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I.
Über die Zukunft der Europäischen Union, über die Zukunft
des Europa Institutes Budapest

Bericht
über die Tätigkeit des Europa Institutes Budapest
2005–2006

 

A)
Die Entwicklung der europäischen Integration
(1990–2006)

 

Die EU vor 2004

Das große Projekt Europas im 19. und 20. Jahrhundert war die industriell-technische Revolution sowie die Errichtung des hierzu notwendigen gewerblichen Rahmens der kapitalistischen Wirtschaftsordnung. Zu diesem Projekt gehörend – als eine Begleiterscheinung – ist zu bewerten, dass die Menschen ein neues Modell des (gemeinschaftlich-politischen) Zusammenlebens entwickelten: die Nation und die Nationalstaaten (1789–1992). All dies führte zu außergewöhnlichen Erfolgen in der Wissenschaft, bei der Lebensmittelversorgung, sowie bei der Industriewarenversorgung und brachte den sprunghaften Anstieg der höheren Lebenserwartung, die Verbesserung der Lebensqualität – die Erhöhung des Bildungsstandards miteinbegriffen – mit sich. Gleichzeitig, als das Ergebnis dieser Entwicklung dehnte Europa seine eigene Kultur und seine eigenen Modelle des politischen Zusammenlebens auf große, außerhalb von Europa liegende Teile der Welt aus. (Hier muss bemerkt werden, dass der Aufschwung in Bereichen der Technik und der Industriewarenversorgung sowie die Ausbildung der Nationalstaaten zu zwei Weltkriegen führten.)

Das große Projekt Europas im 21. Jahrhundert (ab 1992) ist die Errichtung der sich auf den gesamten Kontinent erstreckenden territorialen administrativen Organisation (Europäische Union). All dies bildet einen Bestandteil der neueren industriell-technischen Revolution, die sich in Bereichen der menschlichen Kontaktsysteme und der Produktionsorganisationen manifestiert, und welche wir als Informationsrevolution kennzeichnen und miterleben. Für die Menschen in Europa stellt sich die Frage: Sind sie in Bereichen der Technik, der Wirtschaft, der Verbesserung der Lebensqualität – den Umweltschutz miteinbegriffen – im Vergleich mit den Menschen, die außerhalb von Europa leben, wettbewerbsfähig? Die Errichtung der neuen europäischen administrativen Organisation (Europäische Union) hat nur dann einen Sinn, wenn somit den auf dem Kontinent lebenden Menschen beim Schritthalten mit dem globalen Wettbewerb geholfen wird, wenn ihre Wettbewerbsfähigkeit gewährleistet wird.

 

Die EU nach 2004: Strukturwandel und der Balkan

Der Ausbau der Europäischen Union ist in mehrere Abschnitte, in Teilprozesse gegliedert. Einer dieser Teilprozesse ist das Ausdehnen der Grenzen der Europäischen Union, der andere die Gestaltung der inneren Struktur der Union.

Der Erweiterungsprozess der Union in östliche Richtung wurde 2004 beschleunigt, 10 osteuropäische Staaten, unter ihnen auch Ungarn, wurden in die Union aufgenommen. Die östliche Erweiterung geht auch momentan in südöstliche Richtung weiter voran, in Richtung der Staaten der sog. Balkanregion, Rumänien, Bulgarien, Kroatien, (Serbien?), die Türkei. In absehbarer Zeit (10 Jahre?) wird diese Region für unsere Generation zu einer der uns umgebenden politisch-gesellschaftlichen „Umwelt”, zu einem der von uns bewanderten politisch-gesellschaftlichen Bewegungsräume. Die Ausdehnung der administrativen Grenzen wirkt sich nämlich auf alle Lebensfunktionen der Menschen aus: Auf die Siedlungs- und Gemeinschaftskultur, auf die Lebensqualität, es ist maßgebend für den Bewegungs- und Ideen/Interessenradius der Menschen. Die Intellektuellen der Region müssen somit ein nicht einschätzbares Volumen und eine nicht einschätzbare Heterogenität an gesellschaftlich-wirtschaftlichen Phänomenen aufdecken und erfassen, um den osteuropäischen Gesellschaften beim Erleben dieses enormen Projekts helfend zur Seite stehen zu können.

Ein weiterer Teilprozess beim Ausbauen der Europäischen Union ist die Neugestaltung der inneren Struktur der Union. Die innere Neugestaltung ist, wie bekannt, seit 1992 ein „kontinuierliches Programm”, dessen Verwirklichung – wie es zumindest scheint – zu erst wegen dem Streit unter den Mitgliedstaaten um Irak ins Stocken geriet, und später wegen dem Scheitern der geplanten EU-Verfassung (2004) einige Zeit verlangsamt wurde. Das den Angelegenheiten der Union entgegengebrachte Desinteresse unter der Bevölkerung, welches sich bei den Europäischen Parlamentswahlen 2004 zeigte, entmutigte die EU-Strategen. Unter den Fachexperten der EU stieg in einem unerwarteten Maße der „Euroskeptizismus” an. Trotz dessen, dass jeder, der sich mit den strategischen Fragen der Zukunft der EU beschäftigt, weiß, dass die im Jahre 2000 festgesetzten ambitiösen Zielsetzungen von Lissabon nur dann verwirklicht werden können, wenn die innere Neugestaltung tatsächlich vor sich geht. In Lissabon setzte sich nämlich die EU zum Ziel, dass sie bis 2010 eine führende Position unter den globalen Wirtschaftsmächten, vor den USA, einnehmen will und, dass diese leitende wirtschaftliche Position mit der Errichtung der wissensbasierten Gesellschaft, vor allem mit der Errichtung einer auf Innovationen gestützten wissenschaftlich-technischen Basis erreicht werden soll. Die Daten zeigen bislang, dass dieser ambitiöse Plan nicht verwirklicht werden kann. Die Entfernung zwischen dem Stand der Entwicklung in den USA und in der EU scheint nicht abzunehmen, sondern gerade auf dem Gebiet der Wirtschaft und der wissenschaftlichen Innovation bleibt die EU immer weiter zurück. Auch im Hinblick auf die Zeiger der westeuropäischen Gebiete innerhalb der EU liegen diese weit hinter den Indikatoren des Entwicklungsstandes der USA zurück.

Die Analyse der Gründe für diesen Rückstand ist noch nicht erfolgt, genauso wie die Diskussion der strategischen Fragen im vorigen Jahr im allgemeinen wegen dem Scheitern der EU-Verfassung ausgeblieben ist.

Es wird bereits verlautet, dass im Laufe der Planung (Lissabon 2000) irreale Ziele gesetzt wurden, dass die Leiter der EU eher Wünsche formulierten, anstatt einen auf reale, faktengestützte Gegebenheiten basierten Plan für die kommenden 10 Jahre zu verfassen. (Der tschechische Politiker Václav Klaus verglich Lissabon geradezu mit einem Zentralkomitee-Beschluss der KPdSU, Franz Fischler, der EU-Kommissar für Landwirtschaft verglich die Schlussbestimmungen von Lissabon mit einer Wunschliste für den Weihnachtsmann.)

Es wird aber über die Gründe der Verlangsamung der EU allerdings noch nicht gesprochen. Der Grund für die Verlangsamung liegt nach Meinung des Autors dieser Zeilen zum Teil an der nicht realistischen Einschätzung der Folgen der östlichen Erweiterung, da die neuen Staaten gerade in den Produktionsbranchen weit hinter dem Weltstandard zurückliegen. Im Allgemeinen gilt, dass die Wettbewerbsfähigkeit der neuen Mitgliedstaaten sowohl von den EU-Fachexperten wie von den neuen Mitgliedstaaten selber allzu optimistisch beurteilt wurde. Die neuen Mitgliedstaaten haben somit eine negative Auswirkung auf den EU-Durchschnitt, auch die für die Entwicklung vorgezielten Geldmittel müssen großteils im Zeitraum zwischen 2007 und 2013 für die Aufschließung der neuen Mitgliedstaaten verwendet werden. Wir neigen dazu, das Ausbleiben der strukturellen Neugestaltung als den anderen Grund für die Verlangsamung anzusehen. Für einen auf dem gesamten Kontinent wirksamen Aufschwung der Investitionen sind die größeren Investitionen in den dynamischsten Industriezweigen (Waffenherstellung, Pharmazeutik, Elektronik) von Bedeutung. Die Zentren dieser Industriezweige sind aber in den USA angesiedelt, und Europa befindet sich nicht in der Position, sie von dort wegzulocken. Gleichzeitig kann die auf so viele Nationalstaaten gegliederte EU den Wettbewerb mit der weltpolitischen Macht, mit dem weltpolitischen Gewicht der USA nicht aufnehmen. Die EU vertritt immer noch keine gemeinsame Außenpolitik auf Unionsebene, sie besitzt kein eigenes Militär. Sie kann den Umweltvorschriften, die sie auf dem eigenen Gebiet obligatorisch einführen ließ, und die selbstverständlich den Kapitalzufluss in die Region nicht fördern, in der Weltpolitik keine Geltung verschaffen. Während die USA und China sowohl was den Boden und die weitere natürliche Umwelt (Luft, usw.) anbelangt, eine Raubwirtschaft betreiben. Man braucht kein Hellseher zu sein um zu erkennen: Die EU muss sich in den kommenden Jahren ernsthaft sowohl mit den strukturellen Reformen, wie mit den möglichen Auswirkungen der weiteren östlichen Erweiterung auf dem gesamten Kontinent befassen. Die folgende Frage muss ernsthaft gestellt werden: Sollen die politischen und ideologischen Grundsätze tatsächlich unbedingt geltend gemacht werden? (Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion wurde die östliche Erweiterung in erster Linie aus politischen Gründen vorangetrieben. Und es sind auch wieder politische Zielsetzungen sowie die militärpolitischen Zielsetzungen der USA, die die gegenwärtige Balkan-Erweiterung vorantreiben.) Und die Intellektuellen auf dem Kontinent müssen sich ebenfalls die Frage stellen: Darf man sich denn wirklich so stark von der Diskussion der Fragen über die Zukunft des Kontinents distanzieren? Unserer Meinung nach muss den fachlichen Aspekten mehr Platz eingeräumt werden, sowohl bei Fragen zu der inneren Neugestaltung der EU, wie bei der Beurteilung der östlichen Erweiterung. Die immer engere Zusammenarbeit der Fachexperten der Bereiche Lebensmittel-Industriewarenproduktion, Verkehrswesen, Administration, gesellschaftliche Mobilität, Kultur muss angeregt werden, wenn es sich um die EU handelt. Die Abwägung der politischen Aspekte und Zielsetzungen soll den professionellen Politikern überlassen werden.

 

B)
Die zukünftigen Aufgaben des Europa Instituts Budapest

 

Das Europa Institut Budapest 1990–2004

Wir, die Leiter des Europa Instituts Budapest verlauteten: Unsere Tätigkeit ist im Jahre 2004 an eine Grenze angelangt: Ungarn wurde in die EU aufgenommen. Eines der Zielsetzungen der Begründer des Instituts (1990) war es doch, Ungarn auf den Beitritt zur EU vorzubereiten. Und das Institut – gerade auf Grund der Beurteilung des Wissenschaftlichen Beirates im Jahre 2005 – trug im Vergleich mit der Tätigkeit der hiesigen sozialwissenschaftlichen Institute vielleicht am meisten zur Vorbereitung auf den EU-Beitritt bei: Wir nahmen aktiv am Monitoring, welches von Brüssel aus initiiert wurde, teil, also an der Ermessung der Vorbereitung der Kandidatenländer auf den EU-Beitritt. Wir haben das Monitoring in Ungarn organisiert, unsere internationalen Konferenzen boten stets ein Forum für Europa-Politiker, wir organisierten Treffen unter ungarischen und EU-Politikern, wir publizierten regelmäßig fremdsprachige Jahrbücher und wir behandelten die Diskussion der ethnischen-gesellschaftlichen Konflikte der ostmitteleuropäischen Region schwerpunktmäßig. Wir errichteten und führten ein breites Stipendienprogramm aus: Während der vergangenen 15 Jahre vergaben wir mehr als 1500 Monate Stipendien an postgraduelle Studenten und an Professoren, die sich mit Ungarn und Europa beschäftigten.

Im Jahre 2005 musste eine Entscheidung getroffen werden, wie es nach dem EU-Beitritt von Ungarn und den benachbarten Ländern weitergehen soll. Das Gründungsdokument der Stiftung und des Institutes besagt, dass unser Ziel das Studium der europäischen Einheit ist, wobei dieses Ziel mit der Unterstützung der hierauf gerichteten Forschungs-, Publikations- und Lehrtätigkeit sowie mit der Vergabe von Stipendien verwirklicht werden soll. Voriges Jahr wurde die Entscheidung getroffen, dass das Institut seine bewährte Tätigkeit weiterführen soll, aber mit Bezug auf die Ausführung seiner Tätigkeit eine Neuakzentuierung anzielen soll. Wir sollen auch weiterhin Konferenzen organisieren, unsere internationale Buchserie publizieren, aber unser Stipendiumsystem soll umgewandelt werden: Die hohe Zahl der ausländischen kurzfristigen Stipendiaten (Residenten-Stipendiaten) soll aufgehoben bzw. gekürzt werden, die Lehrtätigkeit an der Eötvös-Loránd-Universität in Budapest soll aufgenommen werden, die EDV-gestützte Basis für die elektronische Publikation soll eingerichtet werden und so bald wie nur möglich in Fremdsprachen – Deutsch, Englisch – zugänglich gemacht werden.

Das vergangene akademische Jahr wurde im Zeichen dieser Neuakzentuierung gestaltet und auch das nächste – 2006–2007 – akademische Jahr soll in der Zukunft dementsprechend geplant werden.

 

Die Umgestaltung des Stipendiumsystems

In den Jahren zwischen 1990 und 2004 gab es drei Typen der Stipendiaten:

– Die residierenden ausländischen Stipendiaten sind die, denen neben einem Stipendium eine Unterkunft im Gästehaus bereitgestellt wird. Dies hatte in den Jahren zwischen 1990 und 2004 eine entscheidende Bedeutung, da zu der Zeit Budapest für die Sozialwissenschaftler als ein Treffpunkt zwischen Westeuropa, den USA sowie der osteuropäischen Region fungierte. Im Laufe der östlichen Erweiterung der EU (1998–2004) nahm die Zahl der westlichen Stipendiaten zu (Erasmus und andere Projekte), und somit verloren die Stipendien mit Forschungssitz in Budapest an Bedeutung. Im Rahmen der Sitzung des Stiftungsrates im Jahre 2005 wurde bereits ein Vorschlag zur Kürzung – wie bei der vorigen Sitzung bereits diskutiert – unterbreitet, und es wurde die Erhöhung der Zahl der „Projekt-” bzw. „Forschungsmanagementstipendien” befürwortet. Das Niveau der residierenden Stipendiaten ist in letzter Zeit sehr zurückgegangen, die Reduzierung ihrer Zahl scheint somit angebracht. (Der Kostenanspruch ist sehr hoch: Betriebskosten des Gästehauses, Auszahlung an die Tutoren, usw.)

– Ein weiterer Typ der Stipendiaten ist der sog. Projektstipendiat. Dies bedeutet: Das Institut schreibt für die Verwirklichung der großen Projekte ein nicht residierendes Stipendium aus. Die Anwärter bewerben sich von sich aus oder wir bieten jemandem ein Stipendium für das Halten eines Vortrages oder für die Ausarbeitung einer Studie innerhalb eines angegebenen Zeitraums an. Das Institut konnte auf diese Weise im Jahre 2004 und 2005 zum Beispiel die Filmreihe über die EU-Erweiterung verwirklichen und in gleicher Weise das Balkan-Projekt starten, in dessen Rahmen solche sog. Projektstipendien vergeben wurden. (Hierzu gehören auch die Gastprofessoren, die im Rahmen eines der Projekte des Institutes nach Budapest kommen und im Gästehaus untergebracht werden. Somit muss wohl überdacht werden, ob die Stiftung das Gästehaus aufgeben, aber 2–3 Gästezimmer behalten soll, sofern dies durch eine Vertragsänderung erreicht werden kann.

– Die „Forschungsmanagementstipendien” werden den Forschern zugesprochen, die im Institut für eine längere Zeit (1–3 Jahre) an einem Projekt arbeiten. Das Stipendium ist für die Verwirklichung eines auf eine längere Zeit geplanten Projekts gedacht. Mit diesem Typ des Stipendiums konnte in den vergangenen Jahren das Projekt der „Kleinen Nationen in Ostmitteleuropa” verwirklicht werden, aber auch zum Teil das Balkan-Projekt oder die Organisation der großen jährlichen wissenschaftlichen Konferenzen, ihre Vorbereitung, aber auch die Redaktionsaufgaben verbunden mit der Publikation der Reihe „Begegnungen”.

Der Stiftungsrat unterbreitete bereits im vorigen Jahr den Vorschlag, dass das Stipendiumsystem überarbeitet werden sollte. Diesem Vorschlag sind wir nun nachgekommen und bei unserer diesjährigen Sitzung (9. Juni 2006) haben wir über die Beibehaltung der „Projektstipendien” und der „Forschungsmanagementstipendien” (Stipendiaten, die an der Vorbereitung der wissenschaftlichen Projekte des Instituts mitarbeiten) und gleichzeitig über die Reduzierung der „Residenten-Stipendien” entschieden. Es wurde ebenfalls der Entschluss gefasst, unsere Stellung an der Universität im Rahmen der graduellen und postgraduellen Bildung auszubauen. Die Mitglieder des Stiftungsrats baten die Mitglieder des Wissenschaftlichen Beirats darum, dass sie bei der Gestaltung des wissenschaftlichen Programms des Instituts für das kommende Jahr diese Umstände in Betracht ziehen sollen.

Im Sommer dieses Jahres hat die Direktion des Instituts die Gästezimmer für die Studenten gekündigt, drei Apartments (von den bisher insgesamt 13) wurden auch weiterhin beibehalten und der Umzug aus den Büroräumlichkeiten, die den bisherigen Stammsitz des Instituts bildeten (Ajtósi Dürer sor 19–21.), an die Eötvös-Loránd-Universität wurde begonnen.

 

Die Vorbereitung der Lehrtätigkeit an der Universität

Wie lange kann das Europa Institut Budapest bestehen bleiben, wie lange kann es den Anforderungen der Zeit gerecht werden? Diese Fragen haben wir bereits 2004, im Jahr des EU-Beitritts Ungarns, gestellt. Dann wiederholt 2005 als einer der Begründer des Instituts (Senator Dr. Dr. Herbert Batliner) und mit ihm einer der Gründungsmitglieder des Stiftungsrates (Dr. Erhard Busek) aus dem Stiftungsrat geschieden sind. Anstatt dem Residenten-Gästehaus soll die universitäre Lehrtätigkeit angezielt werden. Die Universität bietet auf jeden Fall ein breiteres Publikum, besonders wenn in Folge des Bologna-Prozesses im kommenden Jahrzehnt eine wachsende Zahl an ausländischen Studenten nach Ungarn kommt. Es ist an der nächsten Generation, den Herausforderungen des internationalen, vom nationalen Hochschulwesen nicht eingeengten Universitätsstudiums gerecht zu werden. Das „Europaprogramm” wird in den kommenden 10 Jahren zum Teil auch zur Herausbildung einer neuen europäischen Intellektuellenschicht führen. Innerhalb des ungarischen Hochschulwesens müssen also die Europa-Kenntnisse in einem breiteren Ausmaß vermittelt werden und die Hochschulausbildung in einer Fremdsprache muss ermöglicht werden. In diesen Bereichen bedarf das ungarische Hochschulwesen der Unterstützung. Während die Periode zwischen 1990 und 2004 von den Beitrittsvorbereitungen geprägt war und die Präsenz in der politischen Öffentlichkeit maßgebend war, wird das kommende Jahrzehnt Möglichkeiten und Tätigkeitsfelder für die Herausbildung der gemeinsamen europäischen Intellektuellenschicht bieten. Und unsere Generation kann diesen Prozess nur in Gang setzen. Der Bologna-Prozess wird in Ungarn in den Jahren zwischen 2008 und 2012 „umgesetzt” werden können, bis dahin werden die jetzigen Leiter des Instituts bereits in Rente sein (wenn sie dieses Alter überhaupt erreichen). Die heute 30 und 40jährigen, die in angemessener Anzahl und mit großer Dynamik im Institut tätig sind, als Assistenten des Instituts oder als Stipendiaten für „Forschungsorganisation”, können dann die Lehrprogramme in englischer und deutscher Sprache leiten. (Natürlich ist auch die Lehrtätigkeit in russischer Sprache oder in einer der Sprachen der Nachbarländer nicht ausgeschlossen.) Die Mitglieder des Stiftungsrates und später die Mitglieder des Wissenschaftlichen Beirates bekundeten die diesbezüglichen Ausführungen des Direktors mit Einverständnis, umso mehr, da sie selber der Generation angehören, die zu der besagten Zeit das Rentenalter erreichen wird.

Im Frühling des Jahres 2005 haben die Verhandlungen mit der Leitung der Geisteswissenschaftlichen Fakultät an der Eötvös-Loránd-Universität darüber begonnen, dass das Europa Institut Budapest gerne für graduierte und postgraduierte Studenten an der Universität auf Ungarisch und in einer Fremdsprache Lehrkurse zur Thematik „Europakenntnisse” anbieten würde. Diesbezüglich gab es eine Lücke im Profil der Universität. Wir baten die Leitung um die Unterbringung des Institutes im gegenwärtig neu hergerichteten Innenstadtgebäude der Universität. Die Leitung der ELTE kam uns diesbezüglich gerne entgegen und bot uns einen 160m2 großen Gebäudeteil an, wo 4 Lehrkräfte sowie die Administration, die Bibliothek und 2 Seminarräume untergebracht bzw. eingerichtet werden können. Vor der Sitzung des Stiftungsrates am 9. Juli 2005 wurde das besagte Gebäudeteil von einem der Begründer des Instituts, Senator Dr. Dr. Herbert Batliner, in Begleitung des Direktors und dem Dekan Károly Manherz besichtigt. Senator Dr. Dr. Batliner hatte angeboten, dass die von ihm geleitete Peter Kaiser Stiftung 5 Jahre lang für den im Voraus festgesetzten Mietbetrag des Gebäudeteils aufkommen wird.

Die Vereinbarung zwischen der Universität und dem Institut ist zustande gekommen, der Betrag wurde von der Peter Kaiser Stiftung zugebilligt und überwiesen.

Wir sind mit der Leitung der Universität bezüglich die Einteilung und Errichtung der Räumlichkeiten zu einer Einigung gekommen und aller Wahrscheinlichkeit nach werden wir im Zeitraum zwischen dem 15. Dezember dieses Jahres und dem 15. Januar 2007 unsere neuen Räumlichkeiten im Gebäude der Geisteswissenschaftlichen Fakultät der Eötvös-Loránd-Universität beziehen können.

 

Die Vorbereitungen mit Bezug auf die südöstliche Erweiterung der Europäischen Union

Das in den Mitgliedstaaten der Union unter den Intellektuellen (und soweit wir ermessen können, unter den Politikern) herrschende Desinteresse gegenüber der Balkanregion ist auffallend. Die Balkanstudien sind dem Zurückdrängen des zuvor weitverbreiteten Interesses an Osteuropa zum Opfer gefallen. Jetzt, nach 1990, wurde es erst ersichtlich, dass die zuvor in den USA und in Westeuropa eingerichteten Institutionen für „Osteuropastudien” (Lehrstühle, unabhängige Forschungsinstitute) ihre Existenz in erster Linie dem Interesse an der Sowjetunion zu verdanken hatten. Nach dem Zerfall der Sowjetunion wurden die Institutionen, die sich die Erforschung des Ostens zur Aufgabe machten, nacheinander aufgelöst, und mit ihnen verschwanden die Forschungsthemen aus dem Blickfeld, die die Geschichte und Gegenwart Osteuropas untersuchten. (Es kann als typisch angesehen werden, dass als wir unsere Homepage für das Zentrum für Balkanforschung einrichteten, wir im Internet keinen „Rivalen” mit dem gleichen Namen fanden. Wir fanden lediglich eine einzige, für das Propagieren einer einzigen Konferenz eingerichtete, aber nicht aktualisierte Homepage mit ähnlichem Namen.)

Ungarn befindet sich auf der „Hauptroute” der europäischen Geschichte des kommenden Jahrzehnts, aber weder die Intellektuellen noch die Politiker haben diese neue Situation erkannt. Genauso wie sie kein Programm für die Jahre nach 2004 ausgearbeitet haben, als wir nämlich gemeinsam mit zwei unserer Nachbarn, der Slowakei und Slowenien, Mitglieder der EU wurden. Es kann generell festgestellt werden: Im Allgemeindenken hat sich die Erkenntnis, dass die ungarische Staatsbürgergemeinschaft in einem „neuen Heimatland” ein Zuhause gefunden hat und dort unter neuen Bedingungen walten kann, nicht durchgesetzt. Sie haben ebenfalls nicht realisiert, dass die EU-Mitgliedschaft die Möglichkeit für eine neue Nachbarschaftspolitik bietet und zugleich fordert, und dass die südosteuropäische Erweiterung der Union die Entwicklung von neuen Wirtschafts- und Nationalstrategien ermöglicht. Der Beitritt von Rumänien und Bulgarien in die EU wird mit großer Wahrscheinlichkeit von dem EU-Beitritt Kroatiens und Serbiens bzw. der Türkei gefolgt werden. Eine der europäischen Verkehrskorridore in Richtung Südosteuropa führt durch Ungarn, bzw. den Karpatenbecken. Ungarn, bzw. die südosteuropäische Region haben gemeinsame wirtschafts- und sicherheitspolitische Interessen, die in den kommenden Jahrzehnten gewahrt und geltend gemacht werden können ohne von bestehenden nationalstaatlichen Grenzen – ungleich dem 19. und 20. Jahrhundert – gehindert zu werden.

Ungarn muss eine aktive Balkanpolitik betreiben. Es muss seinem 200 Jahre lang waltenden, einseitig dem Westen zugewandten, außenpolitischen Interesse eine neue Richtung geben. Es ist wahr, dass die sowjetische Besatzung und die von den Sowjets aufgezwungene osteuropäische Orientierung die Erforschung der östlichen Teile Europas unbeliebt gemacht hat, aber die Fixierungen von gestern müssen abgeschüttelt werden. Die nach 1990 abgebauten Osteuropastudien müssen neu gestartet werden, die osteuropäischen Forschungen und ganz besonders die südosteuropäischen Forschungen müssen akzentuiert gefördert werden. Die von unserer Generation noch überlieferten Kenntnisse über die slawischen Völker, über Osteuropa müssen mobilisiert werden und den jüngeren Generationen müssen Arbeitsstellen angeboten, der nötige institutionelle Rahmen errichtet, die Erforschung von osteuropäischen Themen ermöglicht und Kurse mit osteuropäischer Thematik zugänglich gemacht werden. Die Tradition der Balkanforschungen, die zur Zeit der Jahrhundertwende immer intensiver gepflegt wurde, muss neu zum Leben erweckt werden. Die Institutionen, die sich der Geschichte und der Gegenwart des Balkans zuwenden, müssen zusammengefasst werden, die in der politischen Administration aktiv tätigen Balkanexperten und die in der Balkanregion aktiv anwesenden Unternehmer müssen angesprochen werden. – Diese waren die Gedanken, auf die basierend 2004 und dann erneut 2005 das Starten eines umfassenden Balkanforschungsprojektes auf die Agenda gesetzt wurde.

Im Rahmen des Projektes sollen nicht die tagespolitisch aktuellen Fragen der Balkanpolitik behandelt werden, so sagten wir. Die Fragen der Balkan-politik sollen der politischen Administration überlassen werden. Wir sollen uns eher den natur- bzw. produktionsbezogenen und den sozialen strategischen Fragestellungen im Karpatenbecken und in der Balkanregion zuwenden. Die grenzüberschreitenden Naturprozesse (Klima, Wasserwirtschaft, administrative Umgestaltung in Verbindung mit der Integration) und die Umwälzungen in der Bewirtschaftung (Industrie, Agrarwirtschaft, Verkehrswesen), sowie die sozialen Umschichtungen (die erschütternden sozialen Umschichtungen in Folge des Systemwandels, welches wir selber miterlebt haben, die Errichtung des institutionellen Rahmens der politischen Demokratie), die Möglichkeiten der Aufhebung der Jahrhunderte lang bestehenden ethnisch-religiösen Konflikte, ähnlich denen, mit denen wir uns auseinanderzusetzen haben, – es sind diese Themenkreise, die wir auf unsere Agenda setzen wollten. (Diese Themenkreise wurden im Zeitraum zwischen Herbst 2005 und Frühling 2006 behandelt.) Dann soll die Vorstellung der einzelnen Länder erfolgen: es sind Konferenzen mit Vorträgen über die Kandidatenländer, bzw. die weiteren Staaten der Region vorgesehen, natürlich sollen leitende Intellektuelle der jeweiligen Länder eingeladen werden und es sollen Treffen organisiert werden. (Diese Veranstaltungen sind für den Zeitraum zwischen Herbst 2006 und Frühling 2007 geplant.) Die Diskussion über die grenzüberschreitenden Prozesse ist mit der Behandlung der obigen Themen noch nicht abgeschlossen: das Schicksal der Donau und des Donautals in den Jahrzehnten nach der erwarteten Integration, die kulturelle Diversität und die Biodiversität des Donautals in den kommenden Jahrzehnten, die Prognosen über die Auswirkungen der Migration, usw.

Auf Grund der obigen Überlegungen und der an diese anlehnend verlauteten Programmpläne nahmen der Stiftungsrat und anschließend der Wissenschaftliche Beirat dazu Stellung (2004–2005), dass die Erforschung des Balkans im Rahmen eines neuen Projekts gestartet werden soll. (Dies geschah nachdem das große Projekt zum Thema „Die kleinen Nationen in Ostmitteleuropa” erfolgreich abgeschlossen wurde.) Den Mitgliedern des Stiftungsrates wurde im Laufe der Sitzung am 9. Juni 2006 der folgende, auf Schwerpunkte konzentrierte Bericht über das Projekt der Balkanforschung unterbreitet: „Im Sinne der Entscheidungen des Stiftungsrates und des Wissenschaftlichen Beirates bei den Sitzungen in den Jahren 2004 und 2005 (11. Juni und 7. Juli 2004 sowie 9. Juni 2005) wurde am 15. November 2005 eine Konferenzreihe über den Balkan gestartet, in deren Rahmen mittlerweile weitere 5 groß angelegte Veranstaltungen organisiert wurden. Die behandelten Themen der Konferenzen waren: die neue Balkan-Politik; 10 Jahre nach dem Dayton-Abkommen und die Minderheitenfrage auf dem Balkan; regionale Entwicklung in der Balkan-Region; die Auswirkungen des Klimawandels auf den Balkan und den Karpatenbecken; das Agrarwesen auf dem Balkan und in Ungarn; das Verkehrswesen Südosteuropas und die Erweiterung der Europäischen Union. Die Konferenzreihe hatte unerwartet großen Erfolg und fand unerwartet breiten Widerhall. Die angesprochenen Themen der Konferenz fügten sich an die wichtigen strategischen Fragen in Verbindung mit der EU-Erweiterung, aber im Rahmen der einzelnen Konferenzen wurde ebenfalls jeweils ein Gastvortragender eingeladen, um über die aktuell politischen Themen zum Balkan zu sprechen.

Auf Vorschlag des Institutes und in Zusammenarbeit mit dem Sozialwissenschaftlichen Forschungszentrum an der Ungarischen Akademie der Wissenschaften (UAW), dem Institut für Geschichtswissenschaft der UAW, dem Programmkomitee der Strategischen Forschungen der UAW sowie gemeinsam mit der Arbeitsgruppe für Europäische Geschichte der UAW wurde am 24. Oktober 2005 das ‘Zentrum für Balkanforschung’ als ein virtuelles Institut ins Leben gerufen. Das Europa Institut und die Arbeitsgruppe für Europäische Geschichte sichert diesem virtuellen Institut die nötige Administrationskapazität und die Infrastruktur, das Sozialforschungszentrum an der UAW stellt eine Arbeitsstelle für Forschung und Redaktionstätigkeit bereit und das Programmkomitee der Strategischen Forschungen eine jährliche Zielförderung in Höhe von 3 Millionen HUF. Das Zentrum verfügt über eine eigene Homepage, die sich gegenwärtig noch im Umbau befindet. Ab September 2006 werden auf der Homepage die entsprechenden Informationen und Bekanntmachungen auch in englischer Sprache erreichbar sein.”

Für die Mitglieder des Wissenschaftlichen Beirates folgt nun eine detaillierte Beschreibung des Balkanprojekts und der im Rahmen dieses Projektes organisierten Konferenzen. (Im Kapitel „Veranstaltungen” werden alle Konferenzen einzeln erläutert.) Dies geschieht auch aus dem Grund, weil wir auf die Meinung der Mitglieder des Wissenschaftlichen Beirates großen Wert legen, und weil wir sie bitten möchten, Ihre Vorschläge zur möglichen Fortführung der Veranstaltungen zu unterbreiten. Das Interesse an den Veranstaltungen ist weit größer als erwartet, es erscheinen bei den Konferenzen regelmäßig 100 bis 120 Gäste. (Dies ist deshalb überraschend, weil wir die Veranstaltungen anfangs als Werkstattkonferenzen geplant haben.)

 

Die Neugestaltung der inneren Struktur der Europäischen Union
und die grenzüberschreitenden europäischen Prozesse

Die Europäische Integration, später die Gestaltung der inneren Struktur der Europäischen Union und die Diskussion über die die Grenzen des Kontinents überschreitenden naturbezogenen-sozialen-politischen Prozesse waren von Anfang an im Programm des Institutes enthalten. Die von uns behandelten konkreten Themen lehnten sich natürlich in erster Linie an die östliche Erweiterung der EU an, dann in den letzten Jahren erstreckte sich die Diskussion auf den einen oder anderen Themenkreis – von den Fragestellungen über die EU-Erweiterung loslösend –, der die naturbezogenen-sozialen Prozesse behandelte. (Energiepolitik, die Diskussion zwischen Europa und den USA über die genmanipulierten Produkte, die europäischen staatlichen und nationalen Symbole, die Auswirkungen der kontinentalen Prozesse in der Natur und in der Gesellschaft auf Ungarn usw.) Die Auswahl dieses einen oder anderen Themenkreises geschah eher sporadisch: Zu einem wurden aktuelle Fragen auf unsere Agenda gesetzt und zum anderen erhielten wir „Aufträge” für die Ausarbeitung von bestimmten Themenkreisen. (Dieses Jahr organisierten wir eine besonders erfolgreiche Konferenzreihe mit dem Titel „Der Fragenkreis über Leben und Tod in der europäischen Kultur”. Eine detaillierte Beschreibung über diese Konferenzreihe siehe im Kapitel „Veranstaltungen”.)

Im Laufe des nächsten akademischen Jahres wollen wir Konferenzen über die Möglichkeiten der Herausbildung der neuen europäischen Intellektuellenschicht organisieren. (Aus unserer Sicht ist der wirkliche Vorteil des Bologna-Prozesses darin zu sehen, dass in den kommenden 20 bis 30 Jahren eine Möglichkeit zur Herausbildung einer Intellektuellenschicht gewährleistet wird, die im Besitz einer gemeinsamen – oder ähnlichen – Bildung ist, und die somit in allen Teilen des Kontinents eine Anstellung finden kann. Diese Intellektuellenschicht wird, so nehmen wir an, die weltweite Lingua franca, eine regionale Lingua franca und natürlich seine eigene Muttersprache sprechen können. Wir nehmen im Weiteren an, dass sich eine kosmopolitische Intellektuellenschicht, ähnlich wie zur Zeit der Renaissance, herausbilden wird. Wir halten nämlich diesen Umstand für eine der Voraussetzungen der Wettbewerbsfähigkeit der EU.) Was kann die EU wirklich dafür tun, dass eine sich auf das gesamte Kontinent erstreckende Kulturpolitik herausbildet? Oder soll die Kulturpolitik – die Wissenschaftspolitik miteinbegriffen – weiterhin auf nationalstaatlicher Ebene betrieben werden?

„Die natürliche Umwelt und der Mensch” ist der andere Themenkreis, der in unserem Programmplan aufgelistet ist.

Wir wünschen zu einem die Umweltpolitik der EU, mit besonderer Hinsicht auf Aktionen, die den ländlichen Raum, die Naturbewirtschaftung anzielen, und die Neugestaltung der Agrarpolitik der EU behandeln. (Der Karpatenbecken, aber auch die gesamten Gebiete Osteuropas nahmen für lange Zeit bei den früheren europäischen Integrationsprozessen – nunmehr seit 100 Jahren – in Folge der vorteilhaften natürlichen Gegebenheiten eine führende Position in der Lebensmittelherstellung ein. Nunmehr bedarf Westeuropa nicht mehr dieser vorteilhaften Gegebenheiten der osteuropäischen Gebiete, ganz im Gegenteil, es ist gerade dieses Volumen der hiesigen Lebensmittelherstellung, welches von westeuropäischer Seite noch weiter reduziert werden will. In Folge des EU-Beitritts und in Folge dieser Reduzierung der Lebensmittelherstellung kommt es in den Ländern Osteuropas zu einem unüberwindbaren Anstieg der Arbeitslosigkeit. Es stellt sich die Frage: Sollen die landwirtschaftlichen Gegebenheiten der Region unausgenützt bleiben? Unserer Meinung nach liegt die wirklich große Chance der Region auch weiterhin in der Landwirtschaft, nur müssten die Landwirte von der Lebensmittelproduktion auf die Produktion von Grundstoffen für Bioenergie umwechseln. Ja und man müsste auf die in der EU bereits übersubventionierte, aber im östlichen Teil Europas noch vernachlässigte ländliche Entwicklung umwechseln. Und auf dem Gebiet der ländlichen Entwicklungspolitik müsste man von der einseitigen stadtzentrischen Politik auf die aktive Förderung des ländlichen Raumes umsteigen.)

Wir wünschen zum anderen die Politik der „Wasserwirtschaft“, die für das Karpatenbecken von besonderem Belang ist, zu behandeln. (Die großen, ganz Europa überfordernden Überschwemmungen haben die Aufmerksamkeit auf die Wasserwirtschaft gelenkt und darauf, dass gerade die mit der Wasserwirtschaft zusammenhängenden Fragen nicht im engen nationalstaatlichen Rahmen behandelt und gelöst werden können.) Die Charta der EU über Wasserressourcen ist unter den Fachexperten der Nationalstaaten nur wenig bekannt, es wurde bisher auch kein Fortschritt mit Hinblick auf die Ausarbeitung von Projekten auf regionaler Ebene gemacht. Der Wasserüberfluss im Karpatenbecken und die bei Hochwasser auftretenden Gefahren müssen im Zeitalter des Klimawandels neu erforscht werden. Im Winter gibt es viel Niederfall, im Frühling kommen in unregelmäßigen Zeiträumen große Überschwemmungsfluten, im Sommer gibt es ausgedehnte Dürreperioden – fast jedes Jahr spielt sich das Gleiche in dieser Reihenfolge ab. Zugleich verbindet aber die Donau das Karpatenbecken in westlicher Richtung mit Deutschland, Österreich, der Slowakei, in östlicher Richtung mit Serbien, Rumänien und Bulgarien. Wenn wir auch die Nebenflüsse, also die Gebiete des Wasserzuflusses mitrechnen, wächst dieses Unternehmen zu einem „gemeinsamen” Wasserprojekt, welches auch die Tschechische Republik, Kroatien, Slowenien einbezieht. Budapest könnte Veranstaltungsort einer regelmäßig zusammengerufenen „Europäischen Wasserwirtschaftungskonferenz” sein. Dies könnte gerade deshalb verwirklicht werden, weil die ungarischen Fachexperten der Wasserwirtschaft internationale Anerkennung genießen, einige von Ihnen sind weltweit renommierte, leitende Persönlichkeiten dieses Fachgebietes.

 

Die Geschichte Ostmitteleuropas

Jedes Jahr soll die Sitzung des Wissenschaftlichen Beirates in Anlehnung an eine internationale Konferenz organisiert werden, wobei die anlehnende Konferenz thematisch mit der Geschichte oder der Gegenwart Ostmitteleuropas verbunden werden soll. Dies war die Entscheidung der Mitglieder des Wissenschaftlichen Beirates im Jahre 2004.

Im Juli 2005 wurde die Konferenz über die Geschichte des Österreichischen Staatsvertrages von 1955 mit Einbeziehung von österreichischen, amerikanischen, russischen und ungarischen Kollegen organisiert. (Über die Konferenz wird im Kapitel „Veranstaltungen” berichtet und die diesbezüglichen Studien werden im neuesten Band der Reihe „Begegnungen” veröffentlicht, welchen wir den Mitgliedern des Beirates beilegen.) Im September 2006 – an die diesjährige Sitzung des Wissenschaftlichen Beirates anlehnend – findet die internationale Tagung mit dem Titel „Die Revolution von 1956 in der Weltpolitik” statt. (Die Einladung der Konferenz wird dem Bericht beigelegt.) Es stellt sich die folgende Frage: Wie soll das Programm der Sitzung des Wissenschaftlichen Beirates im Jahre 2007 gestaltet werden? Zwei Themen wurden bisher vorgeschlagen: 1.) „Vor 100 Jahren – der Beginn des europäischen Niedergangs”. (Die Machtbündnisse, die zu den zwei Weltkriegen führten, anstatt der Integration die immer stärkere Abgrenzung der Nationalstaaten, während die Eckpfeiler der industriell-technischen Revolution von Europa in die USA, nach Amerika verlagert werden, die Ausbildung des hedonistischen Europas.) 2.) „Die Rolle der Balkanregion in der europäischen Geschichte”. (Das kommende Jahr wird das Jahr der südöstlichen europäischen Integration werden.)

Budapest, 24. August 2006.

Ferenc Glatz

Direktor