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VI.
Projekte, 2001–2005

 

Zusammenfassung der Resultate
der zwei wichtigsten Projekte des Institutes

 

1.
Die Zukunft der kleinen Nationen in Ostmitteleuropa

 

Eine der großen Fragen unserer Zeit ist: In welcher Form werden die Gemeinschaften der Menschen im 21. Jahrhundert existieren? Welche Rahmen zur Bildung der Identität werden den Alltag des Menschen im neuen Zeitalter der industriellen technischen Revolution, das wir das Informationszeitalter nennen, umgeben?

 

I. Das 21. Jahrhundert wird Europa als das Kontinent der Nationen,
die Europäische Union als die Gemeinschaft der Bürger und Nationen erleben.

Die Europäische Union ist eine Vereinigung der Staaten, ihr Ziel ist es aber das Europa der Bürger zu werden. Als das Europa der Bürger will sie einen auf Subsidiarität eingerichteten institutionellen Rahmen schaffen. Oder anders formuliert: die Anliegen der Bürger sollen auf einer dem einzelnen Bürger erreichbaren administrativen Ebene erledigt werden können und zwar so, dass die Vorgehensweise dem Bürger verständlich und nachvollziehbar erscheint. Gleichzeitig soll die Bereitschaft der Bürger zur aktiven Mitbestimmung gefördert werden. Die Europäische Union kann diese Zielsetzung nur dann erfüllen, wenn eine dezentralisierte Verwaltung und ein pluralistischer institutioneller Rahmen geschaffen werden. Die Gewährleistung der Subsidiarität setzt voraus, dass die Bürger die Anliegen der sie unmittelbar umgebenden Mikrogemeinschaft in ihrer Muttersprache vorbringen können. Daraus folgt unter anderem, dass die Europäische Union seit ihrer Gründung (Maastricht 1992) mit einer Reihe von Stellungnahmen die Bewahrung der in Europa heimischen Sprachen (also der Kultur der kleinen Nationen) zu gewährleisten versucht. Die Europäische Union setzt sich aber nicht genügend für die Bewahrung der nationalen sprachlichen Kulturen ein: im Budget wird lediglich ein bescheidener Posten für die Förderung der Mehrsprachigkeit eingerichtet, wobei es ganz den einzelnen Mitgliedstaaten überlassen wird, die für die Bewahrung der nationalen Identität unerlässlichen Institutionen zu finanzieren. Dies hat zu Folge, dass in den Budgets der ärmeren Staaten die für die Förderung der Mehrsprachigkeit eingerichteten Posten bei weitem nicht ausreichen, um neben der Finanzierung der großen sprachlichen Kulturen auch für die Erhaltung der kleinen Sprachen Sorge zu tragen.

Die östliche Erweiterung der Europäischen Union wird voraussichtlich der Staatsgrenzen überschreitenden regionalen multilateralen Politik eine größere Rolle zukommen lassen. Das bedeutet, dass die EU-Mitgliedschaft in bestimmten Regionen (so z. B. in Mitteleuropa) eine aktivere zwischenstaatliche Nachbarschaftspolitik fordern wird. Die Zukunft der kleinen Nationen Mitteleuropas hängt zum Teil auch davon ab, in wie weit die Staaten der Region mit Hilfe von zwischenstaatlichen Vereinbarungen und gemeinsamen Projekten staatliche Mittel zur Erhaltung der kleinen Nationen der Region veranschlagen können.

 

II. Die „unterschiedliche Entwicklung” Mitteleuropas im Vergleich zu Westeuropa
und Osteuropa setzte sich in der Zeit nach 1945 fest.

Diese „unterschiedliche Entwicklung” lässt sich an Hand der Folgenden nachvollziehen:

a) Die soziale Struktur der Gesellschaft in Mitteleuropa unterscheidet sich klar von der in Westeuropa. Mitteleuropa galt unter anderem seit dem 14. Jahrhundert als die Lebensmittel produzierende Speisekammer des westlichen Erdteils, und paradoxer Weise behielt die Region diese Funktion auch in der sowjetischen Zeit bei. Die westeuropäische kleine Eiszeit, die von dem 14. bis zu dem 19. Jahrhundert dauerte, und später die rasante industrielle und technische Entwicklung trugen dazu bei, dass Westeuropa zur Sicherung der Nahrungsmittelzufuhr weiterhin der von der kleinen Eiszeit weniger betroffenen mittel(südmittel)europäischen Region bedürfte, somit wuchs also in dieser Region die Kapazität der Lebensmittelproduktion weiterhin an. In der Zeit zwischen 1850 und 1945 war es wiederum die schnell voranschreitende Entwicklung der westeuropäischen Industrie, die die Herstellung von Lebensmitteln in Mitteleuropa rentabel machte. Nach 1945 galten für die Sowjetunion ebenfalls die Lebensmittelwaren als wertvolle und erwünschte Zahlungsmittel. So behielt in den vergangenen 600 Jahren in Mitteleuropa die Bauernschaft, bzw. die bäuerliche Lebensweise ihre entscheidende gesellschaftliche Stellung bei, auch dann als der Einfluss der Bauernschaft in den industriell entwickelten Ländern bereits zu schwinden begann. Die mitteleuropäische Region wurde also von einer eher traditionswahrenden Bevölkerung bewohnt als die westeuropäische. Die in der Nation verwurzelten Traditionen prägen die Bevölkerung der Region bis heute weit mehr als das in Westeuropa der Fall ist.

b) Die „unterschiedliche Entwicklung” Mitteleuropas zeichnet sich auch in den nationalen (bzw. religiösen) Kulturen ab. Die bedeutendste Macht in Mitteleuropa, das Habsburger Reich, duldete bis 1918 die nationalen Bewegungen. In Westeuropa wurde zwischen 1848 und 1871 von den immer mächtigeren Nationalstaaten eine homogenisierende, die kleinen Nationen einschmelzende Politik betrieben, wobei die kleinen, auf dem Gebiet dieser mächtigeren Staaten (England Frankreich, Deutschland) lebenden Nationen ihre Kultur verloren. Im Reich der Habsburger dagegen blieben die Nationen bestehen und konnten nach 1918 durch die Errichtung von unabhängigen kleinen Nationalstaaten ihre klein-nationale Kultur auf virulente Weise aufleben lassen. Das erklärt warum in der mitteleuropäischen Region, in einem geographisch relativ engen Raum, heute die nationalen Kulturen auf gleicher Entwicklungsstufe stehen. (Diese auch in Schrift hoch entwickelte nationale Vielfalt, was sich auf dem Gebiet zwischen dem Deutschen Reich und Russland und von der Nordsee bis zum Mittelmeer erstreckt, ist einzigartig auf der Welt.)

c) In Mitteleuropa fielen die Grenzen der von den einzelnen Nationen bewohnten Gebiete niemals mit den Verwaltungsgrenzen der einzelnen Staaten überein. Die tolerante Politik zu einem Teil des Habsburger Reiches und zum anderen der türkischen Herrschaft den auf ihrem Hoheitsgebiet lebenden Nationen gegenüber trugen dazu bei, dass die nationalen Kollektiven innerhalb des herrschenden Staates sich bis zu einem gewissen Grad entwickeln konnten. Eine der Gründe für die Auflösung der Monarchie ist gerade darin zu sehen, dass die Unabhängigkeit der kleinen Nationen lediglich die individuellen Freiheiten, die Bestrebungen zur Förderung der kulturellen Werte anerkannte, dabei aber zu der Gewährleistung der voll berechtigten Bildung in der Muttersprache, der Entwicklung einer voll berechtigten nationalen Gesellschaft nicht beitragen wollte. Deshalb nannten die Intellektuellen der kleinen Nationen das Staatsverwaltungssystem der Monarchie einen Völkerkerker, wobei sie damit nicht rechnen konnten, dass die Nationalstaaten in der Zeit zwischen 1918 und 2004 die auf ihrem Gebiet lebenden Minderheiten in einer weit drastischeren Weise zurückdrängen werden als dies unter dem Verwaltungssystem der Habsburger vor 1918 geschah.

d) Die mitteleuropäischen kleinen Nationalstaaten betrieben zwischen 1920 und 2004 eine aggressive Minderheitenpolitik, weil die sich auf dem Gebiet dieser Staaten bildende und zur Mehrheit gehörende Mittelschicht ihre ausschließlichen Rechte gegenüber der Mittelschichten der nationalen Minderheiten auf Grund der nationalen Zugehörigkeit sichern wollte (Schulen, Kirchen, Verwaltung).

 

III. Das Dasein der Minderheiten und die Minderheitenpolitik bilden gemeinsam
einen der Grundpfeiler bei der Bewahrung der kleinen Nationen.

Gerade aus dem Grund, dass die Entwicklung der verschiedenen Nationen in Mitteleuropa bis 1918, auch ohne einen eigenen unabhängigen Staat hinter sich zu wissen, gewährleistet wurde, leben zahlreiche Minderheiten in den zwischen 1918 und 1920 entstandenen und bis heute bestehenden nationalstaatlichen Verwaltungssystemen. (Die ungarische Nation lebt in 7 verschiedenen Staaten, die rumänische Nation in 4 Staaten, die slowakische in 4, usw.) Die im Jahre 1920 geschlossenen Friedensverträge trugen nichts dazu bei, die Situation erträglicher zu machen, im Gegenteil das entstandene kleinstaatlichen Verwaltungssystem schürte weitere Gegensätze zwischen den Nationen. Die zur Mehrheit gehörenden Teile der Gesellschaft betrieben innerhalb des Staates eine homogenisierende, die kleinen nationalen Gruppen auflösende Politik. Die Bestrebungen zwischen 1938 und 1942 zur Regelung der Staatsgrenzen, bzw. das Auflösen des polnischen Staates führten zu keiner Lösung. (Die Vielfalt der Nationen blieb in den einzelnen Staaten unangetastet, was sich lediglich änderte war, dass auf Grund der Neuaufteilung die Überzahl der einen oder anderen Nation die einstige Minderheit zur Mehrheit und die Mehrheit zur Minderheit wurden.) Nach dem zweiten Weltkrieg unternahm man den Versuch, mit der Aussiedlung der Minderheiten Abhilfe zu schaffen. Dies blieb ebenfalls erfolglos, außerdem wurde die während der Kriegsjahre bereits abgeschwächte Produktionskapazität der Region weiter entkräftet. Das nach 1949 eingeführte sowjetische System drängte die nationale Identität zurück, was zum Ausgangspunkt der anti-sowjetischen Bewegungen wurde. Die Minderheitenpolitik als solche wurde vom sowjetischen System in einigen Fällen aufgezwungen (z.B. in Rumänien), in anderen Fällen durch Verstaatlichung degradiert.

Nach dem Zusammenbruch des sowjetischen Systems spielte bei dem demokratischen Übergang in der Region die vom Staat vertretene Minderheitenpolitik eine Schlüsselrolle. Das Ziel unserer bereits 10 Jahre lang andauernden Forschungen und wissenschaftlichen Studien, bzw. Publikationen war, die für die mitteleuropäischen Minderheiten anwendbaren Grundprinzipien der regionalen Minderheitenpolitik niederzulegen.

Eine der wichtigsten Zielsetzungen der mitteleuropäischen Minderheitenpolitik ist, die Richtlinien, den einzuschlagenden Weg, aufzuzeichnen. Diese sind:

a) Zu einem ist es die angemessene Politik auf Regierungsebene, zum anderen die Initiative der zivilen Organisationen, die die Minderheiten vor der Auflösung und Einschmelzung in die Mehrheitsgesellschaft bewahren.

– a/1. Die vom Staat vertretene Politik muss zu einem Teil eine aktive und umfassende Minderheitenpolitik an den Tag legen und zum anderen Teil eine den Minderheiten gegenüber offene Kulturpolitik verfolgen. Wenn man die Minderheitenpolitik der Region im allgemeinen betrachtet, kommt man zu der Feststellung, dass nur die Ausarbeitung eines auf die Gegebenheiten der gesamten Region geltenden und wirksamen Kodexes der Minderheitenpolitik gewährleisten kann, dass die von den verschiedenen Staaten der Region vertretene Politiken gegenüber den einzelnen Minderheiten sich ergänzen und gegenseitige Anknüpfungspunkte finden. (Das im Jahre 1992 von uns verfasste Verhaltenskodex für die Minderheiten von Osteuropa, basierend auf das Prinzip der kulturellen Autonomie, wurde auf den neuesten Stand gebracht.) Unserer Meinung nach ist es innerhalb der administrativen Politik die Kulturpolitik als fachpolitischer Bereich, welches am meisten zu der Bewahrung der Identität der auf dem Gebiet der einzelnen Staaten lebenden Minderheiten beitragen kann. Eine Zusammenfassung über die kulturelle Minderheitenpolitik der amtierenden Ministerien zur Zeit der politischen Transformation in Österreich, Rumänien (sowohl das Bildungswesen, wie die Kultur betreffend) und Ungarn wurde ausgearbeitet (Erhard Busek, Mihai Sora, Andor Horvath, Ferenc Glatz). Im Weiteren haben wir die auf die Minderheiten bezogene Kulturpolitik der zwischen 1990 und 2002 amtierenden Minister für Bildung und Kultur aufgearbeitet (Bertalan Andrásfalvy, Ferenc Mádl, Zoltán Rockenbauer, József Pálinkás). Es kann eindeutig festgestellt werden, dass über die Erarbeitung eines für die Region allgemein geltenden Verhaltenskodexes hinaus nur eine Reihe von bilateralen Vereinbarungen eine Gegenseitigkeit bei der Unterstützung der Kultur der nationalen Minderheiten gewährleisten können.

– a/2. Die zivilen Organisationen werden in der Europa-Politik der kommenden Jahrzehnte eine immer bedeutendere Rolle spielen. Gerade das Prinzip der Subsidiarität verlangt, dass die Eigeninitiative der Bürger gewährleistet und sogar unterstützt wird. Das Thema zahlreicher Konferenzen war, die Rolle, die die zivilen Organisationen in der europäischen und mitteleuropäischen Politik in den kommenden Jahren spielen werden, zu diskutieren mit besonderer Hinsicht auf die Bewahrung des klein-staatlichen Daseins. Neben den auf staatlicher Ebene geschlossenen Bündnissen sind nur die verschiedenartigen zivilen Organisationen (Vereine, die Traditionen wahrende Organisationen, nationale kulturelle Veranstaltungen und Publikationen) fähig, das kleinstaatliche Dasein auf der Ebene der Staatsbürger zu bewahren. Der Einfluss dieser Bündnisse und Vereinigungen kann die staatliche Administration dazu bewegen, zum Teil mit einer allgemeinen Minderheitenpolitik, zum Teil mit der Beeinflussung von kulturellen Institutionen des öffentlichen Gemeinwohls (Fernsehen, Radio, Herausgabe von Büchern und Zeitschriften) den Intellektuellen der Minderheiten einen Lebensunterhalt zu bieten und die Ausübung der eigenen Kultur für die in Minderheit lebenden Bürger zu sichern.

b) Das Verhältnis zwischen politischen Parteien und ethnischen Gruppen ist in den auf einem Mehrparteiensystem beruhenden Demokratien überall in Europa und besonders in Mitteleuropa eine vieldiskutierte Frage. Nach dem Zusammenbruch des sowjetischen Systems sind in den in Mitteleuropa entstehenden Demokratien die politischen Interessenvertretungen und die politischen Parteien auf verschiedenen Weisen entstanden. In mehreren Fällen wurden in der Region (gerade im Kreis der ungarischen Nationalität, welche seit 1920 Bruchteile der nationalen Mittelschicht bewahrt hat) in Rumänien, in der Slowakei und in der Vojvodina auf Grund von ethnischer Zugehörigkeit politische Parteien gegründet. Unser Ziel war es zu untersuchen in wie weit diese Parteien gleichzeitig die menschenrechtlichen und sozialen Grundprinzipien der liberalen Demokratie vertreten können und den ethnischen Anforderungen der Minderheiten entsprechen können.

c) Südtirol und die Autonomie der Südtiroler Minderheiten kann als ein Modell für die Bewahrung des klein-nationalen Daseins in Mitteleuropa gelten. Aus diesem Grund haben wir gemeinsam mit Vertretern der deutschen Selbstverwaltung in Südtirol untersucht, unter welchen institutionellen Voraussetzungen der Frieden zwischen den Nationalitäten in Südtirol zustande gekommen ist, und im weiteren welche Grundsätze zur Herausbildung der Toleranz an Hand von Erfahrungen, die im Laufe des Zusammenlebens von mehreren kleinen Nationen (Finnland, bzw. die Schweiz) gesammelt wurden, bereits ausgearbeitet wurden und sich zur Übernahme anbieten.

d) Die doppelte Staatsbürgerschaft als ein Mittel zur Bewahrung des klein-staatlichen Daseins (das nationale Minderheitendasein mit einbegriffen) war eines der umstrittensten Fragen der vergangenen Jahre. (In der Zeit vor der Volksabstimmung am 5. Dezember 2004.) Wir haben großen Wert darauf gelegt, zu erforschen, welche Rechtsregelungen in Mitteleuropa auf die doppelte Staatsbürgerschaft bezogen gelten, und in wie fern diese zur wachsenden Integrität innerhalb der kleinen Staaten beitragen. Wir sind zu der folgenden Schlussfolgerung gekommen: die doppelte Staatsbürgerschaft ist ein wichtiges Instrument um den nationalen Zusammenhalt zu kräftigen, kann aber auf keinen Fall an Stelle einer Minderheitenpolitik treten.

 

IV. Für die Bewahrung des klein-staatlichen Daseins gilt als wichtigster Mittel
die Aufrechterhaltung und Modernisierung der Muttersprache.

a) Im 21. Jahrhundert wird die sprachliche Kultur in Europa in drei Ebenen unterteilt werden. Eine weltweite Lingua franca, eine regionale Lingua franca und die Muttersprache, entsprechend den drei Ebenen des Lebens und Wirkens der Menschen.

Die Rolle der weltweiten Lingua franca wird voraussichtlich von der bereits heute diese Funktion übernehmenden englischen Sprache eingenommen. Gerade deshalb war es wichtig zu untersuchen, in wie weit die englische Sprache in der mitteleuropäischen Region die Aufgabe einer Vermittlungssprache übernommen hat (in Schrift ist Englisch die Sprache der wissenschaftlichen und politischen, sowie wirtschaftlichen Abhandlungen, und ist immer mehr – in einer vereinfachten Form – die Sprache der Touristen).

Als regionale Lingua franca der Region werden das Deutsche und Russische eine Rolle spielen. Die Rolle der deutschen Sprache war das Thema einer Konferenz. Die deutsche Sprache wird in der Wissenschaft, zum Teil in der Wirtschaft und zum Teil ebenfalls beim Tourismus als Kontaktsprache angewandt. In der mitteleuropäischen Region ist ein Teil der Deutschen weiterhin als Minderheit vertreten, aus diesem Grund muss man das Deutsche als eine Minderheitensprache in Betracht ziehen, besonders, weil es wegen seiner Traditionen als eine der am meisten ausgeprägten interkulturellen Sprachen gilt. Die russische Sprache nimmt nur im Kreise der älteren Generation, bzw. auf bestimmten Gebieten des wirtschaftlichen Lebens die Funktion der regionalen Lingua franca ein.

Die Muttersprache bleibt im 21. Jahrhundert das wichtigste Instrument der Verständigung. In den zu diesem Thema verfassten Studien kommt man auch zu keinem eindeutigen Ergebnis darüber, in wie weit man von einem Bürger erwarten kann, dass er/sie sich vollständig in der Fremdsprache ausdrücken kann und diese ebenfalls vollständig versteht. Gegenwärtig ist es nur schwer vorstellbar, das in Mitteleuropa das Abitur von großen Massen in englischer, deutscher oder russischer Sprache abgelegt wird. Aus diesem Grund ist auch im mitteleuropäischen Raum – genauso wie in anderen Teilen der Welt – die Modernisierung der Bildung in der Muttersprache und die Entwicklung der muttersprachlichen Kultur eine soziale Frage. Wenn wir nicht erreichen können, dass die neuesten Kenntnisse und Errungenschaften auf dem Gebiet der Mathematik, Physik und den technischen Wissenschaften (neben der Belletristik) mittels der Muttersprache zugänglich werden, können die Kinder, die in den Kulturkreis der kleinen Nationen geboren wurden im weltweiten Produktionswettbewerb des 21. Jahrhunderts nicht erfolgreich abschneiden.

b) Die Bewahrung und Modernisierung der Kultur der kleinen Nationen, bzw. der kleinen Sprachen ist die Voraussetzung der sozialen Wettbewerbsfähigkeit dieser Völker. Daraus folgt: zur Pflege der Kultur der kleinen Nationen muss ein größerer Teil der von den Steuerzahlern eingeflossenen Gelder bereitgestellt werden als bei den großen nationalen Kulturen. Während die großen englischen, deutschen, französischen oder russischen Handbücher sich im wirtschaftlichen Sinn „auszahlen”, würden die Handbücher der Kulturen der kleinen Nationen ohne staatliche Unterstützung (also die Gelder der Steuerzahler) untergehen. Und dann wird ein Kind, das in den Kulturkreis einer kleinen Nation eingeboren wurde, auf einem minderwertigeren muttersprachlichen Niveau im 21. Jahrhundert leben müssen.

Die Gemeinschaften der Staatsbürger, in denen auch die den nationalen Minderheiten angehörende Steuerzahler leben, sind in einer besonders schwierigen Lage. Bei der Finanzierung des Schulsystems der Minderheiten und der kulturellen Institutionen und Einrichtungen gilt, dass die pro Kopf gerechneten Kosten höher ausfallen als die gleichen Kosten bei der Bewahrung der Kultur der Mehrheit. Die nationalen Minderheiten der Region leben meist verstreut, so müssen für sie Klassen mit einer kleinen Anzahl von Schülern eingerichtet werden, die muttersprachlichen Lehrbücher müssen in einer kleineren Stückzahl gedruckt werden. So muss man auf diesem Gebiet damit rechnen, dass die spezifischen Ausgaben für die Ausbildung eines Kindes, das einer Minderheit angehört, höher ausfallen als wenn man es in das Bildungs- und Kultursystem der nationalen Mehrheitsgesellschaft integriert.

Die Europäische Union unterstützt die Bewahrung der Kultur der Minderheiten lediglich mit sprachpolitischen Stellungsnahmen. Die Finanzierung der Institutionen, die zur Aufrechterhaltung der nationalen Kulturen nötig ist, wird sehr niedrig gehalten und dem Budget der einzelnen Nationalstaaten überlassen. Die mitteleuropäischen Nationalstaaten sind aber im Zeitalter des politischen Systemwandels „arme” Staaten. Nachdem sie die verbindlichen „gemeinsamen Quoten” in die Europäische Union einzahlen, bleiben in der Staatskasse dieser wirtschaftlich schwer belasteten Staaten kaum Mittel für die Finanzierung von kulturellen „Mehrausgaben”.

c) Die sprachlichen Stellungsnahmen der Europäischen Union zeigen, chronologisch betrachtet, eine sich deutlich bessernde Tendenz. Seit Februar 1992 setzen sich die herausgegebenen Texte für eine vielsprachige Kultur des zukünftigen Europas ein. Unsere Folgerung ist also: die Europäische Union wird auf dem Kontinent gezwungener Maßen im Budget finanzielle Mittel bereitstellen müssen um zur Erhaltung der kulturellen Diversität beizutragen. Die Anerkennung der Wichtigkeit der Biodiversität verlangt die Gleichberechtigung für die Erhaltung der kulturellen Diversität.

Das klein-nationale Dasein in Mitteleuropa ist eine soziale Frage. Es geht nicht nur um die kulturelle Vielfalt in Europa, sondern auch um die soziale Wettbewerbsfähigkeit von 100 Millionen EU-Staatsbürgern. Die in Mitteleuropa lebenden Nationen sind alle kleine Nationen (sogar Polen mit 40 Millionen Bürgern), somit ist eine der Bedingungen bei der Integration der Region, dass die Zugehörigkeit zu einer kleinen Nation bei der sozialen und allgemein menschlichen Wettbewerbsfähigkeit nicht zu einer Behinderung wird.

Ferenc Glatz