, sondern auch dummer einstiger Straßenbahnschaffner ernannt wurde, doch waren die Russen auch mit ihm zufrieden.

Eine ganz andere Situation herrschte auf dem Gebiet der Kultur – hier setzte der führende Ideologe, Révai, den Akzent vor allen Dingen formal auf die Nachahmung des „sowjetischen Beispiels” und die Präferenz des „sozialistischen Realismus”, obwohl er die Methoden der sowjetischen „Kulturpolitik” nicht im ganzen übernehmen wollte und er bemühte sich, die Werte der Hochkultur nach Möglichkeit zu bewahren. Das tat auch Kádárs Kulturpolitiker, Aczél, und lange glaubte man, dass Révai Moskau besser diente als Aczél. Seitdem aber die Meldungen der sowjetischen Botschafter bekannt sind, weiß man schon, wie böse man mit ihm (Révai) war. Am 23. Juni 1952 berichtet Kiselew, er habe sich bei Rákosi beschwert, dass Révai verhindere, die Schädlinge, Narodniki und den „bürgerlichen Nationalisten” Georg Lukács aus der Literatur rauszuschmeißen. Rákosi räumte ein, es erschwere die Lage, dass „Révai lange Lukács Schüler gewesen wäre”. Er ließ aber Révai auch nach weiteren Denunziationen in seinem Amt. Nach Stalins Tod versuchte die neue sowjetische Führung mit ihren eigenen Mitteln, die Lage und das Leben des Volkes auch in Ungarn zu normalisieren. Ausschließlich zu dieser Zeit (1953–56) kam es zu gemeinsamen Sitzungen des ungarischen und sowjetischen Politbüros und relativ häufigen Besuchen der sowjetischen Führungsspitze. Im Juli 1956 kam es das erste und letzte Mal vor, dass ein sowjetischer Leiter auf einer Sitzung des Budapester ZK erschien und auch eine Rede hielt: Mikojan kam nur, um Rákosi zu entlassen.

 

Die Diktatur nach der Niederwerfung der Revolution von 1956

Bekanntlich wurden sowohl Rákosi wie auch seine Nachfolger, Gerő, Imre Nagy, dann später Kádár und Münnich in Moskau ausgewählt. Der Unterschied besteht darin, dass im Falle von Nagy und Kádár auch die ungarische öffentliche Meinung und andere Stellungnahmen (z. B. die von Tito) berücksichtigt wurden. Im Oktober 1956 gingen die Moskauer Führung und der ambitiöse neue Botschafter, Andropow, in den Tagen der Krise, der Revolution und ihrer Niederwerfung zur direkten „Handsteuerung” über und mischten sich in die ungarischen inneren Angelegenheiten bis auf die Einzelheiten ein. Die sowjetische Steuerung kam mittels Berater, Botschaft und anderer Kanäle auch auf mittleren Ebenen zur Geltung, wo so etwas zuvor beispiellos war. Einige Monate lang intervenierten auch Militärbefehlshaber ins Leben der Städte und Komitate, indem sie die gesetzlichen Formalitäten außer Acht ließen, ähnlich wie 1944–45.

Kádár befand sich 1956 und noch jahrelang danach – bis 1959 – in einer heiklen Situation. Das Schicksal hatte ihn ausgewählt, für drei Jahrzehnte der Budapester Statthalter von Moskau zu bleiben, obwohl er nie in der Sowjetunion gelebt und nie Russisch gelernt hatte (andere Sprachen auch nicht). So verstand er auch das für einen Europäer wohl eigentümliche Wesen der russischen Menschen und ihrer Leiter nicht leicht. Dabei waren ihm seine Mitarbeiter, alte „Moskowiten”, behilflich: Nemes, Szerényi, Szilágyi, Frisch und Münnich selbst. Die ersten zwei-drei Jahre der Kádár-Herrschaft kennzeichnete ein interessantes Duumvirat; Chruschtschow kannte Münnich und vertraute ihm, der nicht nur als alter Moskowit sondern, auch als alter Tschekist galt. Münnich war zwar ein typisches Mitglied dieser Zunft, doch charakterisierten ihn viel Nüchternheit und wenig Machtgier. Er nahm zur Kenntnis, dass Kádár 26 Jahre jünger als er war, und er selbst assistierte dabei, Kádár in den Vordergrund zu schieben, während er zu den Russen viel intensivere Beziehungen als zu ihm hatte, und das war auch auf den von ihm überwachten Gebieten – innere und auswärtige Angelegenheiten, Rüstung und Justiz – zu spüren. Während Kádár schrittweise und umsichtig der Situation Herr wurde, baute er genauso schrittweise und umsichtig das übergroße sowjetische Beratungsnetz ab. In der Außenpolitik, Parteipolitik und den Äußerlichkeiten entsprach er zwar völlig den sowjetischen Ansprüchen, doch strebte er gleichzeitig danach, dass sich die Sowjets ins Leben der Ungarn immer weniger einmischen. Es gelang ihm, mit Chruschtschow persönliche Freundschaft zu schließen – das war an sich mehr als was Rákosi je erreichte –, er erkannte aber daran, dass er außerstande ist, die Lebensauffassung des ungarischen Menschen zu verstehen. Als Chruschtschow auf dem Parteikongress im November 1959 sein ganzes Vertrauen Kádár entgegenbrachte, konnte dieser das Verhältnis zu Moskau realisieren, das er für das beste hielt.

 

Die liberale Diktatur des János Kádár

Während Münnich und andere Moskowiten, wie z. B. der Rüstungsminister Révész, der Außenminister Horváth die Führung verließen, beschränkte Kádár seine sowjetischen Kontakte auf die Führungsspitze, und er erteilte anderen Leitern ungern und selten die Erlaubnis, damit diese mit ihren Problemen nach Moskau oder zur sowjetischen Botschaft rasen können. Diese Methode Kádárs gefiel Chruschtschow, Breschnew und Suslow nicht besonders, sie wurde von ihnen nur darum akzeptiert, weil für sie Kádárs Person dafür bürgte, dass sich 1956 nicht mehr wiederholt. Kádár war dazu noch berechenbar, von ihm aus konnte man ruhig schlafen, und dies war für die sowjetische Gerontokratie äußerst behaglich. Aus diesem Prozess sollten zwei Leistungen Kádárs hervorgehoben werden. Die eine: Anfang 1960 forderte er Chruschtschow auf, dass er ihn von dem sowjetischen Botschafter in Budapest befreien sollte, da dieser hinter seinem Rücken dem Landwirtschaftsminister Ratschläge gab – der letztere wurde gleich gefeuert. Die andere: Er tat nach Chruschtschows Entlassung 10 Jahre lang so, als ob er nicht bemerkt hätte, dass sich in Moskau seit der Chruschtschow-ära vieles änderte. Die Kontinuität verkörperten für ihn Andropow und Suslow, aber selbst mit Breschnew hatte er keinen Konflikt, da dieser Kádár als Angewöhntes duldete. Und wenn Breschnew auf irgendetwas bestand, akzeptierte er das auch. Dazu gilt als bestes Beispiel der Einbruch in die Tschechoslowakei 1968, wogegen er sich offen aussprach, er nahm es jedoch zur Kenntnis und beteiligte sich an der Aggression selbst.

Ab Mitte der 70er Jahre mischte sich Moskau in die ungarischen Angelegenheiten immer massiver ein, und die Widerstandskraft des alternden Kádárs wurde zwar immer geringer, doch konnte er, wenn auch nur formal, seine Sonderstellung behalten; er räumte der sowjetischen Beratung und Botschaft weiterhin eine Minimalbedeutung ein. Er duldete natürlich die Gegenwart der sicherlich unzähligen ungarischen KGB- und sonstigen Agenten, er fühlte sich jedoch des Öfteren stark genug, solche Führungskräfte zu entlassen, die seiner Politik gegenüber den Moskauer Kurs favorisierten, so den ZK-Sekretär Béla Biszku 1978 oder den Stellvertretenden Ministerpräsidenten Gyula Szekér 1980. Ab 1974 wurde seine verhältnismäßig unabhängige Politik immer mehr illusorisch, und er versuchte selbst nach Breschnews Tod nicht, die ungarisch-sowjetischen Beziehungen umzugestalten. Zu seinen der Öffnung dienenden Schritten (z. B. Anschluss an die IMF) bat er weiterhin um die Zustimmung von Moskau.