1088 Budapest, Rákóczi út 5.; Tel: (36 1) 381 23 47; E-mail: Ez az e-mail-cím a szpemrobotok elleni védelem alatt áll. Megtekintéséhez engedélyeznie kell a JavaScript használatát.
Begegnungen
Schriftenreihe des Europa Institutes Budapest, Band 6:79–91.

MÁRTON FARKAS

Die Endtage der österreichisch–ungarischen Streitkräfte

 

Die an der Front und im Hinterland befindlichen Verbände der Streitkräfte hatten bei der im Jahre 1918 stattgefundenen geschichtlichen Schicksalswendung der Völker des Donaubeckens, namentlich bei dem Zerfall des seit Jahrhunderten bestehenden Reiches der Habsburger und bei dem Zustandekommen der Nachfolgerstaaten, eine hervorragende Rolle gespielt.

Diese geschichtliche Rollenübernahme der Streitkräfte war mit dem viereinhalb Jahre lang dauernden Weltkrieg zu ihrer Endentwicklung gelangt. Eine konkrete Form hat sie aber dem Erfolg der am 24. Oktober 1918 begonnenen großen Entente-Offensive folgend angenommen, die zwar den gesamten Stand der Streitkräfte berührt hatte, doch der Ausgang des Krieges und das Schicksal des Staates wurde primär durch die Haltung der Truppen der Südwestfront entschieden. Die Niederlage, und dann der Zusammensturz und die Auflösung der den Zweidrittelteil der Streitkräfte betragenden Südwestarmee hat auch die österreichisch–ungarischen Verbände der Südostfront (der Balkanfront) sowie ebenfalls die in Rumänien und in der Ukraine stationierten Besatzungskräfte, mit sich gerissen, und sie aktivierte in einem unerhörten Maße an der Seite der den Staat zerstörenden Revolutionen die sich im Hinterland befindenden Truppen dadurch, dass sie, mittels der Waffen der übergetretenen Soldatenmengen, den Sieg dieser Revolutionen sicherstellte.

Die bisher mitgeteilten Tatsachen begründen in gehöriger Weise, dass wir unsere Aufmerksamkeit in erster Reihe dem Militär der Südwestfront zuwenden, und uns mit der Geschichte des Militärs der Südostfront, der in Rumänien und in der Ukraine stationierten Besatzungskräfte, und auch der Soldatenmengen der im Hinterland stattgefundenen Revolutionen nur berührungsweise beschäftigen mögen.

Die Streitkräfte der Südwestfront verfügten über 57 und ein halb Infanteriedivisionen (über 440 Bataillone), über einen ungefähr 300 000 Mann darstellenden Gefechtsstand und über einen 1.5 Millionen Mann darstellenden Verpflegungsstand. An dem als für wichtigsten betrachteten Frontabschnitt befanden sich gegenüber den 42 Divisionen der Entente- (der italienischen) Streitkräfte, 37 und ein halb österreichisch–ungarische Divisionen in Stellung.

(Die sonstigen Verbände der Gesamtstreitkräfte kämpften an der Südostfront, /an der Donau–Save–Drina Linie/ etwa zwei und ein halb Divisionen; und auch die sog. Albanien–Kampfgruppe, mit unbedeutenden Divisionsbruchteilen, mit Landsturmverbänden, konnte zu ihnen gezählt werden. Die in der Ukraine und in Rumänien stationierten Besatzungskräfte betrugen 2–3 Divisionen, ein Großteil von ihnen wurde im Oktober an die Südostfront geleitet. Die sich im Hinterland befindenden Verbände waren hauptsächlich im Raume der Hauptstädte /Wien, Budapest, Prag, Krakau, Laibach, Agram, usw./ stationiert. Infolge der Schwänzen, der Fluchten, der Abkommandierungen, standen über die Personalstände keine verlässlichen Angaben zur Verfügung. Einer Schätzung gemäß verweilten allein in Budapest und in ihrer Umgebung etwa 60 000 Mann. Zur gleichen Zeit hielten sich in Südungarn, in Kroatien, in Galizien in Böhmen fast eine halbe Million, als grüne Kader bezeichnete Flüchtlinge verborgen.)

Das Oberkommando der Ententekräfte, mit General Diaz an seiner Spitze, beschäftigte sich schon seit der gescheiterten Offensive der Monarchie am Flusse Piave mit dem Gedanken eines letzten großen Angriffes, doch die blutigen Schlachten am Flusse Isonzo, und der im Oktober 1917 bei Caporetto stattgefundene Durchbruch der Zentralmächte, mahnten dieses Oberkommando zur Vorsicht. Die Durchführung der großen Offensive wurde nur für 1919 geplant.

Der Standpunkt von Diaz stand im Einklang mit den Vorstellungen der britisch–französisch–amerikanischen Kriegsleitung. Jedoch die eine strategische Bedeutung tragende Niederlage der deutschen Armee bei Amiens, am 8. August 1918, hat die Möglichkeit des italienischen Angriffes an der Südwestfront schon für 1918 wahrscheinlich gestaltet, desto mehr, weil die Entscheidung des im belgischen Spa residierenden deutschen Hauptquartiers über den Beginn der Friedenssondierungen (14. August), – die die Zustimmung des sich dort aufhaltenden Königs Karl IV. und des Generalstabschefs Arz fanden, – verriet die Hoffnungslosigkeit der militärischen Lage der Zentralmächte. Dies wurde übrigens auch durch die vom 14. September datierte „Botschaft” des österreichisch– ungarischen Außenministers Burian an die kriegsführenden Parteien, jedoch noch mehr durch den am 15. September stattgefundenen Durchbruch der Ententekräfte am Balkan bekräftigt. Das Eingestehen des Kriegsverlierens realisierte sich in der am 29. September getroffenen Entscheidung der deutschen Kriegsleitung, mit der sofortigen Bitte der Waffenstillstands- und Friedensverhandlungen, die am 5. Oktober auf dem am Tische des amerikanischen Präsidenten Wilson lag. Dieser deutsche Schritt wurde sofort auch seitens der Monarchie und der Türkei befolgt.

Die skizzierten, eine große Bedeutung tragenden Ereignisse haben die Entscheidung der italienischen Kriegsleitung für eine ehebaldigste Offensive zur Reife gebracht, und im Laufe des indessen sich entfaltenden Notenkrieges (zwischen Wilson und den Deutschen) hat sich die Operationsplanung beschleunigt.

Es gehörte zu den zweifellosen Ursachen dieser Beschleunigung – unter anderen – die auffallende Bereitschaft der Monarchie zur Annahme aller Wilsonscher Bedingungen, die sie durch ihre Gesandtschaften vor sozusagen der ganzen Welt deklariert hatte, dann ihr diplomatischer Schritt bei dem Papst, zur Aufschiebung der geplanten italienischen Offensive, sowie das vom 16. Oktober datierte kaiserliche Manifest mit der Zielsetzung der Umgestaltung der Staatsorganisation der Monarchie (Bundesstaat).

Viele hatten den Eindruck, dass die Bereitwilligkeit der Monarchie seitens der Ententemächte respektiert werde, da doch das Armeeoberkommando nicht nur die Evakuierung der besetzten Gebiete angeboten hatte, sondern es hat auch die Waffenstillstandskommissionen aufgestellt, ja sogar die Bedingungen ausgearbeitet, (die der Meinung von Erzherzog Joseph zufolge derart arrogant gewesen waren, dass sie seitens der Italiener sofort abgelehnt würden werden). In Wirklichkeit haben jedoch die Ententemächte die Vernichtung der an der Südwestfront stehenden österreichisch–ungarischen Kräfte für wünschenswert erachtet, da sie nur auf diese Weise das Brechen der Kraft der Zentralmächte und, nach dem Sieg, die Verwirklichung der ihrerseits sich vorgestellten europäischen Regelung als sichergestellt sahen. Über dies alles bestand, zwecks der Befriedigung seines eigenen Appetits, für Italien ein Interesse erster Ordnung in der Liquidierung der noch immer eine bedeutende Größenordnung darstellenden österreichisch–ungarischen militärischen Kraft, da doch der an der Südwestfront errungene Sieg jene Gebiete in seine Hände fallen lassen konnte, die der italienische Irredentismus für sich beanspruchte, und andererseits konnten die militärischen Erfolge seine Positionen in Mitteleuropa, gegenüber den auf dem Balkan vorrückenden britisch–französisch–serbischen militärischen Kräften, stärken.

Als die österreichisch–ungarischen diplomatischen Initiativen endgültig scheiterten, hat die italienische Kriegsleitung ihre in einer großen materiellen und in lebendiger Kraft vorhandenen Überlegenheit befindlichen Streitkräfte für die Offensive in Bereitschaft gestellt, und am 24. Oktober 1918, am Jahrestag des bei Caporetto erfolgten Durchbruchs, hat sie diese Streitkräfte gegen die Truppen der Monarchie in Angriff gesetzt.

Die italienische Offensive hat die Kriegsleitung der Monarchie nicht unerwartet getroffen, doch da sie die Widerstandsfähigkeit der Truppen kannte, rechnete sie mit dem schnellen Eintreten der totalen militärischen Niederlage, mit der innerhalb einiger Tagen erfolgenden Kapitulation, mit der Auflösung der Armee, und, infolge dieses Ereignisses, mit dem sofortigen Zerfall des Reiches.

Die Angst des österreichisch–ungarischen Armeeoberkommandos (im weiteren: AOK) war begründet gewesen: in den der bei der Piave erlittenen Katastrophe folgenden Monaten ist die materielle und die lebendige Kraft der Truppen in einem verblüffenden Maße heruntergekommen, und im Kreise der Verbände ist die völlige Apathie, die Sinnlosigkeit des weiteren Kampfes, und die stets stärker werdende Anforderung des Untergangs der viele mit ihnen verwandte Nationalitäten umfassenden Monarchie Herr geworden. Die Meldungen der seitens des AOK in den Sommermonaten zu den Truppen gesandten Offizierskommissionen haben all dies bestätigt: der aus Menschen mit einem Durchschnittskörpergewicht von 50 kg bestehende, von Krankheiten dezimierte Präsenzstand, welcher unter den Einfluss der nach der Vernichtung der Monarchie strebenden nationalistischen und bolschewistischen Aufwiegler geraten war, zeigt kaum auch nur das geringste Zeichen der Widerstandsbereitschaft und der Widerstandsfähigkeit. Die im Monat Oktober herrschenden Zustände unterschieden sich von dieser Lage nur darin, dass im Kreise zahlreicher Verbände Hungerrevolten ausbrachen, eine Menge von Befehlsverweigerungen ans Tageslicht kam, und die Zahl der Fluchten und der Schwänzen war in unglaublichen Verhältnissen angewachsen.

Als der die italienische Offensive einleitende Artilleriefeuerschlag am 24. Oktober anfing, wurde über dem AOK eine derartige Kopflosigkeit Herr, dass „man die Sachen auf ihrem Wege laufen ließ, und sie sich freuten, wenn sie seitens der Armeekommandeure nicht belästigt wurden.” Am Nachmittag des 25. Oktobers wurde jedoch das AOK von der Zuversichtlichkeit überwältigt, weil die an den beiden Seiten des Bergmassivs Monte Grappa und auf dem Asiago Plateau stürmenden italienischen Kräfte von den österreichisch–ungarischen Truppen zurückgeschlagen wurden, und dadurch haben diese Truppen einen nicht zu unterschätzenden Abwehrsieg davongetragen.

Was war jedoch tatsächlich geschehen?

Die österreichisch–ungarische Verteidigung wurde an den beiden Seiten des Bergmassivs Monte Grapps und auf dem Asiago Plateau durch die Aushilfsschläge der italienischen Offensive getroffen, von jener Erwägung ausgehend, dass die österreichisch–ungarischen Operationsreserven vor den Hauptschlag durchführenden Kräften entzogen werden mögen. Diese Absicht ist in Erfüllung gegangen, weil auf Anweisung des AOK fünf österreichisch–ungarische Divisionen in das Gebiet des Aushilfsschlages umgeleitet wurden.

Die italienische Kriegsleitung hatte den Hauptschlag auf die Front der die österreichisch–ungarische Tiroler Front und die Isonzo Armee verbindenden 6. österreichisch–ungarischen Armee gelegt, um den Durchbruch hier vollführend, diese voneinander zu trennen, und dann, sich aus dem Erfolg des Durchbruchs ergebend, zuerst die Tiroler Front von dem Feltre-Belluno Becken ausgehend, bzw. durch das Sugans Tal, aufzurollen, dem folgend, mittels eines dem Südosten nach gerichteten Vorstoßes, die Piave–Isonzo Front der Monarchie niederzutreten, und – falls es noch überhaupt notwendig sei – die Bedingungen der gegen Wien gerichteten Endoperation zu erschaffen.

Am 25. und am 26. Oktober haben sich die Aushilfsschläge, im Feuer eines schwächer werdenden österreichisch–ungarischen Widerstandes, fortgesetzt, und dann, am 27. Oktober, haben die 12. die 8. und die 10. italienische Armee den Hauptschlag der Offensive begonnen. Die vernichtende Überlegenheit an Material und in lebender Kraft, brachte alsbald die einen strategischen Charakter tragende Entscheidung. (Die Größenordnung der Ententekräfte betrug: 51 italienische, 3 britische, 2 französische Divisionen und 1 tschechoslowakische Divisionen, sowie, im Raume des Hauptschlages, 4750 Stück Geschütze.)

In der ersten Phase des Hauptschlages haben die angreifenden Kräfte bei Pederobba, am Fuße des Berges Montello, und durch die Insel Papadopoli, den Fluß Piave überquert, und sie errichteten drei Brückenköpfe. In der zweiten Phase haben sie, von diesen Brückenköpfen ausbrechend, bei Valdobbiadene, bei Sergnaglia, und im Raume des Monticano Kanals, die österreichisch–ungarische Front durchbrochen. Die auf das Aufhalten der Durchbrüche zielenden Gegenangriffe sind, teils wegen des Zurückweichens der Truppen, teils wegen Befehlsverweigerung, gescheitert (34., 36., 43., 44. Infanteriedivision, 7. ungarische „Honvéd”-Division, 11. Kavalleriedivision).

Am 28. Oktober, um 22h hat das AOK die Truppen in die Stellungen des Jahres 1917 (in die vor dem Durchbruch von Caporetto besetzten Stellungen) zurückbeordert, weil – wie man sagte – „die zur Auflösung der Armee führende Niederlage zu vermeiden sei”. Die Armeekommandeure waren mit diesem Befehl nicht einverstanden, da der Rückzug eine völlige Auflösung hervorgerufen hätte, und die Truppen hätten sich, „Anarchismus und Bolschewismus anrichtend”, auf das Hinterland gestürzt. Sie schlugen vor: der Kampf soll sofort eingestellt werden, und, wenn es notwendig ist, soll der Waffenstillstand und der Beginn der Friedensverhandlungen, auch zum Preise einer völligen Kapitulation, erzwungen werden.

Das AOK beugte sich vor der Forderung der Kommandeure, und nachdem der vom 28. Oktober datierte Sonderfrieden-Antrag des Außenministers Andrássy an Präsident Wilson abgesandt wurde, verordnete es die Absendung der von Infanteriegeneral Weber geführten Waffenstillstandskommission zur italienischen Kriegsleitung. (28. Oktober, 15h 45’). Ein Mitglied der Waffenstillstandskommission, Hauptmann Ruggers, überschritt am 29. Oktober, um 9h 20’, bei San Marco, die Front, und trat mit den italienischen militärischen Behörden in Verbindung.

Ganz unabhängig davon ging die italienische Offensive mit unveränderter Kraft weiter. Die österreichisch–ungarische Front wurde zerrissen, in Stücke zerschlagen, und die Truppen flohen kopflos. Im entsetzlichen Chaos hat der Widerstand praktisch aufgehört, und in die Verfolgung der zurückströmenden österreichisch–ungarischen Truppen haben sich auch an der Offensive bisher nicht teilnehmende Truppen eingeschaltet.

Am 31. Oktober wurde auch die am Asiago Plateau befindliche 11. österreichisch–ungarische Armee zerschlagen. Ein Teil dieser Truppen verweigerte den Befehl (die Besänftigungsversuche des Erzherzog Josephs, des Armeegruppenkommandeurs, scheiterten bei der 38. Honvéd-Divison), sie waren nicht mehr geneigt weiterzukämpfen, ja sie haben sogar ihren Abtransport von der Front erzwungen. Die an ihre Stelle kommandierten „rein” österreichischen Regimenter (Innsbruck, Salzburg), die Enkel von Andreas Hofer, haben den Befehl ebenfalls verweigert. Das Zurückströmen der Überreste der 11. Armee drohte mit jener Gefahr, dass die italienischen Truppen noch vor der sich im Rückzug befindenden 10. österreichisch–ungarischen Armee Trient erreichen, und ihre Verbände gefangen nehmen werden. (Wie wir es sehen werden, hat die Gefangennahme im Falle der 16. Division der 10. Armee tatsächlich auch stattgefunden.)

Die italienische Kriegsleitung hetzte und trieb ihre Truppen, um die seitens des italienischen Irredentismus begehrten Gebiete in ihrer Gesamtheit erobern zu können. Am 3. November haben italienische Sturmeinheiten die Stadt Triest erobert, während ganz Südtirol, zusammen mit den diesseits und jenseits des Isonzo Flusses liegenden Gebieten, in ihre Hände fiel. Das inzwischen unterzeichnete Waffenstillstandsabkommen hat die Übergabe weiterer Gebiete vorgeschrieben. Es ist zu bemerken, dass die italienische Kriegsleitung Anfang November in jener Lage gewesen war, dass sie binnen kurzer Zeit sogar auch Wien hätte erobern können: es war einfach keine Kraft vorhanden, die dies verhindert hätte, da doch die die große Mehrheit der Streitkräfte ausmachende Südwestarmee, nachdem sie eine schreckliche Niederlage erlitten hatte, sich bis Mitte November auflöste, und inmitten anarchischer Zustände heimwärts strömte.

In einem kurzen Exkurs lohnt es sich, sich mit den Meutereien, mit den Befehlsverweigerungen einiger Truppen zu beschäftigen, die seitens der zwischen den beiden Weltkriegen entstandenen Geschichtsschreibung als einer der Hauptgründe des militärischen Zusammenbruches, zusammen mit den Revolutionen des Hinterlandes, angerechnet wurden. Die Legende des sog. „Dolchstoßes von hinten her” wurde hier von den Deutschen übernommen. Hauptsächlich in der österreichischen Geschichtsschreibung hatte sich die Beschuldigung des Verrats der „ungarischen” Truppen verbreitet, (38. Honvéd-Division, 27. gemeinsame Division), welcher Verrat auch die anderen Truppen erreichte, und den Winderstand untergrub. Jedoch auch jene Meinung wurde betont, dass die Meutereien bei den Reserven begonnen hatten, und diese Meutereien haben die tapfer kämpfenden Truppen sozusagen vom Rücken her angegriffen. Die Beschuldigung wurde auch noch damit gesteigert, dass während die Front heldenhaft standhielt, die im Hinterland befindlichen Soldatenmassen, die unter den Einfluss von nationalistischen und bolschewistischen Aufwieglern geraten waren, den für die Monarchie heldenhaft kämpfenden Truppen von hinten her den Gnadenstoß erteilt hätten.

Die Tatsache der Meutereien, Befehlsverweigerungen, Frontverlassungen, bestand: ihr Anstifter war in erster Linie der gegen den Krieg und gegen die Monarchie gerichtete Hass, die Sehnsucht nach Frieden gewesen – vor allem hatte jedoch die Aussichtslosigkeit des Kampfes gegen die Übermacht der Entente, der Erfolg der italienischen Offensive, das offene Geständnis der leitenden Kreise der Monarchie über das verlorene Krieg, das kaiserliche Manifest vom 16. Oktober (welches die Nationalitäten als den Zerfall der Monarchie deutete, für welchen Staat nicht mehr gekämpft werden musste), das im ungarischen Parlament stattgefundene Eingeständnis Tiszas, die Nachrichten über die im Hinterland verlaufenden Revolutionen, Streiks (Prag, Agram, Krakau, usw.), und die Forderung eines Teiles der ungarischen Truppen zur Heimbeförderung, damit sie ihr Heim gegen den zu erwartenden rumänischen Einbruch beschützen mögen – kurzum eine Menge von Ursachen zum Zusammensturz des Widerstandes der Truppen beigetragen, für den die Söhne keiner einzigen Nation, keines einzigen Volkes, verantwortlich gemacht werden können.

Die katastrophale Lage der Südwestfront, die Auflösung und heimwärts Strömung der Truppen, welcher Zustand Österreich mit einem Chaos und mit der bolschewistischen Anarchie „bedrohte”, drang zu dem sofortigen Abschluss des Waffenstillstandes, zu der schnellen Beendigung des Krieges. Das AOK hat die Rettung und in der Hand Haltung der großen Mehrheit der Streitkräfte davon erhofft. Die auf diese Weise gerettete Armee spielte in der Rechnung des AOK die Rolle des wichtigsten Mittels der Rettung der Monarchie, welches Mittel auch die Entente respektieren konnte, da doch die Sieger nicht wollten, dass mit Mitteleuropa „die Ideen Lenins, und nicht jene Wilsons” den Sieg erringen mögen. Je mehr das Chaos an der Front und im Hinterlande anwuchs, verstehe: je mehr sich die sich aufgelöste Armee näherte, und je schneller die Organisationen des Staates unter den Schlägen der im Hinterland stattgefundenen siegreichen Revolutionen zugrunde gingen, desto mehr war die Mission Webers dringend geworden. In den ersten Tagen des Monats November ist die Herausgabe des die sofortige Einstellung der Kämpfe verordnenden Befehls in den Vordergrund geraten, (was seitens der Kommandeure stets gefordert wurde), welcher jedoch die italienische Kriegsleitung in die Position des die Bedingungen diktierenden unbeschränkten Siegers gebracht hätte. Dies hat das AOK zum gegebenen Zeitpunkt noch nicht auf sich zu nehmen gewagt. Doch der Befehl des Kriegsministers Béla Linder-s, der von Mihály Károlyi geführten revolutionären ungarischen Volksregierung „über die Waffenstreckung der ungarischen Truppen”, kam sehr gelegen. Das AOK hat mittels der Weiterleitung dieses Befehls – nach einer entsprechenden Abplagung – den Grund zur Verordnung der sofortigen Einstellung des Kampfes gefunden, und für diesen Schritt hat es „vor der Geschichte” Béla Linder, und das revolutionäre Ungarn verantwortlich gemacht.

Indessen wartete Weber in dem neben Padua befindlichen italienischen Hauptquartier darauf, dass man sich mit der österreichisch–ungarischen Waffenstillstandskommission überhaupt in ein Gespräch einlassen möge. Der sich in der Pose des Siegers gefallende Generalleutnant Badoglio, der italienische Generalstabschef, teilte kurz mit, dass nur von der Akzeptierung (oder Ablehnung) der Bedingungen die Rede sein kann, Verhandlungen haben hier keinen Platz. Die derartig demütigende Lage der Waffenstillstandskommission löste bei dem AOK eine allgemeine Empörung aus, und der die Einstellung der Kämpfe verordnende Befehl wurde zurückgezogen. Da jedoch dieser Befehl inzwischen zu den Kommandeuren der Fronttruppen gelangt war, und auch der sich nach Padua bemühende Generalstabsoberst Schneller (mit der Anweisung des AOK bezüglich der Erleichterung der Bedingungen in seinen Händen) die in seinen Weg geratenden Truppen zum Aufhören mit dem Kampf ermunterte, hat Weber am 3. November die seitens des in Versailles befindlichen Kriegsrates der Verbündeten genehmigten, und die Interessen der italienischen Kriegsleitung weitgehend unterstützenden Waffenstillstandsbedingungen im Namen eines solchen Staates unterzeichnet, welcher auch auf dem Papier schon nicht mehr existierte.

Die Führer der Monarchie haben mit der Unterzeichnung die fürchterliche militärische Niederlage anerkannt, und sie stimmten der Einleitung der gegen Deutschland durch die Monarchie hindurch geschehenden Operationen zu, indem sie alle von der Entente erwünschten militärischen, Verkehrs- und anderen Bedingungen sicherstellten. Es gab zwei Punkte in dem Waffenstillstandsabkommen, die für die österreichisch–ungarische Kriegsleitung gewisse Hoffnungen erweckten. Einer dieser Punkte erklärte, dass die sich zwischen den kriegführenden Parteien ziehende Demarkationslinie, falls gewisse Strecken dieser Linie besonders nicht bestimmt werden, in der bisherigen Grenze des Reiches besteht. Das AOK bewertete dies als das Fortbestehen des Reiches der Habsburger. Es soll bemerkt werden, dass auch die diesen Waffenstillstand als auf sich verbindlich anerkennende Károlyi-Regierung auf Grund dieses Punktes gegen das Eindringen der Balkankräfte der Entente auf das Territorium Ungarns protestiert hatte. (Es gelang auch General Franchet D’Esperay, mittels des infolge der Anstrengungen der Mihály Károlyi-Regierung zustande gekommenen Belgrader Militärabkommens /am 11. November/ aufzuhalten).

Der andere Punkt des Abkommens von Padua gestattete die Aufrechterhaltung von 20 friedensmäßigen Divisionen. Das AOK sah darin das Mittel des auf dem Gebiet der Gesamtmonarchie aufrecht zu erhaltenden „Friedens und der Ruhe”, ja sogar auch das Pfand des Erfolges eventueller Restaurationsbestrebungen gegenüber den Nachfolgerstaaten.

Die Hoffnung erweckenden Punkte der Realität wurden jedoch seitens der Zeit überholt: das Waffenstillstandsabkommen von Padua ist nicht zum bestimmenden Faktor der dem Krieg folgenden geschichtlichen Entwicklung geworden; obwohl es die italienischen Eroberungsansprüche befriedigte, und den Krieg dem internationalen Recht gemäß abschloss, hat es das Fortbestehen der Monarchie, mit „der geretteten Armee”, nicht sichergestellt, da im Augenblick der Unterzeichnung, die mehrere Jahrhunderte alte, aus vielen Nationalitäten bestehende Monarchie von der Landkarte Europas schon verschwunden war.

Die Endtage des Unterganges der alten Armee wurden durch den Anschluss der Militärmengen des Hinterlandes an die ausgebrochenen Revolutionen bestimmt. Während an der Südwestfront die militärische Niederlage sich mit einer stets größer werdenden Kraft entfaltete, hat am 28. Oktober in Prag ein Volksaufstand die kaiserliche Administration weggefegt, sozusagen ohne Blutvergießen, weil das von General Kestranek geführte Militärkommando kapituliert hatte, und die siegreiche Revolution innerhalb einiger Tage die selbständige Tschechoslowakei schuf, nachdem die in Turócszentmárton (am 30. Oktober) erbrachte Resolution der Slowaken die Vereinigung der Slowakei und Böhmens aussprach.

Die Prager Revolution wurde von den südslawischen Revolutionen gefolgt. Der einleitende Akt der vom 29. Oktober bis Anfang Dezember sich hinziehenden Umwandlung bestand im Aufstand von Pola, infolge dessen der Oberbefehlshaber der Flotte, Konteradmiral Miklós Horthy, die Kriegsflotte – mit der Zustimmung von Karl IV. und des AOK – dem südslawischen Nationalrat übergab. Als die Übergabe der Flotte am 30. Oktober stattfand, war Kroatien schon ein unabhängiger Staat. Das Agramer Militärkommando hat am 29. Oktober in einem Befehl die Vereidigung der Truppen auf den Nationalrat verordnet. Die „Nationalversammlung” aber deklarierte feierlich die Unabhängigkeit Kroatiens, und die Lostrennung von Ungarn. Die Konsolidation wurde jedoch durch die einen bolschewistischen Charakter tragende bewaffnete Bewegung der eine Größenordnung von etwa hunderttausend Leuten zählenden grünen Kader gestört, gegen die die neue Staatsführung die Hilfe der serbischen Streitkräfte verlangte. Als Preis für die Hilfeleistung wurde am 24. November der Anschluss Kroatiens an das Königreich Serbien ausgesprochen.

Auch die anderen südslawischen Revolutionen wurden dadurch gekennzeichnet, dass die K. und K. Kräfte sich freiwillig den Nationalräten anschlossen, und ihre Kommandeure selber bei der Befestigung der neuen Macht vorangingen (z.B. der „aulische” Generaloberst Sarkotic in Sarajevo, oder das Militärkommando in Laibach). Bezüglich ihrer Taten beriefen sie sich auf den Befehl des Königs vom 30. Oktober, welcher ihren Eintritt in die neue „Nationale Armee”, im Interesse „des Friedens und der Ruhe” gestattete.

Die in Galizien und in der Bukowina stattgefundenen Revolutionen haben eine ähnliche Bahn beschrieben, mit jenem Unterschied, dass der Ausbruch der nationalen Gegensätze (polnisch–ukrainische, ukrainisch–rumänische) zu schweren bewaffneten Konflikten geführt hatte. Die Liquidierung dieser Konflikte geschah mit der Konsolidierung des unabhängigen Polens, bzw. mit der rumänischen Besetzung Bukowinas.

Die im Hinterland vor sich gegangenen Revolutionen fanden mit der am 30. Oktober stattgefundenen Wiener, und der sich am 31. Oktober ereigneten Budapester Revolution ihren Abschluss.

Es gehörte zu der Vorgeschichte der Wiener Revolution, dass am 22. Oktober die österreichischen Abgeordneten des Reichsrates die Konstituierung der provisorischen Nationalversammlung deklarierten, und dann, am 24. Oktober, das Selbstbestimmungsrecht der Völker Österreichs anerkannten. Nach der Sonderfriedensnote Andrássys nahm die provisorische Nationalversammlung für die Deklarierung der Dethronisation der Habsburger Stellung, doch in der Frage der Staatsform (Republik oder Monarchie) konnte sie nicht zu einer Entscheidung kommen. Am 30. Oktober forderten Massenaufzüge die Proklamierung der Republik, im Laufe derer die kaisertreuen Truppen blutig mit den demonstrierenden Arbeitern und den revolutionären Soldaten zusammenstießen. Die sich mittlerweile gebildete sozialdemokratische Renner-Regierung, und der 22 Mitglieder zählende Staatsrat wollten anfangs Karl IV. zum Oberhaupt des österreichischen Staatenbundes erhalten, jedoch auf den Druck der sich Anfang November ereigneten neuen Kundgebungen, und dann auf den Druck der Ententemächte, wurde am 12. November die selbständige Österreichische Republik ausgerufen. Die kaisertreuen Verbände haben sich dem zufolge schnell an die Seite der neuen Macht gestellt, und nunmehr betrachteten sie die eheste Wegschaffung der von der Südwestfront heimwärts strömenden Frontverbände vom Gebiet Österreichs und Wiens als ihre höchste Aufgabe.

Von den die Monarchie stürzenden Revolutionen war es die ungarische bürgerlich-demokratische Revolution gewesen, die als letzte gesiegt hatte. An die Spitze der am 31. Oktober ausgebrochenen Budapester Massendemonstration wurde der am 25. Oktober gegründete, von Mihály Károlyi geführte Nationalrat getrieben (sozusagen ungewollt), und die Hauptstadt geriet, ohne Blutvergießen, mittels der Unterstützung des zum Stand gehörenden (Ordnungskräfte) und des ohne Stand anwesenden Militärs im Laufe einer einzigen Nacht in die Hände der revolutionären Massen: die einstigen Besitzer der Macht, die Wiener Knechte des herrschaftlichen Ungarns haben einfach nicht über eine solche Kraft verfügt, die sie der Revolution entgegenstellen hätten können. Die Repräsentanten der alten Ordnung – Mit Erzherzog Joseph, dem von dem König ernannten „Homo regius”, sowie mit General Lukachich, dem Befehlshaber der Ordnungskräfte, an ihrer Spitze – kapitulierten vor der Revolution, und blitzschnell leisteten sie der neuen Károlyi-Regierung den Eid auf das unabhängige, demokratische Ungarn.

Der Sieg der Revolution, der das Ergebnis des Kampfes von Arbeitern, kleinen Leuten und der sich in der Hauptstadt und in ihrer Umgebung befindenden, mehrere Zehntausende ausmachenden, revolutionär eingestellten Soldaten gewesen war, wurde von einem äußeren und einem inneren Angriff gleichermaßen gefährdet. Während man die innere Gefahr durch die eheste Abrüstung der verbündeten, doch eine radikale Umgestaltung fordernden Soldaten und durch das Ausbauen einer eigenen zuverlässigen bewaffneten Kraft zu liquidieren bestrebt war, erhoffte die Károlyi-Regierung die Abwehr der äußeren Gefahr, der Entente-Besetzung des Landes und der Abtrennung großer Gebiete mittels des Belgrader Militärabkommens. Die Konsolidierung des durch die Dethronisation und durch die Verwandlung des Königreiches zu einer Volksrepublik (16. November) zustande gekommenen unabhängigen Ungarns ging im Laufe der folgenden Wochen, Monate zusammen mit dem völligen Verschwinden der alten Armee vonstatten.

Wie dies schon erwähnt wurde, bestand eine dringliche Aufgabe der mit dem Sieg der Revolutionen an die Macht gelangten Staaten, im Abtransport des von den Fronten heimwärts strömenden Militärs an seinen Heimatort, und in seiner Abrüstung, bzw. in der Errichtung der bewaffneten Kraft des neuen Staates, aus den zuverlässigen Elementen dieses Militärs.

Das größte Problem bedeuteten die zurückströmenden Truppen der anderthalb Millionen Mann starken Südwestarmee. Das AOK selbst war bestrebt, das heimwärts Ziehen in irgendein kontrollierbares Strombett zu leiten: am 5. November bat es durch Weber die italienische Kriegsleitung, dass sie mittels der Überlassung von Nahrungsmitteln zur Besänftigung der „plündernden Horden” beitragen möge. Diese Bitte geschah einen Tag nach dem deswegen stattgefundenen Protest des AOK, dass die Italiener nach der Unterzeichnung des Waffenstillstandes 16 österreichisch–ungarische Divisionen – dem AOK zufolge rechtswidrig – in Gefangenschaft nahmen. Zur Zeit der Absendung des Hilferufes sprach schon niemand von der „rechtswidrigen Tat”, ja sogar eine gewisse Erleichterung war spürbar geworden. Im Weiteren hat das AOK den Armeebefehlsstellen freie Hand gegeben, die dann, von da an, den Italienern die Besetzung eines großen Teiles von Österreich anboten. Als Ergebnis der Zusammenarbeit zwischen den beiden Kriegsleitungen, haben die Italiener auch noch die Beförderung nach Triest (mit Schiffen) und die Verköstigung der in Albanien kämpfenden Gruppe auf sich genommen.

Indessen strömten die zerfallenen (und nicht in Gefangenschaft geratenen) Verbände der 10. und der 11. Armee, nachdem sie Tirol geräumt hatten, auf der Strecke Innsbruck–Salzburg, im Fußmarsch oder mit der Eisenbahn, in Richtung Wien – und unterwegs plünderten sie die Ortschaften sowie die aufgefundenen vollen Militärdepots. Einige energische Offiziere, die ihre Truppen in ihrer Hand hielten, haben den Transport mit den österreichischen Eisenbahnen derart organisiert, dass diese ungeheure Menschenmenge innerhalb einer kurzen Zeit Österreich durchquerte.

Auch im Falle der Belluno-Gruppe, der 6. Armee und der Isonzo Armee war die Lage ähnlich gewesen. Ihre Verbände zogen durch das Gebiet von Slowenien, von Kärnten, und von der Steiermark. Ihr Marsch wurde vom Hunger, von den ausgebrochenen nationalen Gegensätzen entsprungenen bewaffneten Zusammenstößen, (in die sich auch die Bevölkerung einschaltete, z.B. in Wien), und von den Gewaltakten der italienischen Truppen begleitet. Das AOK, solange es noch existierte, wollte durchaus den die Abgabe der Waffen verordnenden Befehlen Geltung verschaffen und bat in dieser Hinsicht um die Hilfe der Nachfolgerstaaten. Dieser Bitte hat am schnellsten die Károlyi-Regierung Folge geleistet: auf Grund einer Vereinbarung mit Innenminister Tivadar Batthyány wurden die an der ungarischen Grenze aufgestellten Empfangskommissionen mit sozialdemokratischen Agitatoren verstärkt, die mit der Versprechung der Bodenverteilung die Wegnahme der Waffen förderten. Nach der Einstellung der Tätigkeit des AOK haben die österreichischen Wehrausschüsse und die Volkswehren der südslawischen Wehrausschüsse und die Volkswehren der südslawischen Nationalräte diese Aufgabe auf sich genommen. Zur Wegnahme der Waffen wurde das Tal der Etsch, das Tal der Drau, die Gegend von Graz und Laibach, bzw. die Linie Wien–Wienerneustadt–Marchegg– bzw. Pragerhof bestimmt.

Von den 57 und ein halb Divisionen zerfielen 41 und ein halb Divisionen und gelangten in ihre Heimat. (16 Divisionen gerieten in die Gefangenschaft der italienischen Streitkräfte.) Die an der Westfront kämpfenden etwa zwei Divisionen starke Kraft ist, nach dem mit den Deutschen in Compiègne abgeschlossenen Waffenstillstand, ebenfalls über Österreich heimgekehrt.

Das die Millionengröße betragende Militär der Südwestfront hat letzten Endes in der Periode der Konsolidation der neuen Staaten sein Vaterland, seine Heimat erreicht, nachdem es den Sieg der Revolutionen auf eine indirekte Weise gefördert hatte, und zugleich auch verhinderte, dass es als Werkzeug einer eventuellen Habsburger-dualistischen Restauration benutzt werde.

Das Militär der Südostfront ist, nach dem am 15. September stattgefundenen Durchbruch der Entente, in einer ständigen Kampfberührung mit dem Feinde, stufenweise zum Wege der Auflösung geraten. Der Großteil der unter dem Kommando von Feldmarschall Kövess stehenden Truppen bestand aus der 9. und der 30. Division. Am 9. Oktober zerfiel die 9. Division bei Vranja, ihre Reste konnten bei Leschkowatz zusammengesammelt werden. Die 30. Division war fast in ihrer Gesamtheit unverlässlich gewesen. Ende Oktober trafen an der Donau–Save–Drau Linie, aus der Ukraine her, die Spitzentransporte der 59. und der 15. Division ein, dann aus Tirol die 10. Kavalleriedivision, und aus Wien die 32. Infanteriedivision. (Letztere wurde verwahrt, um die Wiener Arbeiter im Zaume zu halten.) Am 31. Oktober verließ die 30. Division willkürlich die Front, und ihrem Beispiel folgten auch die anderen Soldaten. Die sich auflösenden Truppen begannen zu rauben, zu plündern, Kövess selbst floh nach Wien. Die Károlyi-Regierung erfuhr mit Bestürzung, dass die am Balkan befindlichen Ententetruppen den in Padua abgeschlossenen Waffenstillstand nicht anerkennen. Ihre Aufhaltung war eine Existenzfrage gewesen; das mit dem General Franchet D’Esperay abgeschlossene Belgrader Abkommen galt als ein Erfolg: ihren Vormarsch konnte die Károlyi-Regierung ohne eine Kriegshandlung, mit der Hilfe eines Abkommens aufhalten.

Die inzwischen durch Ungarn zurückströmenden, meist fremdsprachigen Truppen hat die Károlyi-Regierung, mit einer geschickten Organisationstätigkeit, sozusagen innerhalb von Tagen-Wochen vom Gebiet des Landes abtransportiert. Diese Leistung war nicht zu unterschätzen gewesen, da doch die sich aus Rumänien nach Deutschland im Rückzug befindende Mackensen Armeegruppe den Weg der durchziehenden Soldaten kreuzte. Ja, sogar die Mehrheit der sich aus der Ukraine nach Hause bemühenden Besatzungstruppen durchzog das revolutionäre Ungarn. Diese Verbände, die Truppen der sog. Ostarmee, haben den Befehl des AOK nicht durchgeführt, namentlich jenen Befehl, dass die Ukraine solange nicht evakuiert werden darf, bis Ententetruppen nicht dorthin gelangen. Die Mehrheit der Truppen der Ostarmee meuterte seit Ende Oktober, sie vertrieb ihre Offiziere, und in kleinere Verbände zerfallend schlug sie sich fast mit der bloßen Faust einen Weg durch die vom Bürgerkrieg betroffene Ukraine. Es gab Einheiten, die von ihren Offizieren nach Hause geleitet wurden, in anderen Fällen gelangte die Mannschaft, unter abenteuerlichen Umständen, oft von Deutschland her, in ihre Heimat. Ihr Schicksal bestand in der sofortigen Abrüstung, oder in einem neuen Militärdienst bei den Armeen der Nachfolgestaaten. Die Károlyi-Regierung war bestrebt gewesen, die mit den bolschewistischen Lehren sympathisierenden Heimkehrer schnell loszuwerden.

Bis Mitte November verblieben von der alten Armee, von den einst furchterregenden K. und K. Streitkräften, sozusagen nicht einmal Boten. Die im Laufe des Krieges eingezogene mehr als neun Millionen Wehrpflichtige einschließende Armee hatte sich aufgelöst, sie zerfiel. Zusammen mit ihr ging auch jener viele Nationalitäten umfassende Habsburger-Staat zugrunde, den diese Streitkräfte gegen jede nach dem Leben der Monarchie trachtende innere und äußere Kraft hätten beschützen sollen, mit der gleichzeitigen Verwirklichung der Eroberungsziele dieser mit dem Einsturz drohenden, an der Donau liegenden Großmacht. Diese Streitkräfte waren der Lösung dieser zweifachen Aufgabe nicht gewachsen, und durch ihren Untergang haben sie auch ihren Staat in das Grab gerissen.