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Zielsetzung und Programm des Europa Institutes Budapest
1990*

 

Im Oktober 1989 hatte der ungarische Minister für Kultur und Bildung vor westeuropäischen Mäzenen der Kultur den Gedanken der Gründung eines Budapester Europa Institutes aufgeworfen. Senator Dr. Dr. Herbert BATLINER, der bekannte Rechtsanwalt und Geschäftsmann von Liechtenstein, bot als Befürworter von Wissenschaft und Kultur dem Minister für die Realisierung der Vorstellungen seine Unterstützung an. Im November entsandte er Herrn Alois RIKLIN, Professor an der Universität St. Gallen, Mitglied des Wissenschaftlichen Rates des von der Liechtensteiner Peter Kaiser Stiftung gegründeten Peter Kaiser Institutes, nach Budapest. Während seines derzeitigen Aufenthaltes klärte er mit den Budapester Kollegen Ferenc GLATZ sowie Károly MANHERZ und György KOVÁCS die Grundprinzipien der Gründungsurkunde. Die Unterzeichnung dieser Urkunde wurde von den Partnern am 12. Januar 1990 in Wien vorgenommen. Zu diesem feierlichen Akt erschienen Dr. Dr. Herbert BATLINER, der Bundesminister für Wissenschaft und Forschung Erhard BUSEK, der stellvertretende Minister Károly MANHERZ sowie Ferenc GLATZ.

Das Ziel des Europa Institutes Budapest besteht in der wissenschaftlichen Erforschung der Probleme der europäischen Einheit. So ist es in der Gründungsurkunde der Stiftung enthalten.* Dieser Aufgabe entsprechend haben die an der Gründung Beteiligten auch die Aufgaben der Stiftung und damit gemeinsam des Institutes festgelegt. Das Institut fördert Forschungsprojekte, d. h. es gewährt Bewerbern aus aller Welt (postgraduierten Studenten, jungen Wissenschaftlern und Dozenten) Stipendien. Diese Bewerber untersuchen in ihren Dissertationen in erster Linie die Verhältnisse der europäischen Region von historischem, juristischem, ökonomischem, kulturellem und sprachlichem Gesichts- punkt her auf vergleichender Grundlage. Besondere Bedeutung wird Themen beigemessen, die sich mit den überstaatlichen gesellschaftlich-ethnischen Bewegungen, mit der Migration, mit der Entstehung von internationalen politischen und kulturellen Organisationen und mit ihrer Tätigkeit befassen, die das Thema der Gewohnheits- und Rechtsordnung, dem Vergleich der Wirtschaftssysteme der auf unterschiedliche Weise organisierten europäischen Gesellschaften widmen. In ihrem Mittelpunkt stehen der Alltag der Gesellschaft und die die Umwelt gestaltende Tätigkeit des Menschen. Wir wollen in unserem Institut junge Wissenschaftler begrüßen, die sich in ihrer bereits begonnenen wissenschaftlichen und praktischen Tätigkeit mit der Herausbildung der die Völker Europas gemeinsam gefährdenden sozialen, technischen und politischen Faktoren sowie mit deren Anwendungsmöglichkeiten befassen. Mit der Umweltzerstörung und dem Umweltschutz, mit den traditionellen europäischen kulturellen Besonderheiten, mit der europäischen ethnischen und kulturellen Vielfalt und der Gefahr ihres Untergangs, mit besonderer Betonung der Kulturpolitik als effizientesten Mittel der europäischen Annäherung; die die Gefahren der Aufrüstung, der militärischen Monopole erkannt haben; die fähig sind, die Schwächen der europäischen staatlichen Systeme des 19. und 20. Jahrhunderts, die Schwächen der Gegenwart darzustellen.

 

Forschung, Seminare, Vorträge

Die wissenschaftliche Tätigkeit des Institutes erstreckt sich auf ganz Europa. Wie es auch in seiner Benennung enthalten ist, lässt es dennoch nicht außer Acht, dass es ein Budapester Institut ist. Es ist ein Bindeglied zwischen den Völkern Europas, ein Bindeglied zwischen Ungarn und Europa. Das Institut vergisst weiterhin nicht, dass Europa nicht identisch mit Westeuropa ist. Wenn die Teilung Europas nach dem zweiten Weltkrieg in den vergangenen vierzig Jahren den mittel- und osteuropäischen Raum politisch, kulturell und wirtschaftlich vom Westen getrennt hatte, besteht die intellektuelle Aufgabe der vor uns stehenden Jahre in der Europäisierung des losgerissenen Raumes. Nicht in der Nachahmung Westeuropas, sondern in der Festigung des Beziehungssystems zwischen dem westlichen und östlichen Teil Europas. Auch deshalb wendet das Institut in den nächsten Jahren eine erhöhte Aufmerksamkeit Mitteleuropa, dem europäisierenden Einfluss der hier ablaufenden gesellschaftlichen und politischen Veränderungen zu.

Wenn der Wissenschaftliche Beirat des Institutes über die Zuerkennung der Bewerbungen entscheidet (Stipendien zwischen 3 und 12 Monaten), werden von ihm ausschließlich wissenschaftliche Gesichtspunkte berücksichtigt.

Von denselben Gesichtspunkten wird das Institut auch bei der Zusammenstellung seiner anderen wissenschaftlichen Programme geleitet. Aufgrund eines vom Wissenschaftlichen Beirat bestätigten Planes veranstaltet das Institut während der Hochschulsemester (September bis Januar bzw. Februar bis Juni) jeden Monat wissenschaftliche Vorträge. Die Vortragenden sind anerkannte Wissenschaftler aus dem In- und Ausland. Die Angehörigen des Institutes (Stipendiaten, wissenschaftliche Mitarbeiter) sowie hervorragende Persönlichkeiten des ungarischen akademischen Lebens werden regelmäßig zu diesen Veranstaltungen eingeladen. Die Vorträge des Institutes sollen zu wichtigen Diskussionsfaktoren des inländischen – und wenn es später möglich sein wird, des internationalen – wissenschaftlichen Lebens werden. Charakteristisch für die gesamte Tätigkeit des Institutes sollen der offene Diskussionsgeist, die freidenkerische Haltung, die Autonomie des Gedankens und die gegenseitige Achtung der Gedankenfreiheit sein. Das Institut ist die wissenschaftliche Werkstatt der Pflege des Europa-Gedankens und zugleich auch wissenschaftlicher Verkünder des Europäertums.

Vom Institut werden in obigem Geist und in den erwähnten Themenkreisen Publikationen veröffentlicht. In einer Schriftenreihe werden die Texte der Vorträge und Diskussionen publiziert. Das Institut hat die Absicht, abhängig von der Qualität der Arbeiten, die Publikationen der Stipendiaten und seiner wissenschaftlichen Mitarbeiter zu unterstützen. Je nach seinen finanziellen Möglichkeiten, wenn seine Entwicklung es zulässt, wird es eine Serie mit Monographien oder eine populärwissenschaftliche Dokumentensammlung publizieren, die sich an die inhaltlichen Zielsetzungen des Institutes anpasst.

Das Institut ist also nicht nur eine Werkstatt der Forschung, sondern auch ein Diskussionsforum des wissenschaftlichen Denkens und eine redaktionelle Werkstatt zugleich.

 

Internes Leben im Institut

Diesem Ensemble von Aufgaben entsprechend gestaltet sich auch das interne Leben des Institutes.

Aufgrund des Beschlusses des Ministerrates der Ungarischen Republik wird das Institut im College-Gebäude Budapest XIV., Ajtósi Dürer sor 19/21 seine Heimstätte finden. Die hier weilenden Stipendiaten des Institutes wohnen in Appartements mit separaten Schlafzimmern einem gemeinsamen Arbeitszimmer, mit Bad und WC. In jedem Stockwerk ist ein Aufenthalts- und Leseraum zu finden. In den Gemeinschaftsräumen sind die Sitzgelegenheiten mobil. (In diesen werden wir den Clubraum für die Kaffeerunde sowie den Beratungsraum einrichten).

Die Stipendiaten leben nach ihrem individuellen Programm. Ihr gewählter Vertreter hat einen Sitz im Wissenschaftlichen Beirat des Institutes. Die wissenschaftlichen Mitarbeiter des Institutes (Professoren, Assistenten) unterstützen sie, damit sie systematische Kontakte zu den Experten in Ungarn und im Ausland auf ihrem gewählten Fachgebiet aufnehmen und unterhalten können.

Die Stipendiaten und die wissenschaftlichen Mitarbeiter kommen wöchentlich einmal zu einer Kaffeerunde zusammen. Sie lernen die wissenschaftlichen Probleme anderer kennen, referieren regelmäßig dem anwesenden Direktor und den Professoren des Institutes über ihre neuen Forschungen. Ihre Themen können sie in Absprache mit den Professoren frei wählen.

Ein bedeutender Teil der Stipendiaten sind junge Intellektuelle aus Ungarn. Im Sinne der Gründungsurkunde machen sie höchstens die Hälfte der Gesamtzahl aus. Dies bedeutet für Ungarn auch, dass die ungarischen Jugendlichen im Jahr 60 bis 70 Monate Stipendien erhalten können. Und hier im Institut können sie im alltäglichen Leben fachliche und menschliche Kontakte zu ihren ausländischen Altersgefährten aufnehmen. Das Institut ist für die junge Intelligenz der ungarischen Sozialwissenschaften ein Treffpunkt mit der Kultur der Welt. Eine bescheidene Initiative zur Verpflanzung des europäischen Denkens und der europäischen Verhaltensformen nach Ungarn, zur raschen Konfrontation der ungarischen und europäischen Denkweisen.

Die Organisierung des Lebens der Stipendiaten kann und darf nicht in Programme gefasst werden. Mit Hilfe der Professoren, des Direktors und seines Assistenten bilden die Stipendiaten die spontanen Kontakte zu Lehrstühlen und Instituten von Universitäten heraus, die zum Erreichen des europäischen Horizonts im ungarischen wissenschaftlichen Denken beitragen.

Allen Stipendiaten des Institutes – doch mit besonderer Rücksicht auf die Stipendiaten aus Ungarn, bzw. die ungarischen Stipendiaten aus den Nachbarländern – wird während der Stipendiatenzeit ein Studienaufenthalt in Wien ermöglicht. Die Zuerkennung dieses Studienaufenthaltes fällt in die Kompetenz des Wissenschaftlichen Beirates bzw. des Direktors. Grundlage sind das gewählte Thema, bzw. die zu dessen Erforschung notwendigen Quellen im Ausland.

Zur gleichen Zeit sind auch die Ungarnkenntnisse, die sich die hier lebenden jungen ausländischen Intellektuellen aneignen können, nicht zu unterschätzen. Wenn das Institut erfolgreich besteht und funktioniert, kann Ungarn sich durch seine Existenz und seine europäischen Bestrebungen Dutzende von Freunden unter den Elite-Intellektuellen der Zukunft erwerben. Diese Initiative muss eine der wichtigsten nationalen Bestrebungen des Ungarn der Jahrtausendwende sein.

 

Internationale Beziehungen

Eine wichtige Aufgabe des Institutes ist die Pflege der Beziehungen zu den Europa-Instituten mit ähnlicher Zielsetzung auf unserem Kontinent (und in den Vereinigten Staaten). Die beiden bestehenden Institute des Europarates (in Brügge und Florenz) fasst es als Brüderinstitute auf.

Das Institut baut Beziehungen zu den großen internationalen Stiftungen aus. (Hierzu wurde ein besonderer Entwurf ausgearbeitet.) Diesen Stiftungen wird angeboten, am Budapester Institut Stipendiaten und Projekte anzusiedeln. An den Projekten nehmen außer den Mitgliedern des Institutes auch die sich mit europäischen Themen befassenden Wissenschaftler aus dem In- und Ausland teil.

Mit besonders großer Energie muss der Bücher- und Zeitschriftenaustausch aufgenommen werden. Es kommt in dieser Hinsicht auf die wirtschaftliche Leitung des Institutes, ihr Managergefühl an. Man sollte Mitarbeiter und einen Direktor finden, die auch in ihrer Person eine Anziehungskraft ausstrahlen zur vollen internationalen Unterstützung des Institutes.

Außer zu den beiden erwähnten Europa-Instituten müssen auch Beziehungen zu den regional ausgerichteten Institutionen aufgenommen werden (in London, Berlin, München und Wien).

Das Europa Institut Budapest muss Bestandteil des bereits im Entstehen begriffenen Netzes der ungarischen Europa-Institutionen werden. Was die Aktivitäten anbelangt, ersucht es die bereits bestehenden Clubs und Verbände (Europa-Club, Mitteleuropa-Club usw.) um Vorschläge. Es schließt sich deren Initiativen an. Das Europa Institut Budapest ist auch Organisator jener Intellektuellen, die in Ungarn (nicht nur in Budapest) in ihrem Leben Energie für die Festigung des europäischen Gedankens aufbringen wollen.

Eben deshalb organisiert das Institut in Ungarn um sich herum einen Freundeskreis. Es ist bestrebt, die noch vorhandenen europäischen Energien des ungarischen geistigen Lebens zu mobilisieren. Mitglieder des Freundeskreises können Personen und Institutionen sein (Mitglieder der Universitäten im Lande und in Budapest, Wissenschaftler, Mittelschullehrer, Leiter von Öffentlichen Sammlungen, doch unbedingt ungarische Staatsbürger). Die Zahl seiner Mitglieder kann nach Schätzungen die zweihundert erreichen. Sie stellen Unterstützer der Inlandstätigkeit des Insitutes dar, erhalten Einladungen zu den Vorträgen und Veranstaltungen des Institutes und seine Publikationen. Zugleich erwarten wir von ihnen, dass sie Vorschläge zur Nominierung von Stipendiaten einbringen. Hier sollen jene Fremdsprachen sprechenden Kollegen von europäischer Kultur zusammengeschlossen werden, die auch die inländischen Konsulenten der zukünftigen Stipendiaten sein können. Die Lebensfähigkeit, die Anpassung des Institutes an das ungarische geistige Leben ist zugleich der Prüfstein dafür, inwiefern die ungarische Intelligenz imstande ist, ihre Reserven auf europäischem Niveau zu mobilisieren. So kann das Europa Institut Budapest auf dem Niveau des Alltags Organisator des europäischen Denkens in Ungarn sein.

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Der Europa-Gedanke existiert in den europäischen Gesellschaften und in Ungarn auf unterschiedlichem Niveau. Für viele bedeutet er auf dem Gebiet der Wirtschaft den freien Markt, für andere das ungebundene Verbringen der Freizeit, wiederum für andere die weiter entwickelte Technologie und die Konsumtion. Das Europa Institut ist eingestandenermaßen ein Intellektuellen-Institut, sogar ein Elite-Institut. Es will die ungarische Intelligenz im Interesse des Europagedankens organisieren, ihr bewusst machen, dass es keine guten, nützlichen nationalen Ziele gibt, ohne dass wir diese am europäischen, bzw. am Weltniveau messen würden; der ungarischen Intelligenz bewusst machen, dass das Ungarn der Jahrtausendwende nur ein offenes Land sein kann. In wirtschaftlicher, politischer und kultureller Hinsicht zugleich. In der letzten Zeit wird von vielen und viel über Europa gesprochen. Manchmal herrscht die Meinung, dass wir, wenn wir darüber sprechen, auch schon etwas getan haben, unser Ziel auch schon erreicht haben. Das Europa Institut Budapest ist heute eine bescheidene institutionelle Initiative zur Schaffung der Verbindung zwischen Europa und Ungarn.

Gerade heute, da es so viele lautstarke Redner gibt und noch lautere Kritiker – aber nur sehr wenige bescheidene Taten. In einer ruhigeren Epoche wird vielleicht die Nation noch jenen Persönlichkeiten ihren Dank aussprechen, die tatsächlich etwas für den Aufschwung der Nation getan haben.

 

* Darlegung von Ferenc Glatz Gutgeheißen von der Kuratoriumssitzung am 7. Mai 1990.