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Begegnungen
Schriftenreihe des Europa Institutes Budapest, Band 12:357–358.

ÉVA SOMOGYI

Laudatio

 

Liebe Kollegen, meine Damen und Herren!

Ich meine, es wäre schwer, eine bessere Gelegenheit für die Preisverleihung der Hanák-Stiftung zu finden, als diese Veranstaltung, die Beratung junger österreichischer und ungarischer Historiker.

Péter Hanák war einer der ersten, wenn nicht der erste, der vor mehr als vierzig Jahren die Möglichkeit der Begegnung mit den Historikern Österreichs und anderer Nachbarländer suchte, in einer Zeit, da die Pflege historischer Nachbarschaftsbeziehungen noch nicht selbstverständlich war, und er betonte die fachliche und über die Fachwelt hinausgehende Bedeutung der gemeinsamen Aufarbeitung unserer gemeinsamen Vergangenheit. Und Péter Hanák gehörte zu jenen Historikern, die genau wussten, dass nicht nur die Geschichte, sondern auch die Geschichtsschreibung ein unabgeschlossener und unabschließbarer Prozess ist, in dem den aufeinanderfolgenden Generationen die Aufgabe der Fortsetzung zukommt. Deshalb war das Stiftungskuratorium der Meinung, dass das Nachwuchsseminar im Geiste Péter Hanáks konzipiert werden sollte und gleichzeitig im Zeichen jenes Geistes, in dem der Fonds zustande gekommen war.

Im März 1997 erhielt Péter Hanák in Anerkennung seines Lebenswerkes den Széchenyi-Preis. Als die Gemeinschaft des Institutes für Geschichte ihn aus Anlass der hohen staatlichen Anerkennung beglückwünschte, hat Hanák angekündigt, dass er von einem Teil des Preises eine Stiftung zu schaffen wünsche, und zwar mit der Zielsetzung, junge Historiker und Anfänger zu fördern, ihnen die Möglichkeit zu bieten, mit Forschungen und Ergebnissen die Geschichtswissenschaft zu bereichern und die Forschungsresultate in möglichst breiten Kreisen zu veröffentlichen. Der Entschluss hat einen symbolischen Wert und symbolische Bedeutung. Hanák war kein reicher Bürger, der sein Vermögen für edle Ziele verwendet, kein Mäzen, dessen Name der Nachwelt durch seine Förderungen erhalten bleibt. Die Idee der Stiftungsgründung ist ein Element des in seinem Sinne einheitlichen Hanákschen Oeuvre und gleichzeitig auch sein integrierender Bestandteil. Selbstverständlich liegt die wissenschaftliche Tätigkeit dieses Werkes zugrunde: die Reihe von Büchern. Doch ist Péter Hanák der Fortsetzer der Traditionen der „Werkstatt”, der ungarischen Intellektuellen vom Anfang des 20. Jahrhunderts. Und diese Intellektuellen waren dem öffentlichen Leben verpflichtet, wie auch die Werke von Hanák. Für ihn bedeutet der Beruf, die Geschichtswissenschaft Engagement für das öffentliche Leben. Solche Fachfragen, wie die Situation Ungarns im mitteleuropäischen Raum, die Alternativen der Nachbarschaftsbeziehungen bedeuten für ihn nicht nur Forschungsthemen, sondern Schicksalsfragen für Ungarn und Mitteleuropa und er erachtete sie gleichzeitig als seine persönliche Angelegenheit.

Hanák sehnte sich nach öffentlichen Rollen und hat diese übernommen – unter den Bedingungen, die ihm gegeben waren. Das Verfassen populärwissenschaftlicher Werke, die Teilnahme am öffentlichen Leben der Historikerzunft, Lehrtätigkeit – zu der ihm erst in den letzten Jahren wieder eine Möglichkeit gegeben war – waren für ihn keine Nebenbeschäftigung. Er zeigte nie versiegendes Interesse an der Arbeit der Jungen. Er freute sich darüber, er erachtete es als eine Ehre, wenn die jungen Leute ihm über ihre Forschungen, Pläne und Ergebnisse berichteten, er hat ihre Aufmerksamkeit vielleicht als wichtiger angesehen, als die offiziellen Anerkennungen. Ich meine, er hat gerade deshalb beschlossen, das Preisgeld seiner offiziellen Auszeichnungen den jungen Talenten zukommen zu lassen. Es ist ihm aber nicht gelungen, seinen Plan zu verwirklichen. Noch vor der offiziellen Errichtung des Fonds ist er unerwartet hingegangen.

Die Söhne von Péter Hanák haben beschlossen, im Gedenken an ihren Vater mit einem Grundkapital von 950 000 Forint und 4200 Dollar selbst einen Fonds zu stiften. Auch an dieser Stelle möchte ich mich bei ihnen für ihre großzügige Gabe im Namen der ungarischen Historikergesellschaft aufrichtig bedanken.

Mit der Handhabung des Vermögens haben die Stifter ein dreiköpfiges Kuratorium beauftragt, dessen Mitglieder folgende Personen sind: Ferenc Glatz, der Präsident der Ungarischen Akademie der Wissenschaften, Attila Pók, stellvertretender Direktor des Institutes für Geschichte sowie des Europa Institutes Budapest und ich, Éva Somogyi. Das Kuratorium hat beschlossen, dass die Stiftung im Jahre 2000 den erstmals zu vergebenden Preis mit den damit verbundenen 250.000 Forint Zoltán Fónagy, dem Mitarbeiter des Institutes für Geschichte zuspricht.

Zoltán Fónagy schrieb seine Dissertation zum Thema „Adelige Besitzverhältnisse zum Ende des 18. Jahrhunderts” und hat im Verlaufe eines Jahrzehnts die Angaben in Bezug auf die Urbarialregelung in 43 ungarischen Komitaten zur Zeit Maria Theresias im Computer gespeichert. Er rekonstruierte die adligen Besitzverhältnisse und stellte nicht nur ein umfassendes Datenarsenal für weitere Forschungen zur Verfügung, sondern versuchte erstmals in unserer Historiographie, die gesellschaftlichen Schichten des ungarischen Adels zum Ende des 18. Jahrhunderts nicht aufgrund von Schätzungen sondern mittels Berechnungen aufzuzeigen. Neben dieser sehr konkreten Grundlagenforschung widmete er sich einer vielfältigen Tätigkeit und schrieb u.a. ein Lehrbuch über wirtschaftliche und gesellschaftliche Verhältnisse im Reformzeitalter. Gemeinsam mit seinem Co-Autor war er darum bemüht, über eine strukturorientierte „steife” Gesellschaftshistoriographie hinausgehend das Thema auch aufgrund der Ergebnisse von Kultur- und Sozialanthropologie sowie der Ethnographie aufzuarbeiten. Er publiziert mit Vorliebe in populärwissenschaftlichen Zeitschriften, Tageszeitungen, beteiligt sich am geistigen Leben seines Heimatortes und ist wie Péter Hanák der Meinung, dass der Historiker ein handelndes Mitglied der Gesellschaft sein müsse. Mit dem Preis wünschen wir nicht nur seine außerordentlich erfolgreiche wissenschaftliche Arbeit zu würdigen, sondern auch seine Hochachtung abverlangende Attitüde als Forscher.